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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 02.03.2009
Aktenzeichen: 2 BvR 197/09
Rechtsgebiete: BVerfGG, GG, AuslV


Vorschriften:

BVerfGG § 23 Abs. 1
BVerfGG § 92
GG Art. 3 Abs. 1
AuslV Art. 2 Abs. 1 S. 3
AuslV Art. 9
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Verfahren

...

hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts

durch

die Richter Broß, Di Fabio und Landau

gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG

in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl. I S. 1473)

am 2. März 2009

einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gründe:

Die mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundene Verfassungsbeschwerde betrifft die fachgerichtliche Auslegung und Anwendung des Auslieferungsvertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).

I.

Der Beschwerdeführer, ein israelischer und US-amerikanischer Staatsangehöriger, wird mit Anklageschrift vom 26. Mai 1993 von dem Voruntersuchungsausschuss des US-amerikanischen Bezirksgerichts für den östlichen Justizbezirk des Bundesstaates New York angeklagt, zwischen dem 1. Januar 1987 und dem Zeitpunkt der Anklageerhebung eine Verschwörung zum Betrug der USA in einem Fall und eine Steuerhinterziehung in elf Fällen begangen zu haben. Ihm und 15 weiteren Mitangeklagten wird vorgeworfen, durch illegalen Handel mit Treibstoff Verbrauchssteuern in Höhe von 34 Millionen US-Dollar hinterzogen und sich zu diesen Straftaten verabredet zu haben. Dabei habe der Beschwerdeführer als Organisator und Manager des illegalen Handels mit Treibstoff fungiert. Der zuständige Richter des US-amerikanischen Bezirksgerichts erließ am gleichen Tag Haftbefehl gegen den Beschwerdeführer. Wenige Monate später wurde die internationale Fahndung ausgelöst.

Im Zeitpunkt der Anklageerhebung hielt sich der Beschwerdeführer in Israel auf. Dort wurde er auf Betreiben der US-amerikanischen Behörden mehrere Jahre in Haft genommen und des Mordes beschuldigt. Das vor einem israelischen Gericht durchgeführte Strafverfahren endete im Februar 1996 mit einem Freispruch des Beschwerdeführers. Im Juni 2008 reiste der Beschwerdeführer zu einem Privatbesuch aus Israel in die Bundesrepublik Deutschland ein und wurde auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld von der Bundespolizei festgenommen.

Mit dem in der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Beschluss vom 8. Januar 2009 erklärte das Brandenburgische Oberlandesgericht die Auslieferung des Beschwerdeführers an die USA zur Durchführung eines Strafverfahrens für zulässig. Die an ein Auslieferungsersuchen gestellten Anforderungen würden durch das vorgelegte Ersuchen der US-amerikanischen Botschaft vom 24. Juli 2008 in Verbindung mit den nachgereichten Ergänzungen erfüllt (§ 2 Abs. 1 IRG, Art. 14 Abs. 1 des Auslieferungsvertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 20. Juni 1978 - AuslV - <BGBl. 1980 II S. 646, 1300> in der Fassung der Zusatzverträge vom 21. Oktober 1986 <BGBl. 1988 II S. 1087> und vom 18. April 2006 <BGBl. 2007 II S. 1618, 1634>).

Die Auslieferungsfähigkeit sei auch im Hinblick auf die Verschwörung zum Betrug der USA gegeben (Art. 2 AuslV). Die beiderseitige Strafbarkeit könne nach Art. 2 Abs. 1 Satz 3 AuslV Straftaten im Rahmen einer Beteiligung an einer Vereinigung umfassen, deren Ziele und Tätigkeiten die Begehung auslieferungsfähiger Straftaten einschlössen. Ausweislich der übermittelten Sachverhaltsdarstellungen und der Anklageschrift sei der Beschwerdeführer im Rahmen plausibel dargestellter "Vereinigungs"-Strukturen Organisator und Manager der fortgesetzten Steuerhinterziehungstaten gewesen.

