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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Urteil verkündet am 11.10.2007
Aktenzeichen: 1 BvR 625/05
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 20 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES

- 1 BvR 625/05 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen

a) den Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 10. Februar 2005 - 6 W 798/04 -,

b) den Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 11. Oktober 2004 - 6 W 798/04 -,

c) den Beschluss des Landgerichts Dresden vom 7. Mai 2004 - 9 0 2626/03 -

hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richter Bryde, Eichberger, Schluckebier am 11. Oktober 2007 einstimmig beschlossen:

Tenor:

1. Die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Dresden vom 10. Februar 2005 und 11. Oktober 2004 - 6 W 798/04 - und der Beschluss des Landgerichts Dresden vom 7. Mai 2004 - 9 O 2626/03 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes, soweit sie für die Zeit ab Januar 1998 darauf gestützt sind, dass der Beschwerdeführer sich auf seinen Anspruch auf Ersatz des geltend gemachten Verdienstausfallschadens das an ihn weitergeleitete Pflegegeld für seine pflegebedürftige Tochter anrechnen lassen müsse. Die Entscheidungen werden insoweit aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Landgericht zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. 2. Der Freistaat Sachsen hat dem Beschwerdeführer die Hälfte seiner notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Ablehnung eines Prozesskostenhilfegesuchs für eine Schadensersatzklage.

I.

1. Der Beschwerdeführer stürzte 1993 in den Bühnenschacht des Kulturpalasts der Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens. Er ist seitdem krank geschrieben und mit einem Grad von 30 behindert. Die Antragsgegnerin hat seinen Verdienstausfall bis Ende 1995 ausgeglichen.

Im Ausgangsverfahren beantragte der Beschwerdeführer die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Ersatz eines von 1996 bis 2003 erlittenen Erwerbsschadens und auf Einzahlung von Rentenversicherungsbeiträgen auf sein Rentenversicherungskonto bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA). Das Landgericht hat den Antrag mit dem angegriffenen Beschluss abgelehnt. Die beabsichtigte Klage sei ohne Aussicht auf Erfolg. Für die Zeit bis Januar 1998 seien Ersatzansprüche verjährt. Außerdem fehle es für die Monate ab April 1998 an einem Schaden des Beschwerdeführers. Das ihm für die Pflege seiner Tochter gewährte Pflegegeld sei anzurechnen. Danach stehe er nicht schlechter als vor dem Unfall.

Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen diese Entscheidung hat das Oberlandesgericht mit dem ebenfalls angegriffenen Beschluss zurückgewiesen. Es bestehe kein Anspruch auf Ersatz des Erwerbsschadens. Der Beschwerdeführer habe nicht berücksichtigt, dass von den von ihm angesetzten Einkünften ersparte Sozialversicherungsbeiträge und Steuern abzuziehen seien. Der danach verbleibende Nettoverdienstausfall stelle keinen Einkommensschaden dar, weil er durch das für die Tochter gezahlte Pflegegeld kompensiert sei. Der Beschwerdeführer müsse sich dieses anrechnen lassen, weil nach der im Prozesskostenhilfeverfahren zulässigen antizipierten Beweiswürdigung davon auszugehen sei, dass er die Pflegetätigkeit erst aufgrund des Unfalls, dessen Folgen ihn an der Fortführung seiner bis dahin ausgeübten Tätigkeit hinderten, habe ausüben können. Dem stehe § 13 Abs. 6 SGB XI nicht entgegen. Unabhängig davon, dass der Anspruch auf Ersatz eines Erwerbsausfallschadens den dort erwähnten Unterhaltsansprüchen nicht gleichzusetzen sei, sei das privilegierte Pflegeengagement des Beschwerdeführers erst durch den Unfall möglich geworden.

Letztlich bliebe ein Erwerbsschadensersatzanspruch zumindest teilweise auch deshalb erfolglos, weil der Beschwerdeführer nicht alles ihm Zumutbare getan habe, die verbliebene Arbeitskraft zur Minderung des Erwerbsschadens zu verwenden. Ansprüchen auf Schadensersatz für die Zeit bis Dezember 1997 stünde zudem die Einrede der Verjährung entgegen.

