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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 27.04.2004
Aktenzeichen: 2 BvR 2020/99
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 1
GG Art. 2 Abs. 1
GG Art. 103 Abs. 1
GG Art. 3 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

IM NAMEN DES VOLKES

- 2 BvR 2020/99 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen

a) den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. September 1999 - 12 A 11709/99.OVG -

b) das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 5. August 1999 - 5 K 1021/99.NW -

hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richter Broß, Di Fabio und Gerhardt gemäß § 93c in Verbindung mit §§ 93b Satz 1, 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 27. April 2004 einstimmig beschlossen:

Tenor:

1.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 5. August 1999 - 5 K 1021/99.NW - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes. Es wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße zurückverwiesen.

2. Damit wird der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. September 1999 - 12 A 11709/99.OVG - gegenstandslos.

3. Das Land Rheinland-Pfalz hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen im Verfahren der Verfassungsbeschwerde zu erstatten.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde betrifft das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses nach § 51 Abs. 1 AuslG.

I.

1. Der Beschwerdeführer, ein kamerunischer Staatsangehöriger, ist nach seinen Angaben am 30. Dezember 1998 auf dem Luftweg in das Bundesgebiet eingereist. Zur Begründung seines Asylantrags führte er im Wesentlichen aus, er habe bis 1994 geheimdienstlich für die alte Einheitspartei Rassemblement Democratique du Peuple Camerounais (RDPC, engl.: CPDM) gearbeitet. 1996 sei er der SDF beigetreten. Anlässlich eines workshops im Februar 1998 seien alle teilnehmenden Erwachsenen zur Polizei gerufen und verhaftet und - bis auf ihn - einen Tag später wieder freigelassen worden. Er habe drei Monate in einer Zelle verbracht und sei gefoltert worden. Auf Druck der Partei Social Democratic Front - SDF - und wegen seiner Erkrankung sei er schließlich im April 1998 freigekommen. Er habe sich in der Folgezeit sechs Monate lang in ärztlicher Behandlung befunden. Ab Mitte November 1998 habe er anonyme Briefe erhalten, in denen er als gefährlicher Überläufer bezeichnet worden sei. Nach einer Warnung durch einen der Staatssicherheit angehörenden Bekannten und dem Erscheinen von Soldaten vor dem Haus seiner Schwester sei er geflohen.

2. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge lehnte eine Asylanerkennung ab, da der Beschwerdeführer keinerlei Belege oder Nachweise für seine Einreise auf dem Luftweg habe vorlegen können und deshalb von einer Einreise über einen sicheren Drittstaat auszugehen sei. Es stellte aber zugleich fest, dass auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers und der vorliegenden Erkenntnisse die Voraussetzungen nach § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich Kameruns vorlägen.

3. a) Gegen die positive Feststellung zu § 51 Abs. 1 AuslG klagte der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten. Der Vortrag des Beschwerdeführers sei unglaubhaft. Die SDF sei eine legal zugelassene, in zahlreichen Kommunen vertretene Partei; politische Verfolgung von Mitgliedern und Funktionären der SDF allein auf Grund ihrer Mitgliedschaft sei unwahrscheinlich, zumal sich der Beschwerdeführer nicht hervorgehoben und öffentlich betätigt habe. Ein asylrelevanter Hintergrund der Drohbriefe sei nicht ersichtlich.

Dem trat der Beschwerdeführer entgegen. Er legte Dokumente u.a. der SDF und eines kamerunischen Rechtsanwalts, der sich während und nach der Inhaftierung um ihn gekümmert habe, vor, die die Tätigkeit des Beschwerdeführers und seine Vorfluchterlebnisse bestätigen sollten.

b) In der mündlichen Verhandlung erklärte der Beschwerdeführer, er habe sich nach seiner Ankunft auf dem Flughafen Frankfurt am Main in Begleitung seines Schleppers mit der Bahn nach Düsseldorf begeben. Dort habe er am Nachmittag des 30. Dezember 1998 Asyl beantragen wollen, was wegen des Dienstschlusses nicht möglich gewesen sei. Er sei auf ein Schiff verbracht worden; erst am 4. Januar 1999 habe man sich wieder um ihn gekümmert und seine Personalien erfasst. Am 5. Januar 1999 sei er nach Trier geschickt worden, wo er schließlich einen Asylantrag gestellt habe.

c) Mit Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 5. August 1999 wurde der Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge hinsichtlich der Anerkennung nach § 51 Abs. 1 AuslG aufgehoben. Die unterbreitete Verfolgungsgeschichte sei schon deshalb nicht glaubhaft, weil der Beschwerdeführer durch sein Verhalten nach der Ankunft im Bundesgebiet gezeigt habe, dass er kein wirklicher politischer Flüchtling sei. Einem solchen dränge sich regelmäßig die unmittelbare Asylantragstellung nach Einreise - hier am Flughafen in Frankfurt am Main - auf, und nicht erst nach einer Weiterreise über den Bahnhof Frankfurt am Main nach Düsseldorf. Der Beschwerdeführer habe keine plausible Rechtfertigung dafür vorgebracht, warum er nicht bereits am Flughafen Asyl beantragt habe.

