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Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 25.05.1999
Aktenzeichen: 1 BvR 987/92
Rechtsgebiete: LMedienG BW, BVerfGG, VwGO


Vorschriften:

LMedienG BW § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 u. 4
LMedienG BW § 33 Abs. 4 Nr. 1
LMedienG BW § 93 Abs. 3
LMedienG BW § 20
BVerfGG § 93 b
BVerfGG § 93 a
BVerfGG § 32
BVerfGG § 93 d Abs. 1 Satz 3
VwGO § 47
VwGO § 47 Abs. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 987/92 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

1. der Stuttgarter Presse Funk GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer,

2. der MMN Mediengesellschaft Mittlerer Neckar mbH, vertreten durch den Geschäftsführer,

3. der Axel Springer Verlag AG, gesetzlich vertreten durch den Vorstand,

4. der Stuttgarter Regional 101.3 Hörfunk GmbH & Co., vertreten durch die Stuttgart Regional 101.3 Hörfunk Verwaltungs GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer,

5. der Regionalsender Oberschwaben GmbH & Co. KG, vertreten durch die Regionalsender Oberschwaben Geschäftsführungs-GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer,

6. der Radio Ostalb GmbH & Co. KG, vertreten durch die Radio Ostalb Verwaltungs-GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer,

7. der Regionalsender Ulm GmbH & Co. KG, vertreten durch die Regionalsender Ulm Geschäftsführungs-GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer,

8. der Radio Witthoh GmbH & Co., vertreten durch die Radio Witthoh Verwaltungs GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer,

9. der Radio Regenbogen GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer,

10. der Schwarzwald Radio Blauen GmbH & Co. KG, vertreten durch die Schwarzwald Radio Blauen GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer,

11. der Radio Victoria Privater Rundfunk GmbH & Co. KG, vertreten durch die Regionalsender Radio Victoria Privater Rundfunk Geschäftsführungs-GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer,

12. der Radio RT 4 Programm- und Lizenzgesellschaft mbH & OHG, vertreten durch die Radio RT 4 GmbH & Co. Programm- und Betriebsgesellschaft, vertreten durch die Radio RT 4 Verwaltungs-GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer,

- Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Professor Dr. Rüdiger Zuck, Robert-Koch-Straße 2, Stuttgart -

gegen

§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4, § 33 Abs. 4 Nr. 1, § 93 Abs. 3 LMedienG BW in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. März 1992 (GBl S. 189)

hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Vizepräsidenten Papier und die Richter Grimm, Hömig gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 25. Mai 1999 einstimmig beschlossen:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde liegen nicht vor.

Soweit die Beschwerdeführer, die nach Rücknahme der Verfassungsbeschwerde durch weitere Beschwerdeführer verblieben sind, die Regelung in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4 LMedienG BW und § 93 Abs. 3 LMedienG BW angreifen, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig. Ungeachtet der Frage, ob die Beschwerdeführer als nunmehrige Gesellschafter eines privaten Rundfunkveranstalters von diesen Normen selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen sind, fehlt ihnen jedenfalls ein Rechtsschutzbedürfnis, das noch im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gegeben sein muß (vgl. BVerfGE 81, 138 <140>). Die Beschwerdeführer haben ein gegenwärtiges nachvollziehbares Interesse an einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung der Regelungen in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4 und § 93 Abs. 3 LMedienG BW nicht dargetan.

Ein solches Interesse käme hinsichtlich § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4 LMedienG BW nur in Betracht, wenn die Beschwerdeführer weiterhin Regionalfunk in den bis zum 30. September 1994 vorhandenen Strukturen veranstalten wollten. Hierfür ist nichts ersichtlich. Die verbliebenen Beschwerdeführer haben sich sämtlich an den nunmehr zugelassenen drei Regionalhörfunkveranstaltern als Gesellschafter beteiligt. Anhaltspunkte dafür, daß sie noch heute daran interessiert sein könnten, ihre Gesellschaftsbeteiligung an den zugelassenen drei Regionalhörfunkveranstaltern wieder aufzugeben und jeweils eigenständigen Regionalfunk zu veranstalten, sind nicht erkennbar. Hätte ein solches Interesse vor den Zusammenschlüssen ernsthaft bestanden, so wäre zu erwarten gewesen, daß die Beschwerdeführer um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht hätten. Eine solche Rechtsschutzmöglichkeit war nicht allein durch § 32 BVerfGG eröffnet. Vielmehr hätten die Beschwerdeführer gegen den von der Landesmedienanstalt auf der Grundlage des § 20 LMedienG BW aufgestellten Nutzungsplan im Wege der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle gemäß § 47 VwGO vorgehen und nach § 47 Abs. 6 VwGO um einstweiligen Rechtsschutz nachsuchen können. Der Umstand, daß die Beschwerdeführer diese Rechtsschutzmöglichkeiten nicht ergriffen, sich vielmehr den veränderten Bedingungen angepaßt haben, zeigt, daß ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse an einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung nicht mehr gegeben ist.

