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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 21.08.2003
Aktenzeichen: 1 BvR 429/03
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 14 Abs. 1 Satz 1
GG Art. 3 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 429/03 -

In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde

gegen

a) das Urteil des Bundessozialgerichts vom 11. Dezember 2002 - B 10 LW 6/00 R -,

b) den Bescheid der Landwirtschaftlichen Alterskasse Baden vom 23. Januar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Mai 1998

hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Präsidenten Papier, den Richter Steiner und die Richterin Hohmann-Dennhardt gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 21. August 2003 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Kürzung von Renten wegen Erwerbsunfähigkeit aus der landwirtschaftlichen Alterssicherung bei ihrem Zusammentreffen mit anderweitigem Einkommen, insbesondere mit Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

I.

1. Nach dem Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte vom 27. Juli 1957 (BGBl I S. 1063, im Folgenden: GAL) in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung der Altershilfe für Landwirte vom 14. September 1965 (BGBl I S. 1449; im Folgenden: AHNG) erhielt ein landwirtschaftlicher Unternehmer - sofern weitere Voraussetzungen erfüllt waren - nach 180 Beitragsmonaten Altersgeld und nach 60 Beitragsmonaten vorzeitiges Altersgeld bei Erwerbsunfähigkeit (§ 2 Abs. 1 und 2 GAL). Verheiratete Versicherte erhielten ohne zusätzliche Beiträge einen Zuschlag (§ 4 Abs. 1 Satz 1 GAL). Dieser entfiel, wenn auch der andere Ehepartner leistungsberechtigt wurde (§ 4 Abs. 3 Satz 1 GAL). Das vorzeitige Altersgeld und ebenso das Hinterbliebenengeld wurden nach § 4 Abs. 5 GAL gekürzt, wenn der Berechtigte zugleich ein anderes Erwerbsersatzeinkommen bezog. Die Höchstgrenze der Kürzung betrug seit der Änderung durch das Gesetz über die laufende Anpassung der Altersgelder in der Altershilfe für Landwirte (Siebentes Änderungsgesetz GAL - 7. ÄndG-GAL) vom 19. Dezember 1973 (BGBl I S. 1937) 25 vom Hundert. Die Regelung sollte eine Überversorgung verhindern. Wenn der Berechtigte auch die Voraussetzungen für den Bezug von Altersgeld erfüllte, wurde das vorzeitige Altersgeld umgewandelt; die Kürzung entfiel dann.

2. Im Zuge der Reform des Agrarsozialrechts war geplant, die Kürzung landwirtschaftlicher Renten aus eigener Versicherung zu streichen (vgl. BTDrucks 12/5700, S. 45, 94). Diese Absicht setzte der Gesetzgeber um, indem er Art. 2 AHNG durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Neuregelung der Altershilfe für Landwirte vom 2. Dezember 1993 (BGBl I S. 1998) um einen § 6 e ergänzte. Absatz 2 der Vorschrift setzte die Kürzungsvorschrift des § 4 Abs. 5 Satz 1 GAL außer Kraft. Bestandsrentner, die schon 1993 vorzeitiges Altersgeld bezogen hatten, sollten allerdings nach Absatz 3 von dieser Begünstigung nur profitieren, wenn sie mindestens 90 Monatsbeiträge gezahlt hatten. Ansonsten sollte es bei der bisherigen Regelung bleiben (vgl. BTDrucks 12/5700, S. 94; BTDrucks 12/5924, S. 1 ff.). § 6 e hatte, soweit hier maßgeblich, folgenden Wortlaut:

§ 6 e

(1)...

(2) Trifft vorzeitiges Altersgeld an landwirtschaftliche Unternehmer mit Einkommen zusammen, ist § 4 Abs. 5 Satz 1 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte nicht anzuwenden.

