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Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 29.09.2005
Aktenzeichen: 1 BvR 370/05
Rechtsgebiete: GG
Vorschriften:
GG Art. 6 Abs. 2 |
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES
- 1 BvR 370/05 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
gegen
den Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 22. Dezember 2004 - 11 UF 173/04 -
hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Präsidenten Papier, die Richterin Hohmann-Dennhardt und den Richter Hoffmann-Riem am 29. September 2005 einstimmig beschlossen:
Tenor:
1. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 22. Dezember 2004 - 11 UF 173/04 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 6 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes; er wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
2. Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu ersetzen.
3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt (§ 37 Abs. 2 Satz 2 RVG).
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Kindesmutter.
Der Beschwerdeführer ist Vater des am 28. Juli 2000 geborenen D., der aus der gemeinsamen Ehe des Beschwerdeführers mit der Kindesmutter hervorgegangen ist. Seit der Trennung der Kindeseltern im Mai 2003 lebt das Kind bei der Mutter. Diese hatte den Sohn bei dem von ihr durchgeführten Umzug, der die Trennung bewirkte, eigenmächtig mitgenommen.
Mit Beschluss vom 8. September 2004 übertrug das Amtsgericht Hamm nach Einholung eines Sachverständigengutachtens das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf den Beschwerdeführer. Im Wesentlichen seien die Kindeseltern ähnlich geeignet, das Kind zu betreuen und zu erziehen. Dabei reagiere der Beschwerdeführer in hohem Maße auf die Bedürfnisse des Kindes. Nach den Feststellungen des Sachverständigen spreche der Kontinuitätsgrundsatz noch nicht gegen einen Wechsel des Kindes in den Haushalt des Beschwerdeführers. Bezüglich des Förderkriteriums spreche die jeweilige Lebensgestaltung der Kindeseltern eher für den Beschwerdeführer. Während die Kindesmutter gerade ihren Arbeitsplatz verloren und eine unklare Berufsperspektive habe, stehe der Beschwerdeführer fest im Berufsleben und habe eine klarere und überschaubare Lebenssituation. Der Junge habe seine Anhörung, bei der es seine Bindungen zu beiden Elternteilen bekundet habe, beeindruckend mit dem Satz beendet, jetzt wolle er wieder zu seinem Papa.
Mit Beschluss vom 22. Dezember 2004 änderte das Oberlandesgericht den Beschluss des Amtsgerichts nach Anhörung des Sachverständigen und der Verfahrensbeteiligten dahingehend ab, dass es das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf die Kindesmutter übertrug. Streitentscheidende Bedeutung messe das Gericht dem Förderprinzip und dem Kontinuitätsgrundsatz bei. Insoweit sprächen entgegen den Empfehlungen des Sachverständigen die besseren Gründe dafür, das Kind in die Obhut der Kindesmutter zu geben. Hinsichtlich der Bindungstoleranz sehe das Oberlandesgericht auf Seiten des Beschwerdeführers erhebliche Gründe, die gegen eine Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf ihn sprächen. So brächten die Eltern des Beschwerdeführers, zu denen dieser ein ausgesprochen enges Verhältnis pflege, der Kindesmutter eine tief empfundene Missachtung entgegen. Für die Zukunft ließe dies bei einem Wechsel des Kindes in den Haushalt des Beschwerdeführers fehlende Bindungstoleranz in Bezug auf das Verhältnis ihres Enkels zur Kindesmutter befürchten.
Mit seiner hiergegen gerichteten Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung unter anderem seines Rechts aus Art. 6 Abs. 2 GG. In Bezug auf die Bindung des Kindes ignoriere das Oberlandesgericht, dass der Sachverständige in der Anhörung vor dem Amtsgericht eine "unglaublich eindeutige Beziehung" des Kindes zum Beschwerdeführer festgestellt habe. Soweit das Gericht auf Grundlage eines Schreibens des Vaters des Beschwerdeführers von Ressentiments seiner Eltern ausgehe, setze es sich darüber hinweg, dass das zitierte Schreiben bereits Gegenstand der Anhörung des Sachverständigen vor dem Amtsgericht gewesen sei. Der Sachverständige habe sich diesbezüglich dahingehend geäußert, dass es keinerlei Anhaltspunkte dafür gebe, dass eine gegenseitige Aufhetzung und Umgangssperren gesetzt würden.
Das Bundesverfassungsgericht hat der Landesregierung des Landes Nordrhein-Westfalen und der Verfahrensbeteiligten des Ausgangsverfahrens Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
II.
Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung sind erfüllt (vgl. § 93 c BVerfGG).
Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche Bedeutung und ist offensichtlich begründet. Die angegriffene Entscheidung verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG.
1. Das Oberlandesgericht hat die Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 GG an die Gestaltung des gerichtlichen Verfahrens verkannt.
