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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 03.08.2009
Aktenzeichen: 1 BvR 369/08
Rechtsgebiete: GG, InsO


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 12 Abs. 1
InsO § 56 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Verfahren

hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts

durch

die Richterin Hohmann-Dennhardt und

die Richter Gaier, Kirchhof

gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 3. August 2009 einstimmig

beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

I.

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Voraussetzungen für die Aufnahme von Bewerbern in eine Vorauswahlliste für Insolvenzverwalter.

1.

Der Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt und arbeitet vorwiegend als Insolvenzverwalter. Er ist seit mehr als 30 Jahren auf dem Gebiet des Insolvenzrechts tätig, Fachanwalt unter anderem für Insolvenzrecht, Autor und Herausgeber zahlreicher Veröffentlichungen zum Insolvenzrecht und in der Vergangenheit von Gerichten in fast allen Bundesländern in insgesamt mehr als 1000 Verfahren zum Verwalter bestellt worden. Die Sozietät, der der Beschwerdeführer angehört, unterhält Büros in zahlreichen deutschen Städten. An verschiedenen Standorten bestehen "Zentrale Serviceeinheiten" mit insgesamt mehr als 200 Mitarbeitern, die bundesweit verschiedene Aufgaben wahrnehmen. Im Jahr 2001 eröffnete die Sozietät ein Büro in H., in dem im Jahr 2007 drei Rechtsanwälte und zwei weitere Mitarbeiter tätig waren.

Im Februar 2007 gab die Insolvenzrichterin des Amtsgerichts H. in Form einer "Ausschreibung" bekannt, dass sie eine Vorauswahlliste für die Bestellung von Insolvenzverwaltern führe, und forderte zu "Bewerbungen für das Amt des Insolvenzverwalters/der Insolvenzverwalterin" auf. Im Ausschreibungstext erläuterte sie, dass jeder für das Amt des Insolvenzverwalters beim Amtsgericht H. geeignete Bewerber einen Anspruch auf Aufnahme in diese Liste habe. Als wesentliche Kriterien für die Eignung nannte sie neben der fachlichen Befähigung auch die örtliche Erreichbarkeit und die persönliche Eignung der Bewerber. Zur örtlichen Erreichbarkeit führte die Insolvenzrichterin aus, es werde - abgesehen von Ausnahmen für Verfahren mit hohem Spezialisierungsgrad - ein Büro im Umkreis von 100 Kilometern zum Gerichtsort vorausgesetzt. Dabei müsse eine Büroorganisation vorhanden sein, die über ein Telefon mit Rufumleitung erheblich hinausgehe. Insbesondere sei die persönliche Anwesenheit des Verwalters in diesem Büro an mindestens zwei Tagen pro Woche unabdingbar. Zum Kriterium der persönlichen Eignung erläuterte die Insolvenzrichterin im Ausschreibungstext, sie erwarte die höchstpersönliche Bearbeitung der Insolvenzverwaltung. Eine Delegation sei für einzelne, abgrenzbare Aufgaben statthaft, die Verwaltung insgesamt sei jedoch durch den Insolvenzverwalter selbst vorzunehmen. Dessen Sachkenntnis müsse so groß sein, dass er Auskünfte an das Gericht selbst erteilen könne. Die anfallenden Insolvenzverfahren würden in vier Kategorien unterteilt: I. Unternehmensinsolvenzen, II. Regelinsolvenzverfahren natürlicher Personen, bei denen eine Verfahrenskostenstundung beziehungsweise Abweisung mangels Masse von vornherein abzusehen sei, III. Verbraucherinsolvenzverfahren und IV. Spezielle Fallgestaltungen, die besondere Fachkunde erforderlich machten, zum Beispiel Insolvenzverfahren mit Bezug zum internationalen Insolvenzrecht, offenkundige Kriminalinsolvenzen, Spezialmaterien und Großverfahren. Bei Verfahren der Kategorie IV sei das Kriterium der Ortsnähe grundsätzlich nachrangig. Ergänzend wies die Insolvenzrichterin darauf hin, dass das Führen einer Vorauswahlliste Aufgabe des einzelnen Richters und nicht einer Abteilung oder der Justizverwaltung sei. Das Ermessen eines Vertreters im Amt oder eines Amtsnachfolgers werde nicht gebunden.