(3) Sind vor Beginn eines Hinterbliebenengeldes, vorzeitigen Altersgeldes oder Waisengeldes, auf das am 31. Dezember 1993 Anspruch bestand und für das Einkommen zu berücksichtigen war, für mindestens 90 Kalendermonate Beiträge gezahlt, gelten Absätze 1 und 2 entsprechend; Absatz 1 Satz 2 gilt mit der Maßgabe, dass die Erklärung bis zum 30. Juni 1994 abzugeben ist.

(4)...

Das Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) vom 29. Juli 1994 (BGBl I S. 1890), das zum 1. Januar 1995 in Kraft gesetzt wurde, stellte das vorzeitige Altersgeld einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach neuem Recht gleich (§ 94 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2). Es beschränkte die Anrechnung von Einkommen auf abgeleitete Renten (§ 106 Abs. 2 und 3).

Für den Übergang sah § 98 Abs. 6 ALG vor:

Traf im Jahr 1994 eine laufende Geldleistung mit Einkommen zusammen, sind die für dieses Jahr anzuwendenden Vorschriften über das Zusammentreffen von Renten mit Einkommen für die Zeit des Bezugs der Rente weiter anzuwenden. Dabei tritt an die Stelle der Anwendung des § 3 a Abs. 2 Satz 2 und 3, § 3 b Abs. 1 Buchstabe e, § 4 Abs. 5 Satz 1 und § 10 Abs. 6 a des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte in der am 31. Dezember 1994 geltenden Fassung die Anwendung des § 106 Abs. 2 und 3; § 106 Abs. 5 bleibt unberührt. ...

Die Regelung des Satzes 2 sollte verhindern, dass die Alterskassen nach dem 31. Dezember 1994 noch Vorschriften des dann aufgehobenen GAL anzuwenden hätten. Sie sollten stattdessen die entsprechenden neuen Regeln anwenden, die "im wesentlichen" den Vorschriften des GAL über das Zusammentreffen von Renten und Einkommen entsprächen (BTDrucks 12/7599, S. 16 zu § 102 Abs. 6 des Entwurfs zum ALG).

II.

1. Die Beschwerdeführerin hatte von 1984 bis 1989 als Landwirtin 61 Monatsbeiträge zur Alterssicherung der Landwirte auf der Grundlage des GAL geleistet. Ab 1989 bezog sie vorzeitiges Altersgeld einschließlich eines Verheiratetenzuschlags. Da sie gleichzeitig eine Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezog, wurde das Altersgeld um ein Viertel gekürzt. Zumindest die gesetzliche Rente wurde mehrfach neu festgesetzt. Die Beschwerdeführerin trägt vor, dies sei auch beim vorzeitigen Altersgeld der Fall gewesen.

Als ihr Mann Ende 1994 ebenfalls die Voraussetzungen für eine Rente aus der landwirtschaftlichen Alterssicherung erfüllte, beantragte die Beschwerdeführerin eine Neuberechnung ihres Altersgeldes. Sie war der Auffassung, die Kürzung müsse für die Zukunft unterbleiben. § 4 Abs. 5 GAL sei aufgehoben. Das neue Recht sehe für Renten aus eigener Versicherung keine Kürzung mehr vor. Dies gelte auch für Bestandsrenten, und zwar auch, wenn die Voraussetzungen aus Art. 2 § 6 e Abs. 3 AHNG nicht erfüllt seien. Dies folge aus § 98 Abs. 6 Satz 2 ALG, der ausschließlich § 106 Abs. 2 und 3 ALG für anwendbar erkläre. Diese Vorschriften erlaubten Kürzungen aber nur noch bei abgeleiteten Renten.

