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Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 28.03.2002
Aktenzeichen: 2 BvR 2104/01
Rechtsgebiete: BVerfGG, GG
Vorschriften:
BVerfGG § 92 | |
BVerfGG § 23 Abs. 1 Satz 2 | |
BVerfGG § 93a Abs. 2 Buchstabe a | |
GG Art. 101 | |
GG Art. 3 Abs. 1 | |
GG Art. 1 Abs. 1 | |
GG Art. 103 Abs. 1 | |
GG Art. 19 Abs. 4 Satz 1 | |
GG Art. 101 Abs. 1 Satz 2 | |
GG Art. 1 Abs. 1 Satz 2 |
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 2104/01 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. September 2001 - 4 Ws 60/01 -
und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
hat die 4. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richterin Präsidentin Limbach und die Richter Jentsch, Di Fabio gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)
am 28. März 2002 einstimmig beschlossen:
Tenor:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Gründe:
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen eine Entscheidung des Oberlandesgerichts, mit der ein Antrag gemäß § 172 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen wurde.
I.
1. Der Beschwerdeführer, ein guineischer Staatsangehöriger, wurde am 26. Juni 1996 wegen des Verdachts des Handels mit Betäubungsmitteln vorläufig festgenommen und durch den Beschuldigten des Ausgangsverfahrens, einen Polizeihauptmeister, in ein Krankenhaus verbracht, weil er mit Kokain gefüllte, fest verschweißte Plastikkügelchen (sog. "bubbles") geschluckt hatte. Nachdem ihm eine Beruhigungsspritze verabreicht worden war, wurde eine Magenspiegelung durchgeführt. Nach Auffassung des gesondert verfolgten behandelnden Internisten war eine Entnahme der "bubbles" mittels Gastroskopie zu gefährlich, da sie sich bereits zu einer Masse verklumpt hätten; er ordnete eine Entfernung mittels Operation an. Bei dem anschließend im Wege eines Magenschnittes durchgeführten Eingriff wurden 14 "bubbles" sichergestellt.
Der Beschwerdeführer erstattete Strafanzeige gegen den Beschuldigten und die behandelnden Ärzte. Er ist der Auffassung, der Beschuldigte habe von den Ärzten die Entfernung der "bubbles" zur bloßen Beweissicherung verlangt. Der behandelnde Internist und der Beschuldigte seien sich darüber einig gewesen, dem Beschwerdeführer zum Zwecke der Beweissicherung und Überführung den Magen zu öffnen, um in den Besitz der geschluckten Beweismittel zu gelangen. Es habe sich hierbei um einen schwer wiegenden, nicht gerechtfertigten Eingriff ohne zwingende medizinische Notwendigkeit gehandelt, bei dem sich der Beschuldigte der Körperverletzung im Amt strafbar gemacht habe.
2. a) Der Strafanzeige gegen den Polizeibeamten gaben die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsbehörden zunächst keine Folge. Den Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm im Klageerzwingungsverfahren, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf gerichtliche Entscheidung als unbegründet verworfen wurde, hob das Bundesverfassungsgericht auf eine Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers hin auf (Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Mai 1998 - 2 BvR 1314/97 -, EuGRZ 1998, S. 466 f.). Zur Begründung führte die Kammer aus, das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers sei verletzt, weil das Oberlandesgericht trotz des Vortrags konkreter Umstände gegen das Bestehen einer Lebensgefahr und deren irrige Annahme durch den beschuldigten Polizisten sowie der Rüge des Fehlens ernsthafter Ermittlungen gleichwohl davon ausgegangen sei, dem Beschuldigten könne eine irrtümliche Annahme einer bestehenden Lebensgefahr nicht widerlegt werden. Diese Würdigung sei im Lichte der ersichtlich unzureichenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen nur zu erklären, wenn das Oberlandesgericht das Vorbringen des Beschwerdeführers entweder nicht zur Kenntnis genommen oder doch nicht gewürdigt habe. Die Umstände, die zur Anordnung und Durchführung des operativen Eingriffs geführt hätten, seien evident unzureichend aufgeklärt worden.
