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Gericht: Bundesverfassungsgericht
Urteil verkündet am 28.01.2003
Aktenzeichen: 1 BvR 487/01
Rechtsgebiete: GG
Vorschriften:
GG Art. 3 Abs. 1 |
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 487/01 -
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde
1. unmittelbar gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 24. Januar 2001 - 22 WF 532/00 -,
2. mittelbar gegen Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 26 Buchstabe a Satz 1 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 (BGBl II S. 889 <936>) in Verbindung mit § 1 der Verordnung zur Anpassung der für die Kostengesetze in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet geltenden Ermäßigungssätze (Ermäßigungssatz-Anpassungsverordnung - KostG- ErmAV) vom 15. April 1996 (BGBl I S. 604)
hat das Bundesverfassungsgericht - Erster Senat - unter Mitwirkung des Präsidenten Papier, der Richterinnen Jaeger, Haas, der Richter Hömig, Steiner, der Richterin Hohmann-Dennhardt und der Richter Hoffmann-Riem, Bryde
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. November 2002 durch
Urteil
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 26 Buchstabe a Satz 1 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands - Einigungsvertrag - vom 31. August 1990 (Bundesgesetzblatt II Seite 889 <936>) in Verbindung mit § 1 der Verordnung zur Anpassung der für die Kostengesetze in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet geltenden Ermäßigungssätze (Ermäßigungssatz-Anpassungsverordnung - KostGErmAV) vom 15. April 1996 (Bundesgesetzblatt I Seite 604) ist mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar. Die Regelung kann bis zum In-Kraft-Treten einer verfassungsgemäßen Neuregelung, längstens bis zum 31. Dezember 2003, weiter angewendet werden.
2. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen.
3. Die Bundesrepublik Deutschland hat der Beschwerdeführerin die notwendigen Auslagen zu erstatten.
Gründe:
A.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Ermäßigung der nach der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte zu berechnenden Gebühren für die berufliche Tätigkeit von Rechtsanwälten mit Kanzleisitz in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpom-mern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
I.
Der Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands - Einigungsvertrag - vom 31. August 1990 (BGBl II S. 889 <921>; im Folgenden: EV) regelt in Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III unter anderem die Erstreckung des Kostenrechts der Bundesrepublik Deutschland auf das Beitrittsgebiet mit einer Reihe von Maßgaben, die für dieses Gebiet Abweichendes bestimmen. Neben den Gebühren nach dem Gerichtskostengesetz (im Folgenden: GKG) und nach anderen Kostengesetzen (vgl. dazu die Nummern 19, 20, 23 bis 25 der Regelung) ermäßigten sich nach Nummer 26 Buchstabe a auch die sich aus der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (im Folgenden: BRAGO) ergebenden Gebühren bei der Tätigkeit von Rechtsanwälten, die ihre Kanzlei (vgl. § 27 der Bundesrechtsanwaltsordnung; im Folgenden: BRAO) im Beitrittsgebiet eingerichtet haben, um 20 vom Hundert (Satz 1). Die Rechtsanwaltsgebühren ermäßigten sich in gleicher Weise, wenn ein Rechtsanwalt vor Gerichten oder Behörden, die ihren Sitz in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen haben, im Auftrag eines Beteiligten tätig wurde, der seinen Wohnsitz oder Sitz im Beitrittsgebiet hatte (Satz 2 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 EV). Nummer 26 Buchstabe a hat folgenden Wortlaut:
Die sich aus den in Kraft gesetzten Vorschriften <der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte> ergebenden Gebühren ermäßigen sich bei der Tätigkeit von Rechtsanwälten, die ihre Kanzlei in dem in Artikel 3 des Vertrages genannten Gebiet eingerichtet haben, um 20 vom Hundert. Die Gebühren ermäßigen sich in gleicher Weise, wenn ein Rechtsanwalt vor Gerichten oder Behörden, die ihren Sitz in dem in Artikel 1 Abs. 1 des Vertrages genannten Gebiet haben, im Auftrag eines Beteiligten tätig wird, der seinen Wohnsitz oder Sitz in dem in Artikel 3 des Vertrages genannten Gebiet hat...
Nach Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 27 EV ist der Bundesminister der Justiz ermächtigt, den genannten Ermäßigungssatz - und die für die anderen Kosten-gesetze bestimmten Ermäßigungssätze - zur Anpassung an die wirtschaftlichen Verhältnisse durch Rechtsverordnung neu festzusetzen oder aufzuheben. Von dieser Ermächtigung ist mit der Verordnung zur Anpassung der für die Kostengesetze in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet geltenden Ermäßigungssätze (Ermäßigungssatz-Anpassungsverordnung - KostGErmAV) vom 15. April 1996 (BGBl I S. 604) Gebrauch gemacht worden. § 1 der Verordnung hat den Ermäßigungssatz für die Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte und die anderen Kostengesetze mit Wirkung vom 1. Juli 1996 auf 10 vom Hundert festgesetzt. Die Regelung lautet wie folgt:
Neufestsetzung der Ermäßigungssätze
Die in Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 19, 20 und 23 bis 26 jeweils in Buchstabe a ... des Einigungsvertrages ... bestimmten Ermäßigungssätze werden auf 10 vom Hundert festgesetzt.
Eine abweichende Regelung gilt seit dem 1. März 2002 für den Ostteil Berlins. Nach § 135 BRAGO in der Fassung des Gesetzes zur Aufhebung der für die Kostengesetze nach dem Einigungsvertrag geltenden Ermäßigungssätze für den Teil des Landes Berlin, in dem das Grundgesetz vor dem 3. Oktober 1990 nicht galt (Ermäßigungssatz-Aufhebungsgesetz Berlin), vom 22. Februar 2002 (BGBl I S. 981) ist dort die Maßgabe in Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 26 Buchstabe a EV ab dem genannten Zeitpunkt nicht mehr anzuwenden.
II.
Die Beschwerdeführerin ist Rechtsanwältin. Sie praktizierte zunächst in Stuttgart und hat ihren Kanzleisitz seit 1994 in Dresden. Dort vertrat sie 1998 in einem Scheidungsverfahren eine in München wohnhafte Mandantin, der Prozesskostenhilfe bewilligt wurde und für die außerdem eine in München niedergelassene Rechtsanwältin als Korrespondenzanwältin auftrat. Nach Abschluss des Scheidungsverfahrens beantragte die Beschwerdeführerin die Erstattung ihrer Gebühren und Auslagen. Das Familiengericht setzte den Anteil der Gebühren an der im Rahmen der Prozesskostenhilfe zu zahlenden Vergütung um 10 vom Hundert niedriger fest als von der Beschwerdeführerin beantragt und begründete dies damit, dass die Gebührensätze für die neuen Länder zugrunde zu legen seien; ausschlaggebend sei der Sitz der Anwaltskanzlei der Beschwerdeführerin im Beitrittsgebiet.
Die Erinnerung der Beschwerdeführerin gegen diese Festsetzung wies das Amtsgericht unter Hinweis auf Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 26 Buchstabe a EV zurück. Das Oberlandesgericht hat die daraufhin erhobene Beschwerde der Beschwerdeführerin mit dem angegriffenen Beschluss zurückgewiesen (vgl. Anwaltsgebühren Spezial 2001, S. 271):
Die vom Familiengericht vorgenommene Gebührenermäßigung entspreche dem geltenden Recht und beruhe darauf, dass die Beschwerdeführerin ihre Kanzlei im Beitrittsgebiet eingerichtet habe. Nicht entscheidend sei, dass ihre Mandantin in den alten Bundesländern ansässig sei. Auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin, die in gleicher Sache in München tätig gewesene Korrespondenzanwältin habe die vollen Gebühren abrechnen können, rechtfertige keine andere Beurteilung.
Die Gebührenkürzung gemäß dem Einigungsvertrag verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Differenzierung zwischen Rechtsanwälten mit Sitz im Beitrittsgebiet und Rechtsanwälten mit Sitz in den alten Ländern sei 1990 durch einleuchtende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt gewesen. Bei der Überleitung des Kostenrechts sei den schlechteren wirtschaftlichen Verhältnissen der im Beitrittsgebiet ansässigen Rechtsanwälte und Rechtsuchenden Rechnung getragen worden. Trotz einer fortschreitenden Angleichung der Lebensverhältnisse, die 1996 zu der Herabsetzung des Ermäßigungssatzes auf 10 vom Hundert geführt habe, sei die pauschale Differenzierung weiterhin gerechtfertigt. Nach wie vor bestünden in den neuen und in den alten Ländern unterschiedliche wirtschaftliche Verhältnisse.
III.
Mit der Verfassungsbeschwerde, die sich mittelbar auch gegen die dem Beschluss des Oberlandesgerichts zugrunde liegende gesetzliche Regelung über den Gebührenabschlag für Rechtsanwälte in den neuen Ländern richtet, rügt die Beschwerdeführerin die Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG.
Sie werde von dem Gebührenabschlag nur deshalb betroffen, weil sie ihren Kanzleisitz im Beitrittsgebiet habe. Die im Scheidungsverfahren beigeordnete Korrespondenzanwältin in München habe die gleiche Qualifikation wie sie. Der Beschwerdeführerin entstünden für ihre Kanzlei in Dresden auch die gleichen Kosten wie für ihre frühere Kanzlei in Stuttgart. So seien die Aufwendungen für Büromaterial, Inventar, Telefon, Porto und Haftpflichtversicherung die gleichen wie im Westen, und auch die Personalkostenstruktur sei die gleiche wie in ihrer früheren Kanzlei. Ihre Büromiete sei jetzt sogar höher als früher. Die Gebührenordnung mache auch sonst keine Unterschiede zwischen Rechtsanwälten, die in einer teueren Großstadt praktizierten, und solchen, die ihr Büro auf dem Land hätten. Es sei deshalb nicht vertretbar, zwischen den alten und den neuen Ländern zu unterscheiden und den Gebührenabschlag Ost weiter aufrechtzuerhalten. Ein Schutzzweck bezüglich einer Auftraggeberin aus den alten Ländern, die in den neuen Ländern prozessiere, sei ohnehin nicht erkennbar.
