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Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 04.04.2006
Aktenzeichen: 1 BvR 518/02
Rechtsgebiete: GG
Vorschriften:
GG Art. 3 Abs. 1 | |
GG Art. 3 Abs. 3 |
2. Eine allgemeine Bedrohungslage, wie sie im Hinblick auf terroristische Anschläge seit dem 11. September 2001 durchgehend bestanden hat, oder außenpolitische Spannungslagen reichen für die Anordnung der Rasterfahndung nicht aus. Vorausgesetzt ist vielmehr das Vorliegen weiterer Tatsachen, aus denen sich eine konkrete Gefahr, etwa für die Vorbereitung oder Durchführung terroristischer Anschläge, ergibt.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES
- 1 BvR 518/02 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
gegen a) den Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 8. Februar 2002 - 3 Wx 356/01 -,
b) den Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 29. Oktober 2001 - 25 T 873/01 -, c) den Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf vom 2. Oktober 2001 - 151 Gs 4092/01 -
hat das Bundesverfassungsgericht - Erster Senat - unter Mitwirkung des Präsidenten Papier, der Richterin Haas, der Richter Hömig, Steiner, der Richterin Hohmann-Dennhardt und der Richter Hoffmann-Riem, Bryde, Gaier am 4. April 2006 beschlossen:
Tenor:
1. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 8. Februar 2002 - 3 Wx 356/01 -, der Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 29. Oktober 2001 - 25 T 873/01 - und der Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf vom 2. Oktober 2001 - 151 Gs 4092/01 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes. Die Beschlüsse des Oberlandesgerichts und des Landgerichts werden aufgehoben. Das Verfahren wird an das Landgericht zurückverwiesen.
2. Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.
Gründe:
A.
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen gerichtliche Entscheidungen über die Anordnung einer präventiven polizeilichen Rasterfahndung.
I.
1. Die Rasterfahndung ist eine besondere polizeiliche Fahndungsmethode unter Nutzung der elektronischen Datenverarbeitung. Die Polizeibehörde lässt sich von anderen öffentlichen oder privaten Stellen personenbezogene Daten übermitteln, um einen automatisierten Abgleich (Rasterung) mit anderen Daten vorzunehmen. Durch den Abgleich soll diejenige Schnittmenge von Personen ermittelt werden, auf welche bestimmte, vorab festgelegte und für die weiteren Ermittlungen als bedeutsam angesehene Merkmale zutreffen.
In Deutschland wurde die Rasterfahndung zunächst in den 1970er Jahren für den Bereich der Terrorismusbekämpfung entwickelt. Nach Angaben des Bundeskriminalamtes wurden aufgrund einer solchen Rasterfahndung Ende der 1970er Jahre in Frankfurt am Main eine konspirative Wohnung der Rote Armee Fraktion (RAF) entdeckt und ein Mitglied der RAF darin festgenommen (vgl. auch Klever, Die Rasterfahndung nach § 98a StPO, 2003, S. 13 f.; Kube, Rasterfahndung - Kriminologische und rechtliche Aspekte, in: Cassani/Dittmann/Maag/Steiner <Hrsg.>, Mehr Sicherheit - weniger Freiheit?, 2003, S. 49 <51 ff.>). Das Bekanntwerden der Maßnahme habe danach jedoch dazu geführt, dass sich die Täter auf sie eingestellt hätten.
Eine spezialgesetzliche Grundlage für die Rasterfahndung zu strafprozessualen Zwecken wurde in Gestalt des § 98a StPO durch das Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG) vom 15. Juli 1992 (BGBl I S. 1302) geschaffen. Das Bundeskriminalamt hat allerdings nach seinen Angaben in der Zeit vor dem 11. September 2001 über viele Jahre hinweg keine entsprechenden Maßnahmen durchgeführt (zu Fällen der Anwendung des § 98a StPO auf Länderebene vgl. Klever, a.a.O., S. 19 ff.).
Im Bereich der Länder ist die Rasterfahndung als präventives Fahndungsinstrument vorgesehen. Entsprechende Ermächtigungen enthielten die meisten Polizeigesetze der Länder bereits vor den terroristischen Anschlägen in den Vereinigten Staaten von Amerika am 11. September 2001. In Schleswig-Holstein und Niedersachsen wurden sie erstmals 2001 geschaffen; in Bremen wurde die kurz zuvor aufgehobene gesetzliche Befugnis nach den Anschlägen wieder eingeführt. Die gesetzlichen Voraussetzungen, unter denen die Rasterfahndung durchgeführt werden kann, wurden in den letzten Jahren geändert. Ursprünglich setzten die meisten Regelungen eine gegenwärtige Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes sowie für Leib, Leben oder Freiheit einer Person voraus (vgl. Koch, Datenerhebung und -verarbeitung in den Polizeigesetzen der Länder, 1999, S. 187 ff.). Auch eine von der Bundesregierung ausgehende, bislang nicht aufgegriffene Initiative, eine europaweite Rasterfahndung zu ermöglichen, verwies dementsprechend darauf, dass der Einsatz der Rasterfahndung in Deutschland nur zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für die genannten Schutzgüter in Frage komme (vgl. Rat der Europäischen Union, Vermerk der deutschen Delegation an den Ausschuss Artikel 36, 8. März 2002, 6403/02 ENFOPOL 27).
Während die Gesetzgebung einiger Bundesländer an diesen Voraussetzungen auch weiterhin festhält, wurden in den meisten anderen Bundesländern sowohl die Anforderungen an die Gefahrenschwelle als auch diejenigen an das gefährdete Schutzgut herabgesenkt. Einige Regelungen verzichten dabei lediglich auf das Erfordernis der Gegenwärtigkeit der Gefahr. Die überwiegende Zahl der Landesgesetzgeber hat hingegen das Merkmal des Vorliegens der Gefahr insgesamt fallengelassen, die Ermächtigung zur Rasterfahndung also zu einer polizeilichen Vorfeldbefugnis umgestaltet. Danach kann die Rasterfahndung etwa durchgeführt werden, wenn dies zur Verhütung oder vorbeugenden Bekämpfung bestimmter Straftaten von erheblicher Bedeutung erforderlich ist, wobei teilweise verlangt wird, dass Tatsachen oder auf Tatsachen beruhende Anhaltspunkte diese Annahme rechtfertigen.
2. Nach den terroristischen Anschlägen vom 11. September 2001 führten die Landespolizeibehörden unter Mitwirkung des Bundeskriminalamtes eine bundesweit koordinierte Rasterfahndung nach islamistischen Terroristen durch, nachdem bekannt geworden war, dass einige der Attentäter zuvor in Deutschland gelebt hatten (vgl. zur Frage der Vorbereitung der Anschläge von Deutschland aus BGHSt 49, 112 <112 ff., 116 ff.>; BGH, NJW 2005, S. 2322 <2324 f.>). Ziel war insbesondere die Erfassung so genannter Schläfer, also solcher Personen, die zu terroristischen Handlungen bereit sind, sich jedoch lange Zeit hindurch sorgfältig um ein gesetzeskonformes und möglichst unauffälliges Verhalten bemühen, um ihr kriminelles Vorhaben dann im entscheidenden Zeitpunkt überraschend und damit besonders wirkungsvoll verwirklichen zu können.
Am 18. September 2001 setzte der Arbeitskreis "Innere Sicherheit" der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder eine "Koordinierungsgruppe Internationaler Terrorismus" unter Vorsitz des Bundeskriminalamtes ein, in welcher unter anderem der Bundesgrenzschutz, das Bundesamt für Verfassungsschutz und der Bundesnachrichtendienst vertreten waren (vgl. BTDrucks 14/7206, S. 1 f.). Von dieser Koordinierungsgruppe wurden nach Angaben des Bundesbeauftragten für den Datenschutz bundesweit abgestimmte Rasterkriterien zur Entdeckung potentieller islamistischer Terroristen in Deutschland entwickelt. Die Landeskriminalämter erhoben anschließend Daten unter anderem bei Universitäten, Einwohnermeldeämtern und dem Ausländerzentralregister und rasterten die Datenbestände nach den folgenden Kriterien: männlich, Alter 18 bis 40 Jahre, Student oder ehemaliger Student, islamische Religionszugehörigkeit, Geburtsland oder Nationalität bestimmter, im Einzelnen benannter Länder mit überwiegend islamischer Bevölkerung (vgl. zu den Kriterien auch AG Wiesbaden, DuD 2001, S. 752 <753 f.>).
Die durch Datenabgleich nach diesen Kriterien auf Landesebene gewonnenen Daten wurden anschließend an das Bundeskriminalamt übermittelt. Dort wurden sie in die bundesweite Verbunddatei "Schläfer" eingestellt. Nach Angaben des Bundeskriminalamtes übermittelten die Länder insgesamt 31.988 Datensätze. Diese wurden anschließend mit weiteren, durch das Bundeskriminalamt erhobenen Datenbeständen abgeglichen. Unter den Abgleichsdateien befanden sich nach Angaben des Polizeipräsidiums Düsseldorf gegenüber der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen etwa Dateien über Inhaber von Fluglizenzen oder Personen, die gemäß § 12 b AtG einer Zuverlässigkeitsprüfung bedürfen. Nach Einschätzung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz waren in diesen Abgleichsdateien zwischenzeitlich die Daten von 200.000 bis 300.000 Personen gespeichert. Als "Treffer" sei es beim Abgleich angesehen worden, wenn ein Datensatz aus der Datei "Schläfer" mit einem Abgleichsdatensatz in jeweils zwei Bestandteilen eine Übereinstimmung ergeben habe, etwa Name und Geburtsdatum oder Name und Geburtsland. Das Ergebnis des Abgleichs sei in einer Ergebnisdatei zusammengefasst und den jeweiligen Landeskriminalämtern zur Verfügung gestellt worden. Sowohl die Daten der Verbunddatei "Schläfer" als auch die Abgleichsdateien waren nach Angaben des Bundesbeauftragten für den Datenschutz bis 2003 beim Bundeskriminalamt gespeichert. Die Löschung der Verbunddatei erfolgte danach am 30. Juni 2003, die der Abgleichsdateien am 21. Juli 2003.
Die Rasterfahndung führte, soweit ersichtlich, in keinem Fall dazu, dass "Schläfer" aufgedeckt worden wären oder gar aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse eine Anklage - etwa wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung oder wegen Unterstützung einer solchen (vgl. §§ 129a, 129b StGB) - gegen eine der davon erfassten Personen erhoben worden wäre.
II.
1. An der bundesweit koordinierten Rasterfahndung beteiligte sich auch das Land Nordrhein-Westfalen.
a) Am 2. Oktober 2001 ordnete das Amtsgericht auf Antrag des Polizeipräsidiums Düsseldorf die Rasterfahndung durch den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Beschluss an. Alle Einwohnermeldeämter des Landes Nordrhein-Westfalen, das Ausländerzentralregister in Köln und die Universitäten, Hochschulen und Fachhochschulen in Nordrhein-Westfalen wurden verpflichtet, Daten von zwischen dem 1. Oktober 1960 und dem 1. Oktober 1983 geborenen Männern zu übermitteln. Im Einzelnen wurde die Übermittlung personenbezogener Daten nach den folgenden Grundsätzen angeordnet:
1. Einwohnermeldeämter in Nordrhein-Westfalen
Adressat:
alle Einwohnermeldeämter in Nordrhein-Westfalen
Kriterien der Personenselektion:
männlich; Geburtsdatum zwischen 01.10.1960 und 01.10.1983
herauszugebende Daten:
Name; Geburtsname; Vorname; Geburtsdatum; Geburtsort; Geburtsland; Staatsangehörigkeit; Wohnort; Straße; Hausnr.; evtl. 2. Wohnsitz; Religion; Familienstand; Kinder; zuständiges Finanzamt; Einzug; Wegzug
2. Ausländerzentralregister
Adressat:
Ausländerzentralregister Köln
Kriterien der Personenselektion:
männlich; Geburtsdatum zwischen 01.10.1960 und 01.10.1983
herauszugebende Daten:
Name; Geburtsname; Vorname; Geburtsdatum; Geburtsort; Geburtsland; Staatsangehörigkeit; zuständiges Ausländeramt; Datum Einreise; Status; andere Namen; Aliasnamen
3. Universitäten, Hochschulen, Fachhochschulen in Nordrhein-Westfalen
Adressat:
alle Universitäten/Hochschulen/Fachhochschulen in Nordrhein-Westfalen bzw. mit Außenstellen in Nordrhein-Westfalen
Kriterien der Personenselektion:
männlich; Geburtsdatum zwischen 01.10.1960 und 01.10.1983; immatrikuliert zwischen 01.01.1996 und 01.10.2001
herauszugebende Daten:
Name; Geburtsname; Vorname; Geburtsdatum; Geburtsort; Geburtsland; Staatsangehörigkeit; Wohnort; Straße; Hausnr.; evtl. 2. Wohnsitz; Religion; Studienfachrichtung; Datum der Immatrikulation, Datum der Exmatrikulation.
b) Die Anordnung stützte sich auf § 31 des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 1990 (GVBl S. 70; im Folgenden: PolG NW 1990). Die Vorschrift lautete:
Rasterfahndung
(1) Die Polizei kann von öffentlichen Stellen und Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs die Übermittlung von personenbezogenen Daten bestimmter Personengruppen aus Dateien zum Zwecke des automatisierten Abgleichs mit anderen Datenbeständen verlangen, soweit dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist (Rasterfahndung).
(2) Das Übermittlungsersuchen ist auf Namen, Anschrift, Tag und Ort der Geburt sowie andere für den Einzelfall benötigte Daten zu beschränken; es darf sich nicht auf personenbezogene Daten erstrecken, die einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterliegen. Von Übermittlungsersuchen nicht erfasste personenbezogene Daten dürfen übermittelt werden, wenn wegen erheblicher technischer Schwierigkeiten oder wegen eines unangemessenen Zeit- oder Kostenaufwandes eine Beschränkung auf die angeforderten Daten nicht möglich ist; diese Daten dürfen von der Polizei nicht genutzt werden.
(3) Ist der Zweck der Maßnahme erreicht oder zeigt sich, dass er nicht erreicht werden kann, sind die übermittelten und im Zusammenhang mit der Maßnahme zusätzlich angefallenen Daten auf den Datenträgern zu löschen und die Akten, soweit sie nicht für ein mit dem Sachverhalt zusammenhängendes Verfahren erforderlich sind, zu vernichten. Über die getroffene Maßnahme ist eine Niederschrift anzufertigen. Diese Niederschrift ist gesondert aufzubewahren, durch technische und organisatorische Maßnahmen zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Löschung der Daten oder der Vernichtung der Akten nach Satz 1 folgt, zu vernichten.
(4) Die Maßnahme darf nur auf Antrag des Behördenleiters durch den Richter angeordnet werden. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Polizeibehörde ihren Sitz hat. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.
(5) Personen, gegen die nach Abschluss der Rasterfahndung weitere Maßnahmen durchgeführt werden, sind hierüber durch die Polizei zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks der weiteren Datennutzung erfolgen kann. Die Unterrichtung durch die Polizei unterbleibt, wenn wegen desselben Sachverhalts ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen eingeleitet worden ist.
Die Vorschrift ist 2003 geändert worden. § 31 in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Juli 2003 (GVBl S. 441; im Folgenden: PolG NRW 2003) verzichtet in Absatz 1 auf das Merkmal der Gegenwärtigkeit der Gefahr. Dieser lautet nunmehr wie folgt:
Die Polizei kann von öffentlichen Stellen und Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs die Übermittlung von personenbezogenen Daten einer unbestimmten Anzahl von Personen, die bestimmte, auf Verursacher einer Gefahr im Sinne des § 4 vermutlich zutreffende Prüfungsmerkmale erfüllen, zum Zwecke des maschinellen Abgleichs mit anderen Datenbeständen verlangen, soweit dies zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist (Rasterfahndung). Der Datenabgleich soll den Ausschluss von Personen bezwecken; er kann auch der Ermittlung eines Verdachts gegen Personen als mögliche Verursacher einer Gefahr sowie der Feststellung gefahrenverstärkender Eigenschaften dieser Personen dienen. Die Polizei kann zur Ergänzung unvollständig übermittelter Daten die erforderlichen Datenerhebungen auch bei anderen Stellen durchführen und die übermittelten Datenträger zur Ermöglichung des maschinellen Abgleichs technisch aufbereiten.
c) Zur Begründung seiner Anordnung vom 2. Oktober 2001 führte das Amtsgericht unter anderem aus: Es bestehe eine gegenwärtige Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person in Form von terroristischen Gewaltakten extremistischer islamistischer Gruppierungen. Diese seien nach den polizeilichen Erkenntnissen für die Terroranschläge in den Vereinigten Staaten von Amerika vom 11. September 2001 verantwortlich. Es könne als gesichert gelten, dass diese extremistischen Gruppierungen international agierten. Ihre Mitglieder und Anhänger seien militärisch und ideologisch geschult und jederzeit zu den gravierendsten Terroranschlägen bereit.
Diese Gefahr bestehe gegenwärtig. Zwar lasse sich derzeit ein unmittelbar bevorstehender Anschlag nicht sicher prognostizieren. Aufgrund der bereits begangenen Taten und der sich zuspitzenden Lage im Mittleren Osten, wo ein Militärschlag der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten in Kürze zu erwarten sei, müsse aber jederzeit mit einem terroristischen Vergeltungsschlag gerechnet werden. Schließlich sei für die Prognoseentscheidung zu berücksichtigen, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen seien, je größer das Ausmaß des zu befürchtenden Schadens sei. Wie die Ereignisse vom 11. September 2001 zeigten, nähmen die Attentäter dieser extremistischen Gruppierungen bei ihren Anschlägen den Tod tausender Menschen in Kauf.
