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Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 08.01.2003
Aktenzeichen: 1 BvR 864/03
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 14 Abs. 1
GG Art. 19 Abs. 4
GG Art. 20 Abs. 3
GG Art. 103 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 864/03 -

In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde

1. unmittelbar gegen

a) den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 13. März 2003 - V ZR 260/02 -,

b) das Urteil des Oberlandesgerichts Dresden vom 11. Juli 2002 - 13 U 3665/98 -,

c) das Endurteil des Landgerichts Chemnitz vom 29. Oktober 1998 - 3 O 2057/98 -,

2. mittelbar gegen § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO in der Fassung des Art. 2 des ZPO-Reformgesetzes vom 27. Juli 2001 (BGBl I S. 1887)

hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Präsidenten Papier, die Richterin Haas und den Richter Hoffmann-Riem gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 8. Januar 2004 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Gegenstand der Verfassungsbeschwerde sind zivilgerichtliche Urteile, die Grundstücksverschaffungs- und Wertersatzansprüche teilweise abgewiesen haben, sowie der Beschluss des Bundesgerichtshofs über die Nichtzulassung der Revision in diesem Verfahren.

I.

1. Der Beschwerdeführer begehrte die Rückübertragung eines Grundstücks in der früheren DDR, hilfsweise Wertausgleich. Nachdem er einen Investitionsvorrangantrag gemäß § 21 Investitionsvorranggesetz (InVorG) gestellt hatte, veräußerte die Treuhandanstalt als Vorgängerin der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (künftig: BvS), die Beklagte zu 1 des Ausgangsverfahrens, das Grundstück an den Beklagten zu 2 des Ausgangsverfahrens (künftig: Erwerber).

Ein zu Gunsten des Beschwerdeführers erlassener Bescheid zur Rückübertragung des Grundstücks wurde am 2. Januar 1996 aufgehoben; ein Verwaltungsrechtsstreit ist diesbezüglich noch anhängig. Der Beschwerdeführer erwirkte ein Versäumnisurteil, das die Eintragung des Widerspruchs gegen die eingetragene Auflassungsvormerkung zugunsten des Erwerbers anordnete. Der eingetragene Widerspruch wurde zeitlich nach Auflassung und Eintragung des Erwerbers gelöscht.

2. Der Beschwerdeführer nahm die BvS und den Erwerber im Klagewege auf Grundbuchberichtigung und Zustimmung zur Eigentumsübertragung in Anspruch. Hilfsweise begehrte er Wertersatz für das Grundstück, das wegen Zusammenlegung mit anderen Flächen nur noch einen Teil des gesamten veräußerten Grundstücks darstellt. Das Landgericht hat seine Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat mit dem angegriffenen Urteil die Klage hinsichtlich des Hauptantrags ebenfalls abgewiesen und hinsichtlich des Hilfsantrags einen Teil der beantragten Summe zugesprochen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Erwerber, der Beklagte zu 2, die Teilfläche gutgläubig gemäß § 892 BGB erworben habe, die Beklagte zu 1 aber gemäß § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB das durch die Verfügung Erlangte herausgeben müsse. Das Oberlandesgericht hat die Revision nicht zugelassen.

Die gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtete Beschwerde des Beschwerdeführers hat der Bundesgerichtshof zurückgewiesen mit dem Hinweis darauf, dass die Rechtssache keine entscheidungserheblichen Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwerfe und eine Entscheidung auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich sei (§ 543 Abs. 2 ZPO).

3. Mit der fristgerecht eingelegten Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung des grundrechtsgleichen Rechts auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), des Grundrechts auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG), des Willkürverbots (Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG) und der Rechtsweggarantie (Art. 19 Abs. 4 GG).