b) Die Ermittlungen wurden daraufhin auf Anordnung des Oberlandesgerichts Hamm von der Staatsanwaltschaft Münster mit Verfügung vom 17. Dezember 1998 wieder aufgenommen. Am 10. Januar 2000 stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren erneut ein. Der Beschuldigte sei durch seinen Vorgesetzten angewiesen worden, den Beschwerdeführer zur medizinischen Betreuung in ein Krankenhaus zu bringen. Der Beschwerdeführer sei dem Krankenhaus zugeführt worden, um einer möglicherweise drohenden Gesundheitsgefahr begegnen zu können. Der Beschuldigte habe nach dem Ergebnis der Ermittlungen durch eine Untersuchung des Beschwerdeführers abgeklärt wissen wollen, ob aus ärztlicher Sicht von den geschluckten "bubbles" eine Gesundheitsgefahr ausgehen könne. Es sei zwar auch die Rede davon gewesen, die "bubbles" als Beweismittel zu sichern; diesbezüglich seien jedoch an die behandelnden Ärzte keine Forderungen gestellt worden. Weder der Beschuldigte noch sonst einer der im Krankenhaus anwesenden Polizeibeamten hätten auf die Willensbildung und Entscheidungsfindung des medizinischen Personals in unzulässiger oder strafrechtlich relevanter Weise Einfluss zu nehmen versucht oder tatsächlich genommen.
c) Der hiergegen gerichteten Beschwerde gab die Generalstaatsanwaltschaft keine Folge. Zwar sei zutreffend, dass die Beweissicherung jedenfalls mit ein Beweggrund für den Beschuldigten gewesen sei, den Beschwerdeführer einem Krankenhaus zuzuführen. Dieses Motiv begründe jedoch eine Strafbarkeit nicht. Das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen habe in einem Runderlass vom 26. Juni 1996 (MBl.NW 1996, S. 1170) u.a. darauf hingewiesen, dass der verantwortliche Arzt nach Untersuchung des Patienten im Einzelfall selbst entscheiden müsse, ob ein Eingriff gemäß § 81a StPO durchgeführt werden könne. Sämtliche an der Behandlung des Beschwerdeführers beteiligten Personen hätten angegeben, eigenverantwortlich über die angewandten Behandlungsmethoden entschieden zu haben. Auch der frühere Verteidiger des Beschwerdeführers habe bekundet, die Frage der Notwendigkeit eines operativen Eingriffs mit einem Arzt erörtert zu haben und dabei zu der Überzeugung gelangt zu sein, dass der Eingriff aus medizinischer Sicht erforderlich gewesen sei. Ersuchen um die Vornahme von Exkorporationen könnten auch an Ärzte in privatrechtlich organisierten Krankenhäusern gerichtet werden, falls diese - wie vorliegend - zu einer solchen Behandlung bereit seien.
d) Mit dem hier verfahrensgegenständlichen Beschluss verwarf das Oberlandesgericht den Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unbegründet. Die nunmehr vollständig durchgeführten Ermittlungen böten auch unter Berücksichtigung der im Ermittlungsverfahren gegen die behandelnden Ärzte gewonnenen Erkenntnisse keinen genügenden Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage; eine Verurteilung des Beschuldigten sei nicht mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten. Wenn auch die beim Beschwerdeführer vorgenommenen Eingriffe den objektiven Tatbestand einer Körperverletzung erfüllten, lasse sich ein Nachweis, dass der Beschuldigte diese Eingriffe in Kenntnis der fehlenden medizinischen Notwendigkeit allein zum Zwecke der Beweissicherung angeordnet und damit zu verantworten habe, nicht führen. Die Polizeibeamten hätten nicht verlangt, die "bubbles" sicherzustellen. Der Beschwerdeführer habe vielmehr untersucht werden sollen, um ärztlicherseits die erforderlichen Maßnahmen ergreifen zu können. Sowohl das an den Vorgängen beteiligt gewesene medizinische als auch das polizeiliche Personal hätten übereinstimmend bekundet, es habe keine Anordnung des Beschuldigten gegeben, den Beschwerdeführer ohne jede medizinische Notwendigkeit allein aus Gründen der Beweissicherung den fraglichen medizinischen Eingriffen zu unterziehen. Da er als medizinischer Laie von der Richtigkeit der ärztlichen Diagnose habe ausgehen dürfen, könne ihm ein Vorwurf, die fraglichen Eingriffe nicht unterbunden zu haben, nicht gemacht werden. Der Beschuldigte habe sich entsprechend den anlässlich eines früheren Vorfalles festgelegten dienstlichen Vorgaben verhalten und sich dabei auf die Richtigkeit und Angemessenheit dieser dienstlichen Praxis und die ausreichende fachliche Qualifikation der Krankenhausärzte verlassen dürfen. Wenn es dabei auf Grund einer falschen ärztlichen Diagnose zu medizinisch nicht indizierten Eingriffen gekommen sei, sei das nicht den eingesetzten Polizeikräften anzulasten. Mit - hier nicht angegriffenem Beschluss - vom 7. Februar 2002 verwarf das Oberlandesgericht einen Antrag des Beschwerdeführers auf nachträgliche Anhörung gemäß § 33a StPO. Daneben wies es die Gegenvorstellungen des Beschwerdeführers zurück.