Die Gefahr bestehe auch für den Bereich Nordrhein-Westfalens. Nach polizeilichen Erkenntnissen seien hier 42 Personen bekannt, die als Unterstützer oder Kontaktpersonen im Netzwerk des Usama Bin Laden verdächtig und in Nordrhein-Westfalen ansässig seien oder ansässig gewesen seien. Damit sei davon auszugehen, dass auch in Nordrhein-Westfalen ein Teil des internationalen terroristischen Netzwerkes bestehe und handlungsfähig sei. Weiter hätten sich mehrere der mutmaßlichen Attentäter vom 11. September 2001 unter anderem auch in Bochum, Duisburg und Aachen aufgehalten.
Die Anordnung der Rasterfahndung sei verhältnismäßig. Sie sei geeignet, potentielle extremistische islamistische Terroristen zu enttarnen. Nach den polizeilichen Erkenntnissen sei bei den Attentätern eine Vielzahl von Gemeinsamkeiten erkennbar. Es handele sich bei den "Schläfern" um männliche Studenten im Alter von 18 bis 41 Jahren mit islamischer Religionszugehörigkeit und legalem Aufenthalt in Deutschland. Verdachtserhärtende Kriterien seien ferner die Staatsangehörigkeit oder das Herkunftsland. Die Rasterfahndung sei erforderlich, da es keine milderen Mittel gebe, die mit vergleichbarem Aufwand zu den gleichen Ergebnissen führen würden. Der Schutz sämtlicher gefährdeter Einrichtungen sei zum einen teilweise schon nicht machbar und zum anderen mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden. Da sich "Schläfer" im täglichen Leben unauffällig bewegten, sei die Rasterfahndung als einzige präventive Handlungsmöglichkeit erfolgversprechend. Angesichts der drohenden Gefahr für Leib und Leben der Bevölkerung sei der Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen auch verhältnismäßig im engeren Sinne.
2. Der weitere Verlauf der Rasterfahndung, die auf der Grundlage des angegriffenen amtsgerichtlichen Beschlusses in Nordrhein-Westfalen durchgeführt wurde, stellt sich wie folgt dar:
Von den als Adressaten des Beschlusses angegebenen Stellen wurden zunächst etwa 5,2 Mio. Datensätze übermittelt, welche nach den dort verwendeten "Kriterien der Personenselektion" zusammengestellt worden waren. Im Einzelnen wurden nach Angaben des Justizministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen von den 396 nordrhein-westfälischen Einwohnermeldeämtern 4.669.224, von den 61 Hochschulen und vergleichbaren Einrichtungen 474.517 und vom Ausländerzentralregister 89.980 Datensätze erhoben, insgesamt also 5.233.721 Datensätze.
Aus diesen wurden sodann durch automatisierten Datenabgleich diejenigen herausgefiltert, auf welche auch die weiteren bundesweit abgestimmten Rasterkriterien zutrafen. Dabei verblieben nach Angaben des Justizministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen zunächst 11.004 Datensätze. Die übrigen - demnach 5.222.717 - Datensätze wurden nach Angaben der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen bis zum 10. Dezember 2001 gelöscht, die von den übermittelnden Stellen angelieferten Datenträger vernichtet.
Nach den Angaben der Landesbeauftragten, die sich hierfür auf die Darstellung des Polizeipräsidiums Düsseldorf bezieht, wurden die 11.004 so gewonnenen Datensätze am 5. Oktober 2001 per Kurier an das Bundeskriminalamt übermittelt. Im Rahmen weiterer Ermittlungen habe das Polizeipräsidium festgestellt, dass die von den übermittelnden Stellen gelieferten Datensätze in 1.185 Fällen nicht den Vorgaben des Beschlusses des Amtsgerichts Düsseldorf entsprochen hätten, zum Beispiel weil es sich um Frauen gehandelt habe oder die Religion als unbekannt gemeldet oder als christlich ermittelt worden sei. Das Bundeskriminalamt sei angewiesen worden, die entsprechenden Datensätze aus der Verbunddatei zu löschen. Später seien noch weitere zwei Datensätze deutscher Staatsangehöriger dem Bundeskriminalamt zur Löschung benannt worden. Auf Landesebene seien diese 1.187 personenbezogenen Datensätze zunächst in einen nur noch der Führungsgruppe der behördeninternen Arbeitsgruppe "Lupe" zugänglichen Bereich verlagert, sodann am 4. Juli 2002 gelöscht worden. Somit seien zunächst 9.817 Datensätze in der Verbunddatei des Bundeskriminalamtes verblieben. Aufgrund der Übermittlung und "Zuspeicherung" von so genannten Grenzgängern - Studenten, die in einem Bundesland wohnen und in einem anderen Bundesland studieren - seien weitere 165 Datensätze hinzugekommen, so dass sich im Ergebnis zum 31. Januar 2003 insgesamt 9.982 Datensätze aus Nordrhein-Westfalen in der Verbunddatei befunden hätten.
Der Abgleich dieser Datensätze mit anderen Datenbeständen beim Bundeskriminalamt sei in Abgleichserien erfolgt. Potentielle Trefferfälle, in denen Daten aus der Verbunddatei "Schläfer" zumindest in Teilen mit Datensätzen aus Abgleichsdateien übereinstimmten, seien an das Polizeipräsidium Düsseldorf gemeldet worden. Sie seien dort manuell, durch Vergleich der Datensätze auf dem Computerbildschirm, daraufhin überprüft worden, ob eine wirkliche Personenidentität vorliege. Dies sei in 816 Fällen festgestellt worden. Im Anschluss daran sei die gewonnene Erkenntnis, etwa, dass eine Person Inhaber einer Fluglizenz ist, dem Bundeskriminalamt mitgeteilt und dort dem Personendatensatz in der Verbunddatei "Schläfer" als so genannte Markierung hinzugefügt worden. Nach Angaben des Innenministeriums wurden zu diesem Zeitpunkt 72 Fälle "eingehender geprüft" (vgl. Landtag Nordrhein-Westfalen, Ausschuss für Innere Verwaltung und Verwaltungsstrukturreform, Ausschussprotokoll 13/525, S. 6). Mit der Löschung der weiteren gespeicherten Datensätze wollte man bis zum Abschluss des Abgleichs beim Bundeskriminalamt abwarten (vgl. ebd., S. 8).
Nach dem Datenschutzbericht der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit wurden bis Juni 2003 die Datensätze von etwa 9.500 Personen, die restlichen Daten bis zum Frühjahr 2004 gelöscht (vgl. Sokol, Siebzehnter Datenschutz- und Informationsfreiheitsbericht der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis zum 31. Dezember 2004, 2005, S. 81). Alle etwa 11.000 im Rahmen der Rasterfahndung überprüften Personen seien nach Abschluss der Überprüfungen durch das Polizeipräsidium Düsseldorf schriftlich über die Datenerhebung und den Zeitpunkt der beabsichtigten Löschung informiert worden.
Nach Angaben des Justizministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen führten die Polizeibehörden des Landes auf der Grundlage der Ergebnisse der Rasterfahndung und von Datenabgleichen zeitweise gegen insgesamt acht Personen weitergehende Maßnahmen nach den Bestimmungen des nordrhein-westfälischen Polizeigesetzes durch. Diese hätten nicht zur Einleitung von Strafverfahren geführt.
III.
1. Der 1978 geborene Beschwerdeführer ist marokkanischer Staatsangehöriger islamischen Glaubens. Im Zeitpunkt der hier angegriffenen Anordnung war er Student der Universität Duisburg. Er legte gegen den Beschluss des Amtsgerichts Beschwerde ein. Die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 für die Anordnung einer Rasterfahndung seien nicht gegeben. Insbesondere fehle es am Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr.
Das Landgericht wies die Beschwerde mit dem ebenfalls angegriffenen Beschluss als unbegründet zurück. Das Gericht folge den zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts im angefochtenen Beschluss. Insbesondere lägen die Voraussetzungen der Anordnung der Rasterfahndung gemäß § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 vor.
Es bestehe eine gegenwärtige Gefahr für die Sicherheit des Bundes oder eines Landes im Sinne des § 31 Abs. 1 PolG NW 1990. Gegenwärtig sei danach eine Gefahr, wenn das schädigende Ereignis bereits begonnen habe oder wenn die Störung in allernächster Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eintrete. Diese Annahme sei aufgrund der Anschläge vom 11. September 2001 in New York und der damit verbundenen Reaktionen gerechtfertigt. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Bundesregierung die uneingeschränkte Solidarität mit dem Vorgehen der Vereinigten Staaten von Amerika wiederholt bekundet habe und dass spätestens seit der Militäraktion gegen Afghanistan Vergeltungsschläge gegen die an den militärischen Aktionen beteiligten Staaten angekündigt worden seien. Darüber hinaus sei aufgrund des Ausmaßes der durch die Anschläge vom 11. September 2001 verursachten Folgen die Möglichkeit eines besonders gravierenden Schadenseintritts nicht ausgeschlossen; dies führe zu einer Relativierung des Wahrscheinlichkeitsurteils hinsichtlich der Beurteilung der Gefahrenlage.
Angesichts der geschilderten Gefahrenlage stelle sich der mit der Rasterfahndung verbundene Eingriff in das aus Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete informationelle Selbstbestimmungsrecht auch als verhältnismäßig dar. Dies gelte umso mehr, als die gewonnenen Daten entweder nach § 31 Abs. 3 PolG NW 1990 zu löschen seien oder die Betroffenen gemäß § 31 Abs. 5 PolG NW 1990 über den Verbleib ihrer Daten unterrichtet würden.
2. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Beschluss des Landgerichts weitere Beschwerde, welche durch das Oberlandesgericht mit dem ebenfalls angegriffenen Beschluss zurückgewiesen wurde. Die Entscheidung des Landgerichts beruhe nicht auf einem Rechtsfehler.
a) Die Beschwerde sei zulässig. Dem stehe nicht entgegen, dass die personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers möglicherweise bereits gelöscht worden seien. Das Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers bestehe insoweit fort, als es nunmehr auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der angeordneten Maßnahme gerichtet sei.
b) Das Landgericht habe rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die vom Amtsgericht angeordnete Rasterfahndung hinsichtlich des Beschwerdeführers rechtmäßig gewesen sei.
aa) Eine gegenwärtige Gefahr habe vorgelegen. Sei der zu erwartende Schaden sehr groß, seien an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts nur geringe Anforderungen zu stellen; hinreichend wahrscheinlich sei die Gefahr bei besonders großen Schäden bereits dann, wenn nur eine entfernte Möglichkeit eines Schadenseintritts bestehe. Auf der Grundlage mehrerer Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts sei die auch in der Literatur anerkannte Faustregel entwickelt worden, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen seien, je größer der zu erwartende Schaden und je ranghöher das Schutzgut seien.
Danach sei eine gegenwärtige Gefahr zu bejahen gewesen; es hätten hinreichende Tatsachen vorgelegen, die für einen terroristischen Anschlag in Deutschland mit unvorstellbaren Personen- und Sachschäden gesprochen hätten. Im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung - 29. Oktober 2001 - hätten die Vereinigten Staaten von Amerika gerade mit den von ihnen angekündigten militärischen Gegenschlägen begonnen gehabt; die Unterstützung durch die NATO-Staaten sei angefordert und von Seiten der Bundesregierung auch zugesagt gewesen. Der Botschafter Afghanistans habe umgehend Vergeltungsschläge auch in den an den Militäraktionen beteiligten Ländern angedroht gehabt. Diese Drohungen hätten nicht unbeachtet bleiben können, auch wenn konkrete Anzeichen für Terroranschläge in Deutschland nicht bekannt gewesen seien.
Zumindest sei unter diesen Umständen eine Möglichkeit solcher Anschläge auch in Deutschland gegeben gewesen. Das Polizeipräsidium habe in seiner Antragsschrift dargelegt, dass der Polizei 42 Personen in Nordrhein-Westfalen bekannt seien, die als Unterstützer oder Kontaktpersonen im Netzwerk des Usama Bin Laden agierten. Es habe weiterhin zahlreiche Objekte in Nordrhein-Westfalen aufgeführt, die als mögliches Ziel eines Anschlags in Betracht kämen. Dass bei einem terroristischen Anschlag durch Mitglieder extremistischer islamischer Gruppierungen mit gravierenden Schäden zu rechnen sei, hätten die Anschläge vom 11. September 2001 gezeigt. Sie seien weder vorhersehbar noch in ihrer Dimension kalkulierbar. Bei derartig gravierenden Schäden dürften keine zu hohen Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts gestellt werden. Insgesamt sei nach der aufgrund dieser Tatsachen zu treffenden Wahrscheinlichkeitsprognose eine gegenwärtige Gefahr im Sinne von § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 anzunehmen gewesen.
bb) Die beantragte Rasterfahndung sei auch verhältnismäßig gewesen.
(1) Mit der Rasterfahndung hätten potentielle extremistische islamistische Terroristen enttarnt werden sollen. Es sei nicht erforderlich, dass alle durch die Rasterfahndung herausgefilterten Personen als Störer anzusehen seien. Vielmehr reiche es aus, wenn auch nur die Möglichkeit der Identifizierung eines Täters bestehe oder weitere konventionelle Ermittlungsmethoden lohnend schienen. Angesichts der Schwere der befürchteten Verbrechen genüge eine nur geringe Aufklärungswahrscheinlichkeit. Gemessen daran sei die angeordnete Maßnahme geeignet gewesen.
(2) Die Rasterfahndung sei auch erforderlich gewesen, da andere, weniger belastende Maßnahmen zur Erreichung desselben Ziels nicht zur Verfügung gestanden hätten. Anders als bei herkömmlichen Straftaten knüpfe die Ermittlungsarbeit im Bereich der organisierten Kriminalität regelmäßig an den Verdacht einer Straftat an, nicht aber an einen angezeigten Strafverdächtigen. Gerade bei den sich ihrer Umwelt gegenüber unauffällig verhaltenden Straftätern seien die üblichen Ermittlungsmethoden wie Durchsuchung, Beschlagnahme und Vernehmung untauglich. Eine Einzelüberwachung erscheine angesichts der Vielzahl von Betroffenen weder sinnvoll noch weniger belastend.
(3) Die angeordnete Rasterfahndung stehe auch nicht zu dem angestrebten Erfolg außer Verhältnis. Einschränkungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung seien im überwiegenden Allgemeininteresse hinzunehmen. Dieses folge hier aus dem Anspruch aller übrigen Bürger auf Sicherheit und Schutz.
Allerdings knüpfe die Einräumung solcher Befugnisse zum Zweck der Gefahrenvorsorge und Gefahrenerforschung nicht mehr an die Abwehr konkreter Gefahren und das Störerprinzip an. Es gehe vielmehr um Vorfeldbefugnisse der Polizei, die tendenziell Eingriffsmöglichkeiten gegen jedermann eröffneten. Bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen sei daher in besonderem Maße zu berücksichtigen, dass durch die Rasterfahndung in das grundrechtlich geschützte informationelle Selbstbestimmungsrecht eines Nichtstörers eingegriffen werde. Indes sei dies inzwischen auch für andere Bereiche wie die Fluggastkontrolle nach § 29 c LuftVG anerkannt. Die Betroffenen würden aufgrund einer besonderen räumlichen oder zeitlichen Nähe zu der polizeilichen Situation für sozialpflichtig gehalten.
Die Inanspruchnahme unbeteiligter Dritter erfordere eine besonders strenge Beachtung des Übermaßverbots. Der Beschwerdeführer sei durch die angeordnete Maßnahme nicht übermäßig beeinträchtigt worden. Es habe eine notstandsähnliche Situation vorgelegen. Der Beschwerdeführer habe als Nichtstörer in einer - wenn auch schwachen - Beziehung zu dieser Situation gestanden, da er eine Staatsangehörigkeit besitze, die in der Anlage zur Antragsschrift "als verdächtig aufgeführt" sei. Wenn die Polizei aufgrund der Erkenntnisse über die Terrorismusgefahr bestimmte Staatsangehörige als verdächtig einstufe, beruhe dies auf ermittlungsbedingt begründeten Tatsachen. Mit der angeordneten Rasterfahndung seien auch keine unzumutbaren intimen Angaben über den Beschwerdeführer verlangt worden, so dass der vom Bundesverfassungsgericht für unantastbar gehaltene Bereich privater Lebensgestaltung hier nicht tangiert sei.
IV.
1. Der Beschwerdeführer sieht sich durch die angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen in seinem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verletzt.
Die Rasterfahndung greife unter zwei unterschiedlichen Aspekten in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein. Zum einen setze der Datenabgleich voraus, dass die Teilmengen an Daten von demjenigen, der über sie verfüge, herausverlangt würden. Zum anderen stelle der Datenabgleich als Verwendung der erhobenen Daten einen selbständigen Eingriff dar.
Es handele sich bei der Rasterfahndung um einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff. Zwar müsse die Rasterfahndung nicht notwendig sensible Daten betreffen. Ihr Gewicht ergebe sich aber bereits daraus, dass sie ohne Unterrichtung des Betroffenen erfolge. Gerade die heimliche Datensammlung des Staates sei geeignet, Ungewissheit und Verunsicherung bei den Bürgern hervorzurufen. Das Gewicht des Grundrechtseingriffs folge vor allem aus der außerordentlich hohen Streubreite. Die Rasterfahndung setze zwangsläufig einen Zugriff auf die Daten einer unübersehbaren Vielzahl von unbeteiligten Personen voraus, gegen die nicht der geringste Verdacht bestehe. Die Rasterfahndung sei ein Massengrundrechtseingriff, der in seinen Wirkungen mit keiner anderen strafprozessualen oder polizeilichen Maßnahme vergleichbar sei.
Der Eingriff sei verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt, weil es bereits an einer verfassungsmäßigen Rechtsgrundlage fehle. Ein derartiger Massengrundrechtseingriff könne allenfalls bei einem staatlichen Notstand statthaft sein. Der Fall der Rasterfahndung in Nordrhein-Westfalen belege, dass die nach Abgleich verbleibenden Daten eine soziale Gruppe von 11.000 arabisch-stämmigen Studierenden beträfen. Diese Daten, einmal in die Hände der Polizei gelangt, träten dann ihre Reise in die Computernetzwerke von Landes- und Bundeskriminalamt und möglicherweise auch von ausländischen Behörden an. Ein solcher Eingriff dürfe nur bei einer gegenwärtigen Gefahr für den Bestand eines Landes oder des Bundes vorgenommen werden. Es sei bemerkenswert, dass das Oberlandesgericht die Auffassung vertreten habe, im Oktober 2001 habe es in der Bundesrepublik Deutschland oder zumindest in Nordrhein-Westfalen eine notstandsähnliche Situation gegeben. Davon sei selbst das antragstellende Polizeipräsidium nicht ausgegangen.