Mit Schreiben vom 13. März 2007 bewarb sich der Beschwerdeführer um die Aufnahme in die Vorauswahlliste für die Kategorien I (Unternehmensinsolvenzen) und IV (Spezielle Fallgestaltungen). Dies lehnte die Insolvenzrichterin mit Schreiben vom 1. April 2007 ab. Zur Begründung führte sie aus, dass der Beschwerdeführer die Eignungskriterien nicht erfülle, weil er sich zum einen nicht an mindestens zwei Tagen pro Woche in einem Büro im Umkreis von 100 Kilometern zum Gerichtsort aufhalte, weshalb er bei Verfahren der Kategorie I nicht berücksichtigt werden könne, und zum anderen eine höchstpersönliche Bearbeitung durch ihn nicht in ausreichendem Maße gewährleistet sei, weshalb er auch bei Verfahren der Kategorie IV nicht berücksichtigt werden könne. Insoweit bezog sie sich auf Erfahrungen, die sie im Zusammenhang mit früheren Insolvenzverfahren mit dem Beschwerdeführer gemacht habe.

Gegen die Nichtaufnahme in die Vorauswahlliste beantragte der Beschwerdeführer nach §§ 23 ff. des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz (EGGVG) gerichtliche Entscheidung beim Oberlandesgericht. Das Oberlandesgericht wies den Antrag mit Beschluss vom 3. Dezember 2007 (veröffentlicht unter anderem in NJW-RR 2008, S. 719) zurück. Der Beschwerdeführer sei aufgrund sachgerechter Erwägungen nicht in die Vorauswahlliste aufgenommen worden. Die Entscheidung über die Aufnahme geeigneter Bewerber in diese Liste stehe im pflichtgebundenen Ermessen des Insolvenzrichters. Der Bewerber könne nur verlangen, dass der Insolvenzrichter sachgerechte Kriterien anlege. Die Kriterien der Ortsnähe und der höchstpersönlichen Bearbeitung der Insolvenzverfahren seien nicht zu beanstanden.

2.

Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG.

Für die von der Insolvenzrichterin aufgestellten Anforderungen fehle es an der nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG erforderlichen gesetzlichen Grundlage. Nach § 56 Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO) müsse in die Vorauswahlliste jeder Interessent aufgenommen werden, der fachlich hinreichend qualifiziert sei. Die Vorschrift beschränke die Freiheit der Berufswahl nur dahin, dass zum Insolvenzverwalter eine für den jeweiligen Einzelfall geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige natürliche Person zu bestellen sei. Die Geeignetheit sei ein personenbezogenes Kriterium. Auch das Vorauswahlverfahren könne die ihm von Verfassungs wegen zukommende Bedeutung, dem Insolvenzrichter die zügige Bestellung eines geeigneten Verwalters aus einem Kreis von regelmäßig mehreren Interessenten zu ermöglichen, nur erfüllen, wenn auch bereits das Vorauswahlverfahren allein auf die Geeignetheit des Bewerbers abhebe. Dabei erfasse der Begriff der Eignung aus Sicht des Verfassungsrechts die ganze Person mit ihren körperlichen, seelischen und charakterlichen Eigenschaften. Nicht personenbezogene Kriterien dürften folglich weder für das Vorauswahlverfahren noch für die Bestellung eine Rolle spielen. Dieses Ergebnis werde durch die im Jahr 2007 erfolgte Ergänzung des § 56 Abs. 1 InsO bestätigt, wonach der Insolvenzverwalter aus dem Kreis aller zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen bereiten Personen auszuwählen sei.