Für den Antrag auf Verurteilung der Antragsgegnerin, auf sein Versicherungskonto bei der BfA Einzahlungen zu leisten, sei Prozesskostenhilfe nicht zu bewilligen, weil die BfA - worauf es insoweit ankomme - nicht im Sinne der §§ 114 ff. ZPO bedürftig und der Beschwerdeführer nicht prozessführungsbefugt sei.

Die Gegenvorstellung des Beschwerdeführers vom November 2004 hat das Oberlandesgericht mit dem weiter angegriffenen Beschluss zurückgewiesen. Unabhängig davon, ob sie statthaft sei, habe sie in der Sache keinen Erfolg. Der Beschwerdeführer müsse sich das für seine Tochter gezahlte Pflegegeld anrechnen lassen. Zwar werde es zunächst dem zu Pflegenden gewährt, der davon die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung selbst sicherzustellen habe. Damit werde diesem ermöglicht, seine Pflege anstelle der häuslichen Pflegehilfe selbst zu gestalten. Nach Darstellung des Beschwerdeführers sei seine Tochter dazu aber nicht in der Lage, sodass die Gestaltung in seinen und den Händen seiner Ehefrau liege. Die Auszahlung des Pflegegelds an den Beschwerdeführer spreche dafür, dass es ihm tatsächlich auch zufließe. Zwar solle das Pflegegeld kein Entgelt für die Pflegeperson sein, da es eine echte Gegenleistung schon wegen der geringen Höhe nicht sein könne. Es solle aber als Anerkennung oder Anreiz zur Erhaltung der Pflegebereitschaft der Angehörigen dienen.

2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer vor allem die Verletzung von Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Die Gerichte hätten die ungeklärte Frage, ob er sich, seit dem Unfall erwerbslos, das Pflegegeld, das seine schwer behinderte Tochter erhalte, auf seinen Verdienstausfallschaden anrechnen lassen müsse, schon im Verfahren der Prozesskostenhilfe entschieden. Dadurch werde ihm die Möglichkeit einer höchstrichterlichen Klärung genommen.

3. Zu der Verfassungsbeschwerde haben der Bundesgerichtshof, das Sächsische Staatsministerium der Justiz und die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens Stellung genommen. Nach der Darstellung der Vorsitzenden des VI. und des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs haben sich diese Senate noch nicht dazu geäußert, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen ein Geschädigter sich Pflegegeld, das ihm für die Betreuung eines schwer behinderten Familienmitglieds gewährt wird, auf einen Verdienstausfallschaden anrechnen lassen muss. Die Vorsitzende des VIII. Zivilsenats hat weiter ausgeführt, soweit die Beantwortung dieser Frage die Entscheidung schwieriger, bislang ungeklärter Rechtsfragen erfordern sollte, dürfe die Entscheidung nicht im Prozesskostenhilfeverfahren ergehen.

II.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).

1. Das gilt allerdings nicht, soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für eine Klage des Beschwerdeführers auf Einzahlung von Rentenversicherungsbeiträgen auf sein Rentenkonto bei der BfA richtet. Insoweit ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, weil hinsichtlich dieses Klageziels Verfassungsverstöße nicht aufzeigt werden (§§ 92, 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).

2. Dagegen ist die Verfassungsbeschwerde, soweit sie die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Ersatz eines Verdienstausfallschadens betrifft, zulässig und zum Teil auch begründet. Die angegriffenen Beschlüsse verletzen insoweit den Anspruch des Beschwerdeführers auf Rechtsschutzgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.

a) Danach ist eine weitgehende Angleichung der prozessualen Situation von Bemittelten und weniger Bemittelten geboten. Zwar ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe von hinreichender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung abhängig zu machen. Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll aber nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den das Rechtsstaatsprinzip fordert, nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen. Dem genügt § 114 ZPO, indem er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe schon vorsieht, wenn nur hinreichende Erfolgsaussicht für den beabsichtigten Rechtsstreit besteht. Dies bedeutet zugleich, dass Prozesskostenhilfe verweigert werden darf, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. BVerfGE 81, 347 <356 f.>).