Es sei dem Landesgesetzgeber nicht gelungen, seiner Verpflichtung nachzukommen, die Rasterfahndung zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes schon auf gesetzlicher Ebene von einschränkenden Voraussetzungen abhängig zu machen. Im Gegensatz zur strafprozessualen Rasterfahndung, die zumindest den Anfangsverdacht einer bereits begangenen erheblichen Straftat voraussetze, stütze sich die polizeiliche Rasterfahndung allein auf die Vermutung einer zukünftigen Gefahr. Zur Verhinderung dieser Gefahr könne auf die Daten von Personen zugegriffen werden, ohne dass diese eine spezifische Nähe zur befürchteten Gefahr aufweisen müssten. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verlange vom Gesetzgeber die Formulierung von Bedingungen, bei deren Vorliegen sich die Rasterfahndung als verhältnismäßig darstelle. Vor diesem Hintergrund würde eine gesetzliche Regelung, die die Rasterfahndung lediglich vom Vorliegen einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit abhängig machen würde, unverhältnismäßig und verfassungswidrig sein. Zwar sei die Rasterfahndung in Nordrhein-Westfalen vom Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr abhängig. Das nach dem Wortlaut geforderte Maß an Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts werde indessen, wie die angegriffenen Gerichtsentscheidungen zeigten, mühelos relativiert, so dass selbst Gefahrerforschungseingriffe legitimiert würden.
Jedenfalls sei eine gegenwärtige Gefahr nicht gegeben gewesen. Die Entscheidungen der Gerichte seien insoweit willkürlich, weil sie ohne Angabe konkreter Tatsachen und entgegen den öffentlichen Bekundungen des Landesinnenministers von einer gegenwärtigen Gefahr terroristischer Anschläge in Nordrhein-Westfalen ausgingen. Zu den angeblichen 42 Kontaktpersonen fehlten jegliche nähere Ausführungen. Ein polizeiliches Vorgehen gegen diese Personen sei nicht bekannt geworden.
2. Daneben rügt der Beschwerdeführer die Verletzung weiterer Grundrechte und grundrechtsgleicher Rechte. Die angegriffenen Entscheidungen verstießen gegen Art. 3 Abs. 1 und 3 GG. Allein der Umstand, dass der Beschwerdeführer marokkanischer Staatsangehöriger islamischen Glaubens sei, rechtfertige nicht die Einbeziehung in die polizeiliche Maßnahme. Es liege eine Ungleichbehandlung nicht nur gegenüber deutschen Staatsangehörigen vor, sondern auch gegenüber den unter Umständen tatsächlich vorhandenen Mitgliedern eines terroristischen Netzwerks. Die Anknüpfung an den islamischen Glauben stelle im Übrigen eine Verletzung des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 1 GG dar. Der Beschwerdeführer werde wegen seiner Religionszugehörigkeit diskriminiert. Die angegriffenen Entscheidungen verletzten ferner Art. 103 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG, weil ihm keine Gelegenheit gegeben worden sei, sich zu dem Antrag des Polizeipräsidiums zu äußern, auf den das Amtsgericht seine Anordnung gestützt habe.
V.
Zu der Verfassungsbeschwerde haben das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen, das Bundeskriminalamt sowie der Bundesbeauftragte für den Datenschutz Stellung genommen.
1. Das Justizministerium beschränkt sich auf Ausführungen zum Tatsächlichen. Es teilt unter anderem mit, auf der Grundlage des angegriffenen Beschlusses des Amtsgerichts sei erstmalig für den Bereich des Landes Nordrhein-Westfalen eine präventive polizeiliche Rasterfahndung nach § 31 PolG NW 1990 durchgeführt worden. Der Datenabgleich beim Bundeskriminalamt sei im März 2003 abgeschlossen worden.
2. Die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen führt aus, sie sei über die Rasterfahndung nicht zuvor unterrichtet worden. Das nordrhein-westfälische Polizeigesetz sehe eine solche vorhergehende Beteiligung nicht vor. Die Aktivitäten des Bundeskriminalamtes beschränkten sich entgegen dessen Standpunkt nicht auf eine bloße Unterstützungs- und Zentralstellenfunktion. An einer sachgerechten Wahrnehmung ihrer Kontrollbefugnis sei sie ebenso wie andere Datenschutzbeauftragte der Länder dadurch gehindert, dass sich das Bundeskriminalamt nicht in der Lage sehe, entsprechende Auskünfte zu erteilen, und insoweit auf die Kontrolle bei den Landesbehörden verweise.
Die Vorschrift des § 31 PolG NW 1990 sowie die richterlich angeordnete Rasterfahndung begegneten verfassungsrechtlichen Bedenken. Fraglich sei zunächst die Eignung der Rasterfahndung zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr. Wenn eine solche Gefahr gegeben sei, sei ein Eingreifen kaum in Form einer zeitaufwändigen Rasterfahndung sinnvoll. Die in der Literatur diskutierten Beispielsfälle - etwa die Ermittlung eines potentiellen Attentatsopfers zu seinem eigenen Schutz, eine Entführung oder Geiselnahme - wirkten recht konstruiert. Freilich sei auch nicht vollständig auszuschließen, dass es eine Situation geben könne, in der die Eignung zu bejahen sei, so dass die verfassungsrechtlichen Grenzen für das Gesetz wohl noch nicht überschritten seien. Anderes könne allerdings im Hinblick auf die Angemessenheit der Regelung gelten, wenn die Anwendungsvoraussetzungen in einer Art und Weise ausgelegt würden, die der Rasterfahndung ihren Ausnahmecharakter nehmen würde. Die Möglichkeit des Zugriffs auf "jedermann" sei auf notstandsähnliche Fälle beschränkt. Verfassungskonform sei nur eine enge und strenge Auslegung der Anordnungsvoraussetzungen, insbesondere des Begriffs der gegenwärtigen Gefahr. Der Schaden müsse sofort und fast mit Gewissheit eintreten. Eine vage Vermutung oder diffuse Gefährdungslage irgendwo auf der Erde genüge insoweit nicht.
Die verfassungsrechtlichen Bedenken würden durch die Anwendung der Norm im vorliegenden Fall bestätigt. Ob zum Zeitpunkt der Anordnung der Rasterfahndung im Oktober 2001 ein akuter Notstand gegeben gewesen sei, sei insbesondere auch deshalb äußerst zweifelhaft, weil nach den damaligen öffentlichen Bekundungen keine akute Gefährdung Deutschlands durch einen Terroranschlag bestanden habe. Soweit aus heutiger Perspektive ersichtlich, habe dies auch den Tatsachen entsprochen und könne nicht als bloße Beschwichtigung der Bevölkerung abgetan werden. Ferner seien die Sachgerechtigkeit und Verhältnismäßigkeit der Rasterkriterien fraglich. Die Zahlen der ursprünglich übermittelten Datensätze sowie der an die Verbunddatei weitergeleiteten restlichen Daten seien sowohl absolut als auch im Vergleich mit anderen Bundesländern außerordentlich hoch. Es sei mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu vermuten, dass männlichen Studierenden nicht-deutscher Herkunft seit der Rasterfahndung generell mit verstärkten Vorurteilen im Alltag begegnet werde, beispielsweise bei der Wohnungs- oder Jobsuche. Nicht bedenkenfrei sei auch die Art der Mitwirkung des Bundeskriminalamtes bei der Rasterfahndung. Eine Befugnis des Bundeskriminalamtes zur Rasterfahndung sei zum damaligen Zeitpunkt nicht vorhanden gewesen und auch zwischenzeitlich durch die Änderung des § 7 Abs. 2 des Bundeskriminalamtgesetzes (BKAG) nicht zweifelsfrei geschaffen worden.
3. Das Bundeskriminalamt führt aus, nach den Anschlägen vom 11. September 2001 hätten die Polizeien der Länder aus Gefahrenabwehrgründen jeweils eigene Rasterfahndungen durchgeführt. Die "Informationsverdichtung" sei vom Bundeskriminalamt als Unterstützungsmaßnahme für die 16 Rasterfahndungen der Länder im Rahmen seiner Zentralstellenfunktion nach § 2 Abs. 1, 2 BKAG durchgeführt worden. Hierbei sei die Verbunddatei "Schläfer" mit weiteren kriminalistisch relevanten Datenbeständen abgeglichen worden. Zwar sei nicht zu erwarten gewesen, dass eine hohe Zahl potentieller Attentäter identifiziert werden würde. Die Chance, auch nur wenige Täter zu identifizieren und damit einen schwerwiegenden Anschlag zu verhindern, rechtfertige jedoch den vergleichsweise hohen Ressourceneinsatz.
Im Ergebnis hätten die Rasterfahndungen der Länder und die "Informationsverdichtung" im Bundeskriminalamt "qualifizierte Ermittlungsansätze" geschaffen. Nach der Identifizierung "Verdächtiger" durch die Rasterfahndung seien polizeiliche, ausländerrechtliche oder verwaltungsrechtliche Maßnahmen möglich geworden, die geeignet gewesen seien, Attentatsvorbereitungen in Deutschland zu stören oder zu verhindern. In den Ländern seien darüber hinaus mehrere Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, in die entweder wichtige Erkenntnisse aus der Rasterfahndung eingeflossen oder die aufgrund von Erkenntnissen der Rasterfahndung durchgeführt worden seien. In einer Reihe von Fällen, bei denen der islamistische Hintergrund durch polizeiliche Maßnahmen nicht habe ausgeräumt werden können, seien die vorliegenden Erkenntnisse in die Zuständigkeit der jeweiligen Landesämter für Verfassungsschutz übergeben worden. Im Ergebnis sei es den Polizeibehörden der Länder und des Bundes gelungen, aus einer Vielzahl von Daten Personen herauszufiltern, die "der islamistischen Szene zuzuordnen" seien. Dass die Maßnahme zur Enttarnung potentieller islamistischer Terroristen geführt hat, ist der Stellungnahme nicht zu entnehmen.
4. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz beschränkt sich auf Ausführungen zum Umfang der Unterstützungstätigkeit des Bundeskriminalamtes, die er im Rahmen seiner Kontrollfunktion festgestellt und bewertet habe. Es sei fraglich, ob es der Intention des Gesetzgebers entsprochen habe, dem Bundeskriminalamt in § 7 Abs. 2 BKAG eine Befugnis zur massenhaften Erhebung personenbezogener Daten über Unverdächtige nach dem Muster von Rasterfahndungen in den Ländern einzuräumen. Der Bundesbeauftragte habe gegenüber dem Bundesministerium des Innern die Auffassung vertreten, dass eine solche massenhafte Erhebung personenbezogener Daten durch das Bundeskriminalamt unzulässig sei und künftig ohne gesetzliche Klarstellungen nicht mehr durchgeführt werden dürfe.
B.
Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist begründet.
Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Sie sind auf eine verfassungsgemäße Eingriffsgrundlage gestützt, geben dieser jedoch im Wege der Auslegung einen Inhalt, den auch der Gesetzgeber nicht ohne Verstoß gegen dieses Grundrecht hätte bestimmen dürfen. Die Anwendung der Vorschrift im konkreten Fall beruht auf dieser Auslegung.
I.
§ 31 Abs. 1 PolG NW 1990, auf den die Anordnung der Rasterfahndung gestützt ist, entspricht der Verfassung in formeller und materieller Hinsicht.
1. § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 ermächtigt zu Eingriffen in den Schutzbereich des durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verbürgten Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung.
a) Dieses Recht gewährleistet die aus dem Grundsatz der Selbstbestimmung folgende Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (vgl. BVerfGE 65, 1 <43>; 78, 77 <84>; 84, 192 <194>; 96, 171 <181>; 103, 21 <32 f.>; 113, 29 <46>). Es sichert seinen Trägern insbesondere Schutz gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe der auf sie bezogenen, individualisierten oder individualisierbaren Daten (vgl. BVerfGE 65, 1 <43>; 67, 100 <143>; 84, 239 <279>; 103, 21 <33>; BVerfG, NJW 2006, S. 976 <979>). Denn individuelle Selbstbestimmung setzt - auch unter den Bedingungen moderner Informationsverarbeitung - voraus, dass dem Einzelnen Entscheidungsfreiheit über vorzunehmende oder zu unterlassende Handlungen einschließlich der Möglichkeit gegeben ist, sich entsprechend dieser Entscheidung tatsächlich zu verhalten. Wer nicht mit hinreichender Sicherheit überschauen kann, welche ihn betreffende Informationen in bestimmten Bereichen seiner sozialen Umwelt bekannt sind, und wer das Wissen möglicher Kommunikationspartner nicht einigermaßen abzuschätzen vermag, kann in seiner Freiheit wesentlich gehemmt werden, aus eigener Selbstbestimmung zu planen oder zu entscheiden (vgl. BVerfGE 65, 1 <42 f.>).
Die beobachtende oder observierende Tätigkeit der Polizei kann den grundrechtlichen Schutzbereich berühren und die rechtliche Qualität von Grundrechtseingriffen gewinnen (vgl. BVerfGE 110, 33 <56>). Das gilt namentlich, wenn personenbezogene Informationen zum Zwecke der elektronischen Datenverarbeitung erhoben und gespeichert werden. In der Folge sind diese Daten nicht nur jederzeit und ohne Rücksicht auf Entfernungen in Sekundenschnelle abrufbar, sie können darüber hinaus - vor allem beim Aufbau integrierter Informationssysteme - mit anderen Datensammlungen zusammengefügt werden, wodurch vielfältige Nutzungs- und Verknüpfungsmöglichkeiten entstehen (vgl. BVerfGE 65, 1 <42>). Der mit solchen technischen Möglichkeiten unter den modernen Bedingungen der Datenverarbeitung einhergehenden gesteigerten Gefährdungslage entspricht der hierauf bezogene Grundrechtsschutz (vgl. BVerfGE 65, 1 <42>; 113, 29 <45 f.>).
b) Der Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ist durch die Ermächtigung des § 31 PolG NW 1990 berührt.
Die gesetzliche Befugnis betrifft Informationen mit unterschiedlich intensivem Bezug zu dem Persönlichkeitsrecht. Es kann dahinstehen, ob das Recht auf informationelle Selbstbestimmung vor der Erhebung jedes einzelnen Datums, das von der Erhebung erfasst wird, schützt, da die Kenntnis jedes der Daten im Zusammenhang mit anderen einen eigenständigen Einblick in den Persönlichkeitsbereich ermöglicht. Die Kombination der ausdrücklich in § 31 Abs. 2 PolG NW 1990 benannten Daten - Name, Anschrift, Tag und Ort der Geburt - mit anderen, etwa, wie im vorliegenden Fall, der Staatsangehörigkeit, der Religionszugehörigkeit oder der Studienfachrichtung, kann und soll Aufschluss über Verhaltensweisen und damit Verdachtsmomente und insbesondere - wie es in § 31 Abs. 1 PolG NRW 2003 nunmehr ausdrücklich heißt - über "gefahrenverstärkende Eigenschaften dieser Personen" ermöglichen. Vor einer Datenerhebung und Datenverarbeitung mit dieser Zielrichtung schützt das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.
c) Die Regelung des § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 ermächtigt zu Eingriffen in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung derjenigen, auf welche sich die übermittelten Daten beziehen.
aa) Die Übermittlungsanordnung stellt einen Eingriff dar, da sie die Grundlage für die Erfassung und Speicherung der Daten sowie für ihren Abgleich mit weiteren Daten schafft. Die Eingriffsqualität der Anordnung zeigt sich an ihrer Auswirkung auf das Recht auf personelle Selbstbestimmung der Betroffenen. Die Anordnung macht die Daten für die Behörden verfügbar und bildet die Basis für einen nachfolgenden Abgleich mit Suchbegriffen. An der Eingriffsqualität fehlt es lediglich, sofern Daten ungezielt und allein technikbedingt zunächst miterfasst, aber unmittelbar nach der Erfassung technisch wieder anonym, spurenlos und ohne Erkenntnisinteresse für die Behörden ausgesondert werden (vgl. BVerfGE 100, 313 <366>; 107, 299 <328>). Auch dann, wenn die Erfassung eines größeren Datenbestandes letztlich nur Mittel zum Zweck für eine weitere Verkleinerung der Treffermenge bildet, kann in der Datenerhebung bereits ein Eingriff liegen (vgl. BVerfGE 100, 313 <366 mit 337, 380>). Maßgeblich ist, ob sich bei einer Gesamtbetrachtung mit Blick auf den durch den Überwachungs- und Verwendungszweck bestimmten Zusammenhang das behördliche Interesse an den betroffenen Daten bereits derart verdichtet, dass ein Betroffensein in einer einen Grundrechtseingriff auslösenden Qualität zu bejahen ist.
Bei einer Rasterfahndung gemäß § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 ist dies jedenfalls hinsichtlich solcher Personen der Fall, deren Daten nach einem ersten Datenabgleich noch Gegenstand weiterer, nachfolgender Maßnahmen, insbesondere weitergehender Datenabgleiche, werden sollen. Die Übermittlungsanordnung stellt eine Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts dieser Personen dar. Das Verlangen der Datenübermittlung richtet sich zwar nicht unmittelbar an diese Personen, es zielt aber auf die Erfassung ihrer Daten und nimmt sie damit in das Visier staatlicher Überwachungstätigkeit.
