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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 02.03.2006
Aktenzeichen: 2 BvQ 10/06
Rechtsgebiete: BVerfGG, StPO


Vorschriften:

BVerfGG § 32 Abs. 1
BVerfGG § 93d Abs. 2
StPO § 142 Abs. 1 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvQ 10/06 -

In dem Verfahren

über

den Antrag

im Wege der einstweiligen Anordnung

den Vorsitzenden Richter des Oberlandesgerichts Düsseldorf, 6. Strafsenat, anzuweisen, auf den Vorschlag des Antragstellers hin Frau Rechtsanwältin Edith Lunnebach, Metzer Straße 28, 50677 Köln, als zweite Pflichtverteidigerin des Vertrauens für das Verfahren III-VI 10/05 beizuordnen,

hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Vizepräsidenten Hassemer, die Richter Di Fabio und Landau gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 93d Abs. 2 BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 2. März 2006 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Gründe:

Der Antrag auf Beiordnung der Rechtsanwältin Lunnebach ist zurückzuweisen, da eine Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des Vorsitzenden, mit der eine solche Beiordnung abgelehnt wurde, jedenfalls offensichtlich unbegründet wäre (zur Ablehnung isolierter Eilanträge bei zu erwartender Erfolglosigkeit der Hauptsache vgl. BVerfGE 103, 41 <42>).

Die Ablehnung des Antrags auf Beiordnung der Rechtsanwältin Lunnebach hat den Antragsteller nicht in seinem Anspruch auf Durchführung eines fairen Strafverfahrens verletzt. Der Grundsatz des fairen Verfahrens fordert zwar, die Wünsche eines Angeklagten auf Beiordnung eines Verteidigers - soweit möglich - zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 68, 237 <256>). Ein Angeklagter hat jedoch, wie das Bundesverfassungsgericht schon mehrfach entschieden hat (vgl. BVerfGE 9, 36 <38>; 39, 238 <243>), keinen bindenden Anspruch auf Beiordnung eines von ihm bezeichneten Rechtsbeistands. In begründeten Ausnahmefällen kann ihm, wie auch die Vorschrift des § 142 Abs. 1 Satz 3 StPO zeigt, die Beiordnung eines bestimmten Verteidigers durchaus versagt werden.

Dass der Vorsitzende des für das Strafverfahren gegen den Antragsteller zuständigen Gerichts einen solchen wichtigen Grund darin gesehen hat, dass Rechtsanwältin Lunnebach nicht zuzusichern vermochte, an sämtlichen Hauptverhandlungsterminen teilzunehmen, begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.

Es gehört zu den Aufgaben des Vorsitzenden eines Gerichts, nach Anklageerhebung die Rechtsstaatlichkeit des Strafverfahrens zu gewährleisten (vgl. Laufhütte, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 5. Aufl., § 142 Rn. 7). Hierzu hat er auch auf die Einhaltung des in Haftsachen geltenden Beschleunigungsgebots zu achten. Befindet sich der Angeklagte in Untersuchungshaft, hat der Vorsitzende sicherzustellen, dass die Freiheitsentziehung durch die Durchführung des Verfahrens nicht unverhältnismäßig in die Länge gezogen wird. Hat die Haft bei Beginn der Hauptverhandlung schon geraume Zeit angedauert, kann es für den Vorsitzenden gegebenenfalls geboten sein, diesem Umstand durch eine straffe Terminierung entgegenzuwirken (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Dezember 2005 - 2 BvR 1964/05 -, Abschn. 87 = StV 2006, S. 73 ff.).

Hier hat der Vorsitzende des Strafsenats zur Wahrung des Beschleunigungsgebots eine Terminierung der Strafsache an drei Tagen in der Woche für erforderlich gehalten. Im Fall einer Beiordnung der Rechtsanwältin Lunnebach wäre demnach nicht gewährleistet, dass das Strafverfahren in der vom Beschleunigungsgebot geforderten Weise gefördert werden könnte.

Der Antragsteller hat dieser Einschätzung grundsätzlich nicht widersprochen. Nur hält er die rechtliche Vertretung durch einen Verteidiger seines Vertrauens gegenüber einer Einhaltung des Beschleunigungsgrundsatzes für vorrangig. Diese Argumentation dringt hier jedoch deshalb nicht durch, weil mit dem Antragsteller weitere Personen angeklagt sind, die sich ebenfalls in Untersuchungshaft befinden. Der Antragsteller hat nicht in Abrede gestellt, dass - wie vom Vorsitzenden in seiner Entscheidung mitgeteilt - die ins Auge gefasste Terminierung auch erforderlich ist, um die Freiheitsrechte dieser mitangeklagten Personen, die zusammen mit ihren Verteidigern der Verhandlungsplanung bereits zugestimmt haben, zu wahren. Mit Blick auf die grundrechtlichen Positionen der Mitangeklagten ist es nicht zu beanstanden, dass der Vorsitzende des Strafsenats den Antrag auf Beiordnung von Rechtsanwältin Lunnebach zurückgewiesen hat.

Dies gilt umso mehr, als der Antragsteller durch die Entscheidung des Vorsitzenden nicht verteidigerlos gestellt wurde. Dem Antragsteller ist mit seiner Bevollmächtigten im Antragsverfahren bereits seit längerer Zeit eine Verteidigerin seines Vertrauens beigeordnet, an deren Kompetenz keine Zweifel laut geworden sind.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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