Weder das Kriterium der wöchentlich zweitägigen Anwesenheit in seinem ortsnahen Büro noch das Kriterium der höchstpersönlichen Bearbeitung, so wie es die Insolvenzrichterin verstehe, sei ein Eignungskriterium. Ob sich ein Insolvenzverwalter an zwei Tagen in der Woche in seinem Büro im Umkreis von 100 Kilometern zum Gerichtssitz aufhalte, habe nichts mit Eigenschaften seiner Person zu tun, sondern mit der Art und Weise, wie er seinen Beruf ausübe. Wenn der Gesetzgeber eine entsprechende Regelung der Berufsausübung als notwendig erachtet hätte, hätte er dies in die Insolvenzordnung aufnehmen können. Mit Blick auf das Gebot der Verhältnismäßigkeit sei es aber nachvollziehbar, dass der Gesetzgeber dies nicht getan habe. Auch das Kriterium der höchstpersönlichen Bearbeitung sei kein Kriterium der Geeignetheit, sondern eine im Gesetz nicht vorgesehene Regelung der Berufsausübung. Auch insoweit fehle es an einer gesetzlichen Regelung. Mit Verweis auf die Materialien zum Gesetz zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens (vgl. BTDrucks 16/3227, S. 18) macht der Beschwerdeführer geltend, auch der Gesetzgeber habe im Jahr 2007 ausdrücklich auf den Personalaufwand verwiesen, der in einem auf Unternehmensinsolvenzen spezialisierten größeren Verwalterbüro zu betreiben sei. Im Übrigen sei der vorliegende Eingriff in die Berufsfreiheit unverhältnismäßig.

II.

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt. Insbesondere hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluss vom 23. Mai 2006 die verfassungsrechtlichen Vorgaben für das Verfahren zur Auswahl von Insolvenzverwaltern aufgezeigt (vgl. BVerfGE 116, 1). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Grundrechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Soweit der Beschwerdeführer seine Nichtberücksichtigung in der Kategorie IV (Spezielle Fallgestaltungen) rügt, ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet. Soweit es um die Nichtberücksichtigung in der Kategorie I (Unternehmensinsolvenzen) geht, ist die Annahme jedenfalls deshalb nicht angezeigt, weil deutlich abzusehen ist, dass der Beschwerdeführer auch im Fall der Zurückverweisung im Ergebnis keinen Erfolg haben würde (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.> ).

1.

Die Insolvenzgerichte tragen die Verantwortung für die Auswahl eines für den jeweiligen Einzelfall geeigneten Insolvenzverwalters. § 56 Abs. 1 InsO eröffnet ihnen dafür in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise einen Einschätzungsspielraum, der ihnen eine Entscheidung unter angemessener Berücksichtigung der Interessen der Gläubiger und des Schuldners ermöglichen soll (vgl. BVerfGE 116, 1 <12 ff.>). Die Auswahlentscheidung unterliegt jedoch auch der Bindung an die Grundrechte der Bewerber um das Amt des Insolvenzverwalters. Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet, dass jeder dieser Bewerber eine faire Chance erhält, entsprechend seiner in § 56 Abs. 1 InsO vorausgesetzten Eignung berücksichtigt zu werden (vgl. BVerfGE 116, 1 <12 f.>; BVerfGK 8, 368 <370>; 372 <374>). Das erfordert eine der Sicherung des chancengleichen Zugangs angemessene Verfahrensgestaltung, die dem Richter bei der regelmäßig eilbedürftigen Bestellung im konkreten Verfahren eine zügige Eignungsprüfung ermöglicht und ihm hinreichende Informationen für seine Auswahlentscheidung verschafft (vgl. BVerfGE 116, 1 <17 f.>). Zudem ist im Hinblick auf die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) die Komplementärfunktion des Verfahrens für die Durchsetzung der materiellen Rechte zu beachten (vgl. BVerfGE 73, 280 <296> ). Auch Art. 12 Abs. 1 GG gebietet - unabhängig davon, ob durch die Bestellung zum Insolvenzverwalter lediglich die Berufsausübungsfreiheit berührt wird, weil es nur um die Beteiligung an einem konkreten Insolvenzfall geht, oder ob im Einzelfall die Berufswahl tangiert ist - eine der Bedeutung der Berufsfreiheit angemessene Verfahrensgestaltung im Vorfeld der Bestellungsentscheidung (vgl. BVerfGK 4, 1 <9>). Vor diesem Hintergrund kommt dem weithin üblichen Vorauswahlverfahren entscheidende Bedeutung zu; denn es kann dem Insolvenzrichter einen Rahmen geben, der ihm trotz der Eilbedürftigkeit der Bestellungsentscheidung eine hinreichend sichere Tatsachengrundlage für eine sachgerechte Auswahlentscheidung im konkreten Insolvenzverfahren vermittelt (vgl. BVerfGE 116, 1 <17>). § 56 Abs. 1 InsO stellt insoweit eine hinreichende gesetzliche Grundlage dar (vgl. BVerfGK 8, 418 <419>). Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung des Vorauswahlverfahrens ergeben sich aus seiner Funktion zur Vorbereitung einer grundrechtskonformen Auswahlentscheidung im Einzelfall.