IV.
Schriftlich und in der mündlichen Verhandlung haben sich zu der Verfassungsbeschwerde geäußert: das Bundesministerium der Justiz namens der Bundesregierung, das Sächsische Staatsministerium der Justiz, die Bundesrechtsanwaltskammer und der Deutsche Anwaltverein.
1. Nach der Auffassung des Bundesministeriums ist die Regelung über den Gebührenabschlag für Rechtsanwälte, die ihre Kanzlei im Beitrittsgebiet haben, mit Art. 3 Abs. 1 GG noch vereinbar. Die weiter vorhandenen wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den alten und den neuen Ländern stellten unverändert einen sachlichen Differenzierungsgrund für die ungleiche Höhe der Rechtsanwaltsgebühren dar. Deshalb lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Aufhebung des Ermäßigungssatzes im Rechtsverordnungswege nicht vor.
Allerdings zeichne sich ein immer breiter werdender politischer Konsens darüber ab, den Gebührenabschlag für Rechtsanwälte im Beitrittsgebiet, in einem Akt oder stufenweise, aufzuheben. Zuletzt hätten die Justizministerinnen und Justizminister der Länder am 14. November 2002 beschlossen, die Bundesregierung zu bitten, die so genannte Kostenstrukturnovelle, die unter anderem die Bereiche der Rechtsanwalts- und der Gerichtsgebühren umfasse, nach Möglichkeit bis zum 1. Januar 2004 abzuschließen und in diesem Zusammenhang auch den Gebührenabschlag Ost abzuschaffen. Komme es zu einem Wegfall dieses Abschlags und werde gleichzeitig die Ermäßigung der Gerichtsgebühren für Kostenschuldner mit Gerichtsstand im Beitrittsgebiet aufgehoben, sei in den östlichen Bundesländern nach Abzug der Mehrbelastungen, die für deren Haushalte im Rahmen der Prozesskostenhilfe und der Übernahme von Pflichtverteidigungen entstünden, mit Mehreinnahmen in Höhe von voraussichtlich 20 Millionen Euro jährlich zu rechnen.
2. Das Sächsische Staatsministerium hält die Verfassungsbeschwerde ebenfalls für unbegründet. Der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts beruhe auf einer wortgetreuen Anwendung der Gebührenabschlagsregelung. Diese verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil sie nach wie vor durch die in den alten und den neuen Ländern unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnisse gerechtfertigt sei. Zwischen den Einkommen der Rechtsuchenden im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet sei weiterhin ein deutlicher Abstand zu verzeichnen, der sich leider seit etwa 1995 nicht verringere.
Im Hinblick auf die Generalisierungsbefugnis des Gesetzgebers sei es unerheblich, dass die von der Beschwerdeführerin vertretene Mandantin in den alten Bundesländern ansässig sei. Es könne verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden, dass der Gesetzgeber bei der angegriffenen Regelung davon aus-gegangen sei, die im Beitrittsgebiet niedergelassenen Rechtsanwälte würden im Regelfall für Mandanten tätig, die in diesem Gebiet ansässig seien. Bei der jetzt diskutierten Frage, ob der Gebührenabschlag für Rechtsanwälte mit Kanzleisitz in den neuen Ländern trotz der fortbestehenden wirtschaftlichen Unterschiede abgeschafft werden sollte, handele es sich um eine Frage der politischen Zweckmäßigkeit. 3. Die Bundesrechtsanwaltskammer, für die in der mündlichen Verhandlung auch der Präsident der Rechtsanwaltskammer des Landes Brandenburg Stellung genommen hat, hält die Verfassungsbeschwerde für begründet. Die Voraussetzungen für den Gebührenabschlag seien inzwischen im gesamten Beitrittsgebiet entfallen. Mehr als zwölf Jahre nach der Herstellung der deutschen Einheit habe sich die dem Bundesminister der Justiz erteilte Ermächtigung zur Reduzierung oder Aufhebung der Gebührenermäßigung durch Rechtsverordnung - auch und gerade unter Berücksichtigung der in Art. 143 Abs. 1 und 2 GG vorgesehenen Übergangsfristen von zwei und fünf Jahren - zu einer Rechtspflicht zur Aufhebung des Gebührenabschlags verdichtet.
