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Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 12.03.2003
Aktenzeichen: 1 BvR 484/01
Rechtsgebiete: BVerfGG
Vorschriften:
BVerfGG § 93 c Abs. 2 | |
BVerfGG § 95 Abs. 2 | |
BVerfGG § 34 a Abs. 2 | |
BVerfGG § 34 a Abs. 3 |
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES
- 1 BvR 484/01 -
In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde
1. unmittelbar gegen
a) den Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 7. Februar 2001 - 5 B 423/00 -,
b) das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 14. April 2000 - 13 K 107/98 -
2. mittelbar gegen
§ 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 i.d.F. des 18. BAföGÄndG vom 17. Juli 1996 (BGBl I S. 1006)
hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Präsidenten Papier, den Richter Steiner und die Richterin Hohmann-Dennhardt
am 12. März 2003 einstimmig beschlossen:
Tenor:
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 14. April 2000 - 13 K 107/98 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 12 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes.
Es wird aufgehoben.
Die Sache wird an das Verwaltungsgericht Dresden zurückverwiesen.
Der Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 7. Februar 2001 - 5 B 423/00 - wird damit gegenstandslos.
Der Freistaat Sachsen hat dem Beschwerdeführer die im Verfassungsbeschwerde-Verfahren entstanden notwendigen Auslagen zu erstatten.
Gründe:
Gegenstand der Verfassungsbeschwerde ist die Gewährung von Ausbildungsförderung nach dem Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG) in Form eines verzinslichen Bankdarlehens.
I.
Der Beschwerdeführer studierte von 1992 bis 2000 Rechtswissenschaft. Zwischen 1993 und 1997 war er in Gremien der Universität tätig. Er erhielt zunächst Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz je zur Hälfte als Zuschuss und als unverzinsliches Darlehen. Für den Bewilligungszeitraum von April 1997 bis März 1998 wurde ihm gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG in der Fassung des Achtzehnten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (18. BAföGÄndG) vom 17. Juli 1996 (BGBl I S. 1006) Ausbildungsförderung in Form eines verzinslichen Bankdarlehens gewährt. Im Verwaltungsrechtsweg hat der Beschwerdeführer ohne Erfolg versucht, Ausbildungsförderung auch weiterhin je zur Hälfte als Zuschuss und als unverzinsliches Darlehen zu erhalten. Er dürfe nicht wegen seiner Tätigkeit in Gremien und Organen, die sich auf die Dauer seines Studiums ausgewirkt habe, benachteiligt werden. Mit der Verfassungsbeschwerde macht er eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG sowie des Grundsatzes des Vertrauensschutzes geltend.
II.
1. Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung von Grundrechten des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung nach § 93 c BVerfGG sind gegeben. Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum grundgesetzlichen Vertrauensschutz ist hinreichend geklärt, inwieweit Studierende, die nach § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG dem Grunde nach Anspruch auf Ausbildungsförderung über die Förderungshöchstdauer hinaus hatten, darauf vertrauen durften, von der durch das 18. BAföGÄndG vorgenommenen Umstellung der Förderungsart auf Bankdarlehen verschont zu bleiben (vgl. insbesondere Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 6. April 2000, FamRZ 2000, S. 947).
2. Das mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 14. April 2000 verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Das Verwaltungsgericht hat es versäumt, Art. 6 Abs. 2 Satz 1 des 18. BAföGÄndG entsprechend den im Kammerbeschluss vom 6. April 2000 dargestellten Grundsätzen verfassungskonform auszulegen. Anders als in dem Fall, der dem Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 17. Juni 2002 (FamRZ 2002, S. 1463) zugrunde gelegen hat, kann sich hier der Beschwerdeführer auf einen gesteigerten Vertrauensschutz berufen. Dieser beruht insbesondere auf dem Verbot der Benachteiligung wegen Gremientätigkeit (§ 37 Abs. 3 des Hochschulrahmengesetzes; § 66 Abs. 3 des Sächsischen Hochschulgesetzes).
III.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist aufzuheben, ohne dass es noch auf die zusätzlich erhobenen Grundrechtsrügen ankommt. Die Sache ist an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen (vgl. § 93 c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG), das die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zu treffen hat, insbesondere zu der Frage, inwieweit die Gremientätigkeit des Beschwerdeführers für die Überschreitung der Förderungshöchstdauer verantwortlich ist.
Der Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 7. Februar 2001 ist damit gegenstandslos.
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34 a Abs. 2 und 3 BVerfGG.
Ende der Entscheidung
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