a)

Daraus folgt, dass in eine Auswahlliste jeder Bewerber einzutragen ist, der die grundsätzlich zu stellenden Anforderungen an eine generelle, von der Typizität des einzelnen Insolvenzverfahrens gelöste Eignung für das erstrebte Amt erfüllt (vgl. BVerfGE 116, 1 <17 f.>; BVerfGK 8, 418 <419 f.>). Dabei ist der Insolvenzrichter von Verfassungs wegen nicht gehindert, unter dem Gesichtspunkt fehlender genereller Eignung auch solche Bewerber unberücksichtigt zu lassen, die nach Kriterien seiner ständigen Ermessenspraxis - an die er unter Umständen selbst gebunden sein kann (vgl. BVerfGE 116, 135 <153 f.>) -, keinerlei Aussicht auf tatsächliche Berücksichtigung haben (vgl. allerdings BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2007 - IV AR (VZ) 6/07 -, NJW-RR 2008, S. 717 <718 f.>). Im vorliegenden Fall haben die Insolvenzrichterin und das Oberlandesgericht jedenfalls mit dem Kriterium der höchstpersönlichen Bearbeitung des Insolvenzverfahrens, auf das es hier entscheidend ankommt (dazu unten 3.), ausdrücklich eine solche Anforderung an die generelle, von der Typizität des einzelnen Insolvenzverfahrens gelöste Eignung als Erfordernis für die Aufnahme in die Vorauswahlliste formuliert.

b)

Die Ausgestaltung der Auswahllisten ist den Fachgerichten überlassen (vgl. BVerfGE 116, 1 <17>). Aus ihrer Funktion zur Vorbereitung einer zügigen Auswahlentscheidung im konkreten Fall folgt aber, dass die Vorauswahlliste dem Richter alle für seine Entscheidung notwendigen Informationen verschaffen muss. Deshalb darf der einzelne Insolvenzrichter die Listenführung jedenfalls dann nicht einem anderen Insolvenzrichter oder Stellen der Gerichtsverwaltung überlassen, wenn nicht sichergestellt ist, dass die Liste entsprechend der von ihm selbst für maßgeblich befundenen Kriterien geführt wird (vgl. Wieland, ZIP 2005, S. 233 <237> ). Vorliegend hat die Insolvenzrichterin ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Führen der Vorauswahlliste Aufgabe jedes einzelnen Richters sei, und damit deren Funktion insoweit hinreichend berücksichtigt.

