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Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 03.02.2000
Aktenzeichen: 2 BvQ 2/00
Rechtsgebiete: BVerfGG
Vorschriften:
BVerfGG § 32 Abs. 1 | |
BVerfGG § 93d Abs. 2 | |
BVerfGG § 93a | |
BVerfGG § 93b | |
BVerfGG § 90 Abs. 2 Satz 1 | |
BVerfGG § 23 Abs. 1 Satz 2 | |
BVerfGG § 92 |
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvQ 2/00 -
In dem Verfahren
über
den Antrag
des Herrn S. ,
- Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Stephan G. Krempel, Futterstraße 3, Saarbrücken -
im Wege der einstweiligen Anordnung
die Vollziehung des Beschlusses des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 10. Januar 2000 - 2 Ausl. I 1/00 - bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde auszusetzen,
hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richter Sommer, Broß und die Richterin Osterloh gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 93d Abs. 2 BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)
am 3. Februar 2000 einstimmig beschlossen:
Tenor:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller wendet sich mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen einen Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, mit dem gegen ihn die vorläufige Auslieferungshaft verhängt wurde.
1. Der Antragsteller ist vietnamesischer Staatsangehöriger und befindet sich seit dem 10. Januar 2000 in vorläufiger Auslieferungshaft. Dieser ging ein Ersuchen der französischen Behörden um vorläufige Festnahme des Antragstellers zur Vorbereitung seiner Auslieferung nach Frankreich zum Zwecke der Strafvollstreckung voraus. Gegen den Antragsteller besteht ein Haftbefehl des Strafgerichts Sarreguemines vom 28. April 1997 zur Vollstreckung eines Urteils des Strafgerichts vom selben Tage (Az.: II. 729/97). Danach wurde der Antragsteller aufgrund von Verstößen gegen ausländerrechtliche Bestimmungen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Er hat hiervon noch eine Reststrafe von vier Monaten zu verbüßen.
2. Mit Schriftsatz vom 25. Januar 2000 beantragte der Antragsteller bei dem zuständigen Senat des Frankfurter Oberlandesgerichts die Außervollzugsetzung des Haftbefehls unter Hinweis auf verschiedene Einwendungen. Gleichzeitig stellte er den vorliegenden Antrag.
II.
Zur Begründung seines Antrages trägt der Antragsteller vor, eine Folgenabwägung müsse zu seinen Gunsten ausgehen. Erginge die einstweilige Anordnung nicht, könne er nach den Vorschriften des Gesetzes über die Internationale Rechtshilfe bis zu vierzig Tagen in Haft gehalten werden. Dies verstoße mit Blick auf die Reststrafe von vier Monaten gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Jedenfalls bestünden auch mildere Mittel, wie beispielsweise die Außervollzugsetzung des Haftbefehls gegen Auflagen, um das Auslieferungsbegehren der Republik Frankreich zu prüfen.
III.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung war abzulehnen.
1. Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Als Mittel des vorläufigen Rechtsschutzes hat die einstweilige Anordnung auch im verfassungsgerichtlichen Verfahren die Aufgabe, die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern; sie soll auf diese Weise dazu beitragen, Wirkung und Bedeutung einer erst noch zu erwartenden Entscheidung in der Hauptsache zu sichern und zu erhalten (vgl. BVerfGE 42, 103 <119>). Deshalb kann eine einstweilige Anordnung nicht erlassen werden, wenn in der Hauptsache eine Verfassungsbeschwerde unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist (BVerfGE 89, 91 <94> m.w.N.; stRspr); ebensowenig ist Raum für den Erlass einer einstweiligen Anordnung, wenn davon auszugehen ist, dass eine in dieser Sache eingelegte Verfassungsbeschwerde gemäß §§ 93a, 93b BVerfGG nicht zur Entscheidung anzunehmen sein wird (vgl. z.B. Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Oktober 1998 - 2 BvQ 32/98 -, BayVBl 1999, S. 463).
2. Bei Anträgen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist deshalb unter anderem zu prüfen, ob die Verfassungsbeschwerde zulässig ist bzw. wäre (vgl. BVerfGE 7, 175 <179 f.>; 7, 367 <371>). Zwingende Zulässigkeitsvorausetzungen für eine Verfassungsbeschwerde sind nach § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG die Erschöpfung des Rechtsweges und nach §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG ein den Anforderungen an die Darlegungslast genügender hinreichend substantiierter Vortrag (vgl. BVerfGE 6, 132 <134>; 9, 109 <114 f.>; stRspr).
Hieran gemessen wäre eine noch einzulegende Verfassungsbeschwerde voraussichtlich unzulässig.
a) Der Antragsteller ist mit Blick auf den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG) gehalten, seine Einwendungen gegen die Anordnung der vorläufigen Auslieferungshaft zunächst gegenüber dem Fachgericht zu erheben. Dies hat der Antragsteller ausweislich der Antragsbegründung auch getan.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung vor einer Entscheidung des Fachgerichts über die von dem Antragsteller erhobenen Einwendungen ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht angezeigt. Der Antragsteller hat insoweit nicht substantiiert vorgetragen, weshalb die Voraussetzungen des § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG für eine Entscheidung vor Erschöpfung des Rechtswegs gegeben sein könnten und bereits die Anordnung der vorläufigen Auslieferungshaft gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen soll.
b) Gleiches gilt für den Hinweis darauf, dass der Haftbefehl unter Meldeauflagen außer Vollzug gesetzt werden könne. Inwieweit dies vor einer Entscheidung des Fachgerichts zum gegenwärtigen Zeitpunkt von Verfassungs wegen geboten sein soll, zeigt der Antragsteller nicht auf.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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