So ist etwa im vorliegenden Fall ein Grundrechtseingriff durch die Übermittlung jedenfalls bei denjenigen zunächst etwa 11.000 Personen zu bejahen, die von den Landesbehörden im Wege des Abgleichs nach den bundesweit abgesprochenen Kriterien aus der Gesamtmenge der übermittelten Datensätze ausgefiltert wurden. Diese Datensätze sollten Gegenstand weiterer Verarbeitungsmaßnahmen werden. Dafür wurden sie an das Bundeskriminalamt weitergeleitet, um dort in die bundesweite Datei "Schläfer" eingestellt und mit weiteren Dateien abgeglichen zu werden. Darüber hinaus stand der Großteil der Datensätze den Landesbehörden auch nach der Übermittlung an das Bundeskriminalamt zur Verfügung.
Ein eigenständiges behördliches Ermittlungsinteresse besteht in solchen Fällen nicht nur hinsichtlich der nach Vollzug aller Teilschritte verbleibenden Restmenge an Daten, sondern bereits bei den ersten, für die weiteren Maßnahmen erforderlichen Teilschritten, durch welche die übermittelte Gesamtdatenmenge nach und nach reduziert wird.
bb) Auch die - sei es auch nur vorläufige - Speicherung der übermittelten Daten bei der Stelle, an welche sie übermittelt und bei der sie aufbewahrt und für den Datenabgleich bereitgehalten werden, greift in das informationelle Selbstbestimmungsrecht derjenigen Personen ein, deren Daten nach einem solchen Datenabgleich Gegenstand weiterer Maßnahmen werden (vgl. BVerfGE 100, 313 <366>).
cc) Eingriffscharakter kommt in Bezug auf diese Personen schließlich auch dem Datenabgleich selbst als Akt der Auswahl für eine weitere Auswertung zu (vgl. BVerfGE 100, 313 <366>).
2. Die in § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 enthaltene Ermächtigung zu Grundrechtseingriffen genügt verfassungsrechtlichen Anforderungen.
a) Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist nicht schrankenlos gewährleistet. Der Einzelne muss vielmehr solche Beschränkungen seines Rechts hinnehmen, die durch überwiegende Allgemeininteressen gerechtfertigt sind (vgl. BVerfGE 65, 1 <43 f.>). Diese Beschränkungen bedürfen jedoch einer verfassungsmäßigen gesetzlichen Grundlage, die insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Gebot der Normenklarheit entsprechen muss (vgl. BVerfGE 65, 1 <44>).
b) Die das Grundrecht beschränkende Regelung des § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 wahrt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dieser verlangt, dass der Staat mit dem Grundrechtseingriff einen legitimen Zweck mit geeigneten, erforderlichen und angemessenen Mitteln verfolgt (vgl. BVerfGE 109, 279 <335 ff.>).
aa) Mit der Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person verfolgt die Regelung einen legitimen Zweck.
bb) Das Mittel der Rasterfahndung ist zur Verfolgung dieses Zweckes auch geeignet.
Ein Gesetz ist zur Zweckerreichung geeignet, wenn mit seiner Hilfe der erstrebte Erfolg gefördert werden kann (vgl. BVerfGE 67, 157 <173, 175>; 90, 145 <172>; 100, 313 <373>; 109, 279 <336>). Das ist vorliegend der Fall. Die Eignung scheitert nicht etwa an der großen Streubreite der Erfassungsmethode, die nur in vergleichsweise wenigen Fällen Erkenntnisse verspricht (vgl. BVerfGE 100, 313 <373>).
cc) Der Eingriff ist auch erforderlich zur Verfolgung des gesetzgeberischen Zweckes. Dieser lässt sich nicht durch mildere Mittel ebenso wirksam erreichen.
dd) Die gesetzliche Ermächtigung wahrt auch noch die Grenzen der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn.
Das Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn verlangt, dass die Schwere des Eingriffs bei einer Gesamtabwägung nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe stehen darf (stRspr; vgl. BVerfGE 90, 145 <173>; 92, 277 <327>; 109, 279 <349 ff.>). Die Prüfung an diesem Maßstab kann dazu führen, dass ein an sich geeignetes und erforderliches Mittel des Rechtsgüterschutzes nicht angewandt werden darf, weil die davon ausgehenden Grundrechtsbeeinträchtigungen den Zuwachs an Rechtsgüterschutz überwiegen, so dass der Einsatz des Schutzmittels als unangemessen erscheint (vgl. BVerfGE 90, 145 <173>). In dem Spannungsverhältnis zwischen der Pflicht des Staates zum Rechtsgüterschutz und dem Interesse des Einzelnen an der Wahrung seiner von der Verfassung verbürgten Rechte ist es dabei zunächst Aufgabe des Gesetzgebers, in abstrakter Weise einen Ausgleich der widerstreitenden Interessen zu erreichen (vgl. BVerfGE 109, 279 <350>). Dies kann dazu führen, dass bestimmte intensive Grundrechtseingriffe erst von bestimmten Verdachts- oder Gefahrenstufen an vorgesehen werden dürfen. Entsprechende Eingriffsschwellen sind durch eine gesetzliche Regelung zu gewährleisten (vgl. BVerfGE 100, 313 <383 f.>; 109, 279 <350 ff.>; BayVerfGH, Entscheidung vom 7. Februar 2006 - Vf. 69-VI-04 -).
Diese Voraussetzungen sind bei der Rasterfahndung gewahrt, wenn der Gesetzgeber den Grundrechtseingriff an das Vorliegen einer konkreten Gefahr für die bedrohten Rechtsgüter knüpft. Das ist bei der hier maßgeblichen Regelung des § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 der Fall.
(1) Der Eingriff, zu dem § 31 PolG NW 1990 ermächtigt, dient dem Schutz hochrangiger Verfassungsgüter.
Mit dem Bestand und der Sicherheit des Bundes und eines Landes sowie Leib, Leben und Freiheit einer Person, die vor Gefahren geschützt werden sollen, sind Schutzgüter von hohem verfassungsrechtlichem Gewicht bezeichnet. Die Sicherheit des Staates als verfasster Friedens- und Ordnungsmacht und die von ihm - unter Achtung von Würde und Eigenwert des Einzelnen - zu gewährleistende Sicherheit der Bevölkerung sind Verfassungswerte, die mit anderen hochwertigen im gleichen Rang stehen (vgl. BVerfGE 49, 24 <56 f.>).
Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verpflichtet in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG den Staat dazu, das Leben und die körperliche Unversehrtheit des Einzelnen zu schützen, das heißt vor allem, auch vor rechtswidrigen Eingriffen von Seiten anderer zu bewahren (stRspr; vgl. BVerfGE 90, 145 <195>; BVerfG, NJW 2006, S. 751 <757>). Dieser Schutzpflicht des Staates kommt ein hohes verfassungsrechtliches Gewicht zu. Gleiches gilt für das Rechtsgut der Freiheit einer Person im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG.
(2) Zum Schutz dieser Rechtsgüter ermächtigt § 31 PolG NW 1990 zu Eingriffen in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung von erheblichem Gewicht.
(a) Für die rechtliche Beurteilung der Art des durch die Ermächtigung ermöglichten Eingriffs ist unter anderem bedeutsam, wie viele Grundrechtsträger wie intensiven Beeinträchtigungen ausgesetzt sind und unter welchen Voraussetzungen dies geschieht, insbesondere ob diese Personen hierfür einen Anlass gegeben haben (vgl. BVerfGE 100, 313 <376>; 107, 299 <318 ff.>; 109, 279 <353>). Maßgebend sind also die Gestaltung der Einschreitschwellen, die Zahl der Betroffenen und die Intensität der individuellen Beeinträchtigung im Übrigen (vgl. BVerfGE 100, 313 <376>). Für das Gewicht der individuellen Beeinträchtigung ist erheblich, ob die Betroffenen als Personen anonym bleiben, welche persönlichkeitsbezogenen Informationen erfasst werden und welche Nachteile den Grundrechtsträgern aufgrund der Maßnahmen drohen oder von ihnen nicht ohne Grund befürchtet werden (vgl. BVerfGE 100, 313 <376>; 109, 279 <353>).
Das Bundesverfassungsgericht hat diese Kriterien für die Bemessung der Eingriffsintensität informationsbezogener Grundrechtseingriffe bislang vor allem in Entscheidungen zum Fernmeldegeheimnis aus Art. 10 Abs. 1 GG und zum Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 Abs. 1 GG entwickelt. Da diese Grundrechte spezielle Ausprägungen des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung darstellen (vgl. BVerfGE 51, 97 <105>; 100, 313 <358>; 109, 279 <325 f.>), sind diese Maßstäbe auch auf das allgemeinere Grundrecht anwendbar, soweit sie nicht durch die für die speziellen Gewährleistungen geltenden Besonderheiten geprägt sind.
(b) Auch wenn die von der Rasterfahndung betroffenen Informationen für sich genommen im Regelfall eine geringere Persönlichkeitsrelevanz haben werden, als sie regelmäßig bei Eingriffen in den Schutzbereich der Grundrechte aus Art. 10 Abs. 1 und Art. 13 Abs. 1 GG gegeben ist, kommt den mit der Rasterfahndung verbundenen Eingriffen angesichts der inhaltlichen Weite der Befugnis sowie der mit ihr eröffneten Möglichkeit der Verknüpfung von Daten auch im Hinblick auf das allgemeine Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein erhebliches Gewicht zu.
(aa) Das Gewicht eines Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung hängt unter anderem davon ab, welche Inhalte von dem Eingriff erfasst werden, insbesondere welchen Grad an Persönlichkeitsrelevanz die betroffenen Informationen je für sich und in ihrer Verknüpfung mit anderen aufweisen, und auf welchem Wege diese Inhalte erlangt werden (vgl. BVerfGE 100, 313 <376>; 107, 299 <319 f.>; 109, 279 <353>).
So ist die Eingriffsintensität hoch, wenn Informationen betroffen sind, bei deren Erlangung Vertraulichkeitserwartungen verletzt werden, vor allem solche, die unter besonderem Grundrechtsschutz stehen, wie etwa bei Eingriffen in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 GG oder das Fernmeldegeheimnis nach Art. 10 GG (vgl. BVerfGE 109, 279 <313 f., 325, 327 f.>; 113, 348 <364 f., 383, 391>).
Sämtliche durch die Rasterfahndung betroffenen Informationen haben einen Personenbezug und erlauben durch ihre Verknüpfung mit anderen Informationen persönlichkeitsbezogene Einblicke. Eine besondere Persönlichkeitsrelevanz kommt vor allem Informationen zu, die sich auf anderweitig, etwa in Art. 3 Abs. 3 GG oder in Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 136 Abs. 3 WRV verfassungsrechtlich geschützte Bereiche beziehen. Dies findet auf einfachgesetzlicher Ebene etwa in der Kategorie der "besonderen Arten personenbezogener Daten" gemäß § 3 Abs. 9 BDSG Ausdruck, wozu nach dieser Vorschrift Angaben über die rassische und ethnische Herkunft, über politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, über eine Gewerkschaftszugehörigkeit und über die Gesundheit oder das Sexualleben zu zählen sind.
(bb) Dem durch die Ermächtigung zur Rasterfahndung ermöglichten Grundrechtseingriff kommt grundsätzlich ein erhebliches Gewicht mit Blick auf den Inhalt sowohl der übermittelten Daten als auch derjenigen Daten zu, mit denen die übermittelten abgeglichen werden sollen. Gleiches gilt für diejenigen weiterreichenden Informationen, die aus der Zusammenführung und dem Abgleich der verschiedenen Datenbestände gewonnen werden können.
Bereits die zu übermittelnden Daten können eine hohe Persönlichkeitsrelevanz haben. Die gesondert genannten Identifizierungsdaten, also Name, Anschrift, Tag und Ort der Geburt, stehen zwar entstehungsgeschichtlich betrachtet im Vordergrund der Rasterfahndung. Hierauf beschränkt sich aber die gesetzliche Befugnis nicht. Vielmehr können auch alle anderen "für den Einzelfall benötigte<n> Daten" in die Fahndung einbezogen werden (§ 31 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbsatz PolG NW 1990). Das Übermittlungsersuchen darf sich lediglich auf diejenigen personenbezogenen Daten nicht erstrecken, die einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterliegen (§ 31 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz PolG NW 1990). Im Übrigen sind die von der Befugnis erfassten Daten nach Art und Inhalt nicht eingegrenzt. Dementsprechend kann - wie vorliegend geschehen - das Ersuchen auf weitere Angaben zur Religionszugehörigkeit, Staatsangehörigkeit, zum Familienstand und zur Studienfachrichtung erstreckt werden. Die gesetzliche Befugnis umfasst demnach auch solche persönlichkeitsbezogenen Daten, an deren Privatheit der Einzelne ein hohes Interesse besitzen kann und auf deren Vertraulichkeit er baut, wie etwa seine Glaubensüberzeugung. Dies kann auch auf die "anderen Datenbestände" zutreffen, mit denen die übermittelten Daten abgeglichen werden. Hinzu kommt, dass sich aus der Zusammenführung und Kombination der übermittelten und der sonstigen Datenbestände und ihrem wechselseitigen Abgleich vielfältige neue Informationen gewinnen lassen. Sie können nach Art und Inhalt eine besonders starke Persönlichkeitsrelevanz besitzen.
(c) Erfasst eine Übermittlungsbefugnis, wie diejenige nach § 31 Abs. 1 PolG NW 1990, nahezu sämtliche personenbezogenen Daten, die bei irgendeiner öffentlichen oder nichtöffentlichen Stelle vorhanden sind, wird damit aufgrund der Vielfältigkeit und des Umfangs der erfassten Daten dazu ermächtigt, einen Eingriff von hoher Intensität vorzunehmen.
Das nordrhein-westfälische Polizeigesetz sieht außer dem allgemein zu beachtenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (vgl. § 2 PolG NW 1990) keine Begrenzung des Umfangs der erfassten Daten vor. Eine solche ergibt sich auch mittelbar weder aus einer Begrenzung der Art der erfassten Daten noch aus einer Begrenzung des Adressatenkreises. Denn die Übermittlung kann nach dem Wortlaut von § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 von allen öffentlichen Stellen und Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs verlangt werden. Soweit nicht in den für diese Stellen geltenden bereichsspezifischen Regelungen abschließende Übermittlungsverbote vorgesehen sind, sind daher sämtliche Stellen erfasst, bei denen personenbezogene Daten vorhanden sind. Diese Weite der Zugriffsbefugnis entspricht auch der Zielsetzung der Rasterfahndung. Da Ansätze zur Rasterfahndung in jeder möglichen Richtung gefunden werden können, kann grundsätzlich fast jeder Datenbestand relevant werden.
Die Befugnis ermöglicht es daher vorbehaltlich der Einschränkung des § 31 Abs. 2 PolG NW 1990 und der allgemeinen Grenze der Verhältnismäßigkeit, alle bei irgendwelchen öffentlichen oder privaten Stellen über irgendeine Person vorhandenen Daten bei Bedarf bei einer Stelle zusammenzuführen und gegeneinander abzugleichen. Die der Informationstechnologie eigenen Verarbeitungs- und Verknüpfungsmöglichkeiten, durch welche auch ein für sich gesehen belangloses Datum einen neuen Stellenwert bekommen kann (vgl. BVerfGE 65, 1 <45>), werden dadurch ausgeschöpft.
Dadurch entsteht ein Risiko, dass das außerhalb statistischer Zwecke bestehende strikte Verbot der Sammlung personenbezogener Daten auf Vorrat (vgl. BVerfGE 65, 1 <47>) umgangen wird. Denn eine solche Befugnis zur Zweckänderung kann im Ergebnis alle zu einem bestimmten Zeitpunkt bei öffentlichen oder privaten Stellen vorhandenen Daten zu einem für die Zwecke des § 31 PolG NW 1990 bereitstehenden Gesamtdatenbestand umfunktionieren. Dies vermag eine eigene Vorratsspeicherung all jener Daten im Ergebnis zu ersetzen, die ohnehin bei irgendeiner anderen Stelle vorhanden sind.
Auch nähert sich die Zugriffsbefugnis des § 31 PolG NW 1990 angesichts der Menge und Vielfalt der personenbezogenen Daten, die heute - bei allen öffentlichen oder privaten Stellen zusammengenommen - über nahezu jede Person vorhanden sind, der von der Verfassung nicht zugelassenen Möglichkeit zumindest an, dass Daten mit anderen Datensammlungen zu einem teilweise oder weitgehend vollständigen Persönlichkeitsbild zusammengefügt werden (vgl. BVerfGE 65, 1 <42>). Insbesondere sind auch sämtliche Datenbestände privater Stellen ("Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs") betroffen, in denen sich ein ganz wesentlicher Anteil aller gespeicherten personenbezogenen Daten befindet. So führen etwa die Kundenkartensysteme, die in vielen Kaufhäusern eingeführt sind, dazu, dass detaillierte Informationen über das private Einkaufsverhalten der Inhaber solcher Karten - aber auch über ihren Aufenthaltsort und anderes - bei nichtöffentlichen Stellen gespeichert sind. Auch wenn die Zugriffsbefugnis des § 31 PolG NW 1990 aus verfassungsrechtlichen Gründen so auszulegen ist, dass sie keine umfassende Registrierung und Katalogisierung der Persönlichkeit durch die Zusammenführung einzelner Lebens- und Personaldaten zur Erstellung von Persönlichkeitsprofilen der Bürger erlaubt - dies wäre selbst in der Anonymität statistischer Erhebungen unzulässig (vgl. BVerfGE 65, 1 <53>) -, können die Erhebung und Verknüpfung entsprechender Daten der Erstellung eines Persönlichkeitsprofils nahe kommen und dadurch einen besonders intensiven Grundrechtseingriff ermöglichen.
(d) Auf die Intensität des Eingriffs wirken sich ferner etwaige aus der Rasterfahndung resultierende weitere Folgen für die Betroffenen aus.
Das Gewicht informationsbezogener Grundrechtseingriffe richtet sich auch danach, welche Nachteile den Betroffenen aufgrund der Eingriffe drohen oder von ihnen nicht ohne Grund befürchtet werden (vgl. BVerfGE 100, 313 <376>; 107, 299 <320>). So kann die Übermittlung und Verwendung von Daten für die davon Betroffenen das Risiko begründen, Gegenstand staatlicher Ermittlungsmaßnahmen zu werden, das über das allgemeine Risiko hinausgeht, einem unberechtigten Verdacht ausgesetzt zu werden (vgl. BVerfGE 107, 299 <321>). Auch können informationsbezogene Ermittlungsmaßnahmen im Falle ihres Bekanntwerdens eine stigmatisierende Wirkung für die Betroffenen haben und so mittelbar das Risiko erhöhen, im Alltag oder im Berufsleben diskriminiert zu werden.