Auch muss die Gestaltung der Listen dem Umstand Rechnung tragen, dass nicht jeder generell für eine Verwaltertätigkeit geeignete Bewerber auch für jede Art von Verfahren geeignet ist. Das macht § 56 Abs. 1 InsO deutlich, der auf die Eignung des Bewerbers "für den jeweiligen Einzelfall" abstellt. Das bedeutet, dass die Eignung für ein konkretes Verfahren an weitergehende Voraussetzungen geknüpft sein kann als die generelle, von der Typizität des einzelnen Insolvenzverfahrens gelöste Eignung für das Insolvenzverwalteramt im Allgemeinen (vgl. BVerfGK 4, 1 <10>; Uhlenbruck, in: ders., Insolvenzordnung, 12. Aufl. 2003, § 56 Rn. 15; Gerhardt, in: Jaeger, Kommentar zur Insolvenzordnung, 2007, § 56 Rn. 54 ff.). Dem ist durch Erhebung der maßgeblichen Daten und durch entsprechende Strukturierung der Listen Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 116, 1 <17>). Vor diesem Hintergrund ist es jedenfalls verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn Insolvenzrichter wie im vorliegenden Fall differenzierte Vorauswahllisten führen, in denen sie zwischen verschiedenen Kategorien von Verfahren oder verschiedenen Anforderungen an den Verwalter unterscheiden (vgl. Wieland, ZIP 2005, S. 233 <237> ; Hess/Ruppe, NZI 2004, S. 641 <642 f.>; kritisch Frind, in: Schmidt, Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 3. Aufl. 2009, § 56 Rn. 35). Dies trägt auch der gesetzlichen Neuregelung des § 56 Abs. 1 Satz 2 InsO Rechnung, wonach ein Bewerber seine Bereitschaft zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen auf bestimmte Verfahren beschränken darf.

c)

Es ist Aufgabe der Fachgerichte, die Kriterien für die Feststellung der Eignung eines Bewerbers sowie für eine sachgerechte Ausübung des Auswahlermessens zu entwickeln (vgl. BVerfGE 116, 1 <17>; BVerfGK 8, 368 <371>; 418 <419>). Wenn die Fachgerichte die Aufnahme eines Bewerbers auf die Vorauswahlliste ablehnen, überprüft das Bundesverfassungsgericht nicht, ob die zugrunde gelegten Kriterien zweckmäßig sind und das einfache Recht objektiv richtig angewendet wurde, sondern nur, ob ein Fehler vorliegt, der gerade auf der Nichtbeachtung von Grundrechten beruht (vgl. BVerfGK 8, 372 <375>; 418 <420>). Dies ist in erster Linie dann der Fall, wenn die Fachgerichte die Bestellung zum Insolvenzverwalter sowie im Vorfeld die Aufnahme in die Vorauswahlliste von Voraussetzungen abhängig machen, die aus Sachgründen offensichtlich nicht mehr zu rechtfertigen sind.

Vor diesem Hintergrund begegnet das Kriterium der Ortsnähe, so wie es die Fachgerichte hier zur Ablehnung des Beschwerdeführers in der Kategorie I angewendet haben, verfassungsrechtlichen Bedenken (dazu unten 2.). Für die Entscheidung kommt es hierauf indessen nicht an, weil deutlich abzusehen ist, dass die Gerichte den Beschwerdeführer im Falle einer Zurückverweisung der Sache auch in dieser Kategorie jedenfalls wegen mangelnder höchstpersönlicher Aufgabenwahrnehmung ablehnen würden (dazu unten 3.) und dieses Kriterium verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (dazu unten 4.).

2.

