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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 29.02.2008
Aktenzeichen: 1 BvR 371/07
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 2 Abs. 1
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 20 Abs. 3
GG Art. 103 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES

- 1 BvR 371/07 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen

a) den Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 23. Januar 2007 - 6 U 5575/05 -,

b) das Urteil des Oberlandesgerichts München vom 2. November 2006 - 6 U 5575/05 -

hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Präsidenten Papier und die Richter Bryde, Schluckebier am 29. Februar 2008 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Das Urteil des Oberlandesgerichts München vom 2. November 2006 - 6 U 5575/05 - verletzt die Beschwerdeführer in ihren Grundrechten aus Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Es wird im Umfang der Verurteilung der Beschwerdeführer und im Ausspruch über die Kosten aufgehoben. Die Sache wird insoweit an das Oberlandesgericht München zurückverwiesen. Damit wird der Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 23. Januar 2007 - 6 U 5575/05 - gegenstandslos.

Der Freistaat Bayern hat den Beschwerdeführern ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die zivilrechtliche Verurteilung der Beschwerdeführer zur Zahlung von Schadensersatz wegen Kapitalanlagebetruges.

I.

1. Die Beschwerdeführer, Beklagte zu 1) und 2) des Ausgangsverfahrens, sind Mitinitiatoren eines geschlossenen Anlagefonds in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG. Zum Zwecke des Vertriebs der Anlagebeteiligungen wurde unter ihrer Mitwirkung ein Emissionsprospekt erstellt. Im Jahr 2000 vermittelte der Mitarbeiter einer Vertriebsgesellschaft der Klägerin des Ausgangsverfahrens eine Beteiligung als Kommanditistin an dem Anlagefonds. Die Beteiligung erfolgte unter Zwischenschaltung einer Treuhandgesellschaft, die die Fondsanteile zugunsten der Anleger hielt. Die Klägerin zeichnete neben ihrem Ehemann weitere Fondsanteile in Höhe von 30.000 DM. Der Betrag entspricht etwa 15.400 €. Hierauf leistete sie Einzahlungen in Höhe von 3.728,56 €.

Zwischen der geschäftsführenden Komplementärin des Anlagefonds, einer GmbH, und der Treuhandgesellschaft, einer weiteren GmbH, bestanden gesellschaftsrechtliche Verflechtungen aufgrund von wechselseitigen Beteiligungen und Organstellungen der beiden Beschwerdeführer. So war der Beschwerdeführer zu 1) mit 51 % an der Komplementärin beteiligt. Weitere Gesellschafterin der Komplementärin war die für die Eigenkapitalbeschaffung des Fonds zuständige Vertriebsgesellschaft, eine Aktiengesellschaft. Bei dieser Gesellschaft war der Beschwerdeführer zu 1) Hauptaktionär und Alleinvorstand. Minderheitsaktionärin war die Beschwerdeführerin zu 2), die zugleich Vorsitzende des Aufsichtsrates dieser Gesellschaft war. Zudem war die Beschwerdeführerin zu 2) Mehrheitsgesellschafterin der Treuhandgesellschaft. Weitere Anteile der Treuhänderin hielt wiederum der Beschwerdeführer zu 1).

Im Ausgangsverfahren nahm die Klägerin die Beschwerdeführer sowie die Vertriebsgesellschaft als Gesamtschuldner auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch. Zur Begründung trug sie mit Blick auf die Beschwerdeführer vor, diese hafteten ihr als Fondsinitiatoren unter den rechtlichen Gesichtspunkten der Prospekthaftung, des Kapitalanlagebetruges sowie der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung auf Ersatz der von ihr an den Fonds geleisteten Zahlungen.

Das Landgericht wies die Klage wegen Verjährung ab. Das Berufungsgericht hob die Entscheidung des Landgerichts auf und gab der Klage statt. Es verurteilte die Beschwerdeführer im Wege eines Teilendurteils und die Vertriebsgesellschaft, die Beklagte zu 3) des Ausgangsverfahrens, im Wege eines Teilversäumnisurteils als Gesamtschuldner zur Rückzahlung der von der Klägerin bislang auf deren Beteiligung geleisteten Zahlungen, Zug um Zug gegen Abtretung des Auseinandersetzungsguthabens der Klägerin. Eine hiergegen erhobene Anhörungsrüge der Beschwerdeführer blieb ohne Erfolg.