Das Urteil des Oberlandesgerichts weise eine Reihe von Verletzungen von Verfahrensgrundrechten auf. Insbesondere sei der Grundsatz des rechtlichen Gehörs durch die Anwendung des § 892 BGB, die Bemessung der Schadensersatzansprüche und die Anwendung von Präklusionsvorschriften verletzt. Der Nichtannahmebeschluss des Bundesgerichtshofs perpetuiere diese Verletzungen. Hierdurch und durch die ungerechtfertigte Verengung des Zugangs zu einem weiteren Rechtsmittel verletzten nicht nur der Beschluss, sondern auch die Norm des § 543 Abs. 2 ZPO weitere Grundrechte des Beschwerdeführers.

Das Oberlandesgericht sei verpflichtet gewesen, die Revision zuzulassen, da die entscheidungserhebliche Frage der Wirkung eines bereits gelöschten Widerspruchs (§ 892 BGB) wegen des Meinungsstreits in der Literatur einer einheitlichen Entscheidung durch den Bundesgerichtshof habe zugeführt werden müssen. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs verletze den Beschwerdeführer aus den gleichen Gründen in den ihm zustehenden grundrechtlichen Gewährleistungen. Die Nichtannahme der Revision trotz einer notwendig einheitlichen Entscheidung allein im Hinblick auf einen Teilaspekt, die zutreffende Auslegung des § 892 BGB, verenge den Zugang zum Rechtsmittel und lasse es ineffektiv werden. Der Zugang zu Rechtsmitteln müsse sich aber durch ein gewisses Maß an Logik auszeichnen.

Die Nichtannahme der Revision durch den Bundesgerichtshof verletze insbesondere das Gebot des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG. Die Einheit der Rechtsprechung sei beeinträchtigt, wenn das Revisionsgericht nicht entscheide, sondern seiner Entscheidung begründungslos ein von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichendes Verständnis der Norm zu Grunde lege. Die bisherige Rechtsprechung der Senate des Bundesgerichtshofs zur Entwicklung der Annahmevoraussetzungen der Revision sei untauglich, einen effektiven Rechtsschutz in der Revision zu gewährleisten. Durch die bisher entwickelten Kriterien sei insbesondere nicht sicher bestimmbar, wann die Voraussetzung zur Zulassung einer Revision zwecks Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative ZPO) gegeben sei. Jedenfalls für den Beschwerdeführer erscheine die Annahme zufällig: Praktisch nicht erfüllbare Zulassungsvoraussetzungen und außerhalb der Rechtssache selbst liegende Umstände verengten oder versperrten den Zugang. Dies sei willkürlich. Die fehlende Begründung des Beschlusses lasse nicht erkennen, ob der hier zuständige V. Senat die zu enge Auslegung des XI. Senates (BGH, NJW 2003, S. 65) nicht übernehme, wonach auch bei Vorliegen von Verfahrensfehlern durch die Vorinstanzen die Annahme einer Revision erst dann geboten sei, wenn eine Verfassungsbeschwerde nach den Maßstäben des Annahmeverfahrens des Bundesverfassungsgerichts offensichtlich begründet wäre. Die fehlende Begründung erscheine danach allein schon deshalb willkürlich, weil nicht ersichtlich sei, auf welchen Voraussetzungen konkret die Nichtannahmeentscheidung beruhe.

§ 543 Abs. 2 ZPO in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung sei verfassungswidrig, weil die Norm unklar und unbestimmt sei. Der Gesetzgeber habe die Abgrenzung zwischen einzelfallbezogenen und das Allgemeininteresse berührenden Rechtsfehlern im Zulassungstatbestand des § 543 Abs. 2 ZPO mit dem inhaltsleeren Merkmal der Erforderlichkeit nicht einmal im Ansatz geleistet. Verfassungsrechtlich sei es geboten, gegen jedes rechtsfehlerhafte Urteil unabhängig von Schwere, Intensität und Evidenz des Fehlers die Revision zu eröffnen. Die Handhabung und die gesetzliche Gestaltung der Revisionszulassung verletzten den Beschwerdeführer auch in seinem Recht aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.