Auslegung und Anwendung des § 114 ZPO obliegen allerdings in erster Linie den Fachgerichten. Verfassungsrecht wird vor allem verletzt, wenn ihre Entscheidung Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der Rechtsschutzgleichheit beruhen. Die Gerichte überschreiten den Entscheidungsspielraum, der ihnen bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals der hinreichenden Erfolgsaussicht zukommt, wenn sie einen Auslegungsmaßstab verwenden, durch den einer weniger bemittelten Partei im Vergleich zur bemittelten die Rechtsverfolgung unverhältnismäßig erschwert wird. Das ist namentlich der Fall, wenn durch Überspannung der Anforderungen an die Erfolgsaussicht der Zweck der Prozesskostenhilfe deutlich verfehlt wird (vgl. BVerfGE 81, 347 <357 f.>). Eine solche Überspannung ist anzunehmen, wenn die Gerichte schwierige Rechtsfragen, die in vertretbarer Weise auch anders beantwortet werden können, ohne Erörterung dazu ergangener Rechtsprechung in Vorwegnahme des Hauptsacheverfahrens abschließend im Prozesskostenhilfeverfahren entscheiden (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 5. Februar 2003 - 1 BvR 1526/02 -, NJW 2003, S. 1857 <1858> m.w.N.).

b) Diesen Grundsätzen werden die angegriffenen Entscheidungen nicht gerecht. Es ist mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG unvereinbar, dass das Land- und das Oberlandesgericht im Prozesskostenhilfeverfahren entschieden haben, der Beschwerdeführer müsse sich auf die von ihm geltend gemachten Schadensersatzansprüche das an ihn als Pflegeperson weitergeleitete Pflegegeld für seine schwer behinderte Tochter anrechnen lassen.

aa) Es ist zwar anerkannt, dass sich ein Geschädigter bestimmte Vorteile, die sich aus dem zum Schadensersatz verpflichtenden Ereignis ergeben, im Sinne einer Vorteilsausgleichung anrechnen lassen muss (vgl. Heinrichs, in: Palandt, BGB, 66. Aufl. 2007, Vorb v § 249 Rn. 119 ff.). Nach der fachgerichtlichen Rechtsprechung hängt eine Anrechnung aber davon ab, dass zwischen dem schädigenden Ereignis und dem Vorteil ein adäquater Kausalzusammenhang besteht und die Anrechnung dem Zweck des Schadensersatzes entspricht. Sie darf den Geschädigten nicht unzumutbar belasten und den Schädiger nicht unbillig begünstigen. Zwischen Vor- und Nachteil muss eine zeitliche und sachliche Kongruenz bestehen, die beide "gewissermaßen zu einer Rechnungseinheit verbindet" (vgl. BGHZ 77, 151 <154>; BGH, Urteil vom 6. Juni 1997 - V ZR 115/96 -, NJW 1997, S. 2378; Urteil vom 17. Oktober 2003 - V ZR 84/02 -, NJW-RR 2004, S. 79 <80>; Urteil vom 19. Januar 2005 - VIII ZR 139/04 -, NJW-RR 2005, S. 762 <765>).

Besteht der von dem Geschädigten erlangte Vorteil in eigenem Arbeitsverdienst, bildet § 254 Abs. 2 BGB den Maßstab für eine Anrechnung. Danach ist der Geschädigte im Rahmen des Zumutbaren verpflichtet, die ihm verbliebene Arbeitskraft zur Abwendung oder Minderung des Erwerbsschadens zu verwenden (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 1990 - VI ZR 291/89 -, NJW 1991, S. 1412 <1413>). An die Erwerbsobliegenheit wird allerdings nicht derselbe strenge Maßstab angelegt, wie er im Unterhaltsrecht für den geschiedenen Ehegatten angenommen wird. So besteht in der Regel keine Pflicht zur Erwerbstätigkeit, wenn minderjährige Kinder zu versorgen sind (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 1984 - VI ZR 301/82 -, NJW 1984, S. 2520 <2522 f.>).

