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Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 04.04.2001
Aktenzeichen: 2 BvQ 6/01
Rechtsgebiete: BVerfGG
Vorschriften:
BVerfGG § 93a Abs. 2 |
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvQ 6/01 - - 2 BvR 471/01 -
In den Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn S...
gegen
a) den Beschluss des Landgerichts Dortmund vom 14. Februar 2001 - 14 (7) Vollz 9/01 -,
b) die Unterbringung des Beschwerdeführers in der Justizvollzugsanstalt Dortmund in einem Haftraum mit einer Grundfläche von 5,6 Quadratmetern und offener, nicht abgetrennter Toilette ohne gesonderte Entlüftung neben Esstisch und Schlafplatz
- 2 BvR 471/01 -
und
über den Antrag, die Justizvollzugsanstalt Dortmund im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dass die von ihr seit dem 8. Februar 2001 gegen den Antragsteller vollzogene Unterbringung in einem Haftraum mit einer Grundfläche von 5,6 bzw. etwa 6 Quadratmetern und ungelüfteter, neben dem Bett und dem Esstisch stehender, nicht abgetrennter Toilette außer Vollzug gesetzt wird und dem Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Bundesverfassungsgerichts unverzüglich ein anderer Haftraum zuzuweisen ist
- 2 BvQ 6/01 -
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richterin Präsidentin Limbach und die Richter Hassemer, Mellinghoff gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a und § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 93d Abs. 2 BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)
am 4. April 2001 einstimmig beschlossen:
Tenor:
Die Verfahren werden verbunden.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Gründe:
Die Verfassungsbeschwerde und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betreffen - bei zum Teil unterschiedlichem Sachstand nach zwischenzeitlicher Verlegung des Beschwerdeführers in einen anderen Haftraum - die Unterbringung des Beschwerdeführers in einer Haftzelle, die er im Blick auf ihre Größe, das Vorhandensein einer nicht abgetrennten Toilette, der Überwachungsmöglichkeit durch Öffnungen in der Zellentür und der Verschmutzung des Raumes als unzumutbar ansieht.
1. Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil - derzeit - ein Annahmegrund nach § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt.
Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Unterbringung des Beschwerdeführers in der Haftzelle Nr. 244 richtet, ist der Rechtsweg nicht erschöpft (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG). Dies ist dem Beschwerdeführer zuzumuten (§ 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG), nachdem er in eine andere Haftzelle verlegt wurde. Zur dortigen Unterbringung hat sich der Beschwerdeführer im Verfassungsbeschwerde-Verfahren nicht geäußert.
Im Blick auf den Angriff auf die Entscheidung des Landgerichts im Eilverfahren nach § 114 Abs. 2 StVollzG ist der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde nicht gewahrt. Zwar sind Entscheidungen in fachgerichtlichen Eilverfahren grundsätzlich eigenständig mit der Verfassungsbeschwerde angreifbar. Soweit aber das Hauptsacheverfahren geeignet ist, der verfassungsrechtlichen Beschwer abzuhelfen, bedarf es zur Erschöpfung des Rechtswegs im weiteren Sinne - u.a. zur Klärung der Tatsachengrundlage der Entscheidung - auch der vorherigen Nutzung dieses Hauptsacheverfahrens (vgl. BVerfGE 77, 381 <400 f.>; 79, 275 <278 f.>; 80, 40 <45>). Dies ist dem Beschwerdeführer nach Verlegung in eine andere Zelle zuzumuten, weil in der Justizvollzugsanstalt nach deren Vorbringen, dem der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten ist, derzeit keine bessere Unterbringungsmöglichkeit besteht.
Die Zumutbarkeit der Verweisung auf den Rechtsweg nach § 109 StVollzG entfällt entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers auch nicht durch den Inhalt der angegriffenen Entscheidung des Landgerichts im Eilverfahren nach § 114 Abs. 2 StVollzG; denn insoweit ist zu beachten, dass zwar gegen diese Entscheidung keine Rechtsbeschwerde möglich war, wohl aber gegen eine Hauptsacheentscheidung nach § 109 StVollzG. Für die Frage, bei welchen räumlichen Gegebenheiten die Unterbringung eines Strafgefangenen in einer Haftzelle unzumutbar ist, fehlt es an einer gefestigten fachgerichtlichen Rechtsprechung und einem eindeutigen Standpunkt in der Literatur (vgl. OLG Frankfurt, NStZ 1985, S. 572 f.; StV 1986, S. 27 f. mit Anm. Lesting; OLG Hamm, NJW 1967, S. 2024, 2025; NStZ 1992, S. 352; OLG Zweibrücken, NStZ 1982, S. 221 f.; Böhm in: Schwind/Böhm, StVollzG, 3. Aufl. 1999, § 144, Rn. 3; Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 8. Aufl. 2000, § 144, Rn. 1; Huchting/Lehmann in: Feest, AK-StVollzG, 4. Aufl. 2000, § 144, Rn. 3 ff.). Daher kommt eine Rechtsbeschwerde auch unter den Voraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG in Betracht.
2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt, weil er unzulässig ist.
Eine einstweilige Anordnung darf die Hauptsacheentscheidung im Verfassungsbeschwerde-Verfahren grundsätzlich nicht vorwegnehmen. Eine Ausnahme kommt nur dann in Betracht, wenn die Entscheidung in der Hauptsache zu spät kommen würde und dem Antragsteller in anderer Weise ausreichender Rechtsschutz nicht mehr gewährt werden könnte (vgl. BVerfGE 34, 160 <162 f.>; 67, 149 <151>). Dies ist jedoch weder in dem anhängigen strafrechtlichen Erkenntnisverfahren noch in dem Vollstreckungsverfahren der Fall. Beeinträchtigungen der Verteidigung im Erkenntnisverfahren können gegebenenfalls dort durch Anträge und Rügen gegenüber den Fachgerichten geltend gemacht werden (vgl. § 265 Abs. 4 StPO, Art. 6 Abs. 3 Buchstaben b und c MRK, §§ 337, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Aus dem Vollstreckungsverfahren herrührende Gefahren irreparabler Rechtsbeeinträchtigungen sind nicht hinreichend dargelegt worden. Auf die veränderte Lage durch die Zuweisung einer neuen Zelle, wodurch der ursprüngliche Antrag jedenfalls zum Teil überholt ist, geht der Beschwerdeführer nicht näher ein. Im Übrigen liegt ein Mangel der gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG erforderlichen Antragsbegründung darin, dass der Beschwerdeführer sich mit der Rechtsansicht der Justizvollzugsanstalt, er habe keinen Anspruch auf Zuweisung einer größeren Zelle mit abgetrennter Toilette - weil keine solche verfügbar sei - nicht auseinander gesetzt hat.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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