Wirtschaftliche Besonderheiten im Beitrittsgebiet fänden in den im Allgemeinen niedrigeren Streitwerten sowie darin ihren Niederschlag, dass Rechtsuchende dort viel häufiger Beratungs- und Prozesskostenhilfe in Anspruch nähmen als in der alten Bundesrepublik. Im vorliegenden Fall komme hinzu, dass der Gebührenabschlag im Verhältnis zu einer Auftraggeberin Anwendung finden solle, die ihren Wohnsitz in den alten Ländern habe und deren Korrespondenzanwältin für die gleiche Tätigkeit die ungekürzten Gebühren erhalte. Diese Konstellation habe dem Gesetzgeber bei der Regelung der Gebührenermäßigung nicht vor Augen gestanden.
4. Auch der Deutsche Anwaltverein ist der Ansicht, dass die Verfassungsbeschwerde begründet ist. Möge der Gebührenabschlag für Rechtsanwälte in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung berechtigt gewesen sein, so bestünden doch jetzt zwischen den Rechtsanwälten in den alten und in den neuen Ländern keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht mehr, dass sie die Ungleichbehandlung noch rechtfertigen könnten. Der Sitz der Kanzlei sei kein tauglicher Anknüpfungspunkt für die Bemessung der anwaltlichen Gebühren. Auch sei die Rechtsanwaltstätigkeit mit der Tätigkeit von Richtern, Beamten und Beschäftigten der Industrie, auf welche die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts in ihrem Beschluss vom 22. Oktober 1997 (NJW 1998, S. 1700) hingewiesen habe, viel weniger vergleichbar als mit der Tätigkeit anderer freier Berufe, die - wie etwa diejenigen der Architekten und Ingenieure - keine Abschläge mehr hinnehmen müssten.
Der Gebührenabschlag Ost sei nur als Übergangsregelung verfassungskonform gewesen. Für die Bemessung der Übergangsfristen gebe Art. 143 Abs. 1 und 2 GG Hinweise. Danach sei die ungleiche Honorierung bei sonst gleicher Tätigkeit spätestens seit dem 1. Januar 1996, jedenfalls aber nach nunmehr über zwölf Jahren, mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht mehr vereinbar. Daneben sei auch die Berufsausübungsfreiheit der Rechtsanwälte nach Art. 12 Abs. 1 GG verletzt.
B.
Die Verfassungsbeschwerde ist teilweise begründet. Die von der Beschwerdeführerin angegriffene gesetzliche Regelung über die Ermäßigung der Gebühren für die Tätigkeit von Rechtsanwälten mit Kanzleisitz in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ist im Hinblick auf die veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen für die Tätigkeit der Rechtsanwälte mit dem Grundgesetz nicht mehr vereinbar (I., II.). Dies berührt jedoch nicht den Bestand des auf diese Regelung gestützten Beschlusses des Oberlandesgerichts (III.).
I.
Maßstab für die verfassungsgerichtliche Prüfung ist der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, den die Beschwerdeführerin allein für verletzt hält. Dieser gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt aber das Gleichheitsgrundrecht, wenn er bei Regelungen, die Personengruppen betreffen, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen Gruppe anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 102, 41 <54>; 104, 126 <144 f.>; stRspr). Dabei sind dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der jeweiligen Rege-lung umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten, etwa auf die durch Art. 12 Abs. 1 GG garantierte Freiheit der beruflichen Tätigkeit (vgl. BVerfGE 62, 256 <274>), nachteilig auswirken kann (vgl. BVerfGE 92, 53 <69>; stRspr).
II.
Diesem Maßstab wird Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 26 Buchstabe a Satz 1 EV in Verbindung mit § 1 KostGErmAV nicht mehr gerecht.
1. Nur diese Regelung, die - seit dem In-Kraft-Treten des Ermäßigungssatz-Aufhebungsgesetzes Berlin am 1. März 2002 - noch für solche Rechtsanwälte gilt, die ihre Kanzlei in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen eingerichtet haben, greift die Beschwerdeführerin an. Allein durch sie wird die Beschwerdeführerin, die ihre Rechtsanwaltskanzlei in Sachsen unterhält und vor dem Familiengericht im Auftrag einer im alten Bundesgebiet wohnhaften Beteiligten tätig geworden ist, nachteilig betroffen. Von der Verfassungsbeschwerde nicht erfasst ist demzufolge die Vorschrift des Satzes 2 der Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 26 Buchstabe a EV in Verbindung mit § 1 KostGErmAV, die auf den Gerichts- oder Behördensitz sowie auf den Wohnsitz oder Sitz des Mandanten abstellt.