Die Zulässigkeit des Eignungskriteriums der Ortsnähe, so wie es in den angegriffenen Entscheidungen angewendet wurde, erscheint in verfassungsrechtlicher Hinsicht zweifelhaft. Grundsätzlich obliegt es den Fachgerichten, die Sachgerechtigkeit dieses Kriteriums und seiner Konkretisierungen zu beurteilen. In der Praxis der Fachgerichte und im Schrifttum ist umstritten, ob die Ortsnähe eines Insolvenzverwalters oder seines Büros ein sinnvolles Kriterium für die Vorauswahl darstellt (vgl. Uhlenbruck/Mönning, ZIP 2008, S. 157 <163 ff.> m.w.N.). Streitig ist zudem, nach welchen Gesichtspunkten die Ortsnähe gegebenenfalls sachgerecht bestimmt werden kann (Büro im Gerichtsbezirk, bestimmte Entfernung zum Gerichtsort usw.). Teils wird die Ortsnähe nicht als generelle Eignungsvoraussetzung, wohl aber als tauglicher Gesichtspunkt für die Ausübung des Auswahlermessens im Einzelfall behandelt (vgl. Lüke, in: Kübler/Prütting/Bork, Kommentar zur Insolvenzordnung, § 56 Rn. 55 <Oktober 2007>). Hiernach erscheint es jedenfalls nicht offenkundig sachwidrig, bei der (Vor-)Auswahl von Insolvenzverwaltern auch deren örtliche Nähe zum Insolvenzgericht zu berücksichtigen (vgl. BVerfGK 4, 1 <11>; 8, 368 <371>).

Vorliegend haben die Gerichte das Kriterium der Ortsnähe allerdings in einer Art und Weise konkretisiert und ausgestaltet, für die sich sachliche Gründe nicht ohne weiteres finden lassen. Die pauschale Forderung nach einer persönlichen Anwesenheit an mindestens zwei Tagen pro Woche kann schon angesichts moderner Kommunikationsmittel nicht der Sicherstellung der - nach dem Text der "Ausschreibung" des Amtsgerichts angestrebten - genügenden Erreichbarkeit des Insolvenzverwalters dienen. Auch wenn man eine persönliche Ansprechbarkeit vor Ort während der Bearbeitung von Insolvenzverfahren oder eine gewisse Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten aus Sachgründen für geboten halten sollte, erscheint es doch bedenklich, unabhängig von aktuell bearbeiteten Verfahren und den sich daraus ergebenden Anforderungen, pauschal eine Anwesenheit an mindestens zwei Tagen pro Woche zur Voraussetzung schon für die Aufnahme in den Kreis der generell geeigneten Bewerber zu machen.

Die pauschale Forderung einer solchen Präsenz lässt sich auch nicht mit dem Ziel rechtfertigen, auf diese Weise gezielt die Auslastung der jeweils vor Ort ansässigen Insolvenzverwalter zu überwachen und zu steuern. Ein solches Vorgehen wäre kaum mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit zu vereinbaren. Es ist zwar Aufgabe des Insolvenzrichters, einen geeigneten Verwalter zu bestellen, und die Eignung im Einzelfall dürfte auch davon abhängen, dass der Verwalter nicht bereits durch andere Verfahren völlig ausgelastet ist (vgl. die Empfehlungen der "Uhlenbruck-Kommission", NZI 2007, S. 507 <509>). Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, solche Bewerber nicht auf die Vorauswahlliste aufzunehmen, die keine Gewähr dafür bieten, dem Insolvenzrichter eine etwaige Überlastung mitzuteilen und gegebenenfalls weitere Aufträge abzulehnen. Es ließe sich aber mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit schwerlich vereinbaren, wenn die Insolvenzgerichte mit nicht hinreichend differenzierenden Anforderungen an die Ortsnähe faktisch ein Lokalisationsprinzip für Insolvenzverwalter einführten.

Ob die Ausgestaltung des Kriteriums der Ortsnähe im vorliegenden Fall den verfassungsrechtlichen Vorgaben zu genügen vermag, kann jedoch dahinstehen, weil jedenfalls das von den Gerichten angewendete Kriterium der Höchstpersönlichkeit in einer verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Weise dazu führen würde, dass der Beschwerdeführer auch in der Kategorie I keine Berücksichtigung findet.

3.

