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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 22.05.2006
Aktenzeichen: 2 BvR 1054/06
Rechtsgebiete: BVerfGG, StPO, GG


Vorschriften:

BVerfGG § 90 Abs. 2 Satz 1
BVerfGG § 90 Abs. 2 Satz 2
BVerfGG § 93a
BVerfGG § 93a Abs. 2
BVerfGG § 93b
StPO § 336 Satz 1
GG Art. 2 Abs. 2 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 1054/06 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen a) den Beschluss des Oberlandesgerichts Celle vom 12. Mai 2006 - 1 Ws 245/06 -,

b) den Beschluss des Landgerichts Hildesheim vom 10. Mai 2006 - 14 KLs 17 Js 33098/05 -,

c) den Beschluss des Landgerichts Hildesheim vom 2. Mai 2006 - 14 KLs 17 Js 33098/05 -,

d) den Beschluss des Landgerichts Hildesheim vom 13. April 2006 - 14 KLs 17 Js 33098/05 -

und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Vizepräsidenten Hassemer, die Richter Di Fabio und Landau gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 22. Mai 2006 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, da ein Annahmegrund gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.

Entgegen § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG ist der fachgerichtliche Rechtsweg vor Anrufung des Bundesverfassungsgerichts nicht erschöpft worden.

Die Entscheidungen des Vorsitzenden eines Gerichts über die Bestellung eines Verteidigers und deren Rücknahme unterliegen gemäß § 336 Satz 1 StPO der Revision (vgl. BGHSt 39, 310 <311 f.>).

Gründe für eine Vorabentscheidung nach § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG liegen nicht vor. Insbesondere droht dem Beschwerdeführer bei Versagung verfassungsgerichtlichen Rechtsschutzes bis zum Abschluss des fachgerichtlichen Verfahrens kein schwerer und unabwendbarer Nachteil. Es ist nicht ersichtlich, dass bei einer Verweisung auf den Rechtsweg dem Beschwerdeführer ein Schaden entstehen würde, der sich auch im Falle eines späteren Erfolgs der Verfassungsbeschwerde nicht mehr adäquat ausgleichen ließe (vgl. zu diesem Kriterium BVerfGE 69, 233 <241>). Die Entscheidungen über die Bestellung eines Verteidigers bedürfen keiner sofortigen abschließenden rechtlichen Überprüfung. Eine nach Durchlaufen des Rechtswegs eingelegte Verfassungsbeschwerde würde zur Aufhebung etwaiger fachgerichtlicher Verurteilungen führen, wenn der Anspruch eines Angeklagten auf ordnungsgemäße Verteidigung durch einen interessengerecht handelnden Rechtsanwalt verletzt worden wäre. Damit würde die rechtliche Beschwer für den Angeklagten entfallen und die Strafgerichte hätten erneut über die Rechtmäßigkeit der Verteidigerbestellung zu befinden.

Dem Beschwerdeführer ist das Beschreiten des fachgerichtlichen Rechtswegs auch zuzumuten. Das Zuwarten auf eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist nicht deshalb unzumutbar, weil sich der Beschwerdeführer zurzeit in Untersuchungshaft befindet. Aus der Struktur des deutschen Strafprozesses folgt, dass auch der in Haft befindliche Angeklagte trotz des für ihn streitenden Freiheitsgrundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG Korrekturen etwaiger Verfahrensfehler vor Anrufung des Bundesverfassungsgerichts dem fachgerichtlichen Rechtsmittelverfahren zu überlassen hat. Dies gilt - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - auch für einen jugendlichen Angeklagten.

Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer in den ausstehenden Hauptverhandlungsterminen nicht nur von dem ihm beigeordneten Verteidiger vertreten wird. Zumindest ein Wahlverteidiger, der sein uneingeschränktes Vertrauen besitzt, steht ihm an den meisten Prozesstagen ebenfalls zur Seite.

Da die Verfassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat, erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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