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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 26.09.2001
Aktenzeichen: 1 BvR 69/99
Rechtsgebiete: GG, BNotO


Vorschriften:

GG Art. 12 Abs. 1
GG Art. 3 Abs. 1
BNotO § 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 1740/98 - - 1 BvR 69/99 - - 1 BvR 521/99 -

IM NAMEN DES VOLKES

In den Verfahren über die Verfassungsbeschwerden

1. unmittelbar gegen

a) den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 20. Juli 1998 - NotZ 7/98 -,

b) den Beschluss des Kammergerichts vom 19. Februar 1998 - Not 21 und 31/97 -,

c) den Bescheid der Präsidentin des Kammergerichts vom 30. Oktober 1997 - I-RA Z 212 -,

2. mittelbar gegen § 5 der Bundesnotarordnung

- 1 BvR 1740/98 -,

1. unmittelbar gegen

a) den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 30. November 1998 - NotZ 13/98 -,

b) den Beschluss des Kammergerichts vom 10. März 1998 - Not 27 und 28/97 -,

c) den Bescheid der Präsidentin des Kammergerichts vom 30. Oktober 1997 - I-RA T 273 -,

2. mittelbar gegen § 5 der Bundesnotarordnung

- 1 BvR 69/99 -,

1. unmittelbar gegen

a) den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 30. November 1998 - NotZ 14/98 -,

b) den Beschluss des Kammergerichts vom 10. März 1998 - Not 29 und 30/97 -,

c) den Bescheid der Präsidentin des Kammergerichts vom 30. Oktober 1997 - I-RA G 495 -,

2. mittelbar gegen § 5 der Bundesnotarordnung

- 1 BvR 521/99 -

hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richterin Jaeger und die Richter Hömig, Bryde

am 26. September 2001 einstimmig beschlossen:

Tenor:

1. Der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 20. Juli 1998 - NotZ 7/98 -, der Beschluss des Kammergerichts vom 19. Februar 1998 - Not 21 und 31/97 - sowie der Bescheid der Präsidentin des Kammergerichts vom 30. Oktober 1997 - I-RA Z 212 - verletzen den Beschwerdeführer zu 1) in seinen Grundrechten aus Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des Bundesgerichtshofs wird aufgehoben und das Verfahren an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen.

2. Der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 30. November 1998 - NotZ 13/98 -, der Beschluss des Kammergerichts vom 10. März 1998 - Not 27 und 28/97 - sowie der Bescheid der Präsidentin des Kammergerichts vom 30. Oktober 1997 - I-RA T 273 - verletzen die Beschwerdeführerin zu 2) in ihren Grundrechten aus Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des Bundesgerichtshofs wird aufgehoben und das Verfahren an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen.

3. Der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 30. November 1998 - NotZ 14/98 -, der Beschluss des Kammergerichts vom 10. März 1998 - Not 29 und 30/97 - sowie der Bescheid der Präsidentin des Kammergerichts vom 30. Oktober 1997 - I-RA G 495 - verletzen die Beschwerdeführerin zu 3) in ihren Grundrechten aus Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des Bundesgerichtshofs wird aufgehoben und das Verfahren an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen.

4. Die Bundesrepublik Deutschland hat den Beschwerdeführern die notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe:

A.

Die Beschwerdeführer sind Diplom-Juristen, die beim Land- und beim Kammergericht als Rechtsanwälte zugelassen sind. Sie begehren die Zulassung als Anwaltsnotare in Berlin.

I.

1. Nach § 5 der Bundesnotarordnung (BNotO) vom 24. Februar 1961 (BGBl I S. 98) setzt die Bestellung zum Notar die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz (im Folgenden: DRiG) voraus. Dies gilt gleichermaßen in den Ländern, die das Nur-Notariat eingeführt haben, wie auch für die Gebiete, in denen das Anwaltsnotariat gilt (§ 3 BNotO).

2. Im Zuge der Wiedervereinigung wurden - zunächst nur im Beitrittsgebiet, später im ganzen Bundesgebiet - ergänzende Regelungen für das Notariatswesen erforderlich.

a) In der Deutschen Demokratischen Republik waren von 1976 bis 1990 die Notare in einer staatlichen Behörde zusammengefasst; es bestand das Nur-Notariat. Dabei blieb es auch in dem Gebiet der neuen Länder nach der Verordnung über die Tätigkeit von Notaren in eigener Praxis vom 20. Juni 1990 (GBl I S. 475; im Folgenden: VONot); als ein erster Schritt der Rechtsangleichung an die Verhältnisse im Westteil Berlins wurde jedoch im Bezirk des Stadtgerichts Berlin das Anwaltsnotariat eingeführt. Nach dieser Verordnung setzte das Notariat in beiden Fällen ein rechtswissenschaftliches Studium in der Deutschen Demokratischen Republik mit dem Staatsexamen sowie grundsätzlich einen zweijährigen Vorbereitungsdienst mit anschließender Staatsprüfung voraus. Der Vorbereitungsdienst und die Staatsprüfung waren entbehrlich, wenn der Bewerber zuvor schon Notar in einem Staatlichen Notariat gewesen war oder aber zehn Jahre als Jurist gearbeitet hat und notarspezifische Kenntnisse nachweisen konnte. Ergänzt wurden diese Ausnahmen alsbald durch die Verordnung zur Änderung und Ergänzung der Verordnung über die Tätigkeit von Notaren in eigener Praxis vom 22. August 1990 (GBl I S. 1328) für Bewerber mit der Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz; auch sie konnten im Beitrittsgebiet zu Notaren bestellt werden, ohne zuvor Notarassessor (vgl. § 7 BNotO) gewesen zu sein.

b) Nach dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands - Einigungsvertrag - vom 31. August 1990 (BGBl II S. 889; im Folgenden: EV) blieb die Notariatsverordnung in den fünf neuen Ländern mit wenigen Änderungen in Kraft (Anlage II Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 2 EV). Sie galt bis zum In-Kraft-Treten des Dritten Gesetzes zur Änderung der Bundesnotarordnung und anderer Gesetze vom 31. August 1998 (BGBl I S. 2585; im Folgenden: 3. ÄndG BNotO) fort.

Demgegenüber galt in dem beigetretenen Teil des Landes Berlin die Bundesnotarordnung ab dem Beitritt mit folgender Maßgabe:

In dem Teil des Landes Berlin, in dem das Grundgesetz bisher nicht galt, werden ausschließlich Rechtsanwälte für die Dauer ihrer Zulassung bei einem Gericht als Notare zu gleichzeitiger Amtsausübung neben dem Beruf des Rechtsanwalts bestellt. Rechtsanwälte, die am Tag des Wirksamwerdens des Beitritts in dem Teil des Landes Berlin zu Anwaltsnotaren in eigener Praxis bestellt sind, werden nach ihrer Zulassung bei einem Gericht in Berlin, in dem das Grundgesetz bisher nicht galt, zu Anwaltsnotaren nach der Bundesnotarordnung bestellt. Sie gehören der Notarkammer Berlin an (Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt IV Nr. 1 Buchstabe b EV).

c) In den fünf neuen Ländern ist die Bundesnotarordnung erst seit 1998 in Kraft. Seitdem gelten die dort nach der Notariatsverordnung bestellten Notare als nach der Bundesnotarordnung bestellt (Art. 13 Abs. 2 3. ÄndG BNotO). Auch für die Zukunft wirken sich die besonderen Regelungen, die von der ersten frei gewählten Volkskammer getroffen wurden, noch aus. Art. 13 Abs. 7 3. ÄndG BNotO bestimmt:

Abweichend von § 5 der Bundesnotarordnung kann in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen auch ein deutscher Staatsangehöriger zum Notar bestellt werden, der ein rechtswissenschaftliches Studium an einer Universität oder Hochschule der Deutschen Demokratischen Republik mit dem Staatsexamen abgeschlossen und einen zweijährigen Vorbereitungsdienst mit einer Staatsprüfung absolviert hat. Auf den Vorbereitungsdienst mit der Staatsprüfung wird verzichtet, wenn der Bewerber als Notar in einem Staatlichen Notariat tätig war oder zehn Jahre als Jurist gearbeitet hat und notarspezifische Kenntnisse nachweist. Wer nach den vorstehenden Regelungen oder nach Absatz 2 zum Notar bestellt worden ist, kann auch in den übrigen Ländern zum Notar bestellt werden; § 5 der Bundesnotarordnung gilt insoweit nicht.

Danach haben die Diplom-Juristen weiterhin einen speziellen Zugang zum Notaramt. Sind sie in einem der neuen Länder einmal bestellt, können sie in der ganzen Bundesrepublik zum Notariat zugelassen werden. Sie können in den alten Ländern auch Anwaltsnotare werden, weil den Diplom-Juristen generell der Anwaltsberuf offen steht, obwohl ihnen die hierfür ebenfalls notwendige Befähigung zum Richteramt, die auch in § 4 der Bundesrechtsanwaltsordnung (im Folgenden: BRAO) vorausgesetzt wird, fehlt.

3. Die Integration der Diplom-Juristen hat zu zahlreichen Sonderregelungen im Einigungsvertrag geführt: Diplom-Juristen können Richter des Bundesverfassungsgerichts werden (Anlage I Kapitel III Sachgebiet F Abschnitt III). Hochschullehrer der Deutschen Demokratischen Republik haben die Befähigung zum Berufsrichter (Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 Buchstabe a EV i.V.m. § 9 Abs. 3 Richtergesetz vom 5. Juli 1990 <GBl DDR I S. 637>); wer nach dem Beitritt zum Hochschullehrer berufen wurde, hat auch die Befähigung im Sinne des Deutschen Richtergesetzes (EV, a.a.O., Nr. 8 Buchstabe y Doppelbuchstabe dd). Diplom-Juristen, die die Befähigung zum Berufsrichter nach dem Recht der Deutschen Demokratischen Republik erworben hatten, konnten nach dem Beitritt Richter werden, zum Richter auf Lebenszeit ernannt und sodann auch in den alten Bundesländern zum Richter berufen werden (Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 Buchstabe a, Buchstabe b und Buchstabe y Doppelbuchstabe bb EV). Diese Befähigung zum Berufsrichter konnte auch über einen Laufbahnwechsel erworben werden (EV, a.a.O., Buchstabe y Doppelbuchstabe ee und ff). Für Staatsanwälte gelten die Vorschriften des Einigungsvertrags über die Befähigung zum Berufsrichter entsprechend (EV, a.a.O., Nr. 8 Buchstabe z Doppelbuchstabe cc). Gemäß Art. 6 des Gesetzes zur Änderung des Rechtspflegergesetzes und anderer Gesetze vom 24. Juni 1994 (BGBl I S. 1374) sind die Berufsrichter auch dazu befähigt, Staatsanwälte zu werden. Seitdem sind die beiden staatlichen Berufe bei Diplom-Juristen kompatibel.

Nach dem Rechtsanwaltsgesetz der Deutschen Demokratischen Republik vom 13. September 1990 (GBl I S. 1504; im Folgenden: RAG) konnten Diplom-Juristen Rechtsanwälte werden, wenn sie nach dem Hochschulstudium mit dem Abschluss als Diplom-Jurist eine zweijährige Praxis in einem rechtsberatenden Beruf aufwiesen; alte Zulassungen blieben wirksam (vgl. zu den Einzelheiten BVerfGE 93, 213 <217>). Der Einigungsvertrag ließ das Rechtsanwaltsgesetz in den neuen Ländern in Kraft (Anlage II Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1). Es wirkte fort, sofern die zweijährige Praxis spätestens bis zum 9. September 1996 erworben ist (Art. 21 Abs. 8 des Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte vom 2. September 1994 <BGBl I S. 2278>; im Folgenden: Neuordnungsgesetz). Art. 21 Abs. 2 des Neuordnungsgesetzes bestimmt ausdrücklich, dass die nach dem Rechtsanwaltsgesetz zugelassenen Anwälte als nach der Bundesrechtsanwaltsordnung zugelassen gelten.

In Berlin wurde die Bundesrechtsanwaltsordnung unmittelbar mit dem Einigungsvertrag auf dem ganzen Gebiet eingeführt (Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt IV Nr. 1 Buchstabe a EV). Die nach dem Rechtsanwaltsgesetz am Tage des Beitritts zugelassenen Anwälte gelten als nach der Bundesrechtsanwaltsordnung zugelassen. Personen, die am Tage des Wirksamwerdens des Beitritts ihren Wohnsitz im beigetretenen Teil Berlins hatten, konnten nach dieser Vorschrift in Berlin auch weiterhin als Rechtsanwälte zugelassen werden, soweit sie die Voraussetzungen des Rechtsanwaltsgesetzes erfüllten. Inzwischen können sie nach § 226 Abs. 2 BRAO auch zugleich am Kammergericht zugelassen werden.

II.

1. Der Beschwerdeführer zu 1) erwarb sein Diplom an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er ist seit 1991 beim Landgericht Berlin und seit 1996 beim Kammergericht als Rechtsanwalt zugelassen. Seine Bewerbung um eine im Oktober 1996 ausgeschriebene Notarstelle scheiterte daran, dass er die Befähigung zum Richteramt nicht hat. Die von der Präsidentin des Kammergerichts insoweit vertretene Auffassung wurde vom Senat für Notarsachen geteilt, der den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückwies. Der Abschluss als Diplom-Jurist stehe einer Zweiten Juristischen Staatsprüfung nach durchlaufenem Referendariat nicht gleich. Das folge auch nicht aus den Regelungen des Einigungsvertrages. Der Beschwerdeführer könne das Referendariat und das Zweite Juristische Staatsexamen noch nachholen. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung im Verhältnis zu den am 3. Oktober 1990 im Ostteil Berlins bereits zugelassenen Anwaltsnotaren liege nicht vor. Diese Diplom-Juristen hätten zu diesem Zeitpunkt einen zu beachtenden Bestandsschutz gehabt; zur Herstellung der Rechtseinheit im Lande Berlin sei es aus übergeordneten Gesichtspunkten geboten gewesen, von der an sich nötigen Qualifikation für das Notariat abzusehen. Auch die Fortgeltung der Notariatsverordnung im übrigen Beitrittsgebiet begründe keinen Anspruch auf Gleichbehandlung, obwohl auch dort Diplom-Juristen im Nur-Notariat tätig geworden seien und noch tätig werden könnten. Anders sei eine angemessene flächendeckende Versorgung im Beitrittsgebiet nicht sicherzustellen gewesen. Vorhandene Ausbildungsdefizite würden durch zunehmende Erfahrung kompensiert. Der Beschwerdeführer könne auch in diese Länder ausweichen und sich dort um eine Notarstelle bewerben; dann stehe seiner Übernahme als Anwaltsnotar in Berlin nichts mehr entgegen.

Dieser Argumentation schloss sich der Bundesgerichtshof an und führte ergänzend aus, der Beschwerdeführer sei mit den Anwaltsnotaren, die schon im Zeitpunkt des Beitritts die Voraussetzungen erfüllt gehabt hätten, nicht vergleichbar, weil er damals nicht Notar in eigener Praxis gewesen sei. Dies stelle einen ausreichenden Differenzierungsgrund dar. Bezüglich der Diplom-Juristen in den anderen neuen Ländern bilde der Unterschied der Notariatsform einen ausreichenden Differenzierungsgrund.

2. Die Beschwerdeführerin zu 2) ist seit 1981 Diplom-Juristin. Sie wurde im April 1990 im Ostteil der Stadt Berlin als Rechtsanwältin zugelassen. Im November 1990 erhielt sie die Zulassung beim Landgericht Berlin und 1995 diejenige beim Kammergericht. Ihre Bewerbung um eine im Oktober 1996 ausgeschriebene Notarstelle war ebenfalls erfolglos. Die Begründungen im Ausgangsverfahren sind weitgehend identisch mit denjenigen im Verfahren des Beschwerdeführers zu 1). Lediglich der Bundesgerichtshof hat ergänzend darauf hingewiesen, dass die durch Art. 13 Abs. 7 3. ÄndG BNotO geschaffene Niederlassungsfreiheit für Nur-Notare aus den neuen Ländern die Rechtslage für die Berliner Rechtsanwälte nicht geändert habe.