Beides trifft auf die mit der Rasterfahndung verbundenen Grundrechtseingriffe zu.
(aa) Die Rasterfahndung begründet für die Personen, in deren Grundrechte sie eingreift, ein erhöhtes Risiko, Ziel weiterer behördlicher Ermittlungsmaßnahmen zu werden. Dies hat etwa der Verlauf der nach dem 11. September 2001 durchgeführten Rasterfahndung gezeigt. So sind nach einem Pressebericht aufgrund der Ergebnisse dieser Rasterfahndung in Hamburg 140 ausländische Studenten von der Polizei zu "Gesprächen" vorgeladen worden (vgl. Frankfurter Rundschau vom 22. Januar 2002). Ein Sprecher der Hamburger Polizei habe bestätigt, dass sich das Vorgehen - welches nicht bedeute, dass die Personen beschuldigt oder verdächtigt seien - gegen männliche, in Hamburg studierende Personen bestimmter Herkunft und Altersgruppen richte. Die Vorgeladenen seien aufgefordert worden, zu den Gesprächen im Polizeipräsidium unter anderem Ausweisdokumente, Studienbescheinigungen aller besuchten Hochschulen, Mietverträge, Arbeitsbescheinigungen und Prakti-kumsunterlagen, Dokumente über Reisen, Bankkonto-Unterlagen und Bescheinigungen über Vereinsmitgliedschaften mitzubringen. Die Betroffenen hätten der Vorladung zwar nicht folgen müssen. Doch seien sie in solchen Fällen auf andere Weise überprüft worden (vgl. a.a.O.; siehe auch Hamburgischer Datenschutzbeauftragter <Hrsg.>, 19. Tätigkeitsbericht 2002/2003, 2004, S. 63, wonach das Landeskriminalamt die dreistellige Zahl der "Trefferfälle" der Rasterfahndung mit den üblichen Ermittlungsmethoden - zum Beispiel Befragung von Betroffenen, Umfelderkundungen - abgearbeitet hat).
(bb) Ferner kann die Tatsache einer nach bestimmten Kriterien durchgeführten polizeilichen Rasterfahndung als solche - wenn sie bekannt wird - eine stigmatisierende Wirkung für diejenigen haben, die diese Kriterien erfüllen. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Rasterfahndung - wie nach § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 grundsätzlich möglich - an die besonderen persönlichkeitsbezogenen Merkmale des Art. 3 Abs. 3 GG oder des Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 136 Abs. 3 WRV anknüpft. Auch dort, wo keine Diskriminierung wegen der in Art. 3 Abs. 3 GG aufgeführten Merkmale vorliegt, ist nicht nur die verfassungsrechtliche Bindung an den Gleichheitssatz umso enger (stRspr; vgl. nur BVerfGE 92, 26 <51>), sondern auch die Intensität eines mit der Ungleichbehandlung verbundenen Grundrechtseingriffs - hier in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung - umso höher, je mehr sich die Merkmale, nach denen staatliche Maßnahmen differenzieren, den in Art. 3 Abs. 3 GG genannten annähern.
So fällt etwa für die Rasterfahndungen, die nach dem 11. September 2001 durchgeführt wurden, im Hinblick auf deren Eingriffsintensität ins Gewicht, dass sie sich gegen Ausländer bestimmter Herkunft und muslimischen Glaubens richten, womit stets auch das Risiko verbunden ist, Vorurteile zu reproduzieren und diese Bevölkerungsgruppen in der öffentlichen Wahrnehmung zu stigmatisieren (vgl. Limbach, Ist die kollektive Sicherheit Feind der individuellen Freiheit?, 2002, S. 10). Insbesondere die kaum vermeidbaren Nebeneffekte einer nach der Zugehörigkeit zu einer Religion differenzierenden und alle Angehörigen dieser Religion pauschal erfassenden Rasterfahndung erhöhen das Gewicht der mit ihr verbundenen Grundrechtseingriffe und damit die von Verfassungs wegen an ihre Rechtfertigung zu stellenden Anforderungen. Das wirkt sich auf die Eingriffsintensität der gesetzlichen Ermächtigung des § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 aus, die eine nach derartigen Kriterien differenzierende Rasterfahndung ermöglicht.
(e) Die Intensität des Eingriffs wird ferner davon beeinflusst, dass die gesetzliche Regelung nur für einen Teil der Betroffenen eine individuelle Benachrichtigung und dies erst nach Abschluss der Rasterfahndung vorsieht. Die Heimlichkeit einer staatlichen Eingriffsmaßnahme führt zur Erhöhung ihrer Intensität (vgl. BVerfGE 107, 299 <321>; BVerfG, NJW 2006, S. 976 <981>). Eine individuelle Benachrichtigung der Betroffenen nach Abschluss der Rasterfahndung schreibt § 31 Abs. 5 Satz 1 PolG NW 1990 nur für diejenigen Personen vor, gegen die weitere Maßnahmen durchgeführt werden, und auch für diese nur dann, wenn dies ohne Gefährdung des Zwecks der weiteren Datennutzung erfolgen kann. Die Unterrichtung unterbleibt nach § 31 Abs. 5 Satz 2 PolG NW 1990, wenn wegen desselben Sachverhalts ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen eingeleitet worden ist.
Die in § 31 Abs. 4 Satz 1 PolG NW 1990 vorgesehene richterliche Anordnung reduziert zwar die Heimlichkeit der Maßnahme, sofern es - wie im vorliegenden Fall (vgl. AG Düsseldorf, DuD 2001, S. 754) - zu einer Veröffentlichung kommt. Dadurch können potentielle Betroffene erkennen, dass sie zu dem von der Rasterfahndung erfassten Personenkreis gehören und gegebenenfalls - wie der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall - Rechtsschutz beanspruchen. Jedoch ist eine derartige Veröffentlichung gesetzlich nicht vorgeschrieben. Kommt es anders als hier nicht zur Veröffentlichung, bleibt die Maßnahme ohne eine individuelle Benachrichtigung dem Einzelnen verborgen.
(f) Ins Gewicht fällt auch, dass die von der Rasterfahndung Betroffenen nicht durchgängig anonym bleiben (vgl. BVerfGE 100, 313 <381>; 107, 299 <320 f.>). Anonymität besteht jedenfalls für diejenigen Personen nicht, deren Daten nach Abschluss der Gesamtmaßnahme weiterhin in der Ergebnisdatenmenge enthalten sind. Der Personenbezug der Daten wird bei diesen Personen durchgehend gerade zu dem Zweck erhalten, weitere Ermittlungsmaßnahmen gegen sie zu ermöglichen.
(g) Von Bedeutung ist schließlich auch, dass § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 verdachtslose Grundrechtseingriffe mit großer Streubreite vorsieht.
(aa) Grundrechtseingriffe, die sowohl durch Verdachtslosigkeit als auch durch eine große Streubreite gekennzeichnet sind - bei denen also zahlreiche Personen in den Wirkungsbereich einer Maßnahme einbezogen werden, die in keiner Beziehung zu einem konkreten Fehlverhalten stehen und den Eingriff durch ihr Verhalten nicht veranlasst haben - weisen grundsätzlich eine hohe Eingriffsintensität auf (vgl. BVerfGE 100, 313 <376, 392>; 107, 299 <320 f.>; 109, 279 <353>; 113, 29 <53>; 113, 348 <383>). Denn der Einzelne ist in seiner grundrechtlichen Freiheit umso intensiver betroffen, je weniger er selbst für einen staatlichen Eingriff Anlass gegeben hat. Von solchen Eingriffen können ferner Einschüchterungseffekte ausgehen, die zu Beeinträchtigungen bei der Ausübung von Grundrechten führen können (vgl. BVerfGE 65, 1 <42>; 113, 29 <46>). Ein von der Grundrechtsausübung abschreckender Effekt muss nicht nur zum Schutze der subjektiven Rechte der betroffenen Einzelnen vermieden werden. Auch das Gemeinwohl wird dadurch beeinträchtigt, weil Selbstbestimmung eine elementare Funktionsbedingung eines auf Handlungs- und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger gegründeten freiheitlichen demokratischen Gemeinwesens ist (vgl. BVerfGE 113, 29 <46>). Es gefährdet die Unbefangenheit des Verhaltens, wenn die Streubreite von Ermittlungsmaßnahmen dazu beiträgt, dass Risiken des Missbrauchs und ein Gefühl des Überwachtwerdens entstehen (vgl. BVerfGE 107, 299 <328>).
(bb) Bei der Rasterfahndung gemäß § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 handelt es sich um einen verdachtslosen Eingriff. Die Vorschrift begründet Eingriffsbefugnisse gegen so genannte Nichtstörer, setzt also nicht voraus, dass der Adressat der Eingriffsmaßnahme für die Gefahr verantwortlich ist. Es können nach der Gesetzesfassung alle Personen einbezogen werden, welche die Auswahlkriterien erfüllen, ohne dass es Anforderungen an die Nähe dieser Personen zur Gefahr oder zu verdächtigen Personen gibt. Auch die nach der Rasterung anhand weiterer Kriterien verbleibenden Personen muss dabei noch kein konkreter Störerverdacht treffen. Ob die betroffenen Personen Tatverdächtige oder Störer sind oder nicht, soll in diesen Fällen vielmehr gerade herausgefunden werden, sei es bereits durch die Rasterung anhand weiterer Kriterien, sei es erst durch die sich anschließenden konventionellen personenbezogenen Ermittlungsmaßnahmen.
Die Rasterfahndung ist "Verdachts-" oder "Verdächtigengewinnungseingriff" (vgl. Gusy, KritV 2002, S. 474 <483>; Brugger, Freiheit und Sicherheit, 2004, S. 98 f.) insbesondere dann, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - zur Aufdeckung von so genannten terroristischen Schläfern führen soll. Da solche "Schläfer" sich gerade durch ihr völlig angepasstes und damit unauffälliges Vorgehen auszeichnen sollen, fehlt es bei ihnen definitionsgemäß an konkreten Anhaltspunkten für ein Verhalten, das auf eine potentielle Störereigenschaft hindeuten könnte. Für eine Rasterfahndung, durch die solche Personen aufgefunden werden sollen, müssen daher relativ unspezifische Annahmen über Täterprofile entwickelt und entsprechend unspezifische Suchkriterien eingesetzt werden, mit der Folge, dass die Suche in Abkehr von traditionellen polizeirechtlichen Strukturen weit in das Vorfeld eines konkreten Störerverdachts verlagert wird. Die Situation unterscheidet sich insofern grundlegend von einer Fahndung nach einem prinzipiell bekannten Täterkreis mit bestimmten, vom Üblichen abweichenden Verhaltensmerkmalen, wie zum Beispiel der Barzahlung von Stromrechnungen, auf die bei der Fahndung nach gesuchten RAF-Terroristen unter anderem abgestellt worden war (vgl. zur damals eingesetzten Rasterfahndung Herold, RuP 1985, S. 84 <91, 93>).
Gegenüber den für die frühere Rasterfahndung typischen Konstellationen wird die Verdachtslosigkeit der Maßnahme noch erhöht, wenn gerade die Unauffälligkeit und Angepasstheit des Verhaltens zu einem maßgeblichen Kriterium der Suche erhoben wird. Das wird an der im vorliegenden Fall vorgenommenen bundesweit koordinierten Rasterfahndung deutlich. Weder für die etwa 5,2 Mio. Personen, deren Datensätze an das Polizeipräsidium Düsseldorf übermittelt wurden, noch für die etwa 32.000 Personen, deren Daten nach Angaben des Bundesbeauftragten für den Datenschutz insgesamt in die bundesweite Datei "Schläfer" aufgenommen wurden, gab es auch nur ansatzweise konkrete Anhaltspunkte dafür, dass es sich gerade bei ihnen um so genannte Schläfer handeln könnte oder sie mit solchen in Kontakt stehen würden. Auch die nach dem vorgesehenen Abgleich durch das Bundeskriminalamt verbliebenen Personen, deren Daten sich zugleich in den Abgleichsdateien fanden, traf allein aufgrund dessen noch kein konkreter Störerverdacht. Vielmehr diente die Rasterfahndung auch in Bezug auf sie lediglich dazu, den Kreis derer einzuengen, bei denen möglicherweise weitere Ermittlungen erst zur Begründung eines derartigen Verdachtes führen sollten.
(cc) Die Rasterfahndung kann, wie die Anzahl der im vorliegenden Fall erfassten Personen zeigt, auch durch eine außerordentlich hohe Streubreite geprägt sein.
(() Als Fahndungsmethode weist die Rasterfahndung die Vorteile auf, die automatisierte, rechnergestützte Operationen generell mit sich bringen, ermöglicht also die Verarbeitung nahezu beliebig großer und komplexer Informationsbestände in großer Schnelligkeit. Ein herkömmliches Verfahren, die nach dem Modell abgestufter Erkenntnisverdichtung erfolgende Ermittlungstätigkeit, wird hierdurch mit einer bislang unbekannten Durchschlagskraft versehen (vgl. Rogall, in: Duttge u.a. <Hrsg.>, Gedächtnisschrift Schlüchter, 2002, S. 611 <617>; Welp, in: Erichsen u.a. <Hrsg.>, Recht der Persönlichkeit, 1996, S. 389 f.). In grundrechtlicher Hinsicht führt die neue Qualität der polizeilichen Ermittlungsmaßnahme zu einer erhöhten Eingriffsintensität.
(() Für die Beurteilung der Angemessenheit ist die Zahl nicht nur derjenigen Personen relevant, die von der Rasterfahndung in einer einen Grundrechtseingriff auslösenden Weise betroffen sind, sondern es ist - aufgrund der objektiven Bedeutung des Grundrechts - auch die Gesamtzahl der erfassten Personen zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 107, 299 <328>).
Werden Daten nach relativ unspezifischen Kriterien zusammengestellt, kann von der Rasterfahndung eine sehr große Ausgangsmenge von Personen betroffen sein, die aus ex ante-Sicht Unverdächtige oder Nichtstörer sind. Auch die nach einem ersten Abgleich verbleibende Gruppe von Trägern der gesuchten Merkmale kann - wie im vorliegenden Fall - sehr viele Personen umfassen und wird jedenfalls in der ganz überwiegenden Mehrzahl selbst aus der ex post-Sicht aus Nichtstörern bestehen.
(3) Der insofern mit der Rasterfahndung verbundene Eingriff ist angesichts der hochrangigen Verfassungsgüter, deren Schutz § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 dient, zwar noch nicht als solcher unverhältnismäßig. Er ist jedoch nur dann angemessen, wenn der Gesetzgeber rechtsstaatliche Anforderungen dadurch wahrt, dass er den Eingriff erst von der Schwelle einer hinreichend konkreten Gefahr für die bedrohten Rechtsgüter an vorsieht.
(a) Der Staat darf und muss terroristischen Bestrebungen - etwa solchen, die die Zerstörung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zum Ziel haben und die planmäßige Vernichtung von Menschenleben als Mittel zur Verwirklichung dieses Vorhabens einsetzen - mit den erforderlichen rechtsstaatlichen Mitteln wirksam entgegentreten (vgl. BVerfGE 49, 24 <56>). Auf die rechtsstaatlichen Mittel hat sich der Staat unter dem Grundgesetz jedoch auch zu beschränken.
Das Grundgesetz enthält einen Auftrag zur Abwehr von Beeinträchtigungen der Grundlagen einer freiheitlichen demokratischen Ordnung unter Einhaltung der Regeln des Rechtsstaats (vgl. BVerfGE 111, 147 <158>; BVerfGK 2, 1 <5>). Daran, dass er auch den Umgang mit seinen Gegnern den allgemein geltenden Grundsätzen unterwirft, zeigt sich gerade die Kraft dieses Rechtsstaats (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 1. Mai 2001 - 1 BvQ 22/01 -, NJW 2001, S. 2076 <2077>).
Das gilt auch für die Verfolgung der fundamentalen Staatszwecke der Sicherheit und des Schutzes der Bevölkerung. Die Verfassung verlangt vom Gesetzgeber, eine angemessene Balance zwischen Freiheit und Sicherheit herzustellen. Das schließt nicht nur die Verfolgung des Zieles absoluter Sicherheit aus, welche ohnehin faktisch kaum, jedenfalls aber nur um den Preis einer Aufhebung der Freiheit zu erreichen wäre. Das Grundgesetz unterwirft auch die Verfolgung des Zieles, die nach den tatsächlichen Umständen größtmögliche Sicherheit herzustellen, rechtsstaatlichen Bindungen, zu denen insbesondere das Verbot unangemessener Eingriffe in die Grundrechte als Rechte staatlicher Eingriffsabwehr zählt.
In diesem Verbot finden auch die Schutzpflichten des Staates ihre Grenze. Die Grundrechte sind dazu bestimmt, die Freiheitssphäre des Einzelnen vor Eingriffen der öffentlichen Gewalt zu sichern; sie sind Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat (vgl. BVerfGE 7, 198 <204 f.>). Die Funktion der Grundrechte als objektive Prinzipien und der sich daraus ergebenden Schutzpflichten (vgl. BVerfGE 96, 56 <64>) besteht in der prinzipiellen Verstärkung ihrer Geltungskraft, hat jedoch ihre Wurzel in dieser primären Bedeutung (vgl. BVerfGE 50, 290 <337>).