2. Durch die Anknüpfung an den Kanzleisitz in Satz 1 der Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 26 Buchstabe a EV in Verbindung mit § 1 KostGErmAV werden alle Rechtsanwälte, die ihre Kanzlei in einem der neuen Länder eingerichtet haben, gegenüber den Rechtsanwälten benachteiligt, deren Kanzlei in Berlin oder in einem der alten Bundesländer liegt, auch wenn sie nicht im Sinne des Satzes 2 der Regelung im Auftrag eines Mandanten aus dem Beitrittsgebiet vor Gerichten oder Behörden in Brandenburg, Mecklenburg-Vor-pommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen tätig werden. Sie können für ihre Berufstätigkeit als Rechtsanwalt, wenn und soweit sich ihre dafür anfallende Vergütung nach der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte bemisst, nur Gebühren verlangen, die um 10 vom Hundert niedriger sind als diejenigen, die Rechtsanwälte mit Kanzleisitz in Berlin und den alten Bundesländern ihren Mandanten in Rechnung stellen dürfen.
3. Für diese Ungleichbehandlung liegen sachliche Rechtfertigungsgründe nicht mehr vor.
a) Die angegriffene Regelung ist Teil eines Bündels kostenrechtlicher Vorschriften, die der Bundesgesetzgeber aus Anlass der Herstellung der deutschen Einheit mit bestimmten Maßgaben auf das Beitrittsgebiet erstreckt hat (vgl. neben der Nummer 26 auch die Nummern 19, 20 und 23 bis 25 der Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III EV). Mit diesen Maßgaben sollte auf die abweichenden Lebensverhältnisse, insbesondere auf die Vermögens- und Einkommensverhältnisse, in der früheren Deutschen Demokratischen Republik Rücksicht genommen werden (vgl. die Erläuterungen der Bundesregierung vom 10. September 1990 zu den Anlagen zum Einigungsvertrag, BTDrucks 11/7817, S. 29 zu den Nummern 19 bis 27). Speziell mit der Gebührenermäßigung für die Rechtsanwälte mit Kanzleisitz im Beitrittsgebiet wollte der Gesetzgeber den unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnissen der in der früheren Deutschen Demokratischen Republik ansässigen Rechtsanwälte und Rechtsuchenden Rechnung tragen (vgl. BTDrucks, a.a.O., S. 31 zu Nummer 26 Maßgabe a). Die damit verbundene Abweichung vom Gebührenrecht der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte beruht also auf sozialen Erwägungen.
b) Dieses Gesetz enthält ein Regelungssystem, das in generalisierender Form für alle anwaltlichen Leistungen Pauschalvergütungssätze vorsieht - überwiegend bezogen auf den jeweiligen Streitwert (Wertgebühren), vielfach aber auch in der Form fester Gebührensätze (Betragsgebühren). Das dient dem Zweck, im Verhältnis zwischen Rechtsuchenden und Rechtsanwälten klare und vorhersehbare Abrechnungsbedingungen zu schaffen, darüber hinaus aber auch im Verhältnis zu Dritten für die Zeit nach Beendigung eines Rechtsstreits für eine praktikable Abwicklung von Erstattungspflichten zu sorgen (vgl. näher BVerfGE 83, 1 <13 f.>). Die Pauschalierung hat freilich zur Folge, dass der jeweilige Gebührenanspruch im Einzelfall nicht jeweils dem Wert und dem Umfang der anwaltlichen Leistung entspricht; bei seiner Mischkalkulation kann der Rechtsanwalt aber die Vorteile eines geschlossenen Regelungssystems nutzen (vgl. BVerfGE 83, 1 <14>). Gleichwohl sind der Pauschalierung gesetzlicher Gebührensätze für Rechtsanwälte Grenzen gesetzt. Der Gesetzgeber muss bei der Ausgestaltung der jeweiligen Gebührenordnung für die anwaltliche Tätigkeit auch die Berufsfreiheit des Rechtsanwalts beachten (vgl. BVerfGE 85, 337 <349>). Das Entgelt, das der Rechtsanwalt von seinem Auftraggeber verlangen darf, muss deshalb so bemessen sein, dass er aus seinem Gebührenaufkommen nach einer Mischkalkulation sowohl seinen Kostenaufwand als auch seinen Lebensunterhalt bestreiten kann (vgl. BVerfGE 80, 103 <109>; 85, 337 <349>).