II.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Annahmevoraussetzungen des § 93 a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG), noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung von Grundrechten des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.

1. Die Zurückweisung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Oberlandesgericht in dem Beschluss des Bundesgerichtshofs ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. § 543 Abs. 2 ZPO in der Fassung des Gesetzes vom 27. Juli 2001 (BGBl I S. 1887) ist nicht aus den in der Verfassungsbeschwerde angesprochenen und für den Ausgangsrechtsstreit rechtserheblichen Gesichtspunkten verfassungswidrig (a). Auch verstößt die vom Bundesgerichtshof vorgenommene Kurzbegründung nicht gegen Verfassungsrechte (b).

a) Die Neuregelung der Zulassungsvoraussetzungen für das Rechtsmittel der Revision in § 543 Abs. 2 ZPO verletzt nicht das Gebot effektiven Rechtsschutzes (aa); auch sind die Zulassungsvoraussetzungen nicht in rechtsstaatswidriger Weise unzureichend bestimmt (bb); der Zugang zu dem Rechtsmittel der Revision ist nicht gleichheitswidrig ausgestaltet worden (cc).

aa) Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt ausgesprochen, dass weder Art. 19 Abs. 4 GG noch der Justizgewährungsanspruch die Einrichtung eines Instanzenzuges gebieten (vgl. BVerfGE 54, 277 <291>; 89, 381 <390>). Es liegt in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, ob er in bürgerlichrechtlichen Streitigkeiten Rechtszüge einrichtet, welche Zwecke er damit verfolgt und wie er sie im Einzelnen regelt (vgl. BVerfGE 54, 277 <291>). Soweit er ein Rechtsmittel einräumt, steht es ihm grundsätzlich frei, es auf die Rüge bestimmter Rechtsverletzungen zu beschränken.

Mit der Revision werden sowohl Individualbelange der Einzelfallgerechtigkeit als auch Allgemeinbelange wie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung verfolgt. § 543 Abs. 2 ZPO weist der Verfolgung von Allgemeinbelangen weichenstellende Bedeutung zu. Aus der Begründung des Gesetzentwurfs ergibt sich allerdings auch die Auffassung der Bundesregierung, dass die Zulassungsgründe in § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO dem Revisionsgericht die Möglichkeit eröffnen sollten, auch über Revisionen zu entscheiden, die zwar eine Leitentscheidung nicht erfordern, gleichwohl aber eine Ergebniskorrektur wegen offenbarer Unrichtigkeit oder wegen der Verletzung eines Verfahrensgrundrechts geboten erscheinen lassen (BTDrucks 14/4722 S. 67). Diese Absicht ist indessen nicht in der Formulierung des Gesetzes zum Ausdruck gebracht worden, auch nicht durch die Schaffung der Möglichkeit einer besonderen Verfahrensrüge.

Die verfassungsrechtlichen Rechtsschutzgewährleistungen sichern jedenfalls die einmalige Möglichkeit zur Einholung einer gerichtlichen Entscheidung zur Überprüfung einer behaupteten Rechtsverletzung; eine weitere Instanz kann in Anspruch genommen werden, wenn der Gesetzgeber sie bereitgestellt hat und die Voraussetzungen ihrer Anrufung erfüllt sind (vgl. BVerfG, NJW 2003, S. 1924). Die Rechtsschutzgarantie umfasst Rechtsschutz gegenüber behaupteten Verletzungen eines Verfahrensgrundrechts durch ein Gericht, hier zur Überprüfung der behaupteten Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG durch das Oberlandesgericht. Auch insofern muss die einmalige Möglichkeit zur Einholung einer gerichtlichen Entscheidung gegeben sein, und zwar zur Klärung der Frage, ob der Verfahrensfehler begangen worden ist (vgl. BVerfG, NJW 2003, S. 1924 <1926>). Dem Gesetzgeber steht frei, auf welche Weise er eine Überprüfungsmöglichkeit einrichtet.

