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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 14.08.2007
Aktenzeichen: 2 BvR 1293/07
Rechtsgebiete: BVerfGG, StPO


Vorschriften:

BVerfGG § 93a
BVerfGG § 93a Abs. 2
BVerfGG § 93b
StPO § 81g
StPO § 81g Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 1293/07 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen a) den Beschluss des Landgerichts Traunstein vom 14. Mai 2007 - 1 Qs 51/07 -,

b) den Beschluss des Amtsgerichts Rosenheim vom 30. März 2007 - Gs 855/07 -

hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Vizepräsidenten Hassemer, die Richter Di Fabio und Landau gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 14. August 2007 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Ein Annahmegrund gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG liegt nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.

I.

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Entscheidung des Amtsgerichts richtet. Diese ist durch die Entscheidung des Landgerichts prozessual überholt.

II.

Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des Landgerichts richtet, ist sie unbegründet.

1. a) Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass die in § 81g StPO geregelte molekulargenetischen Untersuchung von Körperzellen und die Speicherung des dadurch gewonnenen DNA-Identifizierungsmusters zum Zweck der Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen. Da die Maßnahme eine auf bestimmte Tatsachen gestützte Prognose voraussetze, dass gegen den Betroffenen künftig weitere Straftaten von erheblicher Bedeutung zu führen sein würden, sei sie auf besondere Fälle beschränkt und also verhältnismäßig. Eine tragfähig begründete Entscheidung setze allerdings voraus, dass ihr eine zureichende Sachaufklärung, insbesondere durch Beiziehung der verfügbaren Straf- und Vollstreckungsakten, des Bewährungshefts und zeitnaher Auskünfte aus dem Bundeszentralregister, vorausgehe. Notwendig und ausreichend für die Anordnung sei, dass wegen der Art oder Ausführung der bereits abgeurteilten Straftat, der Persönlichkeit des Verurteilten oder sonstiger Erkenntnisse Grund zu der Annahme bestehe, dass gegen ihn künftig erneut Strafverfahren wegen Straftaten von erheblicher Bedeutung zu führen seien. Dabei sei eine auf den Einzelfall bezogene Entscheidung, die auf schlüssigen, verwertbaren und in der Entscheidung nachvollziehbar dokumentierten Tatsachen beruhe und die richterliche Annahme der Wahrscheinlichkeit künftiger Straftaten von erheblicher Bedeutung belege, erforderlich (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 15. August 2006 - 2 BvR 1028/06 -, juris, m.w.N.).

b) Diese Voraussetzungen erlauben auch - wie vom Gesetzgeber durch die Einführung des § 81g Abs. 1 Satz 2 StPO ausdrücklich vorgesehen (eingeführt durch das Gesetz zur Novellierung der forensischen DNA-Analyse vom 12. August 2005, BGBl I S. 2360) - eine Anordnung der Maßnahme wegen Straftaten, die jeweils für sich keine Straftaten von erheblicher Bedeutung darstellen, deren wiederholte Begehung aber im Unrechtsgehalt einer Straftat von erheblicher Bedeutung gleichsteht. Die Vorschrift des § 81g Abs. 1 Satz 2 StPO hat sowohl Bedeutung für die Feststellung der Anlasstaten als auch für die Prognose der Begehung künftiger Straftaten (vgl. BTDrucks 15/5674, S. 9). Hinter ihr steht die Überlegung, dass sich eine Gefahr künftiger strafbewehrter Rechtsgutverletzungen nicht nur in einer einzelnen Straftat von erheblicher Bedeutung widerspiegeln muss, sondern auch kumulierte, nicht notwendig gleichartige Straftaten ein Maß an Kriminalität erlangen können, das geeignet ist, den Rechtsfrieden empfindlich zu stören und das Gefühl der Rechtssicherheit in der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen (vgl. BTDrucks 15/5674, S. 11). Da mit der Neuregelung des § 81 g Abs. 1 Satz 2 StPO nach dem Willen des Gesetzgebers kein Automatismus verbunden sein soll, sondern das anordnende Gericht gehalten ist, einzelfallspezifisch unter Abwägung der maßgeblichen Umstände - insbesondere der Art oder Ausführung der Tat und der Persönlichkeit des Beschuldigten - und strenger Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Wege einer Gesamtschau das Maß des verwirklichten und zu erwartenden Unrechts festzustellen (vgl. a.a.O.), ist die Vorschrift verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

2. Die Entscheidung des Landgerichts genügt im Hinblick auf diese Maßstäbe den Anforderungen an eine verfassungsgemäße Anordnung.

Das Landgericht stützt seine Entscheidung darauf, dass der Beschwerdeführer zwischen 2001 und 2006 dreimal verurteilt worden sei, darunter zweimal wegen insgesamt sieben selbständiger Fälle eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz. Die beiden Freiheitsstrafen von jeweils einem Jahr seien als erheblich anzusehen. Der Beschwerdeführer habe sich durch die Aussetzung einer dieser Strafen zur Bewährung nicht von der Begehung weiterer vorsätzlicher Straftaten abhalten lassen. Diesen Feststellungen lässt sich entnehmen, dass das Landgericht - wie schon das Amtsgericht - die Art und den Unrechtsgehalt der begangenen Taten sowie die Rückfallgeschwindigkeit und durch diese Gesichtspunkte indizierte Persönlichkeitsmerkmale als Anhaltspunkte für die Prognose der Begehung künftiger vergleichbarer Taten angesehen hat. Diese Erwägungen sind auf den Einzelfall bezogen und lassen erkennen, dass das Landgericht seiner Entscheidung Erkenntisse aus den Verfahrensakten und dem Bundeszentralregister zugrunde gelegt und Überlegungen zur Persönlichkeit des Beschwerdeführers angestellt hat.

3. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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