Das bedeutet nicht, dass die Festsetzung von Gebühren nicht auch von sozialpolitischen Erwägungen getragen sein kann (vgl. BVerfGE 83, 1 <14 ff.>). So sieht § 12 Abs. 1 Satz 1 BRAGO bei der Bestimmung von Rahmengebühren durch den Rechtsanwalt die Berücksichtigung der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers ausdrücklich vor. Demgemäß gestattet § 49 b Abs. 1 Satz 2 BRAO dem Rechtsanwalt, auf die Bedürftigkeit eines Auftraggebers durch Ermäßigung oder Erlass von Gebühren oder Auslagen Rücksicht zu nehmen. Auch die für das Verfahren vor den Sozialgerichten in § 116 Abs. 1 BRAGO festgelegten Betragsrahmengebühren sind aus sozialpolitischen Gründen begrenzt (vgl. BVerfGE 83, 1 <15>). Darüber hinaus wird sozialen Bedürfnissen im Rahmen gerichtlicher Verfahren vor allem durch eine Kürzung des Streitwerts, die automatisch zu geringeren Gebührensätzen führt (vgl. etwa § 12 Abs. 2 Satz 1 GKG und dazu BVerfGE 80, 103), und durch die Gewährung von Prozesskostenhilfe Rechnung getragen, für die in § 123 in Verbindung mit § 121 BRAGO bei Vergütung aus der Staatskasse abgesenkte Gebührensätze bestimmt worden sind (vgl. BVerfGE 83, 1 <14>). Eine Regelung, welche die Gebührenhöhe unter Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse nach Regionen unterschiedlich bemisst, hat der Gesetzgeber dagegen bisher nicht vorgesehen.
Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 26 Buchstabe a Satz 1 EV in Verbindung mit § 1 KostGErmAV ist vor diesem Hintergrund eine Regelung, die dem Gesamtkonzept der für Rechtsanwälte geltenden Gebührenordnung nicht entspricht. Denn Ziel dieser Regelung war es, ohne Rücksicht auf die jeweilige Verfahrensart in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen die wirtschaftlichen Verhältnisse der Rechtsanwälte und der Rechtsuchenden in der Weise zu berücksichtigen, dass sich die gesetzlichen Gebühren für alle Rechtsanwälte, deren Kanzlei in einem dieser Länder liegt, um 10 vom Hundert ermäßigen.
c) Die damit für diese Rechtsanwälte verbundene Ungleichbehandlung ist nach Aufgabe des Lokalisationsprinzips und nach dem Wegfall der daran anknüpfenden Beschränkungen der Postulationsfähigkeit sachlich nicht mehr gerechtfertigt. aa) Allerdings durfte der Bundesgesetzgeber, als er im Jahre 1990 die Gebührenermäßigung für die Rechtsanwälte im Beitrittsgebiet beschloss, berücksichtigen, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse der dort niedergelassenen Rechtsanwälte und die wirtschaftliche Situation der dort ansässigen Rechtsuchenden andere waren als die der Rechtsanwälte und Rechtsuchenden im alten Bundesgebiet (vgl. BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, AnwBl 1993, S. 529; 3. Kammer des Ersten Senats, AnwBl 1994, S. 93; 2. Kammer des Ersten Senats, NJW 1998, S. 1700). Der Umstand, dass die Ausgaben und Kosten der Rechtsanwälte sowie die Gehälter, Vergütungen und Löhne der Rechtsuchenden in den neuen Ländern typischerweise niedriger waren als im alten Bundesgebiet (vgl. BTDrucks 11/7817, S. 31 zu Nr. 26 Maßgabe a), war bei pauschalierender Betrachtungsweise als Rechtfertigungsgrund für die in Rede stehende gesetzliche Differenzierung so lange geeignet, wie sich die berufsrechtlichen Rahmenbedingungen für die Berufstätigkeit der Rechtsanwälte im Beitrittsgebiet und in der alten Bundesrepublik mit der Folge unterschieden, dass Anwälte in den Beitrittsländern ganz überwiegend Mandanten aus diesem Gebiet betreuten und Anwälte aus dem übrigen Bundesgebiet davon weitgehend ausgeschlossen waren. Das traf auf dem Gebiet zivilrechtlicher Streitigkeiten als dem wichtigsten Betätigungsfeld anwaltlicher Berufsausübung anfänglich vor allem wegen der unterschiedlichen Ausgestaltung der Regelungen über die Postulationsfähigkeit von Rechtsanwälten im Anwaltsprozess und über die berufsrechtliche Lokalisierung dieses Berufsstandes zu (vgl. dazu und zum Folgenden BVerfGE 93, 362 <363 ff.>).
Während in den alten Bundesländern in Zivilprozessen vor den Land- und den Familiengerichten und vor allen Gerichten des höheren Rechtszugs nach dem Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland weiter nur Rechtsanwälte auftreten konnten, die bei dem Prozessgericht oder - in Familiensachen - bei dem übergeordneten Landgericht zugelassen waren, galt in den fünf neuen Ländern für die dort niedergelassenen Rechtsanwälte zunächst das Recht der Deutschen Demokratischen Republik fort. Danach war jeder Anwalt vor jedem dort bestehenden Gericht postulationsfähig; eine Lokalisierung bei einem bestimmten Gericht gab es nicht. Diese Regelung blieb im Kern auch bestehen, als durch das Rechtspflege-Anpassungsgesetz vom 26. Juni 1992 (BGBl I S. 1147) das für Rechtsanwälte der Deutschen Demokratischen Republik geltende Recht an das Recht der Bundesrechtsanwaltsordnung angepasst wurde. In Anwaltsprozessen vor den Land- und den Familiengerichten der neuen Länder war - für eine Übergangszeit bis zum 31. Dezember 1994 - jeder dort zugelassene Rechtsanwalt postulationsfähig. Dagegen besaß kein Rechtsanwalt mit Zulassung bei einem Gericht mit Sitz im übrigen Bundesgebiet die Postulationsfähigkeit in Anwaltsprozessen vor einem Gericht der neuen Länder.