3. Das Ermittlungsverfahren gegen die behandelnden Ärzte hatte die Staatsanwaltschaft Münster gemäß § 170 Abs. 2 StPO bereits am 10. Januar 2000 eingestellt. Es sei davon auszugehen, dass die Magenoperation angeordnet worden sei, um eine gegenwärtige, nicht anders abwendbare Gefahr für Leib und Leben des Beschwerdeführers abzuwenden. Das Verhalten der behandelnden Ärzte sei daher gemäß § 34 StGB gerechtfertigt. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde nahm die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen wieder auf und gab ein Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Münster zur Klärung der Frage in Auftrag, ob eine medizinisch gebotene Notfallbehandlung am Beschwerdeführer vorgenommen worden sei. Die Gutachter kamen zu dem Ergebnis, die Magenspiegelung sei wegen der Gefahr der Perforation von Rauschmittelbehältern nicht indiziert gewesen, solange Alternativen zur Entfernung der Fremdkörper bestanden hätten. Sowohl retrospektiv als auch aus Sicht der behandelnden Ärzte habe eine medizinische Indikation für die Operation nicht bestanden. Die operative Eröffnung des Magens zur Entfernung der "bubbles" bei dem unbeeinträchtigten Beschwerdeführer habe sich offensichtlich als reine Beweissicherungsmaßnahme dargestellt.
Das Ermittlungsverfahren gegen zwei zuletzt noch beschuldigte Ärzte wurde mit Zustimmung des Amtsgerichts Münster gegen Zahlung einer Auflage gemäß § 153a StPO eingestellt. Die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hat die Kammer nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 5. November 2001 - 2 BvR 1551/01 -, zur Veröffentlichung vorgesehen).
II.
Mit der fristgemäß erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 1 Abs. 1, 3 Abs. 1, 19 Abs. 4, 101 und 103 Abs. 1 GG.
1. Art. 101 GG sei verletzt, weil das Oberlandesgericht in unzulässiger Weise wie ein Tatgericht entschieden habe, indem es trotz Vorliegens mindestens zweier Beweise, die eindeutig für eine vorsätzliche Körperverletzung des Beschuldigten sprächen, eine umfassende Beweiswürdigung vorgenommen und den Beschuldigten "freigesprochen" habe. Die Entscheidung sei willkürlich, da sie den durch das Gutachten erbrachten medizinischen Beweis des Vorliegens einer vorsätzlichen Körperverletzung durch den behandelnden Internisten und die Kenntnis des Beschuldigten hiervon nicht berücksichtige. Willkürlich sei auch die Annahme des Oberlandesgerichts, für das Vorliegen einer medizinischen Notwendigkeit spreche der Umstand, dass die Exkorporation tatsächlich als Notfalloperation unter Inkaufnahme der damit verbundenen erhöhten Risiken durchgeführt worden sei. Durch ein Beiblatt zur Festnahmeanzeige sowie die erste Einlassung des behandelnden Internisten stehe fest, dass Grundlage der Exkorporation eine polizeiliche Anordnung zur Beweismittelsicherung gewesen sei. Damit seien die Ausführungen des Oberlandesgerichts zur Interessenlage der beteiligten Ärzte unter keinem sachlichen Gesichtspunkt vereinbar. Die Erwägungen des Oberlandesgerichts zu den später abgegebenen Einlassungen sowie zu den diese bestätigenden Angaben weiterer Zeugen seien frei erfunden. Dies werde auch durch die Zeugenaussage einer Krankenschwester belegt, wonach mit den Eingriffen erst begonnen worden sei, nachdem ein amtlicher Beschluss, auf den der behandelnde Internist bestanden habe, vorgelegen habe. Auch aus dem Gutachten folge, dass die späteren Einlassungen über das Vorliegen einer lebensbedrohlichen Situation als reine Schutzbehauptungen angesehen werden müssten. Die trotz erdrückender Beweislage für eine Strafbarkeit des Beschuldigten vertretene Auffassung des Oberlandesgerichts höhle seine Menschenwürde im Kernbereich aus. Diese verbiete, einem Verdächtigen den Bauch aufzuschneiden, um sich daraus der erforderlichen Beweismittel zu bedienen, und sei durch die Gerichte effektiv zu schützen. Er erfahre durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts erneut eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung.