3. Die Beschwerdeführerin zu 3), seit 1981 Diplom-Juristin, promovierte 1990 an der Humboldt-Universität zu Berlin. Sie wurde im Mai 1990 als Rechtsanwältin im Ostteil der Stadt zugelassen. Seit Dezember 1990 ist sie beim Landgericht Berlin und seit 1996 auch beim Kammergericht als Rechtsanwältin zugelassen. Auch ihre Bewerbung um eine der im Oktober 1996 ausgeschriebenen Notarstellen in Berlin wurde mit der Begründung abschlägig beschieden, dass sie nicht die Befähigung zum Richteramt besitze. Die eingelegten Rechtsmittel waren erfolglos. Die Begründungen entsprechen denjenigen im Verfahren des Beschwerdeführers zu 1). Auch die persönlichen Lebensumstände der Beschwerdeführerin, die die erreichte Lebensstellung für sich und ihre Familie mit zwei schulpflichtigen Kindern nach 10 Jahren freiberuflicher Tätigkeit als Rechtsanwältin nicht gefährden wolle, ändere an dieser Beurteilung nichts.

III.

Die Beschwerdeführer rügen im Wesentlichen eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 und aus Art. 3 Abs. 1 GG. Der Schutz der Berufsfreiheit gelte auch für Notare und umfasse die berufliche Niederlassungsfreiheit an jedem Ort. Die Beschwerdeführer könnten daher nicht darauf verwiesen werden, sich zunächst in den fünf neuen Ländern um eine Notarstelle zu bewerben. Die an sich subjektive Berufszugangsvoraussetzung des § 5 BNotO wirke sich als objektive Schranke aus. Dies sei unverhältnismäßig und daher verfassungswidrig, wenn im Beitrittsgebiet lediglich für die Diplom-Juristen im Ostteil Berlins, die im Zeitpunkt des Beitritts nicht Notare in eigener Praxis waren, die Befähigung zum Richteramt verlangt werde, dies aber in den neuen Ländern weder in der Vergangenheit noch für die Zukunft so sei und auch für die "Altnotare" aus dem Ostteil der Stadt nicht gelte. Qualitätsunterschiede ergäben sich insoweit nicht. Aus diesem Grund sei die Ungleichbehandlung auch vor Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu rechtfertigen. Die unterschiedlichen Notariatsformen hätten in Gestalt des Nur-Notariats oder des Anwaltsnotariats keine unterschiedlichen Zugangsschwellen. Erfordernisse der Rechtspflege könnten daher die Ungleichbehandlung ebenfalls nicht rechtfertigen. Auch der Bezirk Berlin weise keine Besonderheiten auf, die es rechtfertigen könnten, dort andere Zugangsvoraussetzungen aufzustellen als in den übrigen Ländern. In Berlin würden im Gegensatz zu den neuen Ländern die Juristen mit der Zweiten Juristischen Staatsprüfung privilegiert, da sie nicht der Konkurrenz von Diplom-Juristen bei Neuzulassungen ausgesetzt seien, der Aspekt des Konkurrenzschutzes vermöge jedoch weder freiheitsrechtlich noch gleichheitsrechtlich die Ungleichbehandlung zu rechtfertigen.

IV.

Zu den Verfassungsbeschwerden haben das Bundesministerium der Justiz, die Bundesnotarkammer, die Bundesrechtsanwaltskammer und der Deutsche Anwaltverein Stellung genommen. Der Bundestag, der Bundesrat, der Bundesgerichtshof, die Länder Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und der Deutsche Notarverein haben ausdrücklich von einer Stellungnahme abgesehen.

1. Nach Auffassung des Bundesministeriums rechtfertigt die staatliche Organisationsgewalt in Verbindung mit der Einschätzung der Erfordernisse über gewisse Lockerungen der Zugangsvoraussetzungen zur Gewährleistung eines funktionsfähigen Notarwesens in den neuen Ländern einerseits die Schranke des § 5 BNotO in Berlin und andererseits die Einbeziehung der Diplom-Juristen in den Notarberuf in den neuen Ländern. Auch könne mangels Vergleichbarkeit der jeweiligen Prüfungen der Abschluss als Diplom-Jurist nicht in das Punktesystem zur Vergabe der Notarstellen einbezogen werden, so dass auch verwaltungsmäßige Schwierigkeiten entstünden.

2. Die Bundesnotarkammer hält die Besitzstandswahrung für im Ostteil Berlins bestellte Notare in eigener Praxis für unabweisbar, ohne dass daraus ein Gleichbehandlungsanspruch für die Beschwerdeführer erwüchse. Die unterschiedlichen Notariatsformen vermöchten allerdings nicht zu rechtfertigen, dass im Nur-Notariat der neuen Länder die Befähigung zum Richteramt zunächst übergangsweise und inzwischen auch für die Zukunft für Diplom-Juristen nicht vorausgesetzt werde. Rechtfertigend könne insoweit allein das Bedürfnis nach angemessener Versorgung der rechtsuchenden Bevölkerung herangezogen werden. Gäbe es solche Ausnahmen auch in Berlin, werde dort aber die Rechtsvereinheitlichung verhindert. Gleichbehandlung insgesamt sei demnach nicht herstellbar. Soweit Art. 13 Abs. 7 3. ÄndG BNotO Diplom-Juristen, die als Notare praktizierten, mit solchen, die das Amt erst anstrebten, gleichstelle, habe die Regelung nur geringfügige praktische Relevanz. Eine solche Gleichstellung bereits als Notar zugelassener Diplom-Juristen und nachrückender Bewerber in Berlin sei nicht gleichermaßen geboten. Das Festhalten an den üblichen Qualifikationserfordernissen komme der Rechtspflege zugute. Die Befähigung zum Richteramt sei keine unverhältnismäßige Zugangsvoraussetzung, weil sie einem überragend wichtigen Gemeinschaftsgut diene.