bb) Eine Änderung dieses Rechtszustands sah erst das Gesetz zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte vom 2. September 1994 (BGBl I S. 2278) vor. Es hat die Verknüpfung von Postulationsfähigkeit und berufsrechtlicher Lokalisierung für Zivilprozesse vor den Land- und den Familiengerichten bundesweit aufgegeben und erkennt jedem Rechtsanwalt, der bei einem Land- oder Amtsgericht zugelassen ist, für dort anhängige Streitigkeiten die Postulationsfähigkeit zu. Diese Regelung ist durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte vom 17. Dezember 1999 (BGBl I S. 2448) zum 1. Januar 2000 bundesweit in Kraft gesetzt worden, nachdem das Bundesverfassungsgericht die übergangsweise Einführung der beschränkten Postulationsfähigkeit in Zivilprozessen vor den Land- und den Familiengerichten der neuen Länder, wie sie sich aus dem Zusammenspiel des Rechtspflege-Anpassungsgesetzes mit dem Gesetz vom 2. September 1994 ergeben hätte, durch Beschluss vom 5. Dezember 1995 (BVerfGE 93, 362) für nichtig erklärt hatte.
Rechtsanwälten mit Kanzleisitz in den neuen Ländern ist es damit ab dem 1. Januar 2000 erstmals möglich geworden, in zivilrechtlichen Streitigkeiten vor den Land- und den Familiengerichten der alten Bundesländer aufzutreten, wie umgekehrt seither Rechtsanwälte mit Kanzleisitz in den alten Ländern in Zivilprozessen vor den Land- und den Familiengerichten der neuen Länder postulationsfähig sind. Rechtsanwälte können in Rechtsstreitigkeiten der vorgenannten Art nunmehr bundesweit, im Osten wie im Westen des Bundesgebiets, beruflich tätig werden. Das ursprüngliche Nebeneinander zweier räumlich getrennter "Postulationsbereiche" (BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, NJW 2000, S. 1939 <1940>), in denen Rechtsanwälte der jeweils anderen Seite in wichtigen Rechtsangelegenheiten beruflich nicht auftreten konnten, ist also entfallen.
Damit hat die Regelung über die Gebührenermäßigung für Rechtsanwälte mit Kanzleisitz in den neuen Ländern ihre Bedeutung grundlegend geändert. Sie erfasst nunmehr auch das berufliche Auftreten dieser Rechtsanwälte in Verfahren vor den Land- und den Familiengerichten in Berlin und den alten Bundesländern, also einen Sachverhalt, für den sie ursprünglich nicht gedacht war. Außerdem lässt sie unberücksichtigt, dass Rechtsanwälte, die ihre Kanzlei in den alten Bundesländern haben, dort ansässige Auftraggeber in Zivilprozessen mit Anwaltszwang jetzt auch in den neuen Ländern vertreten können. Aus einer Regelung, welche den ökonomischen und sozialen Verhältnissen in den neuen Ländern gerecht werden wollte und deshalb den dort niedergelassenen Rechtsanwälten niedrigere Gebührensätze vorgegeben hat, ist durch die Veränderung der Rahmenbedingungen anwaltlicher Tätigkeit eine Regelung geworden, die Rechtsanwälten mit Kanzleisitz in den neuen Ländern unabhängig von ihrem Einsatzort im gesamten Bundesgebiet eine geringere Vergütung zuspricht als ihren Kollegen in den alten Bundesländern und in Berlin, obwohl sich nunmehr auch das Betätigungsfeld dieser Rechtsanwälte auf das gesamte Bundesgebiet und damit auch auf die neuen Länder erstreckt. Damit entfällt die anfängliche Rechtfertigung der angegriffenen Regelung, durch ermäßigte Gebühren für Rechtsanwälte mit Kanzleisitz in den neuen Ländern den wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen Rechnung zu tragen.