Erhält der Geschädigte Leistungen von Sozialleistungsträgern, so führen diese nicht zu einer Entlastung des Schädigers, soweit sie von der Legalzession des § 116 Abs. 1 SGB X erfasst werden. Eine Anrechnung kommt nach Rechtsprechung und Literatur im Hinblick auf den Zweck von Sozialleistungen aber auch dann nicht in Betracht, wenn ausnahmsweise kein Forderungsübergang stattfindet (vgl. BGHZ 146, 108 <113 f.>; Heinrichs, a.a.O., Vorb v § 249 Rn. 134 m.w.N.).

bb) Vor diesem Hintergrund durften die Zivilgerichte nicht im Prozesskostenhilfeverfahren entscheiden, dass auf den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Schadensersatzanspruch das Pflegegeld anzurechnen ist, das ihm nach § 37 Abs. 1 SGB XI für seine pflegebedürftige Tochter ausgezahlt wurde.

Die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen sich ein Geschädigter Pflegegelder, die ihm für die Betreuung eines schwer behinderten Familienangehörigen zufließen, auf einen Anspruch auf Ersatz eines Verdienstausfallschadens anrechnen lassen muss, ist bisher höchstrichterlich noch nicht geklärt. Sie lässt sich auch nicht ohne Weiteres aus dem Gesetz oder anhand ergangener Rechtsprechung zu ähnlich liegenden Rechtsfragen beantworten.

So hat dem Bundesgerichtshof bereits die Fallgestaltung vorgelegen, dass das Schadensereignis zur Pflegebedürftigkeit führte und über eine Anrechnung von Pflegegeld auf einen Schadensersatzanspruch des Gepflegten selbst zu befinden war. Der Bundesgerichtshof hat sich gegen die Anrechnung einer aufgrund der §§ 53 ff. SGB V a.F. und § 69 BSHG gewährten häuslichen Pflegehilfe ausgesprochen, weil es sich hierbei um eine dem Schadensersatz sachlich nicht kongruente soziale Leistung im Sinne von § 116 Abs. 1 SGB X handele. Das Pflegegeld stelle weder ein Entgelt für schadensbedingt erbrachte Pflegeleistungen dar noch bezwecke es den Ausgleich entstandener Aufwendungen; vielmehr diene es in erster Linie der Erhaltung der Pflegebereitschaft. Deshalb komme auch eine Anrechnung unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung nicht in Betracht (BGH, Urteil vom 30. Mai 2000 - VI ZR 300/99 -, NJW-RR 2000, S. 1412 <1413>). In einer weiteren Entscheidung hat der Bundesgerichtshof zwar eine sachliche Kongruenz der Pflegegeldzahlung mit dem Schaden angenommen, eine Vorteilsanrechnung aber gleichwohl abgelehnt, da nach dem Rechtsgedanken des § 843 Abs. 4 BGB Leistungen des Sozialversicherungsträgers, die gerade im Hinblick auf die schadensbedingte Situation des Leistungsempfängers erbracht werden, den Schädiger nicht entlasten sollen (BGHZ 146, 108 <110, 113 f.>).

Diese Rechtsprechung lässt sich, wenngleich sie eher gegen eine Anrechnung im Wege der Vorteilsausgleichung sprechen dürfte, auf den dem Ausgangsverfahren zugrunde liegende Fall eines Schadensersatzanspruches des Pflegenden nicht unbesehen übertragen. Die Frage, ob es sich bei dem an den Pflegenden weitergeleiteten Pflegegeld um eine mit einem Arbeitslohn vergleichbare Zuwendung handele, oder ob die sozialrechtliche Zwecksetzung einer Vorteilsanrechnung auch hier entgegensteht, lässt sich auf ihrer Grundlage nicht ohne Weiteres beantworten.