3. Auch die Bundesrechtsanwaltskammer und der Deutsche Anwaltverein halten die Verfassungsbeschwerden nicht für begründet. Sie folgen mit einigen Vorbehalten der Argumentation in den angegriffenen Entscheidungen.

B.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerden zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung von in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechten angezeigt ist (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93 c Abs. 1 BVerfGG sind gegeben. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Gleichbehandlung und in ihrer Berufsfreiheit (Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG).

I.

Das Bundesverfassungsgericht hat die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden. Grundsätzliche Fragen werfen die vorliegenden Fälle auch nach der Überzeugung, die sich der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts in der Beratung am 9. Mai 2001 gebildet hat, nicht auf.

1. Den Beschwerdeführern, die im Zeitpunkt des Beitritts seit mehreren Jahren Diplom-Juristen waren und seit 1990 oder 1991 als Rechtsanwälte praktizieren, wird in den angegriffenen Entscheidungen der Zugang zum Zweitberuf des Notars verwehrt, weil sie keine Voll-Juristen im Sinne des bundesrepublikanischen Rechts sind. Abweichend von der Behandlung der Diplom-Juristen beim Zugang zum Beruf des Richters, Staatsanwalts, Rechtsanwalts und Nur-Notars haben die angegriffenen Entscheidungen der Gruppe der Berliner Rechtsanwälte, die vor oder kurz nach dem Beitritt ihre Berufstätigkeit in Berlin aufgenommen haben, für das Anwaltsnotariat keine wiedervereinigungsbedingten Sonderkonditionen eingeräumt. Sie haben sie auch anders behandelt als die Diplom-Juristen, die im Zeitpunkt des Beitritts schon Anwaltsnotare in Berlin waren.

Derartige Ungleichbehandlungen sind am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG zu messen. Berufswahlregelungen berühren zugleich den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG.

2. Die verfassungsrechtlichen Fragen zum Schutz- und Prüfungsumfang bei Anwendung des allgemeinen Gleichheitssatzes sind verfassungsrechtlich geklärt und werfen keine Fragen grundsätzlicher Bedeutung mehr auf (vgl. BVerfGE 60, 123 <133 f.>; 82, 126 <146>; 100, 59 <90>). Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt aber das Grundrecht, wenn er bei Regelungen, die Personengruppen betreffen, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 102, 41 <54>; stRspr).

Dabei sind dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>).

Der Richter ist bei Auslegung und Anwendung der Gesetze an denselben Maßstab gebunden. Ihm sind Differenzierungen verboten, die auch dem Gesetzgeber nicht erlaubt wären (vgl. BVerfGE 54, 224 <235>; 99, 129 <139>). Deshalb ist der Richter, wenn er Gesetzesbestimmungen auslegt, gehalten zu prüfen und darzulegen, ob, inwieweit und aus welchen Gründen seine Entscheidung in grundrechtlich geschützte Freiheiten eingreift oder Personengruppen ungleich behandelt. Ferner ist zu begründen, warum dieser Eingriff oder die Ungleichbehandlung den im Gesetz zum Ausdruck gekommenen Absichten des Gesetzgebers entspricht und verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist.

3. Im Übrigen ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass auch die Berufsausübung der Notare unter dem Grundrechtsschutz des Art. 12 Abs. 1 GG steht (vgl. BVerfGE 73, 280 <292>) und dass dieser Schutz auch für einen Zweitberuf gilt (vgl. BVerfGE 21, 173 <179>; 87, 287 <316>).

4. Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Kontrolle gerichtlicher Entscheidungen werfen ebenfalls keine grundsätzlichen Fragen auf. Es ist geklärt, dass die von Fachgerichten vorgenommene Auslegung einer Norm verfassungsrechtlich nur zu beanstanden ist, wenn sie willkürlich ist, die Tragweite eines Grundrechts nicht hinreichend berücksichtigt oder im Ergebnis zu einer unverhältnismäßigen Beschränkung der grundrechtlichen Freiheit führt (vgl. BVerfGE 85, 248 <257 f.>; 94, 372 <396>).

II.

Grundlage der angegriffenen Entscheidungen ist § 5 BNotO, dessen Verfassungsmäßigkeit nach den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Maßstäben nicht zweifelhaft ist.

1. Die Vorschrift setzt für die Bestellung zum Notar die Befähigung zum Richteramt voraus. Es bedarf keiner vertieften Begründung, dass der Gesetzgeber die Norm für geeignet und erforderlich halten durfte, um die zu schützenden Gemeinwohlbelange in Gestalt der Sicherung der Funktionsfähigkeit der vorsorgenden Rechtspflege und der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu verwirklichen. Sie ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne, soweit an den Zugang zum Notariat regelmäßig keine geringeren Anforderungen gestellt werden als an den Zugang zu den sonstigen juristischen Berufen (Richter, Staatsanwalt und Rechtsanwalt).

2. An dieser Einschätzung hat der Gesetzgeber indessen nicht uneingeschränkt festgehalten, als die beiden deutschen Staaten zusammengeführt wurden. Der Gesetzgeber hat vielmehr durch zahlreiche Einzelregelungen im Einigungsvertrag und in nachfolgenden Gesetzen sichergestellt, dass die in der Deutschen Demokratischen Republik ausgebildeten und tätigen Diplom-Juristen nach dem Beitritt weiterhin als Juristen tätig sein konnten. Für diesen Personenkreis hat er in allen juristischen Vollberufen Ausnahmen von der sonst einheitlich vorausgesetzten Befähigung zum Richteramt geschaffen.

Den Ausgangspunkt für die verfassungsrechtliche Prüfung bilden daher neben § 5 BNotO diese übergangsrechtlichen Sondernormen für Diplom-Juristen, welche im Gesetzgebungsverfahren als einschneidend, aber angesichts der Wirklichkeit in der Deutschen Demokratischen Republik auch für unvermeidlich gehalten worden sind (vgl. die Erläuterungen zu den Anlagen zum Einigungsvertrag in BTDrucks 11/7817, S. 7).

III.

Die im Zusammenwirken dieser Vorschriften zum Ausdruck gekommene Absicht des Gesetzgebers wird in den angegriffenen Entscheidungen nicht hinreichend gewürdigt. Diese genügen daher den oben genannten verfassungsrechtlichen Maßstäben nicht. Sie verfehlen eine dem Gleichheitssatz entsprechende Auslegung von § 5 BNotO in Verbindung mit den Normen des Einigungsvertrags und der nachfolgenden Gesetze, die die Rechtsverhältnisse der Rechtsanwälte und der Notare geregelt haben und erkennen lassen, dass einem Diplom-Juristen, der die Voraussetzungen für die Ausübung eines juristischen Berufes nach dem Recht der Deutschen Demokratischen Republik erworben hat, jeweils die volle Befähigung zu seiner Ausübung zukommt, sofern ihm der Berufszugang zugleich nach den jeweiligen Übergangsvorschriften erhalten geblieben ist. Die berufsrechtlichen Einschränkungen sind vom Gesetzgeber auf das Unumgängliche zurückgeführt worden. Dieser Erkenntnis haben sich die angegriffenen Entscheidungen verschlossen und damit die verfassungsrechtlich gebotene Gleichbehandlung im Berufsrecht verfehlt.

1. Neben die Sicherstellung einer kontinuierlichen Rechtspflege auf dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik, die nur gewährleistet war, wenn die dort ausgebildeten und politisch unbelasteten Juristen weiterhin Rechtspflegeaufgaben wahrnahmen (vgl. BTDrucks 11/7817, S. 7), trat im Zeitpunkt der Vereinigung der deutschen Staaten auch das öffentliche Interesse an einer Integration der in der Deutschen Demokratischen Republik Berufstätigen als wichtiger öffentlicher Belang hinzu (vgl. zu diesem Gesichtspunkt im öffentlichen Dienst: BVerfGE 92, 140 <154> mit Hinweis auf BTDrucks 11/7817, S. 179; s. auch Denkschrift zum Einigungsvertrag BTDrucks 11/7760, S. 356). So blieben beispielsweise auch die ärztlichen Approbationen und die Handwerkerrechte für die Bürger der Deutschen Demokratischen Republik erhalten (vgl. BTDrucks 11/7817, S. 159 und S. 130).

Bei der Übernahme der Diplom-Juristen in juristische Berufe hat der Gesetzgeber die Gleichstellung mittels gesetzlicher Fiktionen bewirkt.

a) Bis zum Beitritt stand nach bundesrepublikanischem Recht fest, dass der Abschluss als Diplom-Jurist dem Zweiten Juristischen Staatsexamen nicht gleichstand (vgl. BGH, NJW 1968, S. 1047; NJW 1990, S. 910). Die juristischen Vollberufe setzten einheitlich die Befähigung zum Richteramt nach § 5 DRiG voraus (vgl. § 122 Abs. 1 DRiG für die Staatsanwälte, § 5 BNotO für die Notare, § 4 BRAO für die Rechtsanwälte und § 3 Abs. 2 BVerfGG für die Verfassungsrichter). Diese Regelung gilt auch gegenwärtig und für die Zukunft, soweit nicht Probleme im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung betroffen sind.

Die Diplom-Juristen erfüllten diese Voraussetzungen nicht; dennoch wurden ihnen die juristischen Vollberufe in der Bundesrepublik ab dem Tag des Beitritts eröffnet. Dieser Zugang wurde nicht einmal nur denjenigen vorbehalten, die schon im Zeitpunkt des Beitritts in juristischen Berufen tätig waren; die Ausbildung zum Diplom-Juristen konnte noch danach beendet werden; die notwendige zweijährige Berufspraxis vor Aufnahme des Berufs musste erst spätestens im September 1996 abgeschlossen sein. Die an sich notwendige Qualifikation, die § 5 DRiG und die Verweisungen auf diese Vorschrift in den übrigen berufsregelnden Gesetzen sicherstellen sollen, wurde für diese Übergangszeit zurückgestellt. Bezogen auf einzelne Berufe wurde die Gleichwertigkeit der Ausbildungsgänge fingiert.