Bei der Wahl der Mittel zur Erfüllung einer Schutzpflicht ist der Staat daher auf diejenigen Mittel beschränkt, deren Einsatz mit der Verfassung in Einklang steht (vgl. BVerfG, NJW 2006, S. 751 <760>). Der staatliche Eingriff in den absolut geschützten Achtungsanspruch des Einzelnen auf Wahrung seiner Würde (vgl. BVerfGE 109, 279 <313>) ist ungeachtet des Gewichts der betroffenen Verfassungsgüter stets verboten (vgl. BVerfG, NJW 2006, S. 751 <757 ff.>). Aber auch im Rahmen der Abwägung nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne dürfen staatliche Schutzpflichten nicht dazu führen, dass das Verbot unangemessener Grundrechtseingriffe unter Berufung auf grundrechtliche Schutzpflichten leer läuft, so dass in der Folge allenfalls ungeeignete oder unnötige Eingriffe abgewehrt werden könnten.
(b) Aus dem Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne kann unter bestimmten Voraussetzungen sogar die vollständige Unzulässigkeit der Vornahme bestimmter Grundrechtseingriffe zu Zwecken persönlichkeitsbezogener Ermittlungen im Bereich der inneren Sicherheit folgen. So ist der Einsatz der Befugnisse des Bundesnachrichtendienstes, zur so genannten strategischen Kontrolle verdachtslos Fernmeldeverkehre zu überwachen und sie durch Abgleich mit Suchbegriffen auszuwerten, für Zwecke der personenbezogenen Risikoabwehr im Bereich der inneren Sicherheit in jedem Falle unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig (vgl. BVerfGE 67, 157 <157, 180 f.>; 100, 313 <389>). Lediglich eine Verwertung von Zufallsfunden im Rahmen einer nachträglichen Zweckänderung kann unter engsten Voraussetzungen an die Verhältnismäßigkeit vorgesehen werden (vgl. BVerfGE 100, 313 <389 ff.>).
(c) Für die Rasterfahndung gemäß § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 folgt aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kein Verbot, das Grundrechtseingriffe zu persönlichkeitsbezogenen Ermittlungszwecken ausnahmslos ausschlösse. Allerdings gleicht die Befugnis zur Rasterfahndung den zu Zwecken der strategischen Kontrolle vorgenommenen Eingriffen in das Fernmeldegeheimnis insofern, als auch sie vollständig verdachtslos erfolgende Grundrechtseingriffe in großer Streubreite vorsieht. Auch handelt es sich bei ihr nicht lediglich um eine Ermächtigung zur nachträglich zweckändernden Verwertung von Zufallsfunden. Bei ihr sollen die Erkenntnisse vielmehr von vornherein gerade zu dem Zweck zusammengeführt und ausgewertet werden, einen Kreis von potentiellen Verdächtigen zu bestimmen, gegen den dann weitere personenbezogene Ermittlungsmaßnahmen gerichtet werden können. Übermittlung, Zusammenführung und Abgleich solcher Daten stellen eigenständige Eingriffe dar, die - anders als im Falle der strategischen Überwachung - von vornherein zu personenbezogenen Ermittlungszwecken erfolgen.
(d) Das Gewicht der mit der Durchführung einer Rasterfahndung einhergehenden Grundrechtseingriffe, deren Voraussetzungen zudem gesetzlich nicht eng umschrieben worden sind, ist so hoch, dass der Gesetzgeber die Maßnahme zum Schutz der hochrangigen Rechtsgüter des § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 nur bei Vorliegen einer konkreten Gefahr vorsehen darf.
Der Gesetzgeber ist bei der Gestaltung von Eingriffsbefugnissen nicht zwingend an die mit dem überkommenen Gefahrenbegriff verbundenen polizeirechtlichen Eingriffsgrenzen gebunden. Er darf sie bei Eingriffen der hier vorliegenden Intensität jedoch nur bei Wahrung besonderer Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit unterschreiten. Diese sind im Falle eines vollständig verdachtslosen Grundrechtseingriffs von der Art der Rasterfahndung nicht erfüllt. Die Rasterfahndung darf daher von Verfassungs wegen erst bei Vorliegen einer konkreten Gefahr eingesetzt werden.
(aa) Die Verfassung hindert den Gesetzgeber nicht grundsätzlich daran, die traditionellen rechtsstaatlichen Bindungen im Bereich des Polizeirechts auf der Grundlage einer seiner Prärogative unterliegenden Feststellung neuartiger oder veränderter Gefährdungs- und Bedrohungssituationen fortzuentwickeln. Die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit darf vom Gesetzgeber neu justiert, die Gewichte dürfen jedoch von ihm nicht grundlegend verschoben werden.
Im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im engeren Sinne hat der Gesetzgeber die Ausgewogenheit zwischen der Art und Intensität der Grundrechtsbeeinträchtigung einerseits und den zum Eingriff berechtigenden Tatbestandselementen andererseits, wie der Einschreitschwelle, der geforderten Tatsachenbasis und dem Gewicht der geschützten Rechtsgüter, zu wahren (vgl. BVerfGE 100, 313 <392 ff.>). Je gewichtiger die drohende oder erfolgte Rechtsgutbeeinträchtigung und je weniger gewichtig der Grundrechtseingriff ist, um den es sich handelt, desto geringer darf die Wahrscheinlichkeit sein, mit der auf eine drohende oder erfolgte Verletzung des Rechtsguts geschlossen werden kann, und desto weniger fundierend dürfen gegebenenfalls die Tatsachen sein, die dem Verdacht zugrunde liegen (vgl. BVerfGE 100, 313 <392>; 110, 33 <60>; 113, 348 <386>). Die Anforderungen an den Wahrscheinlichkeitsgrad und die Tatsachenbasis der Prognose dürfen allerdings nicht beliebig herabgesenkt werden, sondern müssen auch in angemessenem Verhältnis zur Art und Schwere der Grundrechtsbeeinträchtigung und zur Aussicht auf den Erfolg des beabsichtigten Rechtsgüterschutzes stehen. Selbst bei höchstem Gewicht der drohenden Rechtsgutbeeinträchtigung kann auf das Erfordernis einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit nicht verzichtet werden. Auch muss als Voraussetzung eines schweren Grundrechtseingriffs gewährleistet bleiben, dass Annahmen und Schlussfolgerungen einen konkret umrissenen Ausgangspunkt im Tatsächlichen besitzen (vgl. BVerfGE 113, 348 <386>). Insbesondere lässt die Verfassung grundrechtseingreifende Ermittlungen "ins Blaue hinein" nicht zu (vgl. BVerfGE 112, 284 <297>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 6. April 1989 - 1 BvR 33/87 -, NJW 1990, S. 701 <702>).
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit führt dazu, dass der Gesetzgeber intensive Grundrechtseingriffe erst von bestimmten Verdachts- oder Gefahrenstufen an vorsehen darf (vgl. BVerfGE 100, 313 <383 f.>; 109, 279 <350 ff.>). So ist eine gesetzliche Befugnis zum Verbot oder zur Auflösung von Versammlungen nur dann verhältnismäßig, wenn eine unmittelbare, aus erkennbaren Umständen herleitbare Gefährdung der geschützten Rechtsgüter gegeben ist (vgl. BVerfGE 69, 315 <353 f.>). Ob ein Grundrechtseingriff zur Abwehr künftig drohender Rechtsgutbeeinträchtigungen auch im Vorfeld konkreter Gefahren verhältnismäßig sein kann, hängt nicht nur davon ab, ob eine hinreichende Aussicht darauf besteht, dass der Eingriff Erfolg verspricht (zum Erfordernis der Erfolgseignung BVerfGE 42, 212 <220>; 96, 44 <51>; BVerfG, NJW 2006, S. 976 <982>), sondern auch davon, welche Anforderungen die Eingriffsnorm hinsichtlich der Nähe der betroffenen Personen zur fraglichen Rechtsgutbedrohung vorsieht (vgl. BVerfGE 100, 313 <395>; 107, 299 <322 f., 329>; 110, 33 <60 f.>; 113, 348 <385 ff., 389>). Verzichtet der Gesetzgeber auf begrenzende Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Gefahreneintritts sowie an die Nähe der Betroffenen zur abzuwehrenden Bedrohung und sieht er gleichwohl eine Befugnis zu Eingriffen von erheblichem Gewicht vor, genügt dies dem Verfassungsrecht nicht.
(bb) Nach diesen Maßstäben darf eine Rasterfahndung nicht schon im Vorfeld einer konkreten Gefahr ermöglicht werden, denn sie würde zu vollständig verdachtslos und mit hoher Streubreite erfolgenden Grundrechtseingriffen führen, die Informationen mit intensivem Persönlichkeitsbezug erfassen können.
Die Rasterfahndung nach dem nordrhein-westfälischen Polizeirecht zeichnet sich gegenüber anderen personenbezogenen Ermittlungsmaßnahmen im Vorfeld konkreter Gefahren, die das Bundesverfassungsgericht nicht von vornherein als unzulässig angesehen hat, dadurch aus, dass sie keinerlei tatsachengestützte Verbindung zu einer konkret für die Bedrohungssituation verantwortlichen Person voraussetzt, gegen welche die Ermittlungen gerichtet werden könnten. Die zur "Verdächtigengewinnung" eingesetzte Maßnahme dient weder der weiteren Ermittlung gegen konkrete Beschuldigte (vgl. dazu BVerfGE 107, 299 <314 ff., 326 ff.>) noch der weiteren Verdichtung eines bereits in sonstiger Weise auf bestimmte Personen fokussierten Risikoverdachts (vgl. dazu BVerfGE 100, 313 <395>; 110, 33 <58 ff., 61>; 113, 348 <375 ff., 378 ff., 383>).
Die vom Bundesverfassungsgericht hervorgehobene rechtsstaatliche Maßgabe, nach welcher auch bei fehlendem polizeirechtlichem Störer- oder strafprozessrechtlichem Straftatverdacht eine durch eine hinreichende Tatsachenbasis belegte Nähebeziehung zu künftigen Rechtsgutverletzungen bestehen muss, läuft bei der Rasterfahndung vielmehr ins Leere. Denn eine Tatsachenkette zu einem in irgendeiner Hinsicht konkretisierten personenbezogenen Verdacht besteht bei ihr nicht. Das rechtsstaatliche Defizit, das mit dem für die Rasterfahndung typischen Verzicht auf eine Nähebeziehung zwischen dem gefährdeten Rechtsgut und den von dem Grundrechtseingriff Betroffenen verbunden ist, muss auf andere Weise kompensiert werden, um die Uferlosigkeit der Ermächtigung auszuschließen. Vorliegend hat der Gesetzgeber nicht den Weg gewählt, die zum Rechtsgüterschutz einsetzbare Maßnahme so zu umschreiben, dass die möglichen Eingriffe keine nennenswerte Beeinträchtigung der Betroffenen bewirken. Auch ist die Eingriffsbefugnis nicht eng begrenzt worden. Dies genügt verfassungsrechtlichen Anforderungen nur, wenn die Ermächtigung jedenfalls eine konkrete Gefahr für das Rechtsgut voraussetzt.
(cc) Die für die Rasterfahndung geltende Eingriffsschwelle muss von Verfassungs wegen allerdings nicht notwendig eine gegenwärtige Gefahr im überkommenen Sinn sein, darf aber die einer konkreten Gefahr nicht unterschreiten.
(() § 31 PolG NW 1990 greift auf das traditionelle Tatbestandselement rechtsstaatlicher Begrenzung der Inanspruchnahme von Nichtstörern zurück, die gegenwärtige Gefahr. Gegenwärtig ist eine Gefahr, bei der die Einwirkung des schädigenden Ereignisses entweder bereits begonnen hat oder bei der diese Einwirkung unmittelbar oder in allernächster Zeit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bevorsteht (vgl. beispielsweise § 2 Nr. 1 Buchstabe b des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung <Nds. SOG>). Dies genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Ermächtigung zur Rasterfahndung.
Das Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr in diesem Sinne ist jedoch nicht von Verfassungs wegen geboten. Auch wenn nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass die Rasterfahndung im Einzelfall binnen kurzer Zeit Erfolg haben kann, führt das gesetzliche Erfordernis eines in allernächster Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Schadenseintritts angesichts des mit der Rasterfahndung regelmäßig verbundenen Aufwandes doch dazu, dass diese in den meisten Fällen, in welchen diese Voraussetzung erfüllt ist, zu spät kommen wird, um noch wirksam zu sein. Eine derart weit reichende Beschränkung dieses Fahndungsmittels ist angesichts des hohen Ranges der in § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 genannten Rechtsgüter zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit nicht gefordert.
(() Ausreichend ist es vielmehr, wenn der Gesetzgeber die Zulässigkeit der Rasterfahndung an das Erfordernis einer konkreten Gefahr für die betroffenen Rechtsgüter knüpft. Vorausgesetzt ist danach eine Sachlage, bei der im konkreten Fall die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit ein Schaden für diese Rechtsgüter eintreten wird (vgl. etwa § 2 Nr. 1 Buchstabe a Nds. SOG). Den mit der Anwendung einer solchen Ermächtigung betrauten Instanzen ist es allerdings verfassungsrechtlich verwehrt, den polizeirechtlichen Gefahrenbegriff unter Ablösung von diesen Anforderungen auszulegen und dadurch die Gefahrenschwelle unter das für eine Rasterfahndung verfassungsrechtlich geforderte Maß herabzusenken.
Die für die Feststellung einer konkreten Gefahr erforderliche Wahrscheinlichkeitsprognose muss sich auf Tatsachen beziehen. Vage Anhaltspunkte oder bloße Vermutungen ohne greifbaren, auf den Einzelfall bezogenen Anlass reichen nicht aus (vgl. BVerfGE 44, 353 <381 f.>; 69, 315 <353 f.>).
(() Eine konkrete Gefahr in diesem Sinne kann auch eine Dauergefahr sein. Bei einer solchen besteht die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts über einen längeren Zeitraum hinweg zu jedem Zeitpunkt. Für die Feststellung einer solchen Dauergefahr gelten jedoch ebenfalls die mit dem Erfordernis einer konkreten Gefahr verbundenen Anforderungen an die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sowie an die konkrete Tatsachenbasis der Wahrscheinlichkeitsprognose.
Für die Annahme einer etwa von so genannten terroristischen Schläfern ausgehenden konkreten Dauergefahr sind daher hinreichend fundierte konkrete Tatsachen erforderlich. Außenpolitische Spannungslagen, die von terroristischen Gruppierungen zum Anlass von Anschlägen gewählt werden können, gibt es immer wieder, und sie können lange anhalten. Insofern ist es praktisch nie ausgeschlossen, dass terroristische Aktionen auch Deutschland treffen oder dort vorbereitet werden können. Eine derartige allgemeine Bedrohungslage, wie sie spätestens seit dem 11. September 2001, also seit nunmehr über vier Jahren, praktisch ununterbrochen bestanden hat, oder außenpolitische Spannungslagen reichen für die Anordnung einer Rasterfahndung nicht aus. Der durch die Rasterfahndung bewirkte Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung setzt vielmehr das Vorliegen weiterer Tatsachen voraus, aus denen sich eine konkrete Gefahr ergibt, etwa weil tatsächliche Anhaltspunkte für die Vorbereitung terroristischer Anschläge oder dafür bestehen, dass sich in Deutschland Personen für Terroranschläge bereithalten, die in absehbarer Zeit in Deutschland selbst oder andernorts verübt werden sollen.
(() Die Begrenzung auf eine konkrete Gefahr ist im Übrigen auch als Grundlage zur Bestimmung der Verhältnismäßigkeit der Rasterfahndung im Einzelfall sowie zur näheren Konkretisierung der ergänzenden - hier nicht zu überprüfenden - verfahrensmäßigen und organisatorischen Voraussetzungen der Durchführung der Maßnahme geboten. Ohne diese Begrenzung wäre es nicht möglich, die weiteren Anforderungen so zu konkretisieren, dass rechtsstaatliche Bestimmtheitsgrundsätze gewahrt sind.
c) Die Ermächtigung des § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 genügt dem Gebot der verfassungsrechtlichen Normenbestimmtheit und Normenklarheit, sofern ihr Anwendungsbereich im bezeichneten Sinne verstanden wird.
aa) Ermächtigungen zu Grundrechtseingriffen bedürfen einer gesetzlichen Grundlage, die dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit entspricht (vgl. BVerfGE 110, 33 <53>). Bei Eingriffen in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung - wie auch in die Spezialgrundrechte der Art. 10 und 13 GG - hat der Gesetzgeber insbesondere den Verwendungszweck der Daten bereichsspezifisch und präzise zu bestimmen (vgl. BVerfGE 65, 1 <46>; 110, 33 <70>; 113, 29 <51>). Gemäß § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 dient die Datenübermittlung dem Zweck des automatisierten Abgleichs mit anderen Datenbeständen, soweit dies zur Abwehr bestimmter Gefahren, nämlich für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person, erforderlich ist. Als Verwendungszweck ist damit der automatisierte Abgleich der übermittelten Daten mit anderen Datenbeständen zur Abwehr der in § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 benannten Gefahren festgelegt. Das ist hinreichend.
Auch dem für Übermittlungsregelungen geltenden Gebot einer hinreichend sicher erschließbaren Kennzeichnung der Empfangsbehörden, einhergehend mit Regeln, welche die Übermittlung auf deren jeweiligen spezifischen Aufgabenbereich konzentrieren (vgl. hierzu BVerfGE 110, 33 <70>), ist nur genügt, wenn der Gefahrenbegriff zur Einschränkung der Ermächtigung verfügbar ist. Als Empfangsbehörde für die übermittelten Daten ist die Polizei benannt. Der Verwendungszweck ist auf den Zweck der Abwehr von Gefahren für im Einzelnen benannte, hochwertige Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit begrenzt, also auf einen Zweck, dessen Verfolgung zum spezifischen Aufgabenbereich der Polizeibehörden zählt (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 PolG NW 1990).