Der Grundrechtsschutz aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG beeinflusst auch die Gestaltung des sorgerechtlichen Verfahrensrechts (vgl. BVerfGE 53, 30 <65>; 55, 171 <182>; 79, 51 <66 f.>; 99, 145 <162>). Die Durchführung kindschaftsrechtlicher Verfahren wird dabei von der Verpflichtung der staatlichen Gemeinschaft geprägt, über Pflege und Erziehung des Kindes zu wachen (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG). Zwar bleibt es auch hier bei dem allgemeinen Grundsatz, dass den Fachgerichten die Entscheidung darüber obliegt, welchen Weg sie im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften für geeignet halten, um zu den für ihre Entscheidung notwendigen Erkenntnissen zu gelangen. Das Verfahren muss aber grundsätzlich geeignet sein, eine möglichst zuverlässige Grundlage für eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung zu erlangen (vgl. BVerfGE 55, 171 <182>; stRspr).
Diesen Anforderungen wird die angegriffene Entscheidung nicht gerecht. Das Oberlandesgericht hat dem Förderprinzip und dem Kontinuitätsgrundsatz entscheidende Bedeutung beigemessen und befunden, dass dabei in der Summe mehr für die Aufenthaltsbestimmung durch die Kindesmutter spreche. Aus der Entscheidungsbegründung ergibt sich jedoch, dass gerade diese als maßgeblich erkannten Kindeswohlkriterien im vorliegenden Fall nicht hinreichend sorgfältig ermittelt worden sind:
a) Hinsichtlich der Ausführungen zum Förderprinzip lässt die Entscheidungsbegründung nicht erkennen, inwiefern die Kindesmutter das Kind mehr fördern könnte. Das Oberlandesgericht lehnt lediglich die Auffassung des Sachverständigen ab, dass der Beschwerdeführer wirtschaftlich besser gestellt sei und deshalb über bessere Fördermöglichkeiten verfüge. Anders als der Sachverständige begründet das Gericht seine Auffassung nicht positiv. Soweit das Gericht im Übrigen Überlegungen zu der beruflichen Perspektive der Kindesmutter und den möglichen zeitlichen Ressourcen des Beschwerdeführers bei einem Wechsel des Kindes in seinen Haushalt anstellt, ergibt sich aus diesen angestellten Überlegungen kein Kriterium für die Bevorzugung eines Elternteils. Damit ergibt sich aus der Entscheidungsbegründung hinsichtlich des Förderprinzips keine zuverlässige Tatsachengrundlage für die Ermittlung des Kindeswohls.
b) Zu dem zweiten als entscheidungserheblich gekennzeichneten Kriterium der Kontinuität hat das Oberlandesgericht keine Ausführungen gemacht. Soweit man seine Zuordnung des Kontinuitätsgrundsatzes zur mangelnden Bindungstoleranz der Eltern des Beschwerdeführers als redaktionelles Versehen wertet, sind die hierzu getroffenen Feststellungen angreifbar. So geht das Oberlandesgericht davon aus, dass "die Eltern" des Beschwerdeführers der Kindesmutter eine tief empfundene Missachtung entgegenbrächten, was Auswirkungen auf die Bindungstoleranz des Beschwerdeführers habe. Diese Missachtung wird jedoch ausschließlich mit dem Inhalt eines einzigen Schreibens des Vaters des Beschwerdeführers begründet (Schreiben vom 19. Januar 2004). Obwohl das Gericht sich im Übrigen durchweg ausdrücklich mit den Feststellungen des Sachverständigen auseinander gesetzt hat, geht es hier nicht auf dessen Auffassung ein, dass es ungeachtet des besagten Schreibens keinerlei Hinweise dafür gebe, dass beide Parteien das Kind instrumentalisierten; das Verhalten der Großeltern bleibe Spekulation. Überdies enthält die Begründung des Oberlandesgerichts eine Verallgemeinerung dergestalt, dass auch der Mutter des Beschwerdeführers eine mangelnde Bindungstoleranz unterstellt wird, obwohl es dafür keinerlei Anhaltspunkte gibt. Auch der beigezogenen Akte des Ausgangsverfahrens ist ein Hinweis darauf nicht zu entnehmen. Sofern das Oberlandesgericht entgegen der Auffassung des Sachverständigen die Bindungstoleranz der Eltern des Beschwerdeführers für entscheidungsrelevant gehalten hat, hätte es somit weitere Ermittlungen anstellen müssen, etwa durch Anhörung der Eltern des Beschwerdeführers oder durch ergänzende Anhörung des Sachverständigen.
Mit der unzureichenden Sachverhaltsermittlung genügt die angegriffene Entscheidung den Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 GG hinsichtlich der Verfahrensgestaltung nicht.
Die Entscheidung beruht auf den dargestellten Mängeln; es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Gericht bei Beachtung der verfahrensrechtlichen Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 GG zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre.
2. Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen der Verfassungsbeschwerde beruht auf § 34 a Abs. 2 BVerfGG, die Festsetzung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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