2. Der Beschwerdeführer beantragt, die Entscheidung des Oberlandesgerichts aufzuheben und die Staatsanwaltschaft Münster anzuweisen, vor Eintritt der Strafverfolgungsverjährung Anklage gegen den Beschuldigten zu erheben. Daneben beantragt er, im Wege der einstweiligen Anordnung die Staatsanwaltschaft Münster anzuweisen, den Eintritt der Verjährung durch Einleitung verjährungsunterbrechender Maßnahmen zu verhindern.
III.
Die Voraussetzungen für eine Annahme der Verfassungsbeschwerde liegen nicht vor.
1. Die Sache hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung im Sinne des § 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG, denn die entscheidungserheblichen Fragen sind durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt. Dies gilt insbesondere für die Frage eines verfassungsrechtlichen Anspruchs auf Strafverfolgung eines Dritten durch den Staat (vgl. BVerfGE 51, 176 <187>).
2. Eine Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Durchsetzung der vom Beschwerdeführer als verletzt gerügten Verfassungsrechte angezeigt, denn die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg. Sie ist teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet.
a) Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG rügt, fehlt es an einer den Begründungsanforderungen der §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG genügenden hinreichend substantiierten Darlegung einer Verletzung dieses grundrechtsgleichen Rechts. Der Beschwerdeführer trägt nicht vor, das Oberlandesgericht habe seinen Sachvortrag oder Teile davon nicht zur Kenntnis genommen oder in Erwägung gezogen. Er behauptet vielmehr in inhaltlicher Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung deren Sachwidrigkeit. Mit dieser Rüge macht der Beschwerdeführer der Sache nach keine Gehörsverletzung, sondern einen Gleichheitsverstoß nach Art. 3 Abs. 1 GG geltend.
b) Auch eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ist nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Der Beschwerdeführer behauptet nicht, das Oberlandesgericht habe ihm unzumutbare Anforderungen an die Abfassung des Klageerzwingungsantrags oder an die Darlegung der hierfür erforderlichen Tatsachen und Beweismittel gestellt. Das Oberlandesgericht hat seinen Antrag vielmehr in der Sache als unbegründet verworfen, weil sich nach dem Ergebnis der Ermittlungen eine hinreichende Verurteilungswahrscheinlichkeit für den Beschuldigten nicht ergab. Es hat damit einen umfassenden und lückenlosen gerichtlichen Schutz gegen die vom Beschwerdeführer angegriffenen Entscheidungen der staatsanwaltschaftlichen Behörden gewährt.
c) Soweit die Verfassungsbeschwerde im Übrigen zulässig ist, hat sie in der Sache keine Aussicht auf Erfolg. Die angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
aa) Das Recht auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist nicht verletzt. Das Bundesverfassungsgericht beanstandet die Auslegung und Anwendung von Zuständigkeitsnormen nur, wenn sie bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheinen und offensichtlich unhaltbar sind (vgl. BVerfGE 29, 198 <207>; 82, 159 <194>). Die Ausgestaltung des Verfahrens zur Entscheidung über einen Antrag nach § 172 Abs. 2 StPO ist in erster Linie Sache der dafür zuständigen Fachgerichte. Die im Klageerzwingungsverfahren erst- und letztinstanzlich entscheidenden Oberlandesgerichte bestimmen ihr Verfahren dabei nach pflichtgemäßem Ermessen (Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Aufl. 2001, § 173 Rn. 1; Schmid, in: Karlsruher Kommentar, StPO, 4. Aufl. 1999, § 173 Rn. 1). Innerhalb dieses Rahmens ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, soweit das Oberlandesgericht den Prüfungsmaßstab der hinreichenden Verurteilungswahrscheinlichkeit angewandt hat. Nach § 174 Abs. 1 StPO kann das Gericht den Antrag als unbegründet verwerfen, sofern das Ergebnis der Ermittlungen keinen genügenden Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage ergibt. Genügender Anlass in diesem Sinne setzt nach allgemeiner Auffassung hinreichenden Tatverdacht im Sinne der §§ 170 Abs. 1, 203 StPO und damit die Wahrscheinlichkeit der Verurteilung des Beschuldigten voraus (OLG Rostock, Beschluss vom 29. März 1996 - 1 Ws 242/95 -, NStZ-RR 1996, S. 272 ff.; Schmid, a.a.O., § 174 Rn. 2; Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.O., § 170 Rn. 1). Der unbestimmte Rechtsbegriff des "hinreichenden Tatverdachts" eröffnet zudem einen nicht unerheblichen Beurteilungsspielraum, zumal es sich dabei um eine Prognoseentscheidung handelt (Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.O., § 170 Rn. 1 m.w.N.). Das Oberlandesgericht stellt ohne Bindung an die Entscheidungen der staatsanwaltschaftlichen Behörden eigene tatsächliche und rechtliche Erwägungen an (Schmid, a.a.O., § 174 Rn. 2); dabei nimmt es eine vorläufige Beweisbarkeitsprognose vor (OLG Rostock, a.a.O.).
