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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 31.03.2003
Aktenzeichen: 2 BvR 1779/02
Rechtsgebiete: BVerfGG, StVollzG, GG


Vorschriften:

BVerfGG § 93a
BVerfGG § 93b
StVollzG § 17 Abs. 3 Ziff. 3
GG Art. 19 Abs. 4 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 1779/02 -

In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde

gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 21. Oktober 2002 - 609 Vollz 117/02 -

und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richter Jentsch, Broß und die Richterin Lübbe-Wolff gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 31. März 2003 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gründe:

Die Voraussetzungen, unter denen eine Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung anzunehmen ist (§ 93a Abs. 2 BVerfGG), liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten des Beschwerdeführers angezeigt; denn sie hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>).

Zwar hat die angegriffene Entscheidung des Landgerichts bei der Auslegung und Anwendung der Vorschriften über den einstweiligen Rechtsschutz (§ 114 Abs. 2 StVollzG) Bedeutung und Tragweite der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verkannt. Auf diesem Verfassungsverstoß beruht sie aber nicht.

Einer vorausgegangenen Entscheidung des Oberlandesgerichts im Rechtsbeschwerdeverfahren folgend, hat das Landgericht den Antrag des Beschwerdeführers, den Vollzug der gegen ihn nach § 17 Abs. 3 Ziff. 3 StVollzG angeordneten getrennten Unterbringung im Wege des Eilrechtsschutzes vorläufig auszusetzen, mit der Begründung verworfen, die engen Voraussetzungen, unter denen eine die Hauptsache vorwegnehmende Entscheidung ergehen könne, lägen nicht vor.

Diese Begründung überspannt in einer mit dem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbaren Weise die Anforderungen an die Zulässigkeit des Eilantrags; sie ist geeignet, den Rechtsbehelf ineffektiv zu machen und für den Beschwerdeführer leer laufen zu lassen (vgl. Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Juni 1999 - 2 BvR 1454/98 -, NStZ 1999, S. 532; BVerfGE 96, 27 <39>). Die vom Beschwerdeführer begehrte vorläufige Aussetzung des Vollzugs seiner getrennten Unterbringung nimmt die Hauptsache nicht vorweg. Eine - nur in Ausnahmefällen zulässige - Vorwegnahme der Hauptsache liegt nur dann vor, wenn die begehrte vorläufige Entscheidung faktisch einer endgültigen gleichkäme. Dies ist nicht der Fall, wenn die vorläufige Aussetzung einer belastenden Maßnahme begehrt wird, die bei entsprechendem Ausgang des Hauptsacheverfahrens wieder in Geltung gesetzt werden kann. Die bloße Tatsache, dass die vorübergehende Aussetzung als solche nicht wieder rückgängig gemacht werden kann, macht die vorläufige Regelung in einem solchen Fall nicht zu einer faktisch endgültigen. Die vorläufige Aussetzung bildet vielmehr, sofern die Voraussetzungen für eine stattgebende Eilentscheidung im Übrigen vorliegen, gerade den typischen und vom Gesetzgeber gewollten Regelungsgehalt des vorläufigen Rechtsschutzes gegen belastende Maßnahmen (vgl. Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Juni 1999 - 2 BvR 1454/98 -, NStZ 1999, S. 532).

Die mit Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbare Verwendung des Gesichtspunkts der Vorwegnahme der Hauptsache führt jedoch nicht zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses, weil der Beschluss auf ihr nicht beruht (vgl. BVerfGE 35, 324 <344>). Das Landgericht hat seine Entscheidung zusätzlich auf eine weitere, selbständig tragende Begründung gestützt. Es hat festgestellt, dass nach Erkenntnissen aus anderen vom Beschwerdeführer betriebenen Verfahren, in denen es um von ihm ausgeübte rechtsberatende Tätigkeiten geht, mehr für die Rechtmäßigkeit der im vorliegenden Fall angegriffenen Verfügung sprach, mit der die Justizvollzugsanstalt - unter anderem - die Gefahr weiterer unerlaubter Rechtsberatung abwehren wollte. Mit der hierauf gestützten Ablehnung des Eilantrages hat das Landgericht den Wertungsrahmen, der den Fachgerichten eingeräumt ist (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>, 80, 81 <95>; stRspr), nicht überschritten.

Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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