Zur Begründung des Teilendurteils führte das Berufungsgericht aus, die Beschwerdeführer hafteten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 264a StGB auf Schadensersatz wegen Kapitalanlagebetruges. Die Beschwerdeführer seien für die Herausgabe des Prospektes verantwortlich gewesen, der einem größeren Kreis von Personen vorgelegt worden sei. Aus dem Vertragswerk sei die für einen Anleger erhebliche nachteilige Tatsache "keineswegs ohne weiteres ersichtlich", dass Komplementärin und Treuhandkommanditistin jeweils die Beschwerdeführer als Gesellschafter "aufwiesen". So sei lediglich an sehr versteckter Stelle, nämlich auf Seite 55 des Prospekts, und dazu in schwer verständlicher Form darauf hingewiesen worden, dass zwischen der Komplementärin und der Treuhänderin enge Beteiligungsverflechtungen bestünden. Der erkennende Senat selbst habe die Angaben im Prospekt zu der bestehenden Verflechtung erst entdeckt, nachdem er im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf entsprechende Nachfrage von dem Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführer hierauf hingewiesen worden sei.

Die an derart versteckter Stelle angesprochene Beteiligungsverflechtung sei für jeden Anleger erkennbar von Bedeutung, weil die Treuhänderin die Gesellschaftsanteile im Interesse der Anleger halten solle und es ihre vornehmliche Aufgabe sei, die geschäftsführende Komplementärin zu überwachen. Aufgrund der Prospektgestaltung gehe der mögliche Anleger davon aus, dass der Treuhänder allein in seinem und im Interesse der Mitanleger handeln werde, sobald ein Interessenkonflikt mit der Komplementärin auftreten werde. In Kenntnis der genauen Beteiligungsverflechtungen würde ein Anleger hingegen ein erhebliches Risiko annehmen, dass bei einem Interessenkonflikt die Treuhandgesellschaft nicht im Interesse der Anleger handeln werde. Erschwerend komme hinzu, dass die für jeden Anleger bedeutsame Verflechtung bei der Darstellung "der Partner" des Fonds auf Seite 56 des Prospektes nicht zum Ausdruck komme.

2. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer die Verletzung von Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3, Art. 3 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG durch die Entscheidungen des Oberlandesgerichts. Die Annahme des Gerichts, sie hätten den Tatbestand des Kapitalanlagebetruges erfüllt, sei unter anderem objektiv willkürlich. Die Beteiligungsverflechtungen seien zutreffend und überdies mit einer entsprechenden Überschrift versehen im Prospekt dargestellt. Zudem, so führen sie neben weiteren Rügen aus, sei das Berufungsgericht trotz ihres entgegenstehenden Vortrages unzutreffend von einer Beteiligung der Beschwerdeführerin zu 2) an der Komplementärin der Fondsgesellschaft ausgegangen. Dadurch seien sie zugleich in ihrem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt.

3. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens hält die Verfassungsbeschwerde für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet. Die Bayerische Staatsregierung hat von einer Stellungnahme abgesehen.

II.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte der Beschwerdeführerin angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c BVerfGG): Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind geklärt (vgl. BVerfGE 87, 273 <278 f.>; 96, 189 <203>), und die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet.

1. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG, weil sie gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als Willkürverbot verstoßen.

a) Unter diesem verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt ist ein Richterspruch dann zu beanstanden, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Dies ist anhand objektiver Kriterien festzustellen (vgl. BVerfGE 4, 1 <7>; 80, 48 <51>; stRspr). Die fehlerhafte Auslegung eines Gesetzes allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. Willkür liegt vielmehr erst vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder der Inhalt einer Norm in krasser Weise missdeutet wird (BVerfGE 87, 273 <278 f.>; 96, 189 <203>).

b) Gemessen an diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht mit schlechterdings unvertretbarer Begründung einen Kapitalanlagebetrug der Beschwerdeführer bejaht.

aa) Gemäß § 264a Abs. 1 StGB begeht einen Kapitalanlagebetrug, wer im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Anteilen, die eine Beteiligung an dem Ergebnis eines Unternehmens gewähren sollen, in Prospekten hinsichtlich der für die Entscheidung über den Erwerb erheblichen Umstände gegenüber einem größeren Kreis von Personen unrichtige vorteilhafte Angaben macht oder nachteilige Tatsachen verschweigt. Dies gilt entsprechend für Anteile an einem Vermögen, das ein Unternehmen im Rahmen eines Treuhandverhältnisses für den Anleger hält (§ 264a Abs. 2 StGB).

bb) Das Vorliegen der Voraussetzungen des Straftatbestandes hat das Berufungsgericht im Wesentlichen mit der Erwägung bejaht, der Prospekt, für den die Beschwerdeführer maßgeblich verantwortlich seien, weise nur an sehr versteckter Stelle auf die zwischen der Komplementärin und der Treuhänderin bestehenden Verflechtungen hin, obwohl diese Verflechtungen für die Anlageentscheidung potentieller Anleger von erheblicher Bedeutung seien.

cc) Diese Würdigung ist unter keinem sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkt haltbar.

Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beschwerdeführer hätten in dem Prospekt nachteilige Tatsachen verschwiegen, ist mit dem Wortlaut des hier als Schutzgesetz angewandten Straftatbestandes (§ 264a StGB) unvereinbar. Ein Verschweigen nachteiliger Tatsachen erfordert ein bewusstes "Nichtsagen" oder Verheimlichen (vgl. Duden, 3. Aufl. Bd. 9, Stichwort "verschweigen"; Brockhaus Enzyklopädie Bd. 28, Stichwort "verschweigen"). Ein Verschweigen hätte deswegen nur dann bejaht werden können, wenn die bestehenden Verflechtungen überhaupt nicht oder nur unvollständig im Prospekt dargestellt worden wären. Da aber - wie nach der mündlichen Verhandlung auch das Berufungsgericht nicht mehr in Zweifel gezogen hat - die bestehenden Verflechtungen in dem Prospekt zutreffend dargestellt sind, kann von einem Verschweigen jedenfalls im Sinne eines bewussten "Nichtsagens" keine Rede sein. Darauf, dass die betreffende Darstellung nach Ansicht des Oberlandesgerichts schwer verständlich sei und sich an versteckter Stelle befinde, kommt es für die Subsumtion unter den Straftatbestand, die sich am Wortlaut zu orientieren hat, nicht an. Denn Art. 103 Abs. 2 GG verbietet der rechtsprechenden Gewalt, Straftatbestände im Wege der Analogie zu begründen, weswegen der aus der Sicht des Bürgers zu bestimmende Wortsinn die Grenze jeder Auslegung bildet (vgl. BVerfGE 71, 108 <115>; 82, 236 <269>; 87, 209 <224>).

Schließlich beanstanden die Beschwerdeführer zu Recht die nicht näher ausgeführte, sondern lediglich mit Hinweis auf die Prospektgestaltung begründete Ansicht des Berufungsgerichts als nicht mehr nachvollziehbar, sie hätten vorsätzlich gehandelt. Da bereits die Würdigung unvertretbar ist, dass trotz der tatsächlich im Prospekt auf Seite 55 erfolgten Verflechtungshinweise die bestehende Verflechtung dennoch "verschwiegen" worden sei, ist erst recht die Auffassung schlechterdings unhaltbar, die Beschwerdeführer hätten bewusst oder zumindest billigend in Kauf nehmend das entsprechende Tatbestandsmerkmal verwirklicht.

Schon die Einschätzung des Oberlandesgerichts, es handele sich um einen nur schwer verständlichen Hinweis an versteckter Stelle des Prospektes, ist eher fern liegend. Auf Seite 55 des Prospektes befindet sich der Verflechtungshinweis an einer Stelle, an der auch sonstige allgemeine Hinweise zur Prospektverantwortung und zu den Haftungsvorbehalten gegeben werden. Dem Komplex ist ein eigener Unterabschnitt gewidmet, der mit der gesonderten, graphisch hervorgehobenen Überschrift "Verflechtungshinweise" versehen ist. Dort wird - wenn auch kurz - in systematischer Weise über drei Absätze hinweg die bestehende Ämter- und Beteiligungskonzentration, die in Person der Beschwerdeführer bestand, zutreffend beschrieben.

Selbst wenn aber die Ansicht des Berufungsgerichts zuträfe, das Tatbestandsmerkmal des Verschweigens könne auch durch zutreffende Angaben an versteckter Stelle in schwer verständlicher Form erfüllt werden, so muss sich zwingend der Vorsatz auf die einzelnen Elemente der Begehungsweise beziehen. Demgemäß hätten die Beschwerdeführer ihrerseits wissen oder zumindest billigend in Kauf nehmen müssen, dass die Darstellung der Verflechtung sich trotz der eigenständigen Überschrift - so das Berufungsgericht - an versteckter Stelle im Prospekt befinde und darüber hinaus trotz der systematischen Darstellung schwer verständlich sei. Hierzu finden sich im Berufungsurteil keinerlei Ausführungen. Vielmehr wird die Verwirklichung des subjektiven Tatbestandes ohne weitere Würdigung lediglich unterstellt. Auch das ist offensichtlich nicht tragfähig, weil der von § 264a StGB geforderte Vorsatz auch Voraussetzung einer Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB ist (vgl. nur BGHZ 116, 7 <14>).

