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Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 03.07.2001
Aktenzeichen: 2 BvR 1022/01
Rechtsgebiete: StGB, GG
Vorschriften:
StGB § 56 c Abs. 1 | |
StGB § 56 c Abs. 2 Nr. 1 | |
GG Art. 11 | |
GG Art. 2 Abs. 1 | |
GG Art. 2 Abs. 2 Satz 2 |
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 1022/01 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
gegen
a) den Beschluss des Landgerichts Aachen vom 11. April 2001 - 62 Qs 43/01 -,
b) den Beschluss des Amtsgerichts Schleiden vom 22. September 2000 - 14 Ds 176/00 -
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richterin Präsidentin Limbach und die Richter Hassemer, Mellinghoff gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)
am 3. Juli 2001 einstimmig beschlossen:
Tenor:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat.
1. Die Rüge des Beschwerdeführers, die ihm durch den Bewährungsbeschluss des Amtsgerichts erteilte Weisung, seinen Wohnsitz binnen sechs Monaten außerhalb des Ortes R. zu nehmen, verletze sein Grundrecht aus Art. 11 Abs. 1 GG, scheitert bereits an der Beschränkung des Freizügigkeitsgrundrechts auf Deutsche (BVerfGE 35, 382 <399>). Denn der Beschwerdeführer ist nicht Deutscher, sondern Jugoslawe.
2. Soweit der Beschwerdeführer rügt, der angegriffene Beschluss schränke sein Freiheitsrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG und seine allgemeine Handlungsfreiheit unverhältnismäßig ein, zeigt sein Vorbringen solche unzulässigen Beschränkungen nicht auf.
a) Durch die dem Beschwerdeführer erteilte Weisung, seinen Wohnsitz zu verlegen, wird sein durch Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG geschütztes Recht, im Rahmen der Rechtsordnung jeden beliebigen Ort aufzusuchen (vgl. BVerfGE 94, 166 <198 f.>), nicht berührt. Die Weisung hindert ihn nicht daran, sich nach R. zu begeben, wenn er dies wünscht.
b) Das Recht, sich in diesem Ort ständig niederzulassen und ihn zum Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse zu machen, ist in Art. 11 GG speziell geregelt; der Beschwerdeführer kann es als Ausländer allein aus Art. 2 Abs. 1 GG herleiten (BVerfGE 35, 382 <399>). Der daraus folgende Schutz ist jedoch nur in dem durch Art. 2 Abs. 1 GG gezogenen Rahmen, insbesondere nur in den Schranken der verfassungsmäßigen Ordnung gewährleistet. Zur verfassungsmäßigen Ordnung gehört jede Rechtsnorm, die formell und materiell mit der Verfassung in Einklang steht (ebd., m. w. N.).
Das Amtsgericht hat die beanstandete Weisung auf die Regelung des § 56 c Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB gestützt, deren Verfassungsmäßigkeit der Beschwerdeführer nicht beanstandet. Danach erteilt das Gericht dem Verurteilten für die Dauer der Bewährungszeit Weisungen, wenn er dieser Hilfe bedarf, um keine Straftaten mehr zu begehen. Namentlich kann das Gericht den Verurteilten anweisen, Anordnungen zu befolgen, die sich auf seinen Aufenthalt beziehen.
Die dem Beschwerdeführer auf dieser gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage erteilte Weisung, seinen Wohnsitz von dem Ort R. wegzuverlegen, ist entgegen seiner Auffassung nicht ungeeignet, das vom Amtsgericht damit verfolgte Resozialisierungsziel zu erreichen, ihn von erneuten Bedrohungen und Beleidigungen seiner in R. wohnenden Ehefrau abzuhalten. Geeignet ist eine Maßnahme nicht nur dann, wenn sie den angestrebten Erfolg mit Sicherheit oder Wahrscheinlichkeit herbeiführen wird; genügend ist vielmehr, dass sie zur Erfolgsherbeiführung mit beitragen kann (BVerfGE 63, 88 <115>; 67, 157 <173 ff.>; 96, 10 <23>).
Auch hinsichtlich der weiteren Rüge des Beschwerdeführers, der verlangte Wohnsitzwechsel belaste ihn in unzumutbarer Weise, fehlt es an substantiiertem Vortrag. Der Beschwerdeführer betont selbst, dass eine Wohnsitznahme außerhalb R. nicht unbedingt zu einem erheblichen räumlichen Abstand zwischen ihm und seiner Familie führen muss, er diese also auch nach einem Umzug von einem Nachbarort aus regelmäßig besuchen könnte. Da das Interesse der Allgemeinheit an der Resozialisierung eines Straftäters, insbesondere an der Vermeidung weiterer Straftaten, ein überragendes Gemeinschaftsgut darstellt (BVerfGE 55, 28 <31>; vgl. Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 21. April 1993 - 2 BvR 930/92 -, StV 1993, S. 465), hätte es näherer Ausführungen des Beschwerdeführers bedurft, weshalb es ihm unzumutbar sein soll, einen gewissen Weg zurückzulegen, um seine drei Kinder zu besuchen.
Von einer weiter gehenden Begründung der Entscheidung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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