b) Die Diplom-Juristen gelten jeweils als nach den bundesrepublikanischen Vorschriften ernannt, bestellt oder zugelassen.

aa) Wer als Diplom-Jurist zum Richter auf Lebenszeit ernannt wird, erfüllt die Voraussetzungen des Deutschen Richtergesetzes in der ganzen Bundesrepublik (Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 Buchstabe y Doppelbuchstabe bb EV; vgl. auch BTDrucks 11/7817, S. 22). Das gilt für die Staatsanwälte entsprechend (Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 Buchstabe z Doppelbuchstabe cc EV). Hieraus hat das Gesetz zur Änderung des Rechtspflegergesetzes und anderer Gesetze vom 24. Juni 1994 die Konsequenz gezogen, dass Staatsanwälten, die in den Richterberuf wechseln wollen, oder Richtern, die als Staatsanwälte eingesetzt werden sollen, nicht entgegengehalten werden kann, ihnen fehle jeweils die für diesen Beruf notwendige Befähigung zum Richteramt nach § 5 oder nach § 122 Abs. 1 DRiG.

bb) Diplom-Juristen, die im Zeitpunkt des Beitritts als Rechtsanwälte tätig waren oder später nach dem Rechtsanwaltsgesetz der Deutschen Demokratischen Republik in Verbindung mit dem Einigungsvertrag zu diesem Beruf noch zugelassen worden sind, haben 1994 durch Art. 21 Abs. 2 des Neuordnungsgesetzes ihre volle Gleichstellung erhalten. Sie gelten als nach der Bundesrechtsanwaltsordnung zugelassen, wodurch die Erfüllung der dort vorgesehenen Voraussetzungen, also auch des § 4 BRAO, fingiert wird.

In Berlin, wo die Bundesrechtsanwaltsordnung unmittelbar durch den Einigungsvertrag eingeführt worden ist, gelten die dort nach dem Rechtsanwaltsgesetz am Tage des Beitritts zugelassenen Anwälte als nach der Bundesrechtsanwaltsordnung zugelassen (Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt IV Nr. 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EV). Auch hier wird insofern vom Tage des Beitritts an fingiert, dass die zugelassenen Rechtsanwälte die Voraussetzungen der Bundesrechtsanwaltsordnung, also auch § 4 BRAO, erfüllen. Wer erst später die Befähigung zur Zulassung nach dem Rechtsanwaltsgesetz erworben hat, wird in Berlin ebenfalls als Diplom-Jurist nach der Bundesrechtsanwaltsordnung zugelassen; auch auf diese Personen erstreckt sich die Fiktion (Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt IV Nr. 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb EV).

cc) Auch für die Notare hat der Gesetzgeber entsprechende Fiktionen geschaffen.

In den fünf neuen Ländern war eine solche Gleichstellung zunächst nicht nötig, da die Notariatsverordnung fortgalt. Sie ist jedoch im Jahr 1998 durch Art. 13 Abs. 2 3. ÄndG BNotO eingeführt worden. Seitdem gelten die Notare in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen als nach der Bundesnotarordnung bestellt und können demzufolge auch in den übrigen Ländern zum Notar bestellt werden; in Art. 13 Abs. 7 3. ÄndG BNotO wird dies nochmals ausdrücklich klargestellt.

In Berlin waren die Rechtsanwälte, die am Tage des Wirksamwerdens des Beitritts zu Anwaltsnotaren in eigener Praxis bestellt waren, nach ihrer Zulassung als Rechtsanwalt bei einem Gericht Berlins zugleich auch zu "Anwaltsnotaren nach der Bundesnotarordnung" bestellt. Dies regelt der Einigungsvertrag in Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt IV Nr. 1 Buchstabe b, ohne ausdrücklich eine Befreiung von § 5 BNotO auszusprechen. Dies war auch entbehrlich, da die Anwaltszulassung, wie oben dargestellt, bereits auf der Fiktion beruhte, dass die Voraussetzungen von § 5 DRiG als erfüllt galten.

2. a) Bei den drei Beschwerdeführern könnten schon allein nach dem Wortlaut des Einigungsvertrages die Voraussetzungen für eine Zulassung zum Anwaltsnotariat vorliegen. Sie hatten lediglich - wie für die Zulassung am Kammergericht (vgl. BTDrucks 11/7817, S. 33) - die erforderliche Zeit der Zulassung im Sinne von § 6 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BNotO abzuwarten. Da die Zulassung zur Anwaltschaft im Lande Berlin nur an die Voraussetzung geknüpft ist, dass der Diplom-Jurist als Anwalt im Zeitpunkt des Beitritts zugelassen war (so die Beschwerdeführerinnen zu 2 und 3) oder dort später die Voraussetzungen für diese Zulassung erfüllte (so der Beschwerdeführer zu 1), gelten alle Beschwerdeführer nach dem Wortlaut des Einigungsvertrages als nach der Bundesrechtsanwaltsordnung zugelassen. Personen, die im Sinne des Einigungsvertrages als nach der Bundesrechtsanwaltsordnung zugelassen gelten, erfüllen die Voraussetzungen auch für die Zulassung zum Anwaltsnotariat, soweit die Voraussetzungen beider Berufe identisch sind. Ob ein Bewerber um ein Notaramt Voll-Jurist ist, bedarf in Berlin danach keiner erneuten Prüfung. Lediglich für eine Bewerbung um ein Anwaltsnotariat außerhalb Berlins war die ergänzende Regelung in Art. 21 Abs. 2 Satz 1 des Neuordnungsgesetzes von Bedeutung, die ab 1994 für die Rechtsanwälte des Beitrittsgebiets die Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet hergestellt hat.

b) Allein ein solches Verständnis der Normen wird jedenfalls dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG unter besonderer Berücksichtigung der Gewährleistung von Art. 12 Abs. 1 GG gerecht. Sollte der Wortlaut noch andere Auslegungsvarianten zulassen, kommen sie von Verfassungs wegen nicht in Betracht.