Der Auslieferung des Beschwerdeführers stehe ferner nicht der etwaige Eintritt der Strafverfolgungsverjährung nach US-amerikanischem Recht entgegen (Art. 9 AuslV). Im Zeitpunkt der Anklageerhebung sei die Verjährung bei sechsjähriger Verjährungsfrist und mitgeteiltem Tatzeitraum vom 1. Januar 1987 bis zum 26. Mai 1993 nicht eingetreten. Während des Aufenthalts des Beschwerdeführers außerhalb der USA hätte sie auch nicht eintreten können. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus Titel 18 U.S.C. § 3161, wonach der Beschuldigte das Recht habe, innerhalb von 70 Tagen nach seiner Inhaftnahme beziehungsweise der Einreichung der Anklageschrift vor Gericht gestellt zu werden. Denn auch diese Vorschrift enthalte die Einschränkung, dass Zeiten des Aufenthalts eines Beschuldigten außerhalb der USA keinen Eingang in die Fristberechnung fänden (Titel 18 U.S.C. § 3161<h><3><A>). Zwar hätte die am 10. Januar 2007 in Kraft getretene Änderung des US-amerikanisch-israelischen Auslieferungsvertrags zur Auslieferungsfähigkeit geführt. Es sei jedoch nicht ersichtlich, dass die US-amerikanischen Behörden deshalb verpflichtet gewesen wären, Israel unmittelbar nach Inkrafttreten der Änderung um Auslieferung des Beschwerdeführers zu ersuchen.

Schließlich lägen auch keine anderen Gründe vor, die der Zulässigkeit einer Auslieferung entgegenstehen könnten. Insbesondere sei ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 3 EMRK nicht erkennbar. Wegen des Aufenthalts des Beschwerdeführers in Israel sei den US-amerikanischen Behörden eine Strafverfolgung vor Inkrafttreten der Änderung des US-amerikanisch-israelischen Auslieferungsvertrags nicht möglich gewesen. Gleichwohl hätten die US-amerikanischen Behörden das israelische Konsulat im Juni 1993 über die Anklage informiert, und der Beschwerdeführer sei daraufhin von der israelischen Polizei vernommen worden.

Der Beschwerdeführer erhob am 25. Januar 2009 eine Gegenvorstellung, über die noch nicht entschieden wurde.

II.

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angegriffenen Beschluss in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG einerseits (1.) sowie in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot andererseits (2.) verletzt.

1.

Das Oberlandesgericht habe sich mit der Frage, ob der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Verstoß gegen Titel 18 U.S.C. § 3161 zu einem Verfahrenshindernis nach US-amerikanischem Recht führt, nicht hinreichend auseinandergesetzt. Die verfassungsrechtlich gebotene Ermittlung und Überprüfung des US-amerikanischen Rechts hätten ergeben, dass aus der Verletzung der sogenannten "speedy-trial-rule" im vorliegenden Fall ein Verfahrenshindernis nach US-amerikanischem Recht folge. Die US-amerikanischen Behörden seien nach Titel 18 U.S.C. § 3161(h)(3)(B) verpflichtet gewesen, sich mit angemessener Sorgfalt darum zu bemühen, die Anwesenheit eines nicht erreichbaren Beschuldigten am Gerichtsort sicherzustellen. In den 18 Monaten zwischen Inkrafttreten der Änderung des US-amerikanisch-israelischen Auslieferungsvertrags bis zur Festnahme des Beschwerdeführers in der Bundesrepublik Deutschland hätten sie die Auslieferung des Beschwerdeführers aber nicht betrieben.

2.

Ferner beruht der angegriffene Beschluss nach Ansicht des Beschwerdeführers auf einer unvertretbaren - und damit das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG verletzenden - Auslegung von Art. 2 Abs. 1 AuslV und Art. 6 Abs. 3 EMRK. Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verschwörung zum Betrug zum Nachteil der USA sei nicht auslieferungsfähig. Es handele sich um reine Vorbereitungshandlungen, die nach deutschem Recht nicht strafbar seien. Insbesondere die Auslegung des Art. 2 Abs. 1 Satz 3 AuslV sei unvertretbar. Art. 2 Abs. 1 Satz 3 AuslV stelle lediglich eine Klarstellung von Art. 2 Abs. 1 Satz 1 AuslV dar, wonach auslieferungsfähige Straftaten "nach dem Recht beider Vertragsparteien strafbar" sein müssten, nicht aber eine Ausnahme. Das Oberlandesgericht habe auch Art. 6 Abs. 3 EMRK in krasser Weise missdeutet. Es sei ohne Bedeutung, dass die USA das israelische Konsulat über die Anklageerhebung gegen den Beschwerdeführer unterrichtet habe und der Beschwerdeführer eingeräumt haben solle, wegen der in der Anklageschrift vom 26. Mai 1993 erhobenen Vorwürfe aus den USA geflohen zu sein. Hieraus ergebe sich nicht, dass er in einer Art. 6 Abs. 3 Buchstabe a EMRK genügenden Weise von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen unterrichtet worden sei.