Den angegriffenen Entscheidungen ist insoweit hinreichend deutlich zu entnehmen, dass die Gerichte selbst dann zu keinem anderen Ergebnis kommen würden, wenn die Sache wegen verfassungsrechtlicher Einwände gegen das Kriterium der Ortsnähe zurückverwiesen würde. Zwar haben sie die Nichtberücksichtigung des Beschwerdeführers in der Kategorie I auf die fehlende Ortsnähe und seine Nichtberücksichtigung in der Kategorie IV auf die mangelnde höchstpersönliche Aufgabenwahrnehmung gestützt. Aus dem Ausschreibungstext und dem Schreiben der Insolvenzrichterin vom 1. April 2007 ergibt sich aber, dass die höchstpersönliche Bearbeitung der Insolvenzverwaltung ein Kriterium der persönlichen Eignung darstellen und als unbedingte Voraussetzung für sämtliche Kategorien von Insolvenzverfahren gelten sollte. Diese Voraussetzung sah die Insolvenzrichterin bei dem Beschwerdeführer als nicht erfüllt an. Das Oberlandesgericht hat dies in seinem Beschluss gebilligt.

4.

Das Kriterium der höchstpersönlichen Aufgabenwahrnehmung stellt, so wie die Gerichte es angewendet haben, weder hinsichtlich der Verfahren der Kategorie I (Unternehmensinsolvenzen) noch hinsichtlich der Verfahren der Kategorie IV (Spezielle Fallgestaltungen) der "Ausschreibung" eine aus Sachgründen nicht zu rechtfertigende Erschwerung des Zugangs zum Insolvenzverwalteramt dar. Es kann dahinstehen, ob eine so verstandene höchstpersönliche Aufgabenwahrnehmung auch darüber hinaus für alle anderen Arten von Insolvenzverfahren ein verfassungsrechtlich zulässiges Kriterium für die Aufnahme in die Vorauswahlliste darstellt. Die tatsächliche Feststellung, dass eine höchstpersönliche Aufgabenwahrnehmung, wie sie das Amtsgericht in seiner "Ausschreibung" gefordert hat, durch den Beschwerdeführer nicht gewährleistet sei, wird mit der Verfassungsbeschwerde nicht infrage gestellt.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, den unbestimmten Rechtsbegriff der Eignung im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 InsO nicht nur auf Eigenschaften zu beziehen, die unmittelbar der Person innewohnen, sondern darauf, in welcher Weise der Bewerber das ihm übertragene Amt im Falle seiner Bestellung voraussichtlich ausüben wird. Bezugspunkt der Eignung ist gerade die später auszuübende Tätigkeit als Insolvenzverwalter. Nichts anderes ergibt sich aus der Ergänzung des § 56 Abs. 1 InsO im Jahr 2007. Diese sollte lediglich vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ausdrücklich klarstellen, dass die Verwendung geschlossener Verwalterlisten unzulässig ist und nicht der Konzeption der Insolvenzordnung entspricht (vgl. BTDrucks 16/3227, S. 18).