Es sind keine ausreichend gewichtigen Gründe dafür ersichtlich, den Diplom-Juristen das Anwaltsnotariat zu verschließen, nachdem ihnen das Nur-Notariat nicht nur überall dort offen steht, wo es im Beitrittsgebiet eingeführt worden ist, sondern seit 1998 auch im restlichen Bundesgebiet. An den Anwaltsnotar dürfen nach dem allgemeinen Gleichheitssatz keine strengeren Anforderungen gestellt werden als an den Nur-Notar, zumal der Gesetzgeber solche Differenzierungen zwischen den beiden Notariatsformen in der Bundesnotarordnung auch im Übrigen nicht kennt. Hierauf hat die Bundesnotarkammer zutreffend hingewiesen.

Der ursprüngliche Rechtfertigungsgrund, dass zwar in den fünf neuen Ländern die Rechtspflege ohne gewisse Abstriche an der Qualifikation der Juristen nicht hätte aufrechterhalten werden können, dass dies aber für Berlin nicht in gleichem Maße gelte, überzeugt nicht mehr, nachdem der Gesetzgeber den zu Notaren bestellten Diplom-Juristen die volle Freizügigkeit gewährt hat. Seitdem haben sich die Übergangsvorschriften von der Bedarfslage in den neuen Ländern abgelöst.

Ebenso wenig ist der Gedanke der Rechtseinheit im Lande Berlin ein zureichender Grund für die angegriffenen Entscheidungen. Diese Rechtseinheit kann mit keiner Auslegungsvariante hergestellt werden. Denn vom Beitritt an sind dort Diplom-Juristen als Anwaltsnotare zugelassen; sie können auch - jedenfalls mit dem Umweg über eine Zulassung in den neuen Ländern - dort weiterhin zu Notaren bestellt werden. Mit Art. 13 Abs. 7 3. ÄndG BNotO hat der Gesetzgeber die Rechtseinheit vielmehr definitiv zugunsten der Integration der Diplom-Juristen zurückgestellt, indem er ihnen das Notariat in den alten Ländern zugänglich gemacht hat.

c) Das Nebeneinander von Diplom-Juristen und Juristen mit der Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz in den Berufen als Richter, Staatsanwälte, Rechtsanwälte und Notare wird nach den ausdrücklich getroffenen Regelungen des Gesetzgebers so lange anhalten, wie Diplom-Juristen noch in diesen Berufen tätig sein werden. Es lässt sich dem seit der Wiedervereinigung geltenden Recht als Grundgedanke entnehmen, dass die Diplom-Juristen mit entsprechender Berufserfahrung den Volljuristen gleichgestellt sind, so dass jede Abweichung hiervon besonderer Begründung bedarf. Eine solche Begründung kann gegebenenfalls aus dem Anforderungsprofil eines Berufes abgeleitet werden; dann müssen die Anforderungen aber für dasselbe Amt ausnahmslos durchgesetzt werden.

Nachdem der Gesetzgeber ersichtlich die Diplom-Juristen vom Notaramt nicht hat fernhalten wollen, fehlt es im Anwaltsnotariat Berlins insofern an einer stichhaltigen Rechtfertigung für ihren Ausschluss. Die Besonderheiten des Auswahlverfahrens können entgegen der Auffassung des Bundesministeriums der Justiz ebenfalls nicht als Differenzierungsgrund herangezogen werden. Für Bewerber, deren Zeugnis eine Benotung nicht enthält, bestehen schon Sonderregelungen (vgl. Nr. 12 Abs. 2 Buchstabe a der Allgemeinen Verfügung über Angelegenheiten der Notare vom 22. April 1996, ABl Berlin, S. 1741). Die Vermeidung von Problemen bei der Auswahl unter mehreren Bewerbern stellt keinen Gemeinwohlbelang dar, der vor Art. 12 Abs. 1 GG die vollständige Sperre des Berufszugangs rechtfertigen könnte.

d) Die angegriffenen Entscheidungen berücksichtigen die Fiktionen des Einigungsvertrages und der nachfolgenden Gesetze nicht. Ihre Auslegung, die für das Anwaltsnotariat in Berlin für solche Diplom-Juristen, die im Zeitpunkt des Beitritts noch nicht zum Anwaltsnotar bestellt waren, die Befähigung zum Richteramt zwar für den Anwaltsberuf nicht voraussetzt (oder als fingiert ansieht), wohl aber für den Notarberuf fordert, verkennt damit die Reichweite des Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG in Ansehung der Gesamtregelung, die der Gesetzgeber zur Integration des Diplom-Juristen getroffen hat. Die Entscheidungen sind daher aufzuheben und die Verfahren zur erneuten Entscheidung in der Sache an die letzte Tatsacheninstanz zurückzuverweisen.

3. Die Auslagenentscheidung folgt aus § 34 a Abs. 2 BVerfGG.

Ende der Entscheidung

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