4. Mit seinem Berufungszulassungsantrag machte der Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, es könne dem vor Verfolgung Flüchtenden die inhaltliche Würdigung seines Vorbringens nicht deshalb versagt werden, weil er sich - unmittelbar nach Ankunft in einem fremden Land mit fremder Kultur, Sprache und Rechtsordnung nachvollziehbar - auf die Ratschläge des Fluchthelfers, die in Wirklichkeit dessen Schutz vor Aufdeckung dienen mögen, verlasse und vertraue und daher nicht bereits am Flughafen um Asyl nachsuche. Innenpolitische Ziele wie die Aufdeckung des Schlepperwesens dürften nicht auf die Gerichtsbarkeit durchschlagen. Angaben zu den Reisemodalitäten könnten allenfalls ein, aber nicht das ausschließliche Kriterium sein. Dies trete vorliegend umso deutlicher hervor, als die Angaben zur Einreise nicht als unglaubwürdig erachtet würden.

Das Oberverwaltungsgericht lehnte den Antrag auf Zulassung der Berufung ab.

II.

1. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer ausdrücklich Verstöße gegen Art. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG, der Sache nach aber insbesondere eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG in Gestalt des Willkürverbots.

Zur Begründung trägt er vor, das Verwaltungsgericht stütze sein Urteil einzig auf den Umstand, dass er nicht bereits am Flughafen einen Asylantrag gestellt habe. Es gebe keinerlei Ansatz oder Hinweis auf eine richterliche Würdigung seines Vorfluchtvorbringens, obschon das Bundesamt seinem Vorbringen Glauben geschenkt habe. Das Verwaltungsgericht lege seinem Urteil die Schlussfolgerung zu Grunde, dass ein Asylbewerber automatisch als unglaubwürdig einzustufen sei, wenn die Asylantragstellung oder Meldung als asylsuchend nicht sofort am Einreiseflughafen erfolgt sei. Folglich gehe es ferner davon aus, dass es in Fällen, in denen eine sofortige Asylantragstellung bei der Einreise unterlassen worden sei, keiner Auseinandersetzung mit den Vorfluchtgründen mehr bedürfe. Die Angaben zu den Reisemodalitäten könnten zwar ein, aber nicht das Kriterium zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Gesamtvorbringens des Asylbewerbers sein. Die Sichtweise des Verwaltungsgerichts verkenne den Schutzbereich des § 51 Abs. 1 AuslG und die ihm zu Grunde liegenden Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 sowie Art. 1 GG. Das Verwaltungsgericht maße sich in unerträglicher Weise an zu wissen, wie sich ein "wirklich Verfolgter" in der Einreisesituation verhalte. Er habe nicht damit rechnen können, dass das Verwaltungsgericht sein Vorfluchtschicksal überhaupt keiner Würdigung mehr unterziehen werde, zumal das Bundesamt ihm geglaubt habe.

2. Das Ministerium der Justiz des Landes Rheinland-Pfalz, der Leiter des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge und der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

III.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung eines der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93b in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 5. August 1999 verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG. Soweit das Verwaltungsgericht dem Beschwerdeführer die gesamten Vorfluchtgründe alleine wegen der nicht schon sofort bei der Einreise am Flughafen erfolgten Meldung als Asylsuchender nicht geglaubt hat, ist diese Schlussfolgerung im konkreten Einzelfall unter keinem denkbaren Aspekt mehr rechtlich vertretbar.

1. Gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG wird unter dem Gesichtspunkt des Willkürverbots nicht bereits dann verstoßen, wenn die angegriffene Rechtsanwendung oder das Verfahren fehlerhaft sind, denn das Bundesverfassungsgericht ist nicht dazu berufen, Entscheidungen anderer Gerichte einer allgemeinen inhaltlichen Nachprüfung zu unterziehen (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>). Hinzukommen muss vielmehr, dass Rechtsanwendung oder Verfahren unter keinem denkbaren Aspekt mehr rechtlich vertretbar sind und sich daher der Schluss aufdrängt, dass die Entscheidung auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 4, 1 <7>; 62, 189 <192>; 67, 90 <94>; 74, 102 <127>; 80, 48 <51>; 81, 132 <137>). Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen, ohne dass es auf einen subjektiven Schuldvorwurf ankäme. Willkür ist im objektiven Sinn zu verstehen als Maßnahme, welche im Verhältnis zu der Situation, der sie Herr werden will, tatsächlich und eindeutig unangemessen ist (vgl. BVerfGE 62, 189 <192>; 80, 48 <51>).

2. Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht mehr hinnehmbar.

a) Das Verwaltungsgericht hat zur Beurteilung der Vorfluchtgründe des Beschwerdeführers als unglaubhaft alleine darauf abgestellt, dass dieser nicht unmittelbar bei seiner Einreise am Flughafen Frankfurt am Main um politisches Asyl nachgesucht, sondern sich vor der Meldung als Asylsuchender erst per Bahn nach Düsseldorf begeben hat. Denn einem wirklich Verfolgten dränge es sich regelmäßig auf, sofort bei der Einreise in das Zufluchtsland Asyl zu beantragen, um so schnellstmöglich den zumindest aus seiner Sicht erforderlichen Schutz zu erhalten. Der Beschwerdeführer habe auch keine plausible Rechtfertigung für die verzögerte Asylantragstellung an einem anderen als dem Einreiseort geben können.

b) Zweifelsohne entspricht es dem Wesen des Asyls und der psychischen Situation des tatsächlich Verfolgten, dass sich ein Ausländer, der Schutz vor politischer Verfolgung sucht, möglichst frühzeitig den Behörden des Zufluchtsstaates als Schutzsuchender zu erkennen gibt. Hieraus kann aber nicht geschlossen werden, dass nur derjenige tatsächlich politisch verfolgt worden ist, der sofort bei der Einreise an der Grenze um politisches Asyl nachsucht. Zwar vermag die Tatsache, dass sich ein Ausländer nicht im zeitlichen Zusammenhang mit seiner Einreise, sondern erst später als Asylsuchender zu erkennen gibt, Zweifel an dem von ihm behaupteten Verfolgungsschicksal begründen. Je größer der Zeitraum zwischen Einreise und Asylantragstellung ist, desto mehr kann dieser als Indiz gegen die Glaubhaftigkeit des vom Asylbewerber geschilderten Vorfluchtschicksals herangezogen werden. Ob bei extrem langer Zeitspanne zwischen Einreise und Asylantragstellung alleine deswegen auf die Unglaubwürdigkeit des Ausländers geschlossen werden kann, bedarf vorliegend keiner Klärung, da ein solcher Fall hier nicht gegeben ist. Alleine die Tatsache, dass der Ausländer sich nicht unmittelbar bei seiner Einreise gegenüber der Grenzbehörde als Asylsuchender zu erkennen gegeben hat, vermag ohne Berücksichtigung der weiteren Umstände des Einzelfalls - wie dem Zeitpunkt der Meldung als Asylsuchender sowie dem Vortrag des Ausländers zu den Reisemodalitäten und seinem Vorfluchtschicksal - grundsätzlich nicht die Annahme zu rechtfertigen, der gesamte Vortrag zu dessen Vorfluchtschicksal sei unglaubhaft. Dies gilt auch, wenn der Asylbewerber nach § 13 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG zur Asylantragstellung an der Grenze verpflichtet gewesen wäre. Die Vorschrift wurde lediglich mit dem Ziel eingeführt, die Zuwanderung steuern und begrenzen zu können; mit der Verpflichtung zur Stellung des Asylantrags an der Grenze sollte einem illegalen Aufenthalt des Ausländers entgegengewirkt und das Asylverfahren möglichst frühzeitig eingeleitet werden (vgl. BTDrucks 12/4450, S. 17).