III.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Annahmegründe nach Art. 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist ihre Annahme - mangels Aussicht auf Erfolg - zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers angezeigt.

1.

Die Verfassungsbeschwerde ist teilweise unzulässig.

a)

Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, der angegriffene Beschluss beruhe auf einer unvertretbaren Auslegung von Art. 6 Abs. 3 Buchstabe a EMRK und verletze damit Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot, genügt der Vortrag nicht den sich aus § 92, § 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG ergebenden Anforderungen an eine hinreichend substantiierte Behauptung der Verletzung des Beschwerdeführers in seinem Grundrecht. Werden gerichtliche Entscheidungen angegriffen, muss sich der Beschwerdeführer auch mit deren konkreter Begründung auseinandersetzen (vgl. z.B. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 18. Juni 1998 - 1 BvR 1114/98 -, NVwZ 1998, S. 949 f.).

Dies macht der Beschwerdeführer jedoch nur unvollständig. Das Oberlandesgericht stellt in seinem Beschluss vom 8. Januar 2009 für die Frage, ob der Beschwerdeführer "innerhalb möglichst kurzer Frist" über die gegen ihn erhobene Beschuldigung unterricht worden sei, nämlich vornehmlich darauf ab, dass die US-amerikanischen Behörden erst nach Inkrafttreten der Änderung des amerikanisch-israelischen Auslieferungsvertrags hierzu verpflichtet gewesen wären. Diese Argumentation entkräftet der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdeschrift aber nicht. Er stellt lediglich in Abrede, dass die Mitteilung über die Anklage durch das israelische Konsulat den Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 Buchstabe a EMRK entsprochen habe.

b)

Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht nicht entgegen, dass das Oberlandesgericht noch nicht über die Gegenvorstellung des Beschwerdeführers entschieden hat. Die Gegenvorstellung zählt nicht zu dem Rechtsweg, dessen Erschöpfung § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG grundsätzlich als Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde bestimmt. Mit der Gegenvorstellung wendet sich der Betroffene vielmehr außerhalb der einschlägigen Verfahrensordnung und außerhalb förmlicher Verfahrensrechte an das Gericht mit dem Ziel einer Überprüfung einer Entscheidung. Die Erhebung einer Gegenvorstellung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität geboten. Das Bundesverfassungsgericht macht die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde nämlich seit dem Plenarbeschluss vom 30. April 2003 nicht mehr von der vorherigen erfolglosen Einlegung einer Gegenvorstellung abhängig (vgl. BVerfGE 107, 395 <417> ; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 25. November 2008 - 1 BvR 848/07 -, [...], Rn. 40).

2.

Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet.

a)

Da der Maßstab der verfassungsrechtlichen Prüfung im Auslieferungsverfahren davon abhängt, ob die geltend gemachten Grundrechtsverletzungen durch den ersuchten Staat erfolgt sind oder durch den ersuchenden Staat drohen oder bereits geschehen sind, ist das Beschwerdevorbringen zunächst auszulegen. Der Beschwerdeführer rügt vorliegend allein Grundrechtsverletzungen durch das Oberlandesgericht, das als deutsches Gericht umfassend an die Grundrechte gebunden ist (Art. 1 Abs. 3 GG). Dies gilt auch für den Vorwurf, das Oberlandesgericht habe sich mit der Frage, ob der Verstoß gegen Titel 18 U.S.C. § 3161 zu einem Verfahrenshindernis nach US-amerikanischem Recht führe, nicht hinreichend auseinandergesetzt. Da der Beschwerdeführer sich auch vor den US-amerikanischen Gerichten auf die Verjährung berufen könnte, behauptet er gerade nicht, dass im Fall seiner Auslieferung eine Grundrechtsverletzung durch die USA drohe. Er rügt vielmehr nur die willkürliche Anwendung von Art. 9 AuslV, wonach die Auslieferung nicht bewilligt wird, wenn im Zeitpunkt des Eingangs des Ersuchens beim ersuchten Staat die Strafverfolgung nach dem Recht des ersuchenden Staates verjährt ist, und begründet dies mit der unzureichenden Ermittlung und Überprüfung des US-amerikanischen Rechts. Anders als in den Fällen drohender oder bereits geschehender Grundrechtsverletzungen durch den ersuchenden Staat, ist der Umfang der verfassungsrechtlichen Kontrolle deshalb nicht auf den nach Art. 25 GG völkerrechtlich verbindlichen Mindeststandard und die unabdingbaren Grundsätze der öffentlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland beschränkt (vgl. hierzu BVerfGE 63, 332 <337> ; 75, 1 <19 f. >; 108, 129 <136>).

b)

Der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot.

aa)

Die Fachgerichte haben einfaches Recht und damit auch völkervertragliche Regelungen, die innerhalb der deutschen Rechtsordnung im Rang eines Bundesgesetzes stehen, selbst auszulegen und anzuwenden (vgl. allgemein BVerfGE 15, 25 <32 f., 34 f. >; 16, 27 <33>; 18, 441 <450>; 59, 63 <89>; 99, 145 <160>; für den AuslV BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 10. Dezember 1998 - 2 BvR 2109/98 -, [...], Rn. 2; BVerfG, Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats vom 16. Februar 2001 - 2 BvR 200/01 -, [...], Rn. 9). Dabei sind völkervertragliche Regelungen ausgehend von ihrem Wortlaut nach Sinn und Zweck unter Berücksichtigung des allgemeinen Völkerrechts auszulegen (vgl. BVerfGE 40, 141 <167>; 46, 342 <362>; 96, 68 <87> ; BVerfG, Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats vom 12. Dezember 2000 - 2 BvR 1290/99 -, [...]; Art. 31 f. des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 <BGBl. 1985 II S. 926>). Eine fehlerhafte fachgerichtliche Auslegung und Anwendung völkervertraglicher Regelungen für sich allein machen eine Gerichtsentscheidung allerdings noch nicht willkürlich. Willkür liegt vielmehr erst vor, wenn sie offensichtlich unhaltbar (vgl. BVerfGE 6, 45 <53> ) oder unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar und daher willkürlich (vgl. BVerfGE 3, 359 <364 f.> ) sind.

bb)

Gemessen an diesem Maßstab begegnen die Auslegung und Anwendung von Art. 2 Abs. 1 und Art. 9 AuslV durch das Oberlandesgericht keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

(1)

Die Neufassung des Art. 2 AuslV durch den Zusatzvertrag vom 21. Oktober 1986 verzichtet auf eine listenmäßige Erfassung der auslieferungsfähigen Straftaten und auf den Anhang zum Auslieferungsvertrag, sodass in Anpassung an das kontinentaleuropäische Rechtssystem grundsätzlich eine Auslieferungspflicht besteht, wenn lediglich die übrigen Voraussetzungen des Vertrags vorliegen (vgl. BTDrucks 11/1610 vom 7. Januar 1988, S. 8; Grützner/Pötz/Kreß, Internationaler Rechtshilfeverkehr in Strafsachen, 3. Aufl., Loseblatt, Stand: Dezember 2008, Teil II V 10, Rn. 2). Dazu gehört insbesondere, dass das dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegende Verhalten des Verfolgten nach dem Recht beider Staaten strafbar ist und eine nicht unerhebliche Straftat darstellt. Die beiderseitige Strafbarkeit kann Straftaten im Rahmen der Beteiligung an einer Vereinigung umfassen, deren Ziele und Tätigkeiten die Begehung auslieferungsfähiger Straftaten einschließen (Art. 2 Abs. 1 Satz 3 AuslV). Als Beispiele werden die Bildung einer kriminellen Vereinigung nach deutschem Recht und die Beteiligung an einer in organisiertes Verbrechen verwickelten Vereinigung nach US-amerikanischem Recht genannt.