Auch hinsichtlich der in § 93 Abs. 3 LMedienG BW enthaltenen Werbebeschränkung ist ein solches Interesse nicht ersichtlich. Die Regelung greift nur im Falle eines Zusammenschlusses oder Teilzusammenschlusses derzeit zugelassener Regionalhörfunkveranstalter ein. Es ist nichts dafür vorgetragen, daß eine solche Absicht besteht oder ein Zusammenschluß auch nur erwogen wird. Auch liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß die Regelung mit Blick auf eine künftig eintretende Wirkung die Beschwerdeführer bereits jetzt zu später nicht mehr korrigierbaren Entscheidungen zwingen könnte. Solange ein Zusammenschluß nicht ernsthaft in Betracht gezogen wird, muß keiner der zugelassenen Rundfunkveranstalter sein Werbeverhalten an der Regelung des § 93 Abs. 3 LMedienG BW ausrichten. Bei dieser Sachlage ist ein nachvollziehbares Interesse an einer gegenwärtigen Überprüfung nicht ersichtlich.

Die Beschwerdeführer werden durch diese Einschätzung nicht unzumutbar beeinträchtigt. Für den nicht völlig ausschließbaren Fall, daß in der Zukunft die Absicht für einen Zusammenschluß der Veranstalter entstehen könnte, verbleiben hinreichende Rechtsschutzmöglichkeiten. Soweit der infolge des Zusammenschlusses neu entstehende Regionalhörfunkveranstalter von der Ausnahmeregelung in § 33 Abs. 4 Satz 2 LMedienG BW Gebrauch machen und dies zu einer Beanstandung der Landesmedienanstalt führen sollte, weil sie § 93 Abs. 3 LMedienG BW als abschließende und die weitere Anwendbarkeit von § 33 Abs. 4 Satz 2 LMedienG BW hindernde Regelung auffassen könnte, stünde hiergegen der Verwaltungsrechtsweg offen. Der Verweis auf diesen Rechtsweg erscheint angesichts der nicht eindeutigen Rechtslage nicht unzumutbar. Es würde damit den neuen Rundfunkveranstaltern auch kein bußgeldbewehrtes Verhalten abverlangt. Ein immerhin denkbarer Verstoß gegen § 93 Abs. 3 LMedienG BW stellt keine Ordnungswidrigkeit dar.

Soweit mit der Verfassungsbeschwerde die Werbebeschränkung in § 33 Abs. 4 LMedienG BW angegriffen wird, erweist sie sich ungeachtet auch insoweit bestehender Zulässigkeitsbedenken als unbegründet. Es läßt sich nicht feststellen, daß der Gesetzgeber im Rahmen der Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit den ihm eröffneten breiten Gestaltungsraum (vgl. BVerfGE 90, 60 <94>; 97, 228 <267>) in verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise zu Lasten der Regionalhörfunkveranstalter verlassen hat. Greifbare Anhaltspunkte dafür, daß die zum Schutz von Lokalhörfunkveranstaltern geschaffene Werbebeschränkung ungeeignet oder unverhältnismäßig sein könnte, liegen nicht vor. Der hierzu von den Beschwerdeführern mit der Verfassungsbeschwerde vorgebrachte Sachvortrag bezieht sich allein auf die frühere Situation vor der Reduzierung der Regional- und Lokalsender. Vorbringen dazu, wie sich die Werbebeschränkung angesichts der neuen Situation mit drei großen Regionalsendern ausgewirkt hat, fehlt.

Zu der von den Beschwerdeführern befürchteten Verdrängung der Regionalsender ist es nicht gekommen. Es läßt sich auch nicht feststellen, daß die Werbebeschränkung in § 33 Abs. 4 LMedienG BW in nennenswertem Maße zu Einnahmeverlusten bei den Regionalsendern geführt hat. Die Beschwerdeführer haben keine Angaben zur wirtschaftlichen Entwicklung der Regionalhörfunkveranstalter namentlich im Bereich der Werbeeinnahmen seit der Zulassung im Jahre 1994 gemacht. Dies wäre ihnen ohne weiteres möglich gewesen. Denn da infolge entsprechender Vereinbarungen ein Großteil der Lokalradios auf die Einhaltung der ihrem Schutz dienenden Werbebeschränkungen gemäß § 33 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 LMedienG BW verzichtet hat, wie die Beschwerdeführer vorgetragen haben, lassen sich diejenigen Werbeeinnahmen ohne weiteres konkretisieren, die ohne den Verzicht unter den dann geltenden Wirkungen des § 33 Abs. 4 LMedienG BW entfallen wären. Mangels entsprechenden Vortrags ist davon auszugehen, daß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Regionalhörfunkveranstalter durch die Werbebeschränkung jedenfalls nicht in einem Maße gefährdet ist, die eine Verdrängung vom Markt besorgen lassen könnte. Schließlich ist auch die Ungeeignetheit der Werbebeschränkung zum Schutz der Lokalhörfunkveranstalter angesichts fehlenden Vortrags zur Entwicklung der wirtschaftlichen Situation der Lokalradios für den Zeitraum ab dem 1. Oktober 1994 nicht feststellbar.

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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