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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 12.09.2003
Aktenzeichen: 2 BvR 1311/03
Rechtsgebiete: EGGVG, BVerfGG, RBerG


Vorschriften:

EGGVG § 23
BVerfGG § 93b
BVerfGG § 93a
BVerfGG § 93a Abs. 2
RBerG § 7 Satz 1
RBerG § 1 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 1311/03 -

In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde

gegen den Beschluss des Thüringer Oberlandesgerichts vom 24. Juni 2003 - VAs 6/03 -

und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richter Jentsch, Broß und die Richterin Lübbe-Wolff gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 12. September 2003 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde betrifft den Ausschluss von der Vertretung in einem gerichtlichen Verfahren aufgrund Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz.

Der Beschwerdeführer, die sogenannte B., ist ein eingetragener Verein. Er tritt im gesamten Bundesgebiet in zahlreichen gerichtlichen Verfahren als Vertreter insbesondere von Strafgefangenen auf. Vorsitzender des Vereins ist ein Strafgefangener, der in der Justizvollzugsanstalt Hamburg-Fuhlsbüttel eine Freiheitsstrafe verbüßt.

Im vorliegenden Fall vertrat der Beschwerdeführer einen Strafgefangenen, der zugleich Vereinsmitglied ist. Er stellte für ihn beim Thüringer Oberlandesgericht einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 23 EGGVG, der auf die nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Unterbringung in einer Justizvollzugsanstalt gerichtet war. Mit dem angegriffenen Beschluss vom 24. Juni 2003 schloss das Oberlandesgericht den Beschwerdeführer von der Vertretung im Verfahren aus. Zur Begründung führte es aus, dass der Beschwerdeführer zu einer Vertretung nicht berechtigt sei, weil er damit gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoße.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten des Beschwerdeführers angezeigt, weil sie keine ausreichende Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>).

Die Auslegung des Gesetzes und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind Sache der dafür zuständigen Fachgerichte (vgl. BVerfGE 18, 85 <93>; 30, 173 <196 f.>; 57, 250 <272>; 74, 102 <127> stRspr). Das Bundesverfassungsgericht prüft insoweit nur, ob die Rechtsanwendung oder das dazu eingeschlagene Verfahren unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass die Entscheidung auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 80, 48 <51> stRspr).

Gemessen daran hält die angegriffene Entscheidung verfassungsrechtlicher Überprüfung stand. Die Annahme des Oberlandesgerichts, dass der Beschwerdeführer nach den Vorgaben des Rechtsberatungsgesetzes im fachgerichtlichen Verfahren zur Vertretung des dortigen Antragstellers nicht berechtigt war, lässt Anhaltspunkte für Willkür nicht erkennen.

Es begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, dass das Oberlandesgericht den Beschwerdeführer nicht als eine "auf berufsständischer oder ähnlicher Grundlage" gebildete Vereinigung angesehen hat, die nach Art. 1 § 7 Satz 1 RBerG ohne behördliche Erlaubnis rechtsberatend tätig werden darf (vgl. Rennen/Caliebe, Rechtsberatungsgesetz, 3. Aufl. 2001, Art. 1 § 7 RBerG Rn. 8; Senge, in: Erbs/Kohlhaas, Rechtsberatungsgesetz, Stand: Januar 2003, Art. 1 § 7 RBerG Rn. 9, 11). Auch dass das Oberlandesgericht als prozessuale Folge des von ihm angenommenen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz den Ausschluss des Beschwerdeführers aus dem Verfahren anordnete, kann nicht als sachfremd und damit willkürlich angesehen werden. Es entspricht gefestigter Auffassung, dass ein Prozessbevollmächtigter, der mit seiner rechtsbesorgenden Tätigkeit gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG verstößt, durch konstitutiven Beschluss vom Verfahren auszuschließen ist, sobald das Gericht von dieser Tätigkeit Kenntnis erlangt (vgl. Rennen/Caliebe, a.a.O., Art. 1 § 1 RBerG Rn. 199; Chemnitz/Johnigk, Rechtsberatungsgesetz, 11. Aufl. 2003, Art. 1 § 1 RBerG Rn. 211 f., jew. m.w.N.).

Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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