Dass das Oberlandesgericht die eventuell für eine Verantwortlichkeit des Beschuldigten sprechenden Beweismittel (Beiblatt zur Festnahmeanzeige, erste Einlassung des behandelnden Internisten) im Zusammenhang mit späteren Beweismitteln (Einlassung des Beschuldigten, weitere Einlassung des behandelnden Internisten, Zeugenbekundungen), die gegen eine Verantwortlichkeit sprechen, gewürdigt hat, ist unter Berücksichtigung des aufgezeigten Prüfungsrahmens sachgerecht. Es wäre rechtsstaatswidrig, den Beschuldigten einem Strafverfahren auszusetzen, dessen Grundlage nur solche Beweismittel bilden, deren Stichhaltigkeit im Hauptverfahren durch weitere Ermittlungsergebnisse erschüttert oder widerlegt zu werden drohen.
bb) Die angegriffene Entscheidung ist auch nicht willkürlich. Ein Verfassungsverstoß liegt bei gerichtlichen Entscheidungen unter dem Gesichtspunkt des Willkürverbots des Art. 3 Abs. 1 GG nicht schon dann vor, wenn die Rechtsanwendung oder das eingeschlagene Verfahren Fehler enthalten. Hinzukommen muss vielmehr, dass diese bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich sind und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhen (BVerfGE 4, 1 <7>; 80, 48 <51>; 81, 132 <137>; stRspr). Die Grenze zur Willkür ist erst überschritten, wenn die Auslegung und die Anwendung des einfachen Rechts unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr verständlich ist, es sich also um eine krasse Fehlentscheidung handelt (BVerfGE 89, 1 <14>).
Ein solcher Mangel haftet der angegriffenen Entscheidung und der in ihr enthaltenen Beweisbarkeitsprognose nicht an. Das Oberlandesgericht setzt sich mit der Beweislage hinsichtlich einer eigenständigen strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Beschuldigten eingehend, jedenfalls in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise auseinander; seine Auffassung, wonach eine hinreichende Wahrscheinlichkeit der Verurteilung des Beschuldigten in einem Strafverfahren nicht zu erwarten ist, entbehrt nicht jeden sachlichen Grundes. Zwar ist das Oberlandesgericht im Rahmen der von ihm vorgenommenen Beweiswürdigung nicht auf die Bekundungen der als Zeugin vernommenen Krankenschwester eingegangen, nach deren Aussage mit der endoskopischen Untersuchung des Beschwerdeführers erst dann begonnen worden sei, nachdem ein "amtlicher Beschluss" vorgelegen habe. Auch ist die Erwägung des Oberlandesgerichts, für die Annahme einer medizinischen Notwendigkeit der Eingriffe seitens der tätig gewordenen Ärzte spreche auch der Umstand, dass die Eröffnung des Magens des Beschwerdeführers tatsächlich als Notfalloperation unter Inkaufnahme damit verbundener erhöhter Risiken durchgeführt worden sei, wenig stichhaltig. Diese Auffassung offenbart einen logischen Fehlschluss, denn sie schließt vom Vorliegen eines Sachverhalts (Öffnung des Magens) auf die Rechtmäßigkeit der Maßnahme und setzt damit einen noch unbewiesenen Beweisgrund voraus (petitio principii). Es handelt sich hierbei jedoch lediglich um Randerwägungen, deren Weglassen die vom Oberlandesgericht getroffene Beweisbarkeitsprognose im Ergebnis nicht erschüttert. Verfassungsrechtlich unbedenklich - und vom Beschwerdeführer auch unbeanstandet - ist die Auffassung des Oberlandesgerichts, eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschuldigten wegen Körperverletzung im Amt gemäß § 340 StGB nur dann in Betracht zu ziehen, wenn dieser in Kenntnis der fehlenden medizinischen Notwendigkeit die fraglichen Eingriffe allein zum Zwecke der Beweissicherung angeordnet und damit zu verantworten