2. Überdies sind die Beschwerdeführer in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, soweit das Berufungsgericht in dem angegriffenen Urteil zunächst fehlerhaft davon ausging, die Beschwerdeführerin zu 2) halte Geschäftsanteile an der Komplementärin der Fondsgesellschaft.

a) Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet ein Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings erst verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Erforderlich sind hiernach besondere Umstände, die verdeutlichen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (stRspr, z.B. BVerfGE 79, 51 <61>; 96, 205 <217>).

b) Solche besonderen Umstände liegen hier vor. Das Berufungsgericht hat in der ursprünglichen Fassung des Tatbestandes seines Urteils, die erst Monate nach Abschluss des Anhörungsrügeverfahrens durch Tatbestandsberichtigung entsprechend korrigiert wurde, als unstreitig festgestellt, die Geschäftsanteile der Komplementärin würden von dem Beschwerdeführer zu 1) und der Beschwerdeführerin zu 2) gehalten (Seite 4 des Urteils). Darauf ist es bei seiner Würdigung zurückgekommen (Seite 10 des Urteils). Aus dem Emissionsprospekt ergibt sich indessen - wie später auch das Berufungsgericht im sich anschließenden Tatbestandsberichtigungsverfahren erkannt hat -, dass die Beschwerdeführerin zu 2) nicht direkt an der Komplementärin beteiligt war, sondern nur mittelbar eine Unterbeteiligung hielt. Auf diese Darstellung im Prospekt hatten die Beschwerdeführer im Rahmen ihres Sachvortrages hingewiesen und sich auf sie zu den Beteiligungsverhältnissen bezogen. Diesen Vortrag hat das Berufungsgericht in seinem Urteil übergangen.

c) Es ist nicht auszuschließen, dass das angefochtene Urteil darauf beruht (vgl. zu diesem Erfordernis BVerfGE 7, 95 <99>; 62, 392 <396>; 89, 381 <392 f.>).

Maßgeblich für die Bejahung eines Kapitalanlagebetruges war die Erwägung des Berufungsgerichts, dass die Beschwerdeführerin zu 2) als Geschäftsführerin der Treuhandgesellschaft bei ihrer Kernaufgabe der Kontrolle der Geschäftstätigkeit der Komplementärin aufgrund einer Minderheitsbeteiligung an dieser möglicherweise in einen Interessenkonflikt geraten könne. Zwar ist die Annahme nicht fern liegend, ein beachtlicher Interessenkonflikt könne in der Person der Beschwerdeführerin zu 2) auch bei einer indirekten Minderheitsbeteiligung entstehen. Zwingend ist dies aufgrund des abgeschwächten Charakters der Verflechtung jedoch nicht, weswegen ein Beruhen der Entscheidung auf dem Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht ausgeschlossen werden kann.

Das Beruhen des Berufungsurteils auf dem Gehörsverstoß kann auch nicht deshalb ausgeschlossen werden, weil das Gericht später in seinem Beschluss über die Tatbestandsberichtigung ausgeführt hat, es sei nicht ersichtlich, dass die korrekte Darstellung der Beteiligungsverhältnisse insoweit entscheidungserheblich sei. Hierbei handelt es sich um eine erst nach Abschluss des Anhörungsrügeverfahrens geäußerte und bereits deshalb für die Beurteilung der Beruhensfrage unerhebliche Einschätzung, die nicht geeignet ist, der begründeten Gehörsrüge im Nachhinein die Grundlage zu entziehen.

3. Ohne dass es auf die weiter gerügten Grundrechtsverletzungen danach noch ankäme, ist das angegriffene Urteil aufzuheben, soweit es die Beschwerdeführer betrifft. Da die Kostenentscheidung gegenüber der Vertriebsgesellschaft, der Beklagten zu 3), unter anderem vom Ausgang des Rechtsstreits der Klägerin gegen die beiden Beschwerdeführer abhängig ist (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 100 Rn. 5 ff. m.w.Nachw.), unterliegt auch sie der Aufhebung (vgl. für das Revisionsverfahren BGH MDR 1981, S. 928). Im Umfang der Aufhebung ist die Sache an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).

4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a BVerfGG; die Festsetzung des Gegenstandswertes folgt § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG in Verbindung mit den Grundsätzen für die Festsetzung des Gegenstandswertes im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 <368>).

Ende der Entscheidung

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