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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 16.05.2007
Aktenzeichen: 2 BvR 2106/05
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 2 Abs. 2 Satz 2
GG Art. 104 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES

- 2 BvR 2106/05 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 8. November 2005 - 13 W 62/05 -

hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Richter Broß, die Richterin Lübbe-Wolff und den Richter Gerhardt gemäß § 93c in Verbindung mit § 93a Absatz 2 Buchstabe b BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 16. Mai 2007 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 8. November 2005 - 13 W 62/05 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 104 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes.

Der Beschluss wird aufgehoben, soweit er über die Kosten entscheidet. Die Sache wird insoweit an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Das Land Niedersachsen hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Reichweite des Gesetzesvorbehalts bei der Anordnung von Abschiebungshaft.

1. Der Beschwerdeführer wurde 1972 als Kind eines spanischen Vaters und einer deutschen Mutter in Deutschland geboren und ist zusammen mit seinem jüngeren Bruder hier aufgewachsen. Er besitzt die spanische Staatsangehörigkeit; die deutsche Staatsangehörigkeit hat er, anders als sein jüngerer Bruder, durch die Geburt von einer deutschen Mutter aufgrund der damaligen staatsangehörigkeitsrechtlichen Rechtslage nicht erworben. Mit Erreichen des 16. Lebensjahres erhielt er eine befristete Aufenthaltserlaubnis; die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis wurde abgelehnt, da er im Verdacht stand, an einem Diebstahl beteiligt gewesen zu sein.

Seit Anfang der 90er Jahre war der Beschwerdeführer mit einer russischen Staatsangehörigen befreundet; diese brachte im Oktober 1994 das gemeinsame Kind zur Welt.

Die im Februar 1995 beantragte Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wurde abgelehnt, da der Beschwerdeführer älter als 21 Jahre und nicht erwerbstätig sei und deshalb die Voraussetzungen des Aufenthaltsgesetzes/EWG nicht vorlägen. Erstmals im November 1997 wurde der Beschwerdeführer nach Spanien abgeschoben. Er reiste daraufhin erneut in das Bundesgebiet ein.

Die damals zuständige Kreisverwaltung Schaumburg wies den Beschwerdeführer im Februar 1998 unter Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit unbefristet aus. Die Verfügung wurde auf den Tatbestand einer Regelausweisung gemäß § 47 Abs. 2 Nr. 1 AuslG gestützt, der wegen einer Jugendstrafe von einem Jahr und zwei Monaten aus dem Jahr 1993 wegen räuberischen Diebstahls, weiterer Diebstahlsdelikte und Fahrens ohne Fahrerlaubnis, einer Verurteilung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen aus dem Jahr 1995 wegen Betruges sowie einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Monaten aus dem Jahr 1998 wegen Diebstahls in vier Fällen erfüllt sei. Ein atypischer Fall liege nicht vor; auch eine Ermessensausweisung nach § 45 Abs. 1 AuslG in Verbindung mit § 46 Nr. 2 AuslG sei gerechtfertigt, da weitere Straftaten von erheblichem Gewicht zu erwarten seien und die Ausweisung auch aus generalpräventiven Gründen erforderlich sei. Der Beschwerdeführer machte von Rechtsbehelfen keinen Gebrauch und wurde im Mai 1998 erneut abgeschoben.

In der Folgezeit wurde der Beschwerdeführer, der unter Berufung darauf, bei seinem Kind sein zu wollen, unmittelbar nach jeder Abschiebung erneut einreiste, mehr als fünfzehn Mal - zumeist nach Anordnung von Abschiebungshaft - abgeschoben. Über die vom Beschwerdeführer mehrfach gestellten Anträge auf Befristung der Wirkungen der Ausweisung und der Abschiebungen wurde nicht entschieden, da er zuvor die Abschiebungskosten begleichen müsse.

2. Zuletzt ordnete das Amtsgericht am 11. Februar 2005 Abschiebungshaft für drei Monate an, nachdem der Beschwerdeführer nach seiner vorangegangenen Abschiebung am 27. Januar 2005 erneut nach Deutschland eingereist und am 10. Februar 2005 aufgegriffen worden war. Vom 1. bis zum 15. März 2005 wurde eine fünfzehntägige Restfreiheitsstrafe vollstreckt.

Den am 17. März 2005 gestellten Antrag auf Aufhebung der Haftanordnung lehnte das Amtsgericht ab. Eine Aufhebung komme schon wegen des auf den 2. Mai 2005 festgesetzten Abschiebungstermins nicht in Betracht. Die eingetretene Verzögerung beruhe zum einen darauf, dass der Beschwerdeführer noch eine Reststrafe verbüßt habe. Zum anderen habe die Ausländerbehörde abgewartet, ob wiederum Anklage gegen den Beschwerdeführer wegen Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz erhoben werde. Im Weiteren habe die Ausländerbehörde, da der Beschwerdeführer bei seiner Anhörung beklagt habe, in Spanien keine Anlaufstelle zu haben, am 11. Februar 2005 erstmals Kontakt mit dem spanischen Generalkonsulat aufgenommen, um dem Betroffenen eine Anlaufstelle in Spanien zu vermitteln. All dies habe Zeit in Anspruch genommen, weshalb eine sofortige Abschiebung nicht habe durchgeführt werden können.

Die Ausländerbehörde stellte dem Beschwerdeführer am 21. April 2005 in Aussicht, die Sperrfrist auf ein Jahr festzusetzen, wenn er innerhalb eines halben Jahres nach Abschiebung nicht erneut illegal einreise. In diesem Fall könne nach Ablauf des halben Jahres eine kurzfristige Betretenserlaubnis zum Zweck des Besuchs seines Kindes im zweiten Halbjahr in Aussicht gestellt werden, sofern der Beschwerdeführer den Besuch selbst finanzieren könne. Es sei Sorge getragen worden, dass er nach seiner Abschiebung nach Barcelona direkt nach Sevilla weiterfliegen könne, wo sein Vater eine Wohnung besitze, die er ihm zur Verfügung stelle.

3. Der Beschwerdeführer erhob sofortige Beschwerde zum Landgericht. Nach seiner Abschiebung am 2. Mai 2005 stellte er den Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Inhaftierung ab dem 1. März 2005 um. Das Beschleunigungsgebot sei missachtet worden. Erst am 14. April 2005 - über zwei Monate nach der Festnahme - habe die Ausländerbehörde ein Abschiebungsersuchen beim Landeskriminalamt mit der Bitte um Durchführung der Abschiebung bis zum 10. Mai 2005 gestellt; die Abschiebung habe sodann binnen zweieinhalb Wochen durchgeