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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 26.08.2006
Aktenzeichen: 2 BvR 1652/06
Rechtsgebiete: BVerfGG, GG


Vorschriften:

BVerfGG § 32
BVerfGG § 32 Abs. 1
BVerfGG § 93d Absatz 2
GG Art. 19 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 1652/06 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen

a) den Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 20. Juli 2006 - 3 VAs 21/06 -,

b) den Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 14. Juli 2006 - 3 VAs 24/06 -

hier: Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Richter Broß, die Richterin Lübbe-Wolff und den Richter Gerhardt gemäß § 32 Absatz 1 in Verbindung mit § 93d Absatz 2 BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 26. August 2006 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung werden abgelehnt.

Gründe:

Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.

Für die Beurteilung der Erforderlichkeit einer einstweiligen Anordnung nach § 32 BVerfGG ist ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BVerfGE 93, 181 <186>). Dies gilt nicht nur im Hinblick darauf, dass einstweilige Anordnungen des Bundesverfassungsgerichts weittragende Folgen haben können (vgl. BVerfGE 3, 41 <44> - stRspr), sondern auch im Hinblick auf die besondere Funktion und Organisation des Bundesverfassungsgerichts. Das Bundesverfassungsgericht ist nach den ihm durch Verfassung und Gesetz zugewiesenen Aufgaben und nach seiner gesamten Organisation weder dazu berufen noch in der Lage, vorläufigen Rechtsschutz unter ähnlichen Voraussetzungen zu gewährleisten wie die Fachgerichtsbarkeit. Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 32 BVerfGG ist - anders als der von Art. 19 Abs. 4 GG geprägte vorläufige Rechtsschutz im fachgerichtlichen Verfahren - nicht darauf angelegt, möglichst lückenlosen vorläufigen Rechtsschutz zu bieten (vgl. BVerfGE 94, 166 <216 f.>; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 3. November 1999 - 2 BvR 2039/99 -, NJW 2000, S. 1399 <1400>).

Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers ergibt sich nicht, dass nach dem anzulegenden strengen Maßstab der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnungen dringend geboten wäre.

Es fehlt an einem Anordnungsgrund.

Soweit der Beschwerdeführer die Gutschrift des Betrages von 64,50 € auf seinem Eigengeldkonto begehrt, lässt der Verweis auf die zuvor durch die Abbuchung entstandene "Notlage" nicht erkennen, warum die Gewährung von Eilrechtsschutz zur Abwehr eines drohenden schweren Nachteils dringend erforderlich sein soll.

Auch durch die Erhebung der Stromkostenpauschale droht dem Beschwerdeführer für den Zeitraum bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde kein schwerer Nachteil, zu dessen Abwendung eine Anordnung des Bundesverfassungsgerichts erforderlich wäre. Die in der Justizvollzugsanstalt Weiterstadt geltende Regelung trägt der Situation mittelloser Gefangener dadurch hinreichend Rechnung, dass von einer Erhebung der Stromkostenpauschale abgesehen wird, wenn der dem betroffenen Gefangenen im laufenden Monat zur Verfügung stehende Betrag 5 € nicht überschreitet. Darüber hinaus besteht auch bei einer Verweigerung der Zahlung die Möglichkeit zur Teilnahme am Gemeinschaftsfernsehen und zur Nutzung eines Radios ohne Zusatzfunktion. Dass der Beschwerdeführer auf die Nutzung eines der von einer möglichen Einziehung betroffenen Geräte existentiell angewiesen wäre, lässt sich seinem Vortrag ebenfalls nicht entnehmen.

Das Stellen eines Antrags auf einstweilige Anordnung nach § 32 BVerfGG in einem Fall, in dem - für jeden Einsichtigen erkennbar - von einem drohenden schweren Nachteil für den Antragsteller nicht die Rede sein kann, stellt eine missbräuchliche Inanspruchnahme des Bundesverfassungsgerichts dar, der das Gericht durch Verhängung einer Missbrauchsgebühr entgegentreten kann (§ 34 Abs. 2 BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht muss nicht hinnehmen, dass es in der Erfüllung seiner Aufgabe, grundsätzliche Verfassungsfragen zu entscheiden, die für das Staatsleben, die Allgemeinheit und die Verwirklichung der Grundrechte des Einzelnen von Bedeutung sind, und - wo nötig - die Grundrechte des Einzelnen durchzusetzen, durch substanzlose Verfassungsbeschwerden oder substanzlose Eilanträge behindert wird (vgl. Beschlüsse der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 9. März 2006 - 2 BvR 312/06 -, juris und vom 12. September 2005 - 2 BvR 1435/05 -, NJW-RR 2005, S. 1721 f., m.w.N.). Von der Verhängung einer Missbrauchsgebühr wird für diesmal nur im Hinblick darauf abgesehen, dass dem Beschwerdeführer als Untersuchungsgefangenem möglicherweise die an sich zu erwartende Einsicht in die Missbräuchlichkeit seines Eilantrages nicht in gleicher Weise wie einem Bürger in Freiheit ohne besondere Belehrung zugänglich war.

Die Entscheidung über die Annahme der Verfassungsbeschwerde bleibt vorbehalten.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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