Daher geht der Einwand fehl, § 543 Abs. 2 ZPO sei deshalb verfassungswidrig, weil er die Anrufung des Revisionsgerichts zur Überprüfung einer Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht stets, sondern nur unter den besonderen Voraussetzungen dieser Norm vorsehe. Wie weit die Möglichkeit des Rechtsschutzes durch Revision reichen soll, hat der Gesetzgeber festzulegen. Die Klärung, ob die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, ist Aufgabe der Fachgerichte, hier im Zuge der Auslegung und Anwendung von § 543 Abs. 2 ZPO. Nach der, im Einzelnen bisher allerdings nicht einheitlichen, Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. die Beschlüsse des V. Zivilsenats, BGH, NJW 2002, S. 2957; NJW 2003, S. 1943 <1946>, des VII. Zivilsenat, NJW 2003, S. 831 f. und des XI. Zivilsenats, BGH, NJW 2003, S. 65 <68>) ist die Möglichkeit einer Revisionszulassung zur Überprüfung von Verstößen gegen Art. 103 Abs. 1 GG offenbar begrenzt. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, verbleibende Lücken im Rechtsschutz gegenüber Gehörsverstößen zu schließen. Dies muss nicht notwendig zu einer Veränderung der Vorschriften über die Revisionszulassung führen. Es bleibt vielmehr der Entscheidung des Gesetzgebers überlassen, ob er den verfassungsrechtlich gebotenen Rechtsschutz zur Wahrung des Art. 103 Abs. 1 GG durch die Möglichkeit einer Selbstkorrektur durch das Ausgangsgericht (iudex a quo) oder durch die Möglichkeit der Anrufung eines Rechtsmittelgerichts (iudex ad quem) eröffnet (vgl. BVerfG, NJW 2003, S. 3687 <3688>; NJW 2003, S. 1924 <1927 f.>). In der dem Gesetzgeber verfügbaren Übergangszeit bis zu einer Neuregelung, die spätestens zum 31. Dezember 2004 zu erfolgen hat, kann die bisherige Rechtslage weiter hingenommen werden (vgl. BVerfG, NJW 2003, S. 3687 <3688>).

bb) Gegenwärtig lässt sich nicht feststellen, dass § 543 Abs. 2 in Verbindung mit § 544 ZPO gegen den Grundsatz der Bestimmtheit der gesetzlichen Regelung verstößt.

(1) Der in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Grundsatz der Bestimmtheit sichert im Rechtsmittelrecht, dass der Bürger erkennen kann, welches Rechtsmittel in Betracht kommt und unter welchen rechtlichen Voraussetzungen es zulässig ist. § 543 Abs. 2 ZPO, der den Zugang zur revisionsgerichtlichen Überprüfung der angefochtenen Entscheidung eröffnet, muss demgemäß hinreichend bestimmt ausgestaltet sein. Dem Gesetzgeber ist es allerdings nicht grundsätzlich verwehrt, unbestimmte Rechtsbegriffe zu verwenden (vgl. BVerfGE 8, 274 <326>; 41, 314 <319 f.>; 90, 1 <16>). Das Bestimmtheitsgebot wäre jedoch dann verletzt, wenn den gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen unter Beachtung der herkömmlichen juristischen Auslegungsmethoden keine konkreten Beurteilungsmaßstäbe zu entnehmen wären (vgl. BVerfGE 83, 130 <145>; 90, 1 <16 f.>).