2. Die Alterskasse stellte mit Bescheid vom 23. Januar 1998 fest, dass die bei der Beschwerdeführerin bisher erfolgte Anrechnung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auch für den Zeitraum ab dem 1. Januar 1995 bestehen bleibe. Eine Neuberechung finde nach § 98 Abs. 3 Satz 1 ALG statt, wenn auch ihr Ehemann seine Rente beantrage. Dann aber falle ihr Verheiratetenzuschlag weg. Ihrer beider Renten würden zusammen geringer ausfallen als das unveränderte vorzeitige Altersgeld der Beschwerdeführerin allein. Die dagegen gerichtete Klage blieb erfolglos. Das Bundessozialgericht führte in dem mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Urteil aus, die Beschwerdeführerin habe keinen Anspruch auf eine ungekürzte Erwerbsunfähigkeitsrente. Für sie gälte nach wie vor Art. 2 § 6 e Abs. 2 und 3 AHNG. Da sie keine 90 Monate Beitragszeit zurückgelegt habe, bleibe es bei der Kürzung. Zwar seien § 98 Abs. 6 Satz 1 und Satz 2 ALG widersprüchlich formuliert. Dem Wortlaut der Verweisungsnorm in Satz 2 sei jedoch nicht zu entnehmen, dass sie den Anwendungsbereich der Grundregel in Satz 1 einschränken solle. Daher gälte die Verweisung nur für abgeleitete Renten, denn nur solche regele § 106 Abs. 2 und 3 ALG. Der Gesetzgeber sei von der Vorstellung bestimmt gewesen, die materiellen Voraussetzungen einer Begünstigung von Bestandsrenten bei der Reform 1995 sollten nicht nach einem Jahr erneut geändert werden. § 98 Abs. 6 Satz 2 ALG sei nur zur Verwaltungsvereinfachung eingefügt worden, dem Gesetzgeber sei die Differenz zwischen altem und neuem Recht dabei offensichtlich entgangen. Letztlich verbleibe § 98 Abs. 6 Satz 1 ALG kein Anwendungsbereich mehr, wenn man Satz 2 so auslege wie die Beschwerdeführerin, weil dann alle Renten alten Rechts von dieser Ausnahmevorschrift erfasst seien.

Diese Auslegung sei auch verfassungsrechtlich unbedenklich. Der Gesetzgeber dürfe den Wegfall der Kürzung von der Entrichtung von Beiträgen über einen Zeitraum abhängig machen, der über das hinausgehe, was zur Begründung eines Anspruchs erforderlich sei. Das Erfordernis von 90 Beitragsmonaten verstoße insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Es sei schon im Hinblick auf die erheblichen Bundesmittel sachgerecht, die zur Finanzierung der landwirtschaftlichen Alterssicherung eingesetzt würden. Das Erfordernis von 90 Monaten entspräche der halben Wartezeit für eine Altersrente und der 1,5-fachen Wartezeit für eine Erwerbsunfähigkeitsrente.

3. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Entscheidung des Bundessozialgerichts. Auch ihre Rente unterfalle der Verweisung in § 98 Abs. 6 Satz 2 ALG, deshalb sei sie nicht mehr zu kürzen. Das Auslegungsergebnis sei verfassungswidrig. Art. 3 Abs. 1 GG sei verletzt, da sie gegenüber denjenigen Versicherten benachteiligt würde, die nach neuem Recht keine Kürzung hinnehmen müssten; das abgesicherte Risiko sei das Gleiche. Dass sie und ihr Mann zusammen weniger Rente erhielten als sie zuvor allein, verletze Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG. Letztlich hätte der Gesetzgeber im Zusammenhang mit Art. 2 § 6 e Abs. 3 AHNG eine Übergangsregelung derart vorsehen müssen, dass die fehlenden 29 Monatsbeiträge hätten nachentrichtet werden können.

III.

Die Verfassungsbeschwerde ist gemäß § 93 a Abs. 2 BVerfGG nicht zur Entscheidung anzunehmen. Dabei kann offen bleiben, ob sie überhaupt zulässig ist. Sie hat jedenfalls keine Aussicht auf Erfolg.