Gegen eine solche Anrechnung könnte zumindest indiziell die Privilegierung von Pflegeleistungen gemäß § 13 Abs. 6 SGB XI sprechen, wonach an Pflegepersonen weitergeleitete Pflegegelder regelmäßig bei der Ermittlung von Unterhaltsansprüchen und -verpflichtungen unberücksichtigt bleiben. Nach der Begründung des Gesetzgebers dient diese am 1. August 1999 in Kraft getretene Regelung der Förderung der Pflege im häuslichen Bereich; es soll sichergestellt werden, dass das Pflegegeld nicht nur dem Pflegebedürftigen selbst, sondern auch der Pflegeperson, die die häusliche Pflege unentgeltlich übernommen hat, möglichst ungeschmälert erhalten bleibt (vgl. BTDrucks 14/407, S. 4). Dem entspricht die Annahme des Bundesgerichtshofs, das Pflegegeld bezwecke die Aufrechterhaltung der Pflegebereitschaft. Zu berücksichtigen ist auch, dass für die Zumutbarkeit eigener Erwerbstätigkeit im Schadensersatzrecht ein weniger strenger Maßstab als im Unterhaltsrecht gelten soll.

Nach allem liegt die Annahme nicht fern, Pflegegeld sei auf Schadensersatzansprüche der vorliegenden Art nicht anzurechnen. Eben dies wollte der Beschwerdeführer mit seiner beabsichtigten Klage geltend machen. Indem die Zivilgerichte diese Frage hier schon im Prozesskostenhilfeverfahren anders und zum Nachteil des Beschwerdeführers entschieden haben, haben sie die Anforderungen an das Tatbestandsmerkmal der hinreichenden Erfolgsaussicht in § 114 ZPO überspannt und damit den Zweck der Prozesskostenhilfe deutlich verfehlt. Dies steht mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht mehr im Einklang.

c) Die angegriffenen Entscheidungen beruhen im hier erörterten Umfang im Wesentlichen auf dem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip. Es ist nicht auszuschließen, dass die Gerichte, wenn sie unter Berücksichtigung der Anforderungen des Gebots der Rechtsschutzgleichheit die voraussichtliche Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage weniger streng beurteilt hätten, Prozesskostenhilfe bewilligt und dem Beschwerdeführer damit insoweit den Weg für ein Hauptsacheverfahren eröffnet hätten.

aa) Daran ändert es nichts, dass das Oberlandesgericht eine Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung des Beschwerdeführers hilfsweise auch deshalb verneint hat, weil dieser nicht alles ihm Zumutbare getan habe, die verbliebene Arbeitskraft zur Minderung des Erwerbsschadens zu verwenden. Das Gericht hat in diesem Zusammenhang den Hinweis angebracht, dies gelte "zumindest teilweise". Damit hat es offen gelassen, in welchem Umfang seine Hilfserwägung zum Wegfall des geltend gemachten Anspruchs führen könnte. Auch sonst ist seiner Entscheidung nichts zu entnehmen, was die Kausalität des festgestellten Verfassungsverstoßes für die angegriffenen Entscheidungen generell in Frage stellen könnte.

bb) Anders verhält es sich, soweit das Oberlandesgericht eine Erfolgsaussicht für den Anspruch auf Ersatz eines Verdienstausfallschadens für die Zeit bis Ende 1997 auch wegen Verjährung verneint hat. Die darauf gestützte Begründung trägt die angegriffenen Entscheidungen unabhängig von der Verletzung des Rechts des Beschwerdeführers auf Rechtsschutzgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.

d) Die angegriffenen Entscheidungen sind danach in dem genannten Umfang aufzuheben, und die Sache ist insoweit an das Landgericht zurückzuverweisen (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

Ende der Entscheidung

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