Angesichts des Umstands, dass § 56 Abs. 1 InsO ausdrücklich nur die Beauftragung einer natürlichen Person vorsieht und nicht etwa - wie es im Gesetzgebungsverfahren erwogen, dann aber unter anderem wegen befürchteter Aufsichtsprobleme verworfen wurde (vgl. BTDrucks 12/2443, S. 127; 12/7302, S. 161) - einer juristischen Person, ist es nicht völlig sachfremd, die Auswahlentscheidung daran zu knüpfen, dass der ausgewählte Bewerber, dessen Eignung gerade Grundlage der Bestellung ist, selbst substantiell bei der Verwaltung mitwirkt und sich nicht bloß darauf beschränkt, im Außenverhältnis die Verantwortung zu übernehmen und die tatsächliche Abwicklung größtenteils auf Mitarbeiter zu delegieren; die Zweckmäßigkeit dieser generellen Eignungsanforderung steht nicht zur Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht. Es steht außer Frage, dass der Insolvenzverwalter sein Amt als solches nicht auf einen anderen übertragen kann; vielmehr ist er mit diesem höchstpersönlich betraut (vgl. Gerhardt, in: Jaeger, a.a.O., § 56 Rn. 83; Uhlenbruck, in: ders., a.a.O., § 56 Rn. 24; jeweils m.w.N.). Außer Frage steht aber auch, dass der Einsatz von Mitarbeitern jedenfalls in größeren Verfahren praktisch unvermeidbar ist und unter Umständen geradezu geboten sein kann. Davon gehen indes auch die angegriffenen Entscheidungen aus. Demgemäß entspricht es in vielen Fällen der Praxis, dass Insolvenzverwalter Mitarbeiter heranziehen und sich der Unterstützung anderer Rechtsanwälte bedienen, deren weitgehend selbständige Tätigkeit sich ihrer äußeren Erscheinung nach kaum von der eines förmlich bestellten Insolvenzverwalters unterscheidet (vgl. BVerfGK 8, 418 <420>; BGH, Beschluss vom 16. April 2007 - AnwZ (B) 31/06 -, NJW 2007, S. 2125 <2126>).

In welchem Umfang ein Insolvenzverwalter Mitarbeiter zur Aufgabenerfüllung heranziehen darf, ist indessen streitig. Als Negativbild unzulässiger Delegation höchstpersönlicher Aufgaben wird häufig das eines so genannten "Akquisitionsverwalters" gezeichnet, der sich in einer Vielzahl von Insolvenzverfahren nominell zum Verwalter bestellen lässt, diese aber nicht selbst betreut, sondern die praktische Durchführung "fabrikmäßig" nach dem "Subunternehmerprinzip" angestellten Rechtsanwälten, so genannten "Grauverwaltern", überlässt (vgl. Frind, in: Schmidt, a.a.O., § 56 Rn. 16b; Uhlenbruck, in: ders., a.a.O., § 56 Rn. 24; Graeber, in: Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Aufl. 2007, § 56 Rn. 76 f., 152; Vallender, NZI 2005, S. 473 <476> ). Die Gegenansicht bezeichnet die Anforderung der höchstpersönlichen Tätigkeit als "Schimäre": Vor allem Großinsolvenzen forderten den Apparat, den der Verwalter vorhalte; notwendig seien zudem zahlreiche Spezialkenntnisse, die im Verwalterbüro in Fachabteilungen gebündelt seien und die ein Einzelner kaum allein mitbringen könne. Die Zunahme von Kleinverfahren führe darüber hinaus auch in kleineren Insolvenzverwalterbüros dazu, dass der Verwalter Tätigkeiten nicht mehr persönlich durchführen könne. Um diese Verfahren ohne großen ökonomischen Schaden für das Verwalterbüro abzuwickeln, sei eine Delegation auf spezialisierte Mitarbeiter nötig, die ausgelastet werden müssten (vgl. Voigt-Salus/Pape, in: Mohrbutter/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung, 8. Aufl. 2007, § 21 Rn. 85).

Es ist keine Frage des Verfassungsrechts und damit nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts sondern der Fachgerichte, festzustellen, welches Maß der Aufgabenübertragung zwischen den beiden Grenzpunkten vollständiger Delegation einerseits und praktisch unverzichtbarer Unterstützung andererseits in konkreten Verfahren zulässig ist. Ebenso ist es Sache der Fachgerichte und in erster Linie der Insolvenzrichter, die aufgrund des ihnen durch § 56 Abs. 1 InsO normativ eröffneten Einschätzungsspielraums (vgl. BVerfGE 116, 1 <18>) die Verantwortung für eine sachgerechte Verwalterauswahl tragen, zu entscheiden, inwieweit sie diesen Gesichtspunkt bei der Auswahlentscheidung und der Erstellung von Vorauswahllisten berücksichtigen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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