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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 14.04.2004
Aktenzeichen: 2 BvR 1496/01
Rechtsgebiete: BVerfGG, GG


Vorschriften:

BVerfGG § 93b
BVerfGG § 93a
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 101 Abs. 1
GG Art. 101 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 1496/01 -

In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde

gegen

a) den Beschluss des Truppendienstgerichts Süd vom 3. Juli 2001 - S 5 BLa 6/00 -,

b) den Bescheid des Befehlshabers Heeresführungskommando vom 7. Juli 2000,

c) den Bescheid des Kommandeurs Truppen Oberste Bundeswehrführung und Heeresführungstruppen vom 17. April 2000,

d) den Bescheid des Kommandeurs Heeresfliegerregiment 30 vom 11. Februar 2000 - 15-02-01-

hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Vizepräsidenten Hassemer, die Richterin Osterloh und den Richter Mellinghoff gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung

der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 14. April 2004 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund gemäß § 93a BVerfGG nicht vorliegt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg. Sie ist offensichtlich unbegründet. Die angegriffenen Entscheidungen lassen verfassungsrechtlich keine Fehler erkennen. Dabei ist die Feststellung und Würdigung der Tatsachen und die Anwendung einfach-rechtlicher Vorschriften in erster Linie Sache der Fachgerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich entzogen. Es kann nur dann eingreifen, wenn die Gerichte Verfassungsrecht verletzt haben, wobei der Fehler gerade in der Nichtbeachtung von Grundrechten liegen muss. Das ist in der Regel erst dann der Fall, wenn ein Fehler sichtbar wird, der auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs beruht oder wenn die fehlerhafte Rechtsanwendung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>; 62, 189 <192 f.>; 89, 1 <14>; 95, 96 <128>). Nach diesem Maßstab sind die angegriffenen Entscheidungen nicht zu beanstanden. Sie verletzen den Beschwerdeführer nicht in seinen Grundrechten.

Es begegnet in verfassungsrechtlicher Hinsicht keinen Bedenken, dass das Truppendienstgericht Süd die Entscheidung des Kommandeurs Heeresfliegerregiment 30 unbeanstandet gelassen hat.

1. Es stellt keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG dar, wenn das Truppendienstgericht Süd der Vorschrift des § 6 Soldatenbeteiligungsgesetz keinen Anspruch des Beschwerdeführers auf generelle Freistellung entnommen hat. Zwar trifft es zu, dass die 1997 in das Gesetz aufgenommene Vorschrift in ihrem Wortlaut § 46 Abs. 3 Bundespersonalvertretungsgesetz entspricht, nach dem vollständige Freistellungen vom Dienst möglich sind, auf die in bestimmten Fällen auch ein Anspruch bestehen kann. Aus der Wortgleichheit der beiden Vorschriften allein lässt sich nicht ableiten, dass der Gesetzgeber auch für Vertrauenspersonen nach §§ 2 ff. Soldatenbeteiligungsgesetz eine Freistellung im gleichen Umfang wie bei Personalräten für zwingend erforderlich gehalten hat. So fehlt eine dem § 46 Abs. 4 Bundespersonalvertretungsgesetz entsprechende Vorschrift im Soldatenbeteiligungsgesetz. Auch weicht die Stellung der Vertrauenspersonen in mancherlei Hinsicht von der von Personalratsmitgliedern ab (vgl. dazu ausführlich Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Oktober 2002 - BVerwG 6 P 5.02 -, PersV 2003, S. 135-139 mit Anmerkung von Gronimus, PersV 2003, S. 132-135). Die dort angelegten Differenzierungen zeigen, dass durch die unterschiedlichen Regelungen in Bundespersonalvertretungsgesetz und Soldatenbeteiligungsgesetz den Besonderheiten militärischer Erfordernisse Rechnung getragen werden soll, also gerade nicht von einer willkürlichen Ungleichbehandlung gesprochen werden kann.

Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers lassen sich auch aus der Gesetzgebungsgeschichte zu § 6 Soldatenbeteiligungsgesetz keine Rückschlüsse für einen Anspruch auf vollständige Freistellung ziehen. In den Erläuterungen zum 1997 neu eingeführten § 6 Soldatenbeteiligungsgesetz wird die "Anlehnung" des Wortlauts an die vergleichbaren Vorschriften des Bundespersonalvertretungsgesetzes hervorgehoben, ohne dass auf die Frage einer Freistellung oder Teilfreistellung im Einzelnen eingegangen würde (vgl. BTDrucks 11/7323 und 13/5740). Auch das Bundesverwaltungsgericht hebt in der zitierten Entscheidung hervor, es habe zwar bei der Novellierung des Soldatenbeteiligungsgesetzes 1997 erkennbar eine Neigung gegeben, die beteiligungsrechtliche Benachteiligung insbesondere der Berufs- und Zeitsoldaten gegenüber den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes spürbar zu verringern; aus militärischen Gründen sei eine vollständige Gleichstellung jedoch weiterhin nicht gerechtfertigt (BVerwG a.a.O., S. 138 f.).

2. Die Nichtvorlage der Entscheidung des Truppendienstgerichts Süd an das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 18 Abs. 4 WBO stellt keinen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 GG dar. Die sich aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ergebende grundrechtsähnliche Gewährleistung begründet einen subjektiven Anspruch auf den gesetzlichen Richter. Das Bundesverfassungsgericht beanstandet die Auslegung und Anwendung von Zuständigkeits- und Prozessnormen im Hinblick auf Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG jedoch nur, wenn sie bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht verständlich erscheinen und offensichtlich unhaltbar sind, wenn also die Verfahrensvorschrift willkürlich und unrichtig angewandt wurde (vgl. BVerfGE 82, 159 <195 f.>; 86, 133 <143>). Eine von Gesetzes wegen vorgesehene Vorlagepflicht wird insbesondere in solchen Fällen unhaltbar gehandhabt, in denen ein letztinstanzliches Gericht seine Vorlageverpflichtung grundsätzlich verkennt. Nach diesen Anforderungen verletzt die Entscheidung des Truppendienstgerichts Süd vom 3. Juli 2001 nicht Art. 101 Abs. 1 GG.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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