§ 31 PolG NW 1990 ist unter den genannten Bedingungen auch insoweit hinreichend bestimmt, als nicht nur die ausdrücklich aufgezählten Typen von Daten, sondern nach Absatz 2 auch "andere für den Einzelfall benötigte Daten" verlangt und verarbeitet werden dürfen. Die Bestimmtheitsanforderungen sind insoweit gewahrt, weil der Begriff der "anderen für den Einzelfall benötigten Daten" unter Berücksichtigung des Normzwecks der Gefahrenabwehr und damit auch hinsichtlich der Feststellung, wozu die Daten "benötigt" werden, so konkretisiert werden kann, dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt bleibt.
bb) Ohne die Begrenzung auf das Vorliegen einer konkreten Gefahr gäbe es demgegenüber keine hinreichenden Anhaltspunkte zur teleologischen Bestimmung der erfassbaren Daten, insbesondere soweit es sich um "andere für den Einzelfall benötigte Daten" handelt. Fehlt es an einer konkreten Gefahr, ist nicht mit verfassungsrechtlich hinreichender Bestimmtheit ermittelbar, unter welchen Bedingungen Daten "für den Einzelfall" benötigt werden. Wäre Bezugspunkt der Rasterfahndung etwa eine allgemeine Terrorismusgefahr und würde diese somit zum Bezugspunkt der Konkretisierung der Art der Daten, die von der Polizei benötigt werden, wäre eine nahezu grenzenlose Ermächtigung geschaffen. Es fehlten jegliche Anhaltspunkte für die Prüfung, ob die zu erhebenden Daten "für den Einzelfall benötigt" werden. Dies würde verfassungsrechtliche Bestimmtheitsanforderungen verletzen.
II.
Die angegriffenen Entscheidungen genügen den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht. Sie beruhen auf einer diesen Grundsätzen widersprechenden ausweitenden Auslegung des Begriffs der gegenwärtigen Gefahr in § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 und damit im Ergebnis auf einer Umformung der Ermächtigung zu einer Vorfeldbefugnis. Dadurch erhält diese Vorschrift einen Inhalt, den auch der Gesetzgeber nicht ohne Verstoß gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG hätte bestimmen können.
1. Die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den konkreten Fall sind zwar Sache der dafür zuständigen Fachgerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich entzogen (stRspr; vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>). Diese haben jedoch die Tragweite der von ihren Entscheidungen berührten Grundrechte interpretationsleitend zu berücksichtigen, damit deren wertsetzende Bedeutung auch auf der Rechtsanwendungsebene gewahrt bleibt (stRspr; vgl. BVerfGE 7, 198 <205 ff.>; 101, 361 <388>). Bedeutung und Tragweite der Grundrechte sind unter anderem dann verkannt, wenn ein Fachgericht einer Norm durch ausweitende Auslegung ihres Anwendungsbereichs einen Inhalt gibt, den auch der Gesetzgeber nicht ohne Grundrechtsverstoß hätte bestimmen dürfen, und die Anwendung der Vorschrift im konkreten Fall auf einer solchen Auslegung beruht (vgl. BVerfGE 81, 29 <31 f.>; 82, 6 <15 f.>).
2. So liegt es hier. Die angegriffenen Entscheidungen geben dem Begriff der gegenwärtigen Gefahr in § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 einen Inhalt, mit welchem er den grundrechtlichen Anforderungen an eine Ermächtigung zur Rasterfahndung, zu denen das Vorliegen jedenfalls einer konkreten Gefahr gehört, nicht genügt.
a) Die bundesweit koordinierte Rasterfahndung nach dem 11. September 2001 hat den Gerichten Entscheidungen in einer neuartigen Gefährdungssituation abverlangt. Dies bewirkte Unsicherheit im Umgang mit den Ermächtigungsgrundlagen. Einzelne Fachgerichte hielten bei der Beurteilung der Rasterfahndungen an dem überkommenen Verständnis des Begriffs der gegenwärtigen Gefahr fest und verneinten deren Vorliegen (vgl. OLG Frankfurt, NVwZ 2002, S. 626 <626 f.>; LG Wiesbaden, DuD 2002, S. 240 <241>; LG Berlin, DuD 2002, S. 175 <176 f.>). Hingegen senkten andere Gerichte die Anforderungen an die Schadenswahrscheinlichkeit unter Berufung auf die Größe des drohenden Schadens herab und bejahten davon ausgehend eine gegenwärtige Gefahr (vgl. OLG Düsseldorf, DuD 2002, S. 241 ff.; DuD 2002, S. 244 f.; KG Berlin, MMR 2002, S. 616 <617>; OVG Koblenz, NVwZ 2002, S. 1528; VG Mainz, DuD 2002, S. 303 <305>; AG Wiesbaden, DuD 2001, S. 752 <753>; AG Tiergarten, DuD 2001, S. 691 <692>). So gingen auch die Gerichte in den angegriffenen Entscheidungen vor. Die ihnen zugrunde liegende Auslegung des § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 entspricht den verfassungsrechtlichen Maßstäben nicht.
b) Die angegriffenen Entscheidungen lassen außer Acht, dass die Verfassungsmäßigkeit der Anordnung an das Vorliegen zumindest einer konkreten Gefahr gebunden ist und der dafür geforderte Grad der Wahrscheinlichkeit einer Rechtsgutverletzung nicht nur mit Rücksicht auf die Größe eines möglichen Schadens, sondern auch im Hinblick auf die Schwere und Erfolgsaussichten des Eingriffs zu bestimmen ist, der zur Gefahrenabwehr eingesetzt wird. Aus den dargestellten verfassungsrechtlichen Gründen darf der mit der Rasterfahndung verbundene Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung einer völlig verdachtslosen Person nur erfolgen, wenn jedenfalls eine in konkreten Tatsachen begründete Gefahr gegeben ist, die Anlass für die Annahme schafft, dass auf der Grundlage der Ermittlung von Daten eines bestimmten Personenkreises Maßnahmen ergriffen werden können, die zur Abwehr dieser Gefahr beitragen.
Demgegenüber hat etwa das Landgericht es schon für hinreichend erachtet, dass "die Möglichkeit eines besonders gravierenden Schadenseintritts nicht ausgeschlossen" ist, und das Oberlandesgericht will eine nur "entfernte Möglichkeit eines Schadenseintritts" ausreichen lassen. Sind - wie das Oberlandesgericht für die damalige Situation ausführt - "konkrete Anzeichen für Terroranschläge in Deutschland nicht bekannt", sondern besteht lediglich eine auf Vermutungen beruhende "Möglichkeit solcher Anschläge", dann handelt es sich bei der dennoch durchgeführten Rasterfahndung um eine Maßnahme im Vorfeld der Gefahrenabwehr, nicht aber um die Abwehr einer konkreten Gefahr. Dementsprechend hat das Oberlandesgericht im Rahmen seiner weiteren Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit die auf Nichtstörer ausgerichtete Rasterfahndung ausdrücklich den Vorfeldbefugnissen der Polizei zugeordnet, die nicht mehr an die Abwehr konkreter Gefahren und das Störerprinzip anknüpften.
Die zur Begründung der derart herabgesenkten Wahrscheinlichkeitsanforderungen herangezogene Tatsachenbasis war vorliegend zu diffus, um eine konkrete Gefahr bejahen zu können. So wurden außen- und sicherheitspolitische Ausgangstatsachen angeführt, die zwar - wie der Militärschlag der Vereinigten Staaten von Amerika in Afghanistan und die Drohung des Botschafters dieses Landes mit Vergeltungsschlägen - Ausweitungen der militärischen Auseinandersetzung, gegebenenfalls auch terroristische Anschläge hätten verursachen können. Es gab jedoch keine über diese allgemeine Lage hinausgehenden Erkenntnisse über konkrete Gefährdungen oder speziell über Anschläge oder Anschlagsvorbereitungen gerade in Deutschland. Ebenso vermögen sowohl der nicht näher konkretisierte Hinweis auf 42 in Nordrhein-Westfalen befindliche, der Polizei bekannte Personen, die als Unterstützer oder Kontaktpersonen im Netzwerk Usama Bin Ladens "gälten", als auch die Benennung möglicher Anschlagsziele in Nordrhein-Westfalen lediglich die allgemein gegebene Möglichkeit eines terroristischen Anschlages zu unterstreichen. Darin liegen keine hinreichend konkreten Tatsachen, aus welchen die in irgendeiner Weise verdichtete Wahrscheinlichkeit einer Vorbereitung terroristischer Anschläge durch Personen hätte gefolgert werden können, die als terroristische "Schläfer" einzustufen gewesen wären und dementsprechend durch die Rasterfahndung aufgefunden hätten werden können.
Mit der Absenkung der Wahrscheinlichkeitsschwelle auf eine bloße Möglichkeit terroristischer Anschläge nehmen die Gerichte einen von Verfassungs wegen unzulässigen Verzicht auf das Vorliegen einer konkreten, also im einzelnen Fall gegebenen und durch hinreichende Tatsachen zu belegenden Gefahrenlage vor. Dies wird dadurch bewirkt, dass die Gerichte die Bedrohungslage gleichwohl dem Begriff der Gefahr zuordnen, wodurch sie diesem einen Gehalt geben, der aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht für eine Befugnis zur Rasterfahndung ausreicht.
3. Die angegriffenen Entscheidungen beruhen auf diesen verfassungsrechtlichen Mängeln. Denn es liegt nahe, dass die Gerichte bei Beachtung der verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Auslegung des Begriffs der gegenwärtigen Gefahr in § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 zu einem anderen Ergebnis gelangt wären.
III.
Ob die angegriffenen Beschlüsse darüber hinaus gegen die Rechte des Beschwerdeführers aus Art. 3 Abs. 1, Art. 3 Abs. 3, Art. 4 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen, bedarf keiner Entscheidung, da die Verfassungsbeschwerde bereits wegen der Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung Erfolg hat.
IV.
Die Entscheidungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts sind wegen des Verstoßes gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben. Die Sache wird an das Landgericht Düsseldorf zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Erstattung der Auslagen beruht auf § 34 a Abs. 2 BVerfGG.
Die Entscheidung ist zu B II mit 6 : 2 Stimmen, im Übrigen einstimmig ergangen.
Abweichende Meinung der Richterin Haas zum Beschluss des Ersten Senats vom 4. April 2006
- 1 BvR 518/02 -
Der Entscheidung der Senatsmehrheit stimme ich insoweit nicht zu, als diese den Beschluss des Oberlandesgerichts als verfassungswidrig aufhebt. Die Auslegung und Anwendung des § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 durch das Oberlandesgericht ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Da das Oberlandesgericht die Sach- und Rechtslage umfassend geprüft hat, bedarf es keiner Erörterung der vorausgegangenen Entscheidungen des Amts- und Landgerichts. Mit der Senatsmehrheit halte ich § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 für verfassungsgemäß, wenn auch aus anderen Gründen.
1. Mit der Senatsmehrheit und der angegriffenen Entscheidung des Oberlandesgerichts ist davon auszugehen, dass § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 in den Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG eingreift. Das gilt allerdings nur für solche auf der Grundlage des § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 durchgeführten Datenerfassungen, die nicht sogleich wieder im automatisierten Verfahren vernichtet werden (vgl. BVerfGE 100, 313 <366>; 107, 299 <328>). Das bedeutet, dass die weitaus meisten von den Maßnahmen der Rasterfahndung erfassten Personen nicht in ihrem Grundrecht betroffen sind.
Aber auch für die übrigen von der Datenerfassung und dem Datenabgleich betroffenen Personen ist - wie der vorliegende Fall zeigt - der Eingriff von minderer Intensität (so schon Berl. VerfGH, Beschluss vom 28. Mai 2004 - VerfGH 81/02 -). Wenn die Senatsmehrheit raumgreifend eine Vielzahl einzelner Umstände der Datenverwertung meint anführen zu müssen, um die besondere Intensität des Eingriffs zu begründen, so dürfte dies wohl den Schluss erlauben, dass auch die Senatsmehrheit der Überzeugungskraft der einzelnen Argumente nicht ganz vertraut. Denn wäre der Eingriff wirklich von so hoher Intensität wie die Senatsmehrheit meint, so läge dies offen zutage und wäre mit wenigen Sätzen begründet. Den Rahmen dieses Sondervotums würde es sprengen, wollte ich mich mit den einzelnen Argumenten insoweit auseinander setzen. Unübersehbar ist indessen, dass sich die Erwägungen teilweise widersprechen. Einerseits wird die besondere Intensität des Eingriffs mit einem Einschüchterungseffekt solcher Fahndungsmaßnahmen begründet; andererseits wird als belastend gewürdigt, dass der Betroffene nichts von der Fahndung weiß. Nichtwissen soll also ebenso wie Wissen die Eingriffsintensität steigern. Dass es ein tertium gibt, auf das der Staat zur Schonung des Betroffenen zurückgreifen könnte, zeigt die Senatsmehrheit nicht auf. Im Übrigen entspricht es der Praxis, den Betroffenen über ergebnislos verlaufene Fahndungsmaßnahmen - und um solche handelt es sich vorliegend - nicht zu informieren. Schonender als zunächst ohne Wissen des Betroffenen in Dateien befindliche vom Betroffenen selbst bekannt gegebene Daten abzugleichen, könnte auch kaum verfahren werden.
Entscheidend für die Beurteilung der Eingriffsintensität ist meines Erachtens, dass auf der Grundlage des § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 nur bereits vom Betroffenen offenbarte und in Dateien gespeicherte Daten erfasst und abgeglichen werden dürfen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich das Gewicht des Eingriffs wegen der Verschiedenheit der Bedrohungslagen nur unter Berücksichtigung der dem konkreten Fahndungsraster zugrunde gelegten Kriterien beurteilen lässt. Hinzu kommt, dass Merkmale wie Geschlecht, Wohnsitz, Elternschaft, Studienrichtung ohnehin für jedermann offen zutage liegen. Jedermann kann sich durch Beobachtung oder Befragung des Umfeldes Kenntnis von diesen Merkmalen und Lebensumständen verschaffen. Ebenso kann auch der Staat diese zur Kenntnis nehmen und verwenden, ohne dass darin immer schon ein besonders schwerer Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Einzelnen zu sehen wäre, zumal wenn es sich wie hier um Daten handelt, die von den Betroffenen selbst gerade auch staatlichen Stellen bereits offenbart oder von diesen sonst - für den Betroffenen - festgehalten worden sind.
Das gilt auch für das Merkmal der Religionszugehörigkeit einer Person, gerade auch bei Moslems, die ihre Religion in der Regel offen leben und dies in unserem freiheitlichen Staat auch ohne Nachteile tun können. Dass nach Art. 3 Abs. 3 GG niemand wegen seiner Religionszugehörigkeit diskriminiert werden darf, verleiht der Religionszugehörigkeit in diesem Zusammenhang kein größeres Gewicht oder keine höhere Sensibilität als dem - ebenfalls offen zutage liegenden - Gebrauch der Sprache oder des Geschlechts, Merkmalen also, an die ebenfalls keine nachteiligen Folgen geknüpft werden dürfen. Um Diskriminierung geht es hier ohnehin nicht. Ebenso wenig rechtfertigt es der Schutz der Wohnung in Art. 13 Abs. 1 GG im vorliegenden Zusammenhang, das Merkmal Wohnsitz oder Ort des Wohnsitzes als besonders sensibel zu beurteilen. Dies schon deshalb nicht, weil nicht die Adresse, also die Kenntnis vom Wohnsitz, sondern die Unverletzlichkeit der Wohnung grundrechtlich geschützt ist. Um diese Unverletzlichkeit geht es hier ersichtlich nicht. Da sowohl Wohnsitz als auch gelebte Glaubensüberzeugung vom Betroffenen selbst regelmäßig öffentlich gemacht werden, kann entgegen der Senatsmehrheit keine Rede davon sein, dass der Betroffene hier besonders auf Privatheit und Vertrautheit baut. Die von der Senatsmehrheit beschworene stigmatisierende Wirkung des Datenabgleichs nach der Religionszugehörigkeit besteht schon deshalb nicht, weil die Rasterfahndung nicht öffentlich durchgeführt wird, also grundsätzlich auch nicht zur Kenntnis der Öffentlichkeit gelangen kann. Im Übrigen hieße es den Bürger zu unterschätzen, wenn man ihm ein solches Verständnis von der polizeilichen Maßnahme unterstellt. Der Bürger wird verstehen, dass etwa bei der Ermittlung extremistischer religiöser Fundamentalisten die Religionszugehörigkeit ebenso Zielvorgabe sein muss wie das Geschlecht es bei der Suche nach einem weiblichen Täter ist. Niemand käme ernsthaft auf den Gedanken, damit würden Frauen stigmatisiert.
Der Eingriff ist auch nicht deshalb besonders intensiv, weil die Daten einer Vielzahl von Personen erfasst und abgeglichen werden. Der Eingriff betrifft stets nur den Einzelnen. Entscheidend ist deshalb, wie einschneidend die Maßnahme für diesen ist. Ob von der Maßnahme noch weitere Personen betroffen sind, vermindert oder erhöht die Belastungsschwelle für den einzelnen Betroffenen nicht. Eine große Menge abzugleichender Daten wirkt sich überdies entgegen der Senatsmehrheit eher vorteilhaft für die in ihrem Grundrecht Betroffenen aus, verbleiben sie doch trotz namentlicher Erfassung in ihrer Individualität faktisch anonym. Denn gerade wegen ihres Umfangs ist die Gesamtdatenmenge zunächst unüberschaubar, was dazu führt, dass jede einzelne von der Rasterfahndung erfasste Person nicht in ihrer Individualität hervortritt, de facto Anonymität also gewährleistet ist. Erst bei einer geringen Zahl Betroffener (vorliegend im zweistelligen Bereich) wird der Einzelne bei der konkreten Überprüfung in seiner Individualität wahrgenommen. Darauf kommt es aber für die Frage der Intensität des Eingriffs entscheidend an. Solange also die Streubreite der Rasterfahndung besonders groß ist, kann von vornherein nicht von einem besonders belastenden Eingriff gesprochen werden.
2. Ungeachtet dessen, dass weder die einzelnen von der Senatsmehrheit herangezogenen Umstände des Eingriffs noch die Gesamtheit aller dieser einen Eingriff von hoher Intensität überzeugend zu begründen vermögen, gerät der Mehrheitsmeinung ein meines Erachtens ganz entscheidender Aspekt der auf der Grundlage des § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 zulässigen Rasterfahndung aus dem Blick. Indem nämlich der Staat einzelne bereits erhobene und damit ihm ohne weiteres zugängliche Daten lediglich nochmals erfasst und in der dargestellten Weise auswertet, sichert und fördert er die Freiheit gerade auch der von diesem Datenabgleich Betroffenen. Es geht damit primär um Freiheitserhalt oder -förderung.
