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Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 26.02.2004
Aktenzeichen: 2 BvH 1/04
Rechtsgebiete: BVerfGG, GG
Vorschriften:
BVerfGG § 13 Nr. 5 | |
BVerfGG §§ 63 ff. | |
BVerfGG § 71 Abs. 1 Nr. 3 | |
GG Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 | |
GG Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 3. Alt. |
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvH 1/04 -
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Verfahren über die Anträge festzustellen,
und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
hat das Bundesverfassungsgericht - Zweiter Senat - unter Mitwirkung der Richterin und Richter Vizepräsident Hassemer, Jentsch, Broß, Di Fabio, Mellinghoff, Lübbe-Wolff
am 26. Februar 2004 beschlossen:
Tenor:
Die Anträge werden verworfen.
Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Gründe:
Das Organstreitverfahren betrifft die Frage, ob der Erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg und weitere Mitglieder des Senats in amtlicher Funktion als Staatsorgane in den Wahlkampf im Vorfeld der Wahlen zur Hamburger Bürgerschaft am 29. Februar 2004 eingegriffen und die Antragstellerin hierdurch in ihren Rechten aus der Landesverfassung verletzt haben.
I.
1. Die Antragstellerin ist eine politische Partei, deren Landesverband in Hamburg zu den dortigen Bürgerschaftswahlen am 29. Februar 2004 antritt.
2. Im laufenden Wahlkampf ließ der Landesverband der Christlich Demokratischen Union (CDU) in Hamburg Werbeplakate fertigen und im Stadtgebiet von Hamburg aufstellen. Einige zeigen unter dem Portrait des derzeitigen Ersten Bürgermeisters einen Schriftzug, in dem diesem verschiedene Senatsmitglieder - unter Nennung ihrer Amtsbezeichnung als "Senatorin" oder "Senator" - ihre Unterstützung zusichern. Daneben wirbt der Landesverband der CDU in Hamburg auf seinen Internetseiten für seinen Spitzenkandidaten und derzeitigen Ersten Bürgermeister mit dessen Amtsbezeichnung. Weiterhin finden sich dort Ankündigungen von Wahlkampfeinsätzen verschiedener Senatsmitglieder, die auf der Homepage des CDU-Landesverbands gleichfalls unter Nennung der Amtsbezeichnung geführt werden.
3. Unter dem 6. Februar 2004 beantragten die Antragstellerin und der Abgeordnete Ronald Barnabas Schill beim Hamburgischen Verfassungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, der Freien und Hansestadt Hamburg sowie dem Justizsenator Dr. Kusch zu verbieten, parteipolitische Werbung für die CDU vorzunehmen, und den Senatoren die Teilnahme an Wahlkampfveranstaltungen zu untersagen. Durch Beschluss vom 17. Februar 2004, den die Antragstellerin weder erwähnt noch vorgelegt hat, wies das Hamburgische Verfassungsgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurück.
II.
1. Die Antragstellerin begehrt im Wege der Organklage die Feststellung, dass die Antragsgegner durch einzelne Wahlwerbemaßnahmen ihr Recht auf politische Chancengleichheit verletzt hätten.
Das Bundesverfassungsgericht habe es den Staatsorganen von Verfassungs wegen versagt, sich in amtlicher Funktion im Hinblick auf Wahlen mit politischen Parteien oder Wahlbewerbern zu identifizieren, sie unter Einsatz staatlicher Mittel zu unterstützen und zu bekämpfen und durch Werbung die Entscheidung der Wähler zu beeinflussen. Durch den massiven Wahlkampfeinsatz der Senatoren mit Hilfe der aufgestellten Wahlplakate werde der Eindruck erweckt, der gesamte Senat stünde zur Wiederwahl und dürfe für die Landesliste der CDU werben. Daneben sei es unzulässig, wenn sich die Senatoren als führende Vertreter der Exekutive in einen Wahlkampf einmischten. Auch wenn Senatoren keine feste Arbeitszeit hätten, sei es ihnen kraft Amtes versagt, "tagsüber praktisch nur noch Wahlkampf" zu machen und dadurch das Neutralitätsgebot der Exekutive nachhaltig zu verletzen.
2. Die Antragstellerin beantragt, den Antragsgegnern zu 2. bis 5. im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verbieten, "im hamburgischen Bürgerschaftswahlkampf zum 29. Februar 2004 Wahlkampf zu betreiben", und darüber hinaus dem Antragsgegner zu 6. zu untersagen, "unter der Amtsbezeichnung 'Bürgermeister' für eine 'Bürgermeisterwahl' im Rahmen des aktuellen Bürgerschaftswahlkampfes zu werben".
III.
Die Anträge sind unzulässig. Damit erledigt sich gleichzeitig der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
1. Die Anträge sind im Organstreitverfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, §§ 13 Nr. 5, 63 ff. BVerfGG unzulässig. Zwar ist die Antragstellerin, eine politische Partei (vgl. § 2 Abs. 1 PartG), im Organstreitverfahren als anderer Beteiligter parteifähig (vgl. BVerfGE 4, 27 <31>; 73, 40 <65>; 103, 164 <168>; stRspr). Der Freien und Hansestadt Hamburg, den einzelnen Senatoren sowie dem Ersten Bürgermeister fehlt es jedoch an der Beteiligtenfähigkeit im (Bundes-)Organstreit-verfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG (vgl. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, 6. Aufl., 2002, Art. 93 Rn. 7).
2. Die Anträge sind auch nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 3. Alt. GG unzulässig.
a) Die Antragsgegnerin zu 1., die Freie und Hansestadt Hamburg, ist kein möglicher Antragsgegner in einem Verfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 3. Alt. GG. Beteiligtenfähig können insoweit nur Verfassungsorgane der Länder oder mit eigenen Rechten ausgestattete Teile dieser Organe sein (§ 71 Abs. 1 Nr. 3 BVerfGG).
b) Die Anträge gegen die Antragsgegner zu 2. bis 6. sind nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 3. Alt. GG ebenfalls unzulässig. Nach dieser Vorschrift entscheidet das Bundesverfassungsgericht (auch) in anderen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten innerhalb eines Landes, soweit nicht ein anderer Rechtsweg gegeben ist. Der Rechtsweg zum Bundesverfassungsgericht als "subsidiäres Landesverfassungsgericht" (vgl. BVerfGE 99, 1 <17>) ist im Verfahren gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 3. Alt. GG nur eröffnet, wenn der Antragsteller nicht die Möglichkeit hat, ein Verfahren vor dem Landesverfassungsgericht einzuleiten (vgl. BVerfGE 102, 245 <250>). Hier ist gemäß Art. 65 Abs. 3 Nr. 2 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg der Rechtsweg zum Hamburgischen Verfassungsgericht eröffnet (vgl. Beschluss des Hamburgischen Verfassungsgerichts vom 17. Februar 2004 - HVerfG 2/04 -).
Ende der Entscheidung
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