1. Die Auslegung der maßgeblichen Vorschriften durch das Bundessozialgericht begegnet keinen verfassungsrechtlichen Einwänden.

a) Das Bundesverfassungsgericht überprüft nicht, ob eine Gesetzesauslegung einfachrechtlich richtig ist. Verfassungswidrig ist sie erst, wenn sie unter keinem denkbaren rechtlichen Aspekt mehr vertretbar erscheint und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 86, 59 <63>).

b) Nach diesen Grundsätzen ist nicht zu beanstanden, dass das Bundessozialgericht die Beschwerdeführerin als "Bestandsrentnerin" angesehen und damit in den Anwendungsbereich des Art. 2 § 6 e Abs. 2 und 3 AHNG einbezogen hat. Es ist nicht ersichtlich, dass die dafür gegebene Begründung, ihre Renten seien zwar mehrfach neu bewilligt worden, beruhten aber immer auf demselben Anspruch, Verfassungsrecht verletzt. Das Bundessozialgericht hat mit Hilfe der überkommenen Auslegungsmethoden die Bedeutung des missverständlichen Verweises in § 98 Abs. 6 Satz 2 ALG klargestellt. Hierbei durfte es besonderes Gewicht auf das historische Argument legen; gerade bei jungen Gesetzen ist der subjektive Wille des Gesetzgebers ein gewichtiges Auslegungskriterium. Das dabei erzielte Ergebnis, dass auch nach 1995 die Kürzung nach Art. 2 § 6 e Abs. 3 AHNG fortbestehen sollte, wenn dem vorzeitigen Altersgeld weniger als 90 Beitragsmonate zu Grunde lagen, ist vor diesem Hintergrund zumindest gut vertretbar und begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

2. Auch materiell steht das Auslegungsergebnis mit der Verfassung in Einklang.

a) Die vom Gesetzgeber vorgenommene Kürzung des vorzeitigen Altersgeldes beim Zusammentreffen mit anderen Erwerbsersatzeinkommen verletzt nicht Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG.

Dabei kann offen bleiben, ob die Anwartschaften, die Landwirte nach dem GAL erworben haben, trotz des erheblichen Bundeszuschusses zu den Leistungen der landwirtschaftlichen Alterskassen als Eigentum im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG anzusehen sind (zu den Kriterien vgl. BVerfGE 92, 365 <405>). Jedenfalls fehlt es im vorliegenden Fall an einem Eingriff. Die Kürzung vorzeitigen Altersgeldes, wie sie § 4 Abs. 5 GAL vorsieht, erfolgt schon seit langem in der Alterssicherung für Landwirte. Bis 1973 betrug ihre Höchstgrenze sogar 50 vom Hundert. Als die Beschwerdeführerin 1981 mit dem Erwerb von Anwartschaften begann, war ihre Rechtsposition daher schon mit dem Vorbehalt belastet, ein vorzeitiges Altersgeld werde beim Zusammentreffen mit bestimmten Einkommen gekürzt. Als der Gesetzgeber 1994 diese Anrechnung abschaffte, hiervon aber ältere Anwartschaften teilweise ausnahm, griff er nicht in eigentumsfähige Rechte ein.

b) Auch der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Zwar wurden die Bezieher eines endgültigen und die Bezieher eines vorzeitigen Altersgelds in Bezug auf die Kürzung nach altem Recht ungleich behandelt. Diese Ungleichbehandlung war aber gerechtfertigt.

Das vorzeitige Altersgeld war eine Ausnahmeleistung nach dem GAL. Sie wurde schon vor dem 65. Lebensjahr gewährt und setzte statt 180 nur 60 Beitragsmonate voraus. Das mit der Anrechnungsregelung verfolgte Ziel, eine Doppelversorgung zu verhindern, war legitim (vgl. BVerfGE 79, 87 <98>). Diese Situation konnte sich aber beim vorzeitigen Altersgeld eher einstellen als beim endgültigen. Wenn beispielsweise die Erwerbsunfähigkeit auf einem Betriebsunfall beruhte, konnte gleichzeitig ein Anspruch auf eine Verletztenrente aus der landwirtschaftlichen Unfallversicherung bestehen. Dagegen wird ein Landwirt in der Regel nicht 180 Monate in der landwirtschaftlichen Alterskasse zurückgelegt und außerdem noch die Wartezeiten für eine Rente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt haben. Die Kürzung von zuletzt 25 vom Hundert war den Betroffenen auch zumutbar.