hätte. Dass sich ein solcher Nachweis zu Lasten des Beschuldigten in einem Strafverfahren nicht werde führen lassen, hat das Oberlandesgericht nachvollziehbar begründet. Dabei hat es zutreffend in den Vordergrund gestellt, dass nach allen Bekundungen der beteiligten Ärzte und des polizeilichen Personals die Eingriffe allein auf Veranlassung und in Verantwortung des ärztlichen Fachpersonals durchgeführt wurden und eine Anordnung des Beschuldigten, den Beschwerdeführer ohne jede medizinische Notwendigkeit allein aus Gründen der Beweissicherung den fraglichen Eingriffen zu unterziehen, nicht vorlag. Dass das Oberlandesgericht im Rahmen seiner Beweisbarkeitsprognose vorwiegend auf diejenige Einlassung des behandelnden Internisten abgestellt hat, die durch das Ergebnis der weiteren Ermittlungen, insbesondere durch Bekundungen von Zeugen bestätigt wurde und auch im Einklang mit der Einlassung des Beschuldigten selbst steht, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch aus dem Sachverständigengutachten lässt sich entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers wenig für eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des beschuldigten Polizeibeamten gewinnen. Dieses Gutachten wurde im Ermittlungsverfahren zur Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der behandelnden Ärzte eingeholt und behandelt die Frage der medizinischen Notwendigkeit der am Beschwerdeführer vorgenommenen Eingriffe. Wenn und soweit das Gutachten zu dem Ergebnis kommt, dass eine solche Notwendigkeit nicht gegeben war und dies dem behandelnden Internisten bekannt gewesen war oder hätte sein müssen, so lassen sich daraus keine Rückschlüsse für die nicht durch ein Gutachten, sondern tatrichterlich aufzuklärende Frage ableiten, ob der beschuldigte Polizist in Kenntnis dieser fehlenden Indikation die Exkorporation zur bloßen Beweismittelsicherung angeordnet hat.
cc) Durch die Verwerfung seines Klageerzwingungsantrags als unbegründet und die dadurch unterbliebene strafrechtliche Verfolgung des Beschuldigten ist der Beschwerdeführer auch nicht in seiner unantastbaren Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 GG verletzt. Dabei kann dahin stehen, ob der Beschwerdeführer am 26. Juni 1996 durch die Exkorporation der von ihm verschluckten Drogen in seiner Menschenwürde verletzt oder einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (EMRK) unterworfen wurde. Denn es gibt grundsätzlich keinen verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch auf Strafverfolgung eines anderen durch den Staat (BVerfGE 51, 176 <187>; Beschlüsse der 4. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 5. November 2001 - 2 BvR 1551/01 - Beschlussabdruck S. 6 und vom 31. Januar 2002 - 2 BvR 1087/00 - Beschlussabdruck S. 2). Auch die staatliche Schutzpflicht für die Würde des Einzelnen aus Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. dazu BVerfGE 1, 97 <104>; 39, 1 <41 f.>; 46, 160 <164>; 57, 250 <284 f.>; 88, 203 <251 f.>) verlangt eine solche Verfolgung bei einer etwaigen Verletzung der Menschenwürde durch Dritte nicht. Der Staat genügt der Schutzpflicht bereits dadurch, dass er entsprechende Verletzungshandlungen allgemein unter Strafe stellt und spezielle, an das Legalitätsprinzip (§§ 160 Abs. 1, 170 Abs. 1 StPO) gebundene Strafverfolgungsbehörden sowie ein rechtsstaatlich geordnetes Verfahren mit flankierend eingeräumten Rechtsschutzbehelfen des Verletzten (§ 172 StPO) geschaffen hat.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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