Die Annahme, dass das Vorfluchtschicksal nicht alleine deswegen als unglaubhaft einzustufen ist, weil der Asylantrag nicht unmittelbar bei der Einreise an der Grenze gestellt wurde, entspricht auch der Wertung des (historischen) Gesetzgebers. Im Rahmen der Änderung des Asylverfahrensgesetzes wurde ein Vorschlag des Bundesrates, eine Frist von zwei Wochen ab der Einreise für die Asylantragstellung einzuführen und einen Asylantrag bei Fristversäumnis als offensichtlich unbegründet einzustufen, falls nicht zwingende Gründe für die Säumnis dargelegt würden, nicht übernommen. In der Antwort der Bundesregierung hieß es hierzu, der Grundsatz der Nichtabschiebung politisch Verfolgter müsse auch dann Anwendung finden, wenn ein Asylantrag wegen Fristversäumnis unbeachtlich sei. Die Prüfung der behaupteten Verfolgungsgründe würde lediglich in das Abschiebungsverfahren und damit auf die weniger sachkundigen Ausländerbehörden verlagert (vgl. BTDrucks 11/4958, S. 3 und 7). Die Bundesregierung nahm gerade nicht an, dass ein "wirklich Verfolgter" regelmäßig nur unmittelbar bei der Einreise um Asyl nachsucht. Im Rahmen der Änderung des Asylverfahrensgesetzes wurde zudem ausdrücklich die Vorschrift des § 13 Abs. 3 AsylVfG eingefügt. Dessen Satz 2 bestimmt, dass ein Ausländer sich im Falle der unerlaubten Einreise unverzüglich bei einer Aufnahmeeinrichtung zu melden oder bei der Ausländerbehörde oder der Polizei um Asyl nachzusuchen hat; es wurde hiermit gerade eine Regelung für den Fall getroffen, dass die Asylantragstellung nicht bei der Einreise erfolgt. Verletzt der Asylbewerber diese Mitwirkungspflicht gröblich, ist nach § 30 Abs. 3 Nr. 5 AsylVfG ein unbegründeter Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen.

3. In Anwendung dieser Grundsätze ist nicht nachvollziehbar, warum das Verwaltungsgericht das Vorfluchtschicksal des Beschwerdeführers einzig mit dem Verweis darauf als insgesamt unglaubhaft eingestuft hat, dass dieser sich nicht bereits bei seiner Einreise gegenüber den Grenzbehörden am Flughafen Frankfurt am Main als Asylsuchender zu erkennen gegeben hat. Dies gilt umso mehr, als im konkreten Fall weitere Umstände gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts sprechen:

Der Beschwerdeführer hatte in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass er noch am Tag seiner Einreise in die Bundesrepublik mit dem Zug nach Düsseldorf weitergereist sei und sich dort am Nachmittag des gleichen Tages als Asylsuchender habe melden wollen. In dem Amtsgebäude habe man zu dieser Uhrzeit aber nicht mehr gearbeitet. Man habe ihn auf ein Schiff gebracht und sich erst am 4. Januar 1999, einem Montag, wieder um ihn gekümmert und seine Personalien aufgenommen. Nach diesem Vortrag, auf den das Verwaltungsgericht im Urteil mit keinem Wort eingeht, hat der Beschwerdeführer sich noch am Tage seiner Einreise und damit in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang zu dieser darum bemüht, sich als Asylsuchender zu melden. Dass es erst am 4. Januar 1999 zu einer förmlichen Kontaktaufnahme kam, ist nachvollziehbar geschildert. Es ist durchaus denkbar, dass an dem auf die Einreise des Beschwerdeführers folgenden Tag, dem 31. Dezember 1998, die zuständigen Behörden geschlossen waren und man sich erst am ersten Werktag nach dem Neujahrsfeiertag und dem darauf folgenden Wochenende wieder um den Beschwerdeführer gekümmert hat.

Darüber hinaus ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass das Bundesamt dem Beschwerdeführer trotz der "verzögerten" Asylantragstellung sein Vorfluchtschicksal geglaubt hatte. Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten hatte seine Klage zwar mit der Begründung erhoben, das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinem Vorfluchtschicksal sei unglaubhaft. Zur Begründung stellte er jedoch ausschließlich auf das Vorbringen des Beschwerdeführers zu den Geschehnissen vor seiner Ausreise aus Kamerun, nicht aber auf den Zeitpunkt der Asylantragstellung ab.

4. Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts und einer Zurückverweisung der Sache an dieses in jedem Fall keinen Erfolg haben wird (vgl. BVerfGE 90, 22 <26>), sind nicht ersichtlich. Zwar sprechen die vom Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten in seiner Klage angeführten Argumente dafür, dass der Vortrag des Beschwerdeführers zum Vorfluchtgeschehen möglicherweise unglaubhaft ist; zwingend ist diese Annahme indessen nicht. Das Verwaltungsgericht wird den Vortrag des Beschwerdeführers auf seine Glaubwürdigkeit hin zu überprüfen und danach zu entscheiden haben, ob ihm im Falle einer Rückkehr nach Kamerun mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung droht.

IV.

1. Wegen des festgestellten Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben, ohne dass es einer Entscheidung über die weiteren Grundrechtsrügen bedarf. Die Sache ist an das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße zurückzuverweisen (§ 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG).

2. Damit ist der ebenfalls angegriffene Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz gegenstandslos.

3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.



Ende der Entscheidung

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