Diese Verhältnisse werden in gerichtlichen Verfahren weiterhin im Rahmen der Gewährung von Prozesskostenhilfe Berücksichtigung finden (vgl. dazu insbesondere die §§ 114, 115 ZPO). Wird Rechtsuchenden, die ihren Wohnsitz oder Sitz in einem der neuen Länder haben, Prozesskostenhilfe bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet, bestimmt sich dessen Vergütung aus der Staatskasse gemäß § 121 BRAGO nach den ermäßigten Gebührensätzen des § 123 BRAGO (vgl. dazu und zu den Auswirkungen des Instituts der Prozesskostenhilfe im Beitrittsgebiet das Gutachten der Rechtsanwaltskammer des Landes Brandenburg "Die Gebührenermäßigung 'Ost' der Rechtsanwaltsgebühren", Stand: 26. September 2002, S. 17 ff., 42 ff.). Außerdem werden die Streit- und die Gegenstandswerte der Verfahren, die von Rechtsuchenden in den neuen Ländern geführt werden, häufig niedriger sein als die Werte derjenigen Verfahren, die in den alten Bundesländern anhängig werden. Auch das wirkt sich bei der Bemessung der Rechtsanwaltsvergütungen, aber auch der Gerichtsgebühren aus. Für die Gebührenermäßigung nach Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 26 Buchstabe a Satz 1 EV in Verbindung mit § 1 KostGErmAV ist daneben seit dem 1. Januar 2000 kein Raum mehr gegeben.
cc) Der Gebührenabschlag lässt sich auch nicht länger mit der Pauschalierungsbefugnis des Gesetzgebers rechtfertigen, weil es bei den inzwischen bundesweit eintretenden Folgen der angegriffenen Regelung nicht mehr um Nebenfolgen im Rahmen einer gesetzlichen Pauschalierung und Typisierung, sondern um die regelmäßigen Folgen der gesetzlichen Regelung geht.
4. Die Verfassungswidrigkeit dieser Regelung führt nicht gemäß § 95 Abs. 3 Satz 1 BVerfGG zu deren Nichtigkeit.
Steht eine gesetzliche Vorschrift - wie hier - mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht in Einklang, hat der Gesetzgeber im Allgemeinen mehrere Möglichkeiten, den Gleichheitsverstoß zu beseitigen. Dem trägt das Bundesverfassungsgericht regelmäßig in der Weise Rechnung, dass es die gleichheitswidrige Norm nur für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt (vgl. BVerfGE 104, 74 <91>). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die nicht angegriffene und deshalb in ihrem Bestand formal unveränderte Regelung in Satz 2 der Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 26 Buchstabe a EV in Verbindung mit § 1 KostGErmAV bei einer Nichtigerklärung des Satzes 1 möglicherweise eine andere Bedeutung erhielte. Der Senat beschränkt sich deshalb auf die Feststellung, dass Satz 1 in Verbindung mit § 1 KostGErmAV mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren ist, damit der Gesetzgeber im Zuge der Neuregelung, die er insoweit treffen muss, auch prüfen und entscheiden kann, welche Konsequenzen sich aus ihr für die Vorschrift des Satzes 2 ergeben.
5. Für den Erlass der Neuregelung steht dem Gesetzgeber eine Frist bis zum 31. Dezember 2003 zur Verfügung. Bis zu diesem Zeitpunkt ist Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 26 Buchstabe a Satz 1 EV in Verbindung mit § 1 KostGErmAV weiter anzuwenden. Zwar hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die eine gesetzliche Regelung für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt, grundsätzlich zur Folge, dass die betroffenen Normen nicht mehr angewendet werden dürfen (vgl. BVerfGE 61, 319 <356>; 100, 104 <136>). Hier ist es jedoch schon im Hinblick auf den Fortbestand des Satzes 2 von Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 26 Buchstabe a EV und den möglichen Bedeutungswandel dieser Vorschrift bei einem Wegfall des Satzes 1 im Interesse der Rechtssicherheit geboten, die weitere Anwendung auch dieser Bestimmung zuzulassen. Dies gilt allerdings nur für die Zeit bis zum 31. Dezember 2003. Wenn bis zu diesem Zeitpunkt eine gesetzliche Neuregelung nicht in Kraft getreten ist, kann die angegriffene Regelung nicht mehr angewendet werden.
III.
Der Umstand, dass Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 26 Buchstabe a Satz 1 EV in Verbindung mit § 1 KostGErmAV trotz der Verfassungswidrigkeit weiter anzuwenden ist, hat zugleich zur Folge, dass Entscheidungen, die - wie der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts - in der zurückliegenden Zeit auf diese Regelung gestützt worden sind, verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden können (vgl. BVerfGE 103, 1 <20>). Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin ist deshalb insoweit, als sie sich gegen diese Entscheidung richtet, zurückzuweisen.
C.
Da die Verfassungsbeschwerde im Hinblick auf die der Entscheidung des Oberlandesgerichts zugrunde liegende gesetzliche Regelung erfolgreich ist, erscheint es angemessen, der Beschwerdeführerin die notwendigen Auslagen in voller Höhe zu erstatten (§ 34 a Abs. 2 und 3 BVerfGG).
Ende der Entscheidung
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