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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 20.08.2001
Aktenzeichen: 1 BvR 487/99
Rechtsgebiete: SGB V


Vorschriften:

SGB V § 237 Satz 1 Nr. 2
SGB V § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 487/99 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen

a) das Urteil des Bundessozialgerichts vom 28. Januar 1999 - B 12 KR 24/98 R -,

b) das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 30. Januar 1998 - L 4 KR 3369/96 -,

c) das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 1. Oktober 1996 - S 8 Kr 956/96 -,

d) den Bescheid der Deutschen Angestellten Krankenkasse vom 14. Juli 1995 - 24/HN/Ma - in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14. Mai 1996 - KVNR 054 457 429 -

hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Vizepräsidenten Papier und die Richter Steiner, Hoffmann-Riem gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 20. August 2001 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Berücksichtigung der Teilabtretung einer Betriebsrente im Rahmen eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs bei der Bemessung von Beiträgen in der gesetzlichen Krankenversicherung der Rentner.

I.

Der 1928 geborene Beschwerdeführer bezieht seit 1988 eine gesetzliche Altersrente und eine Betriebsrente. Er ist als Rentner versicherungspflichtiges Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung. Nach seiner Scheidung im Jahre 1990 verpflichtete das Familiengericht den Beschwerdeführer im Februar 1993, seiner früheren Ehefrau einen Teil der Betriebsrente abzutreten (schuldrechtlicher Versorgungsausgleich). Die Krankenkasse setzte seine Beiträge unter Berücksichtigung des Zahlbetrags der Altersrente und der gesamten Betriebsrente fest. Der Beschwerdeführer will erreichen, dass die Betriebsrente bei der Berechnung des Beitrags nur mit dem Betrag herangezogen wird, der sich nach der Abtretung ergibt. Widerspruch und Klage blieben erfolglos. Mit seiner Verfassungsbeschwerde macht er eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 14 und Art. 3 Abs. 1 GG geltend.

II.

Die Annahmevoraussetzungen nach § 93 a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor.

1. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Die durch sie im Wesentlichen aufgeworfene Frage nach den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Gleichheitssatzes an die Ausgestaltung des Beitragsrechts in der gesetzlichen Krankenversicherung ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt (vgl. BVerfGE 89, 365 <375 f.>; 102, 68 <87 f.>).

2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der verfassungsmäßigen Rechte des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die angegriffenen Entscheidungen beruhen nicht auf einer generellen Vernachlässigung oder groben Verkennung von Grundrechten. Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (a). Der Beschwerdeführer ist auch nicht in existentieller Weise betroffen (b).

a) Soweit der Beschwerdeführer rügt, die angegriffenen Entscheidungen wichen vom Grundsatz der gleichmäßigen Beitragsbelastung ab, liegt eine Grundrechtsverletzung nicht vor. Die Gerichte haben sich bei der Entscheidung der Frage, ob die im Wege des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs abgetretenen Vermögenswerte als beitragspflichtige Einnahmen angesehen werden können, mit der grundrechtlichen Position des Beschwerdeführers ausführlich auseinander gesetzt und dabei die Bedeutung des Gleichheitssatzes nicht verkannt. Das Bundessozialgericht hat sich insbesondere darauf gestützt, dass der Gesetzgeber das Prinzip der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht zum Kriterium für die Bemessung der Beiträge von Pflichtversicherten bestimmt habe. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Zwar kann wegen des gemeinsamen Zwecks, dem beide Arten des Versorgungsausgleichs dienen, eine Gleichbehandlung bei der Beitragsbemessung in Betracht kommen (so BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 22. Februar 1995 - 1 BvR 117/95 -). Es bestehen zwischen beiden Instituten andererseits aber auch Unterschiede. So hat der schuldrechtliche im Gegensatz zum öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich unterhaltsähnlichen Charakter (vgl. Hahne in: Johannsen/Henrich, Eherecht, 3. Aufl. 1998, § 1587 f Rn. 11). Damit lässt es sich rechtfertigen, die Einnahme dem Ausgleichspflichtigen zuzurechnen, bevor sie als unterhaltsähnliche Leistung dem Ausgleichberechtigten zufließt. Jedenfalls ist dieser Anknüpfungspunkt nicht sachwidrig.

Bei der verfassungsgerichtlichen Überprüfung der angegriffenen Entscheidungen ist zudem zu berücksichtigen, dass die Gerichte generalisierende Regelungen auszulegen und anzuwenden haben (§ 237 Satz 1 Nr. 2, § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V). Der Gesetzgeber ist durch den Gleichheitssatz nicht verpflichtet, bei der Regelung von Massenerscheinungen jeden Einzelfall differenzierend zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 97, 186 <195>). Die mit der Auslegung von verallgemeinernden Regelungen unvermeidlich verbundenen Härten sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn sie nur einen kleinen Personenkreis betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist (vgl. BVerfGE 100, 59 <90>). Das ist hier der Fall. Das Beitragsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung bestimmt in generalisierender Weise die beitragspflichtigen Einnahmen von etwa 15 Millionen pflichtversicherten Rentnern (vgl. BMA, Statistisches Taschenbuch 1999, Tabelle 8.1). Demgegenüber ist die Gruppe der Personen, die Versorgungsanwartschaften im Wege des subsidiären schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs abtreten, verhältnismäßig klein. 1998 wurde in 1650 Fällen ein schuldrechtlicher Versorgungsausgleich vorgenommen (vgl. Statistisches Bundesamt <Hrsg.>, Familiengerichte 1998, 1999, S. 18). Nur ein Teil der Ausgleichsverpflichteten gehört der gesetzlichen Krankenversicherung an.

b) Auch ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass der Beschwerdeführer durch die angegriffenen Entscheidungen in schwerwiegender Weise beeinträchtigt wäre. Er ist als pflichtversicherter Rentner in der gesetzlichen Krankenversicherung zu günstigen Beitragsbedingungen versichert. Anders als bei den freiwillig Versicherten werden Einkünfte aus Vermögen zur Bemessung der Beiträge nicht herangezogen (vgl. BVerfGE 102, 68 <75>). Die von den angegriffenen Entscheidungen ausgehende Beschwer ist eher gering. Der Beschwerdeführer hat nach Durchführung des Versorgungsausgleichs Einkünfte in Höhe von ca. 3.750 DM. Sein Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung beträgt monatlich ca. 220 DM. Er begehrt eine Reduzierung dieses Beitrags um etwa 90 DM.

3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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