Das Grundrecht auf Freiheit fordert die Gewährleistung der Sicherheit durch den Staat. Ohne Sicherheit kann die Freiheitsgewährleistung des Grundgesetzes nicht mit Leben erfüllt werden. Sicherheit ist die Grundlage, auf der Freiheit sich erst vollends entfalten kann. Zwischen Freiheit und Sicherheit besteht damit ein untrennbarer Sach- und Sinnzusammenhang. Deshalb sind alle die Sicherheit gewährleistenden Maßnahmen gleichzeitig auch als Maßnahmen zu begreifen, die Freiheitsentfaltung gewährleisten und fördern. Ein Gewinn an Sicherheit stärkt im demokratischen Rechtsstaat die Freiheit, ist demgemäß ein Freiheitszugewinn. Und zwar auch desjenigen Bürgers, der durch staatliche präventive Schutzmaßnahmen in seiner Freiheit, seinem Recht, über die Nutzung und die Verwendung der ihn betreffenden Daten entscheiden zu dürfen, tangiert wird, ohne selbst Veranlassung zu der Annahme gegeben zu haben, die Lebensgrundlagen seiner Mitbürger beeinträchtigen oder vernichten zu wollen. Auch er hat teil am Freiheitszugewinn wie alle anderen nicht von den Maßnahmen der Rasterfahndung betroffenen Mitbürger auch. Für die Stärkung seines Freiheitsrechts, seines Rechts sich ungehindert bewegen zu können, ohne zugleich Angst vor Angriffen anderer Personen auf sein Leben oder auf seine Gesundheit haben zu müssen, muss der Einzelne im Vergleich dazu geringfügige Beeinträchtigungen hinnehmen.
Der Staat ist gefordert, diese Furcht der Menschen um ihr Leben und um ihre Gesundheit ernst zu nehmen. Werden diese elementaren Rechtsgüter der Menschen bedroht, beeinträchtigt oder gar vernichtet, so ist es auch mit der verfassungsrechtlich gewährleisteten Freiheit des Einzelnen, sich nach eigenem Wunsch verhalten zu können, nicht mehr weit her; hier kommt es in der Tat zu dem von der Senatsmehrheit bei der Erörterung der Intensität des staatlichen Eingriffs bemühten Einschüchterungseffekt. Um des staatlichen Schutzes willen, um der Gewährleistung der Unversehrtheit ihrer elementarsten Lebensgrundlagen willen haben sich die Menschen ursprünglich zum Staatsverband zusammengeschlossen und damit auf die aus der Freiheit fließende Möglichkeit der Selbsthilfe verzichtet. Indem der Staat den ihm erteilten Schutzauftrag erfüllt, schränkt er die Freiheit seiner Bürger nicht ein, sondern stärkt und gewährleistet ihnen das Recht auf Freiheit.
Aus der Freiheit von Furcht erwächst dem Einzelnen die Freiheit zu selbstbestimmtem Tun, zur Entfaltung seiner Persönlichkeit und damit seiner Fähigkeiten. Verhaltenssteuernde oder -hemmende Bedeutung kommt entgegen der Meinung der Senatsmehrheit dem sekundenschnellen Datenabgleich nicht zu. Die Betroffenen werden ihr Verhalten deswegen nicht ändern. Zum einen wird dem Einzelnen der Datenabgleich in aller Regel zum Zeitpunkt des Geschehens nicht bekannt sein und zum anderen ist nicht erkennbar - auch die Senatsmehrheit führt dazu nichts aus -, inwiefern die Erfassung von Merkmalen, die - wie der vorliegende Fall zeigt - an Eigenschaften (Geschlecht) oder längst getroffenen Entscheidungen (Studiengang, Wohnsitz) anknüpfen, das Verhalten sollte beeinflussen können. Die für die Telekommunikationsüberwachung entwickelte Argumentation kann nicht auf die Rasterfahndung übertragen werden. Dies umso weniger als der im Rahmen der Rasterfahndung erfolgende Datenabgleich wegen der Typik der Daten nicht täglich oder wöchentlich wiederholt wird; anders als bei der Telekommunikationsüberwachung handelt es sich nicht um eine über einen gewissen Zeitraum andauernde Maßnahme, die den Inhalt zwischenmenschlicher Kommunikation und damit einer Sphäre der Vertrautheit gilt, aus der neue, bisher nicht bekannte Erkenntnisse gewonnen werden.
Eingeschüchtert hingegen und in seinem Verhalten beeinflusst wird der Einzelne durch die Furcht, die durch die Bedrohung von weltweit agierenden Terroristen verursacht wird und die auch ernst zu nehmen ist. Drohungen, denen auch Taten mit Folgen von nie zuvor erlebtem Ausmaß (New York, London, Madrid) gefolgt sind und weiter folgen können. Die Furcht vor derartigem Terror, derartigen Grausamkeiten wird den Einzelnen veranlassen, künftig Menschenansammlungen, Lokale, öffentliche Verkehrsmittel zu meiden. Diese Bedrohungslage wird es sein, die zur Verhaltensänderung führt. Zustimmen wiederum kann ich der Senatsmehrheit, wenn sie darauf abhebt, dass durch Verhaltensbeeinflussungen wie diese auch das "Gemeinwohl beeinträchtigt" wird, "weil Selbstbestimmung eine elementare Funktionsbedingung eines auf Handlungs- und Mitwirkungsfähigkeiten seiner Bürger gegründeten freiheitlichen demokratischen Gemeinwesens ist (vgl. BVerfG, NJW 2005, S. 1917)". Dem gilt es zu steuern, indem möglichen Eingriffen beziehungsweise Angriffen unvergleichbar höheren Gewichts als denen des Datenabgleichs vorgebeugt wird. Damit muss die Entscheidung auch dem Maßstab gerecht werden, dass das Grundgesetz nicht nur der Aufklärung von Straftaten, sondern gerade auch deren Verhinderung eine hohe Bedeutung zumisst (vgl. BVerfGE 100, 313 <388>; zuletzt BVerfG, NJW 2006, S. 976 <980>).
3. Verfassungsrechtliche Bedenken sind insoweit nicht zu erheben, als § 31 Abs. 1 PolG NW 1990, der in Verbindung mit der Proportionalitätsformel als Rechtsgrundlage für die Rasterfahndung zur Anwendung kommt, das Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr voraussetzt. Allerdings wäre das Merkmal der gegenwärtigen Gefahr allein kein geeignetes Anknüpfungskriterium zur Einleitung der Rasterfahndung. Könnte eine Rasterfahndung erst eingeleitet werden, wenn die Gefahr schon gegenwärtig ist, so wäre die Rasterfahndung als Ermittlungsmethode schlechthin ungeeignet. Denn bei realitätsbezogener Betrachtungsweise erscheint diese Ermittlungsmethode dann nicht mehr erfolgversprechend. Eine gegenwärtige Gefahr im deutschen Polizeirecht liegt vor, wenn der Eintritt des Schadens unmittelbar bevorsteht, also sofort und nahezu mit Gewissheit zu erwarten ist (vgl. BVerwGE 121, 297) oder das Schadensereignis bereits sich zu verwirklichen beginnt. Insoweit unterscheidet sich die gegenwärtige Gefahr im Zeitfaktor von der so genannten "konkreten" Gefahr, wonach der Schaden in absehbarer Zeit eintreten wird. Wie im Beschluss dargestellt, ist die Rasterfahndung angesichts der Methodik, der Fülle der zu verarbeitenden Daten ein umständliches Verfahren, das bis zu seinem Abschluss erhebliche Zeit benötigt; im vorliegenden Fall 20 Monate. Im Zeitrahmen der "gegenwärtigen" Gefahr ist diese zeitaufwändige Art der Rasterfahndung mit Sicherheit nicht, in dem der "konkreten" Gefahr mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht zum Abschluss zu bringen. Dafür, dass derartige Rasterfahndungen in deutlich kürzerer Zeit zum Abschluss gebracht werden könnten - wie die Senatsmehrheit meint -, ist im Verfahren nichts hervorgetreten.
Art. 31 Abs. 1 PolG NW 1990, der eine gegenwärtige Gefahr voraussetzt, ist allerdings dann verfassungsgemäß, wenn man in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung und Literatur gleichzeitig die Formel der umgekehrten Proportionalität bei der Auslegung der Norm mit berücksichtigt. Danach ist die bei der Beurteilung des Schadenseintritts erforderliche Prognose unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erstellen, und es ist deswegen nach dem Ausmaß des möglichen Schadens zu differenzieren (BVerwGE 45, 51 <61>; 47, 31 <40>; 57, 61; 62, 36; 88, 348 <351>; 96, 200; 116, 347 <356>; 121, 297; OVG Bremen, Urteil vom 27. März 1990 - 1 BA 18/89 -, Juris; Schenke, POR, 4. Aufl., Rz. 77; Wolffgang/Hendricks/Merz, POR NRW, 2. Aufl. 2004, Rz. 270; Haurand, Allgemeines POR in NRW, 4. Aufl., S. 52; Gusy, Polizeirecht, 5. Aufl. 2003, § 3 Rz. 115; Schoch in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, 13. Aufl. 2005, 2. Kap. Rz. 89; Pieroth/Schlink/Kniesel, POR, 3. Aufl. 2005, 2. Teil § 4 Rz. 7). Je größer also der befürchtete Schaden, desto geringere Anforderungen dürfen an die Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Schadens gestellt werden, damit die Polizei tätig werden darf. Der Relativierung der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts dürfte somit auch eine zeitliche Dimension zu Eigen sein. Je geringer danach die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist, desto ungewisser ist auch der Zeitpunkt des Eintretens des Schadens. Es entsteht ein Zeitkorridor, der es auch im Falle der Voraussetzung des Vorliegens einer gegenwärtigen Gefahr ermöglicht, Fahndungsaktivitäten zu entfalten, ohne dass die Gefahr sich bereits verwirklicht hätte oder konkret unmittelbar bevorsteht. Damit wird ermöglicht, dass die Polizei bereits im Vorfeld von Straftaten zu deren Verhinderung und damit zur Risikovorsorge tätig werden kann, der gerade auch vom Grundgesetz hohe Bedeutung zugemessen wird (vgl. BVerfGE 100, 313 <388>; zuletzt BVerfG, NJW 2006, S. 976 <980>).
Hingegen dürfte die von der Senatsmehrheit nunmehr vorgenommene Anreicherung dieser Jahrzehnte alten, von der Rechtsprechung, auch der des Bundesverfassungsgerichts verwendeten Formel um einen Nähebezug der Betroffenen zur Bedrohung weder von Verfassungs wegen veranlasst noch systemgerecht sein. Für die Frage der höheren oder geringeren Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Schadens abhängig von der Größe des Schadens vermag das Kriterium des Nähebezugs des von der Fahndungsmaßnahme Betroffenen zur drohenden Gefahr nichts beizutragen. Die Anwendung einer solchen Formel in Zusammenwirken mit der für die Rasterfahndung vorausgesetzten Gefahr (§ 31 Abs. 1 PolG NW 1990) erscheint auch im Ansatz verfehlt. Wird doch typischerweise die Rasterfahndung gerade dann eingesetzt, wenn die möglichen Täter noch unbekannt sind. Mit Hilfe der Rasterfahndung soll erst abgeklärt werden, ob der Betroffene einen Nähebezug zur Bedrohung oder zu potentiellen Tätern hat.
4. Zutreffend hat das Oberlandesgericht in der angegriffenen Entscheidung aufgrund der gegebenen tatsächlichen Anhaltspunkte eine terroristische Bedrohung bejaht, die es rechtfertigte, die Rasterfahndung durchzuführen. Die Senatsmehrheit hat diesen Umständen nicht die ihnen zukommende Bedeutung beigemessen. Mit Recht hebt das Oberlandesgericht darauf ab, dass bei den Attentaten vom 11. September 2001 zwei Attentäter beteiligt waren, die ihren Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen hatten, was im Sachbericht der Entscheidung des Senats nicht erwähnt wird. Der Polizei waren darüber hinaus 42 weitere Personen des internationalen Netzwerkes unter Usama Bin Laden als Kontaktpersonen oder Unterstützer bekannt, die in Nordrhein-Westfalen präsent waren. Während des Ausgangsverfahrens hatten die USA mit den von ihnen angekündigten militärischen Gegenschlägen begonnen. Die Unterstützung durch die NATO-Mitgliedstaaten, zu denen auch die Bundesrepublik Deutschland gehört, war angefordert und von Seiten der Bundesregierung auch zugesagt worden. Der NATO-Rat stellte daraufhin den Bündnisfall fest (BTDrucks 14/7296). Damit war auch die Bundesrepublik Deutschland aufgefordert, im Rahmen der kollektiven Selbstverteidigung zu Maßnahmen gegen den Terrorismus beizutragen. Der Botschafter Afghanistans hatte umgehend Vergeltungsschläge gegenüber den an den amerikanischen Aktionen beteiligten Ländern angedroht. Im weiteren Verlauf gab es Sprengstoffanschläge auf U-Bahnen und Personenzüge in Madrid und London, die bestätigten, dass auch in Europa terroristische Anschläge zu befürchten waren. Aufgrund dieser Umstände durfte das Oberlandesgericht von einer hinreichenden Tatsachengrundlage für eine Gefahrenlage ausgehen. Angesichts der Bedrohungslage für eine Vielzahl unschuldiger Menschen durfte es die Interessen des Beschwerdeführers und den als nicht schwer zu wertenden Eingriff in sein informationelles Selbstbestimmungsrecht hinter dem Sicherheitsinteresse aller Bürger und dem Schutzauftrag des Staates zurücktreten lassen. Als gemeinschaftsbezogener und -gebundener Bürger hat der von der Rasterfahndung Betroffene den konkreten in Rede stehenden Eingriff von geringem Gewicht im Interesse der Allgemeinheit hier hinzunehmen.
5. Gegenstand des Verfassungsbeschwerdeverfahrens war es über die Verfassungsmäßigkeit des § 31 Abs. 1 PolG NW 1990 in seiner Auslegung und Anwendung durch das Oberlandesgericht zu entscheiden. Insoweit bedurfte es keiner Erwägungen, ob das Vorliegen einer konkreten Gefahr als Voraussetzung für die Anordnung einer Rasterfahndung von Verfassungs wegen gefordert ist. Die Senatsmehrheit geht deshalb mit ihrer Festlegung auf die konkrete Gefahr als der von Verfassungs wegen geforderten Einschreitschwelle über den vom Fall her gebotenen Prüfungsumfang hinaus.
a) Dem einfachen Gesetzgeber ist es nicht verwehrt, angesichts einer veränderten Bedrohungslage und Bedrohungsqualität im Rahmen seiner Pflicht zur Risikovorsorge die Einschreitschwelle und die Voraussetzungen für gering invasive so genannte Gefahrerforschungseingriffe zum Zwecke der Risikosteuerung neu zu bestimmen und zu definieren. Verbrechensvorbeugung bedarf heutzutage in manchen Bereichen, soll sie zum Schutz der Grundrechte des Bürgers effektiv sein, eines mehrstufigen Vorgehens. Dazu zählt die Gefahrenvorsorge, die sich im Vorfeld zukünftiger konkreter Gefahren bewegt und den Eintritt einer konkreten Gefahr verhindern oder bei deren späterem Eintritt ihrer Bekämpfung dienen soll. Diese so genannte Vorfeldaufklärung bedarf allerdings eines begründeten Anlasses. Unter Beachtung des Übermaßverbots gilt es, die Beurteilungsgrundlage zu erheben, ob - personenbezogen - eine konkrete Gefahr vorliegt (vgl. Brugger, FS Jayme, 2004, Band 2, S. 1037 <1048>; Schenk, Polizei- und Ordnungsrecht, 2. Aufl. 2003, Rz. 86). Das ist auch auf anderen Rechtsgebieten anerkannt (vgl. zur Erforschung von Gefahren für die Umwelt im Bodenschutzrecht § 9 Abs. 2 Satz 2 BBodSchG); "verdachtslose" Fluggastkontrollen nach § 29 c LuftVG, die gemeinhin als weitaus lästiger empfunden werden als ein Abgleich bereits anderweit gespeicherter "weicher" Daten oder aber auch "verdachtslose" Personenkontrollen vor Großveranstaltungen.
b) Die Verfassung lässt nach meinem Verständnis dem Gesetzgeber zu solcher Risikovorsorge Raum, um in unmittelbarer demokratischer Legitimation auf neue Situationen zu reagieren, dies je nach der Entwicklung aber auch mit einfacher gesetzgeberischer Mehrheit wieder zu korrigieren. Den traditionellen polizeirechtlichen Begriff der konkreten Gefahr von Verfassungs wegen als Einschreitschwelle auch für die Gefahrenerforschung und die Risikovorsorge, hier insbesondere für die präventive Rasterfahndung vorzugeben, wie dies die Senatsmehrheit will, macht den Staat und die Gemeinschaft hingegen auf einem wichtigen Feld des Grundrechtsschutzes weitgehend wehrlos, weil nicht einmal der (einfache) Gesetzgeber mehr Vorfeldaufklärungsmaßnahmen zum Schutz existentieller Grundrechte unterhalb der Schwelle einer konkreten Gefahr vorsehen kann. Nach meiner Auffassung muss das Bundesverfassungsgericht indes gegenüber der gesetzgebenden Gewalt richterliche Zurückhaltung üben ("judicial self-restraint"). Im gewaltengeteilten Staat des Grundgesetzes und im Blick auf die Ausbalancierung des Gewichts der Gewalten ist es für die Verfassungsrechtsprechung geboten, auf die flexibleren Gestaltungsmöglichkeiten des einfachen, unmittelbar demokratisch legitimierten Gesetzgebers Rücksicht zu nehmen. Das vernachlässigt die Senatsmehrheit.
Ende der Entscheidung
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