Anders als der Beschwerdeführer vorbringt, versteht das Oberlandesgericht Art. 2 Abs. 1 Satz 3 AuslV jedoch nicht als Ausnahme von dem Grundsatz der beiderseitigen Strafbarkeit. Das Oberlandesgericht stellt vielmehr darauf ab, dass die beiderseitige Strafbarkeit auch im Hinblick auf die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Verschwörung zum Betrug der USA gegeben sei. Es begründet dies damit, dass die beiderseitige Strafbarkeit nach Art. 2 Abs. 1 Satz 3 AuslV auch Straftaten im Rahmen einer Beteiligung an einer Vereinigung umfassen könne, deren Ziele und Tätigkeiten die Begehung auslieferungsfähiger Straftaten einschlössen. Eine solche Vereinigung glaubt das Oberlandesgericht in den Strukturen zu erkennen, die die Anklageschrift vom 26. Mai 1993 schildert. Danach sei der Beschwerdeführer namentlich Organisator und Manager der fortgesetzten Steuerhinterziehungen gewesen. Eine engere Auslegung der Vorschrift dahingehend, dass Art. 2 Abs. 1 Satz 3 AuslV nur auf die Straftat der Beteiligung an der Vereinigung selbst abstellt, nicht aber auf vorbereitende Straftaten, die im Rahmen einer "Vereinigungs"-Struktur begangen werden, wäre zwar möglich gewesen. Angesichts der Tatsache, dass ein völkerrechtlicher Vertrag nur typisierend auf das Recht beider Vertragsparteien eingehen und Besonderheiten des Rechts einer Partei nicht immer im Wortlaut selbst berücksichtigen kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats vom 16. Februar 2001, a.a.O.), ist die Auslegung des Oberlandesgerichts jedoch nicht als unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar und daher als willkürlich anzusehen.

(2)

Das Oberlandesgericht lässt auch keinen verfassungsrechtlichen Fehler erkennen, wenn es Titel 18 U.S.C. § 3161(h)(3)(B) dahin versteht, dass die US-amerikanischen Behörden nicht verpflichtet gewesen seien, Israel unmittelbar nach Inkrafttreten der Änderung des US-amerikanisch-israelischen Auslieferungsvertrags um Auslieferung des Beschwerdeführers zu ersuchen. Denn der Begriff der angemessenen Sorgfalt ist auslegungsbedürftig. Auch die in dem von dem Beschwerdeführer vorgelegten Gutachten eines US-amerikanischen Rechtsanwalts zitierte Rechtsprechung der US-amerikanischen Gerichte zu Titel 18 U.S.C. § 3161(h)(3)(B) belegt, dass die Anforderungen an die angemessene Sorgfalt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängen. Ist die Auslegung des ausländischen Rechts jedoch unklar, ist die Annahme des Oberlandesgerichts, die US-amerikanischen Behörden hätten die angemessene Sorgfalt im vorliegenden Fall walten lassen, nicht offensichtlich unhaltbar. Die Pflicht des Oberlandesgerichts, das ausländische Recht zu ermitteln und zu überprüfen, findet ihre Grenze in dem Sinn und Zweck von Art. 9 AuslV, das Auslieferungsverfahren zu erleichtern (Grützner/Pötz/Kreß, a.a.O., Rn. 3). Der Verfolgte soll nicht ausgeliefert werden, wenn ein Strafverfahren gegen ihn wegen Verjährung ohnehin nicht durchgeführt werden könnte. Ist der Eintritt der Verjährung nach dem ausländischen Recht aber unklar, ist es mit dem Sinn und Zweck des Auslieferungsvertrags als einem Instrument zwischenstaatlicher Kooperation vereinbar, die Gerichte des ersuchenden Staates selbst über das Vorliegen der Verjährung und eines daraus resultierenden, den Beschwerdeführer begünstigenden Verfahrenshindernisses entscheiden zu lassen.

IV.

Mit der Nichtannahme zur Entscheidung erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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