(2) Die in § 543 Abs. 2 ZPO verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe sind dem Revisionsrecht nicht grundsätzlich fremd, auch wenn die Neuregelung bewusst einen "neuen Weg" beschreitet (so BTDrucks 14/4722, S. 67). Da die Zivilprozessordnung ein neuartiges Konzept der Revisionseröffnung verwirklichen will, bedürfen die unbestimmten Rechtsbegriffe des § 543 Abs. 2 ZPO weiterer Konkretisierung durch die Fachgerichte. Dabei kann daran angeknüpft werden, dass der Revisionsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n.F.) sich bereits in § 554 b ZPO a.F. sowie in anderen Verfahrensordnungen findet, wie etwa in § 124 Abs. 2 VwGO. Das Merkmal der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) ist Regelungen in anderen Verfahrensordnungen nachgebildet (§ 80 OWiG, § 115 Abs. 2 FGO, § 100 PatG). Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen gegen die Verwendung solcher Formulierungen in dem neuen Recht der Revisionszulassung nicht, da sie grundsätzlich konkretisierungsfähig sind.

Der Gesetzgeber darf nach einer Neuregelung abwarten, ob ein neu geschaffener Tatbestand zu einer im Wesentlichen gleichmäßigen Rechtsanwendung führt oder ob weitere gesetzliche Konkretisierungen erforderlich sind (vgl. BVerfGE 90, 145 <191>). Die Verwendung generalklauselartiger und weiter Tatbestandsvoraussetzungen in § 543 Abs. 2 ZPO ist vor diesem Hintergrund nicht grundsätzlich zu beanstanden. Dass es dem Bundesgerichtshof - wie die schon zitierten teilweise divergierenden Ansätze verschiedener Senate zeigen - bisher noch nicht gelungen ist, zu einer einheitlichen und zugleich für die Rechtsuchenden eindeutigen Linie zu kommen, bewirkt angesichts der Kürze der Zeit, in der das neue Revisionsrecht bisher anzuwenden war, keinen grundsätzlichen Einwand gegen die vom Gesetzgeber gewählte Regelungstechnik. Anders wird dies aber zu beurteilen sein, wenn die Rechtsprechung nicht in der Lage sein sollte, die Rechtsbegriffe so zu konkretisieren, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der Zulässigkeit des Rechtsmittels für den Rechtssuchenden erkennbar werden.

cc) Die Neuregelung verstößt auch nicht deshalb gegen das in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Rechtsstaatsprinzip, weil sie in willkürlicher Weise einen gleichheitswidrigen Zugang zur Revision schaffen würde. Angesichts der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit bei der Einrichtung des Rechtsmittels der Revision ist es dem Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht verwehrt, die Revision nicht bei Rechtsfehlern aller Art vorzusehen, sondern sie auf Fälle zu begrenzen, in denen aus besonderen Gründen des Allgemeininteresses ein Bundesgericht eingeschaltet wird. Auf solche besonderen Gründe sind die Tatbestandselemente des § 543 Abs. 2 ZPO bezogen. Dass die bisherigen Ansätze der Senate des Bundesgerichtshofs zu ihrer Konkretisierung auf sachfremden Erwägungen beruhen und deshalb willkürlich sind, wird in der im Wesentlichen mit rechtspolitischen Erwägungen argumentierenden Verfassungsbeschwerde nicht dargelegt und ist auch sonst nicht ersichtlich.

b) Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs in Anwendung der § 543 Abs. 2, § 544 ZPO ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Der Beschluss enthält eine Kurzbegründung und besagt ausdrücklich, dass der Bundesgerichtshof die Tatbestandsvoraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO verneint hat. Mangels einer darauf bezogenen näheren Begründung lässt sich dem Beschluss nicht entnehmen, wie das Gericht die Tatbestandsvoraussetzungen konkretisiert hat oder gar, ob dies unter Verkennung verfassungsrechtlicher Anforderungen geschehen ist. Eine unanfechtbare letztinstanzliche gerichtliche Entscheidung bedarf von Verfassungs wegen allerdings regelmäßig keiner Begründung (vgl. BVerfGE 50, 287 <289>; 81, 97 <106>; BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, NJW 1999, S. 207). Ein Ausnahmefall wird dann anerkannt, wenn von dem eindeutigen Wortlaut einer Norm abgewichen werden soll und der Grund hierfür nicht ohne weiteres erkennbar ist (vgl. BVerfGE 71, 122 <136>). Dafür bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte. Verfassungsrechtlich zwingende Gründe, dass die Revisionszulassungsentscheidung als solche einen Ausnahmefall bewirke, sind nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich. Aus dem Fehlen einer näheren Begründung entstehen dem Beschwerdeführer auch keine eigenständigen Nachteile bei der Durchsetzung seiner Grundrechte. Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision beschränkt sich auf die Klärung, dass der Zugang zum Revisionsgericht nicht eröffnet ist. Dies widerspricht dem Rechtsschutzsystem des Grundgesetzes nicht.