c) Ebenfalls keinen Erfolg kann die Beschwerdeführerin mit ihrer Rüge haben, der Wegfall des Verheiratetenzuschlags verletze Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG. Dieser Zuschlag war eine fürsorgerisch begründete Zusatzleistung im Alterssicherungssystem der Landwirte, die unabhängig von den Beiträgen erbracht wurde. Er fiel daher nicht unter die Eigentumsgarantie. Zudem hatte schon das alte Recht seinen Wegfall vorgesehen, wenn auch der Ehegatte leistungsberechtigt wurde; insoweit lag allenfalls eine Anwartschaft vor, die schon unter diesem Vorbehalt stand.

d) Es verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass der Gesetzgeber die Begünstigung des Art. 2 § 6 e Abs. 2 AHNG Neurentnern zuteil werden ließ und Altberechtigte nur dann einbezog, wenn sie 90 Beitragsmonate zurückgelegt hatten.

aa) Bei der Wahl des Zeitpunkts, zu dem eine in die Zukunft wirkende Neuregelung in Kraft tritt, ist der Gesetzgeber grundsätzlich frei (vgl. Art. 82 Abs. 2 Satz 1 GG und BVerfGE 47, 85 <93>). Ähnlich wie bei einer Stichtagsregelung (vgl. hierzu BVerfGE 80, 297 <311>) trifft ihn der Willkürvorwurf allenfalls dann, wenn für den von ihm bestimmten Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens sachlich einleuchtende Gründe nicht ersichtlich sind (vgl. BVerfGE 47, 85 <93 ff.>). Dies gilt auch für die Beseitigung nachteiliger Regelungen. Es sind im vorliegenden Fall aber keine Gründe ersichtlich, die einen Willkürvorwurf begründen könnten.

bb) Ebenso durfte der Gesetzgeber bei der Einbeziehung von Bestandsrenten in die neue Begünstigung nach der Anzahl der Beitragsmonate differenzieren. Er hat damit ein sachbezogenes Merkmal, nämlich die Versicherungszeit, verwendet. Mit 90 Monaten hat er einen Zeitraum gewählt, der noch näher an der Mindestversicherungszeit für vorzeitiges als an jener für endgültiges Altersgeld lag. Damit hat er die meisten jener Versicherten erfasst, die eigentlich ein endgültiges Altersgeld erreichen wollten und unvorhergesehen erwerbsunfähig wurden, jedoch jene ausgeschlossen, die von Anfang an nur ein vorzeitiges Altersgeld im Blick hatten und die Beitragszahlungen nach 60 Monaten aussetzten. Der Gesetzgeber durfte jene Bezieher vorzeitigen Altersgeldes bevorzugt behandeln, die mehr als die Mindestbeiträge zur landwirtschaftlichen Alterssicherung beigetragen hatten. Eine besondere Härte lag darin jedenfalls bei Versicherten wie der Beschwerdeführerin nicht, deren Beitragszeit nur knapp über der Mindestversicherungszeit lag.

cc) Der Gesetzgeber musste auch nicht von Verfassungs wegen zugunsten der Betroffenen eine Möglichkeit vorsehen, Beiträge nachzuentrichten. Es ging nicht um eine Belastung, bei der eine Übergangsregelung hätte geboten sein können (vgl. etwa BVerfGE 58, 300 <351>). Eine Nachentrichtung hätte erheblichen Verwaltungsaufwand bedeutet, da die Betroffenen schon Rentenbezieher waren und daher seit langem keine Beiträge mehr gezahlt hatten. Der Gesetzgeber verletzt das Grundgesetz nicht, wenn er die Möglichkeit der Nachentrichtung von Beiträgen besonders begründeten Ausnahmefällen vorbehält (vgl. BVerfGE 36, 237 <242 ff.>; 98, 1 <11 ff.>).

3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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