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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 15.03.2006
Aktenzeichen: 2 BvR 1402/03
Rechtsgebiete: BVerfGG, LBG NRW, GG


Vorschriften:

BVerfGG § 93a
BVerfGG § 93a Abs. 2
BVerfGG § 93b
LBG NRW § 78 Abs. 1
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 33 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 1402/03 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen a) den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 14. Juli 2003 - 6 A 2040/01 -,

b) das Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 18. April 2001 - 2 K 2879/99 -

hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Vizepräsidenten Hassemer, die Richter Di Fabio und Landau gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 15. März 2006 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 f.>; 96, 245 <248>). Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Sie ist jedenfalls unbegründet.

1. Die angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen stehen in Einklang mit dem Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG. Ein Verstoß hiergegen liegt nicht schon dann vor, wenn die Rechtsanwendung oder das eingeschlagene Verfahren Fehler enthalten. Hinzukommen muss vielmehr, dass diese bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich sind und sich daher der Schluss aufdrängt, sie beruhten auf sachfremden Erwägungen (vgl. BVerfGE 4, 1 <7>; 80, 48 <51>; 81, 132 <137>; stRspr). Die Grenze zur Willkür ist erst überschritten, wenn die Auslegung und die Anwendung des einfachen Rechts unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr vertretbar ist, es sich also um eine krasse Fehlentscheidung handelt (vgl. BVerfGE 89, 1 <13 f.>).

Ein solcher Mangel haftet den verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen nicht an. Verwaltungsgericht wie Oberverwaltungsgericht begründen eingehend und auf der Grundlage der von der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gebildeten Maßstäbe (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 21. September 2005 - 2 B 25/05 - und vom 14. Dezember 1989 - 2 NB 2/89 - <juris>), warum die Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung um eine Stunde aus ihrer Sicht nicht zu einer rechtfertigungsbedürftigen Ungleichbehandlung führt. Ihre Annahme, dass die Festsetzung der Pflichtstundenzahlen für Lehrer lediglich das Maß der Unterrichtsverpflichtung als Teil der im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit zu erbringenden Dienstleistung bestimmt, die Pflichtstundenregelung mithin in die allgemeine beamtenrechtliche Arbeitszeitregelung eingebettet ist, und der Dienstherr mit ihr die für Lehrer geltende durchschnittliche Wochenarbeitszeit konkretisiere, ist sachlich nahe liegend und verfassungsrechtlich unbedenklich. Gleiches gilt für die maßstabsbildende Prämisse, der Dienstherr entscheide, welcher Zeitaufwand zur Bewältigung der einzelnen Aufgaben der Lehrer notwendig und zweckmäßig ist. Denn trägt die personelle Spitze der Kultusverwaltung, also der Minister, die politische Verantwortung für die Art und Qualität des Unterrichts in einem Land, dann ist es sachlich konsequent, ihm die Entscheidungsbefugnis darüber zuzubilligen, welche zeitlichen Anforderungen an die Unterrichtsleistung und an die unterrichtsfreie Arbeit der Lehrer er stellt. Dabei setzt die - auch für Lehrer gültige - Regelarbeitszeit des § 78 Abs. 1 Landesbeamtengesetz NRW der weitgehenden Gestaltungsfreiheit allerdings dort Grenzen, wo durch ein besonders hoch gewähltes Pflichtstundendeputat die darüber hinaus gebotene Vor- und Nachbereitung des Unterrichts unzumutbar vernachlässigt werden müsste, um die Regelarbeitszeit nicht dauerhaft zu überschreiten.

Eine derart offensichtlich fehlsame und damit willkürliche Festsetzung des Pflichtstundendeputats war für die Fachgerichte nicht erkennbar, zumal - nach ihren inhaltlich nicht angegriffenen Feststellungen - dem Beschwerdeführer im Rahmen seiner Regelarbeitszeit für die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts etwa noch die gleiche Zeit verbleibt, wie für die Unterrichtsleistung selbst. Mit nachvollziehbarer, widerspruchsfreier und ins Einzelne gehender Begründung legen die Fachgerichte dar, dass aufgrund zweifelhafter empirischer Methodik die von dem Beschwerdeführer zur Richtigkeit seiner Rechtsauffassung in Bezug genommenen Arbeitszeitgutachten keine valide und damit rechtserhebliche Aussage treffen, die zu einer anderen Entscheidung zwingen müsste.

2. a) Die angegriffenen Entscheidungen verstoßen nicht gegen Art. 33 Abs. 5 GG. Aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn lässt sich kein Gebot herleiten, die Pflichtstundenzahl der Lehrer nach einem bestimmten Schlüssel der allgemeinen Regelarbeitszeit der übrigen Beamten anzugleichen. Die Fürsorgepflicht mag dem Dienstherrn verbieten, den Beamten - auch den beamteten Lehrer - zeitlich über sein physisches und psychisches Leistungsvermögen hinaus in Anspruch zu nehmen. Hiervon abgesehen gebietet sie dem Dienstherrn aber nur eine den speziellen Arbeitszeitvorschriften entsprechende Regelung der Arbeitszeit.

b) Im Übrigen besteht kein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums, dass der Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit eines Beamten nicht über 38,5 Stunden hinausgehen dürfe (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. November 2002 - 2 CN 1/01 -, NVwZ 2003, S. 617 <618>).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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