bb) Auch Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist nicht verletzt. Zwar kann die Garantie des gesetzlichen Richters beeinträchtigt sein, wenn ein Gericht der Pflicht zur Vorlage an ein anderes Gericht nicht nachkommt (vgl. BVerfGE 3, 359 <363>; 9, 213 <215>; 101, 331 <359>). Auch das Unterbleiben einer Vorlage an den Großen Senat des Bundesgerichtshofs trotz divergierender Entscheidungen verschiedener Senate kann Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzen (vgl. BVerfGE 19, 38 <43>; stRspr). Die Vorlagepflicht nach § 132 Abs. 2 oder Abs. 3 GVG wird allerdings noch nicht dadurch ausgelöst, dass die Senate unterschiedliche Rechtsmeinungen zur Auslegung von Normen haben, wenn dies nicht entscheidungserheblich geworden ist oder wird. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, obliegt der Prüfung durch den jeweiligen Senat des Bundesgerichtshofs. Art. 101 GG bietet keinen Schutz gegen jede - möglicherweise - fehlerhafte Entscheidung über die Pflicht zur Vorlage, wohl aber gegen Willkür (vgl. allgemein BVerfGE 101, 331 <359 f.>). Für deren Vorliegen aber bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte.

2. Ist die Nichtzulassung der Revision durch den Bundesgerichtshof demnach verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, kann die Korrektur der behaupteten Rechtsfehler des Berufungsurteils nicht im fachgerichtlichen Verfahren erreicht werden. Daher steht der Grundsatz der Subsidiarität einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung des Urteils des Oberlandesgerichts im Rahmen der Verfassungsbeschwerde nicht entgegen. Dieses Urteil verletzt den Beschwerdeführer weder in seinem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG noch in dem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG; es ist auch nicht willkürlich.

a) Eine Verletzung grundrechtlich geschützter Positionen des Beschwerdeführers aus Art. 14 GG ist nicht ersichtlich.

Es kann dahingestellt bleiben, welche konkreten, dem Beschwerdeführer zuzuordnenden vermögenswerten Rechte durch die getroffene Entscheidung beeinträchtigt sein sollen. Der Beschwerdeführer wendet sich insoweit gegen Versagung eines auf § 839, § 823 Abs. 1 BGB gestützten Schadensersatzanspruchs wegen der Veräußerung des Grundstücks durch die BvS. Das Bundesverfassungsgericht prüft bei Gerichtsentscheidungen lediglich nach, ob sie Fehler des Fachgerichts erkennen lassen, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Auffassung von der Bedeutung und Tragweite eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Gewährleistungsbereichs, beruhen (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>; 102, 347 <362>). Das Oberlandesgericht hat die Haftung bereits wegen fehlender Fahrlässigkeit der BvS im Hinblick auf die unklare Rechtslage und das Fehlen eindeutiger gesetzlicher oder gerichtlicher Vorgaben verneint. Dass mit diesen Erwägungen verfassungsrechtliche Maßstäbe grundlegend verkannt werden, ist nicht ersichtlich.

b) Das grundrechtsgleiche Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) ist nicht beeinträchtigt worden. Eine Verletzung ergibt sich insbesondere nicht bereits aus der Nichtberücksichtigung des Vortrags des Beschwerdeführers zum erzielten Mehrerlös. Das Oberlandesgericht hat diesen Vortrag berücksichtigt und mit verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Begründung dargelegt, dass selbst bei Annahme dieses Mehrerlöses ein Anspruch nicht gegeben ist, weil nicht substantiiert dargelegt worden ist, welcher Anteil hiervon bei dem Verkauf des Grundstücks auf die allein streitgegenständliche Teilfläche entfallen soll. Eine Schätzmöglichkeit sei mangels Angabe von Schätzgrundlagen nicht gegeben.

Der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs ist auch nicht durch eine Präklusion weiteren Vorbringens verletzt worden. Das Oberlandesgericht hat die (Teil-)Klage wegen unzureichender Zuordnung der Festzinsbeträge zu konkreten Zeiträumen abgewiesen. Es hat ausweislich der Entscheidungsgründe von einem vorherigen rechtlichen Hinweis auf die Maßgeblichkeit dieses Gesichtspunkts abgesehen, da das daraufhin zu erwartende Vorbringen des Beschwerdeführers wegen Verstoßes gegen die Prozessförderungspflicht gemäß § 282 Abs. 1, 2 ZPO präkludiert gewesen wäre. Dies sind Ausführungen zur Anwendung einfachen Rechts, die das Bundesverfassungsgericht hinzunehmen hat, da sie nicht erkennen lassen, dass spezifisches Verfassungsrecht verletzt worden ist. Der Anspruch auf rechtliches Gehör wäre ohnehin erst dann verletzt, wenn das Gericht den Hinweis auf einen entscheidungserheblichen rechtlichen Gesichtspunkt unterlassen hätte, mit dem auch ein gewissenhafter und rechtskundiger Prozessbeteiligter nicht zu rechnen brauchte (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>; 86, 133 <144>; 98, 218 <263>). Um einen solchen Aspekt handelt es sich hier nicht. Gemäß ständiger Rechtsprechung und Übung im Zivilprozess wird eine hinreichend konkrete Abgrenzung und Zuordnung der Teilbeträge einer Teilklage gefordert. Deshalb war hier von Verfassungs wegen ein Hinweis des Fachgerichts nicht geboten.

c) Die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist auch nicht willkürlich im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip. Die durch den Beschwerdeführer insoweit gerügten Rechtsfehler betreffen die Anwendung des einfachen Rechts, die das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich nicht zu korrigieren hat. Konkrete Anhaltspunkte für eine schlechthin nicht mehr nachvollziehbare und deshalb willkürliche Entscheidung sind nicht gegeben; die Entscheidung der Einzelfragen ist zumindest vertretbar. Dass sie auf sachwidrigen Erwägungen beruhen, wird vom Beschwerdeführer nur behauptet, nicht aber näher begründet.

Willkür ist auch insoweit nicht dargelegt, als das Oberlandesgericht die Revision nicht gemäß § 543 Abs. 1 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen hat. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn dieses Tatbestandsmerkmal nicht schon dann als erfüllt angesehen wird, wenn es Meinungsstreitigkeiten in der Literatur gibt. Die durch den Beschwerdeführer befürwortete Auslegung des § 892 BGB wird - soweit ersichtlich - nur in einem Teil der Literatur, und zwar für den Fall der Kenntnis des Erwerbers von der Unrechtmäßigkeit der Löschung, vertreten. Eine höchstrichterliche Entscheidung, von der das Oberlandesgericht abgewichen wäre, hat der Beschwerdeführer nicht benannt; sie ist auch nicht ersichtlich. Andere Anhaltspunkte, die aus der Sicht des Oberlandesgerichts die Zulassung einer Revision erforderlich gemacht hätten, sind durch den Beschwerdeführer nicht dargetan und auch sonst nicht erkennbar.

3. Von einer weiter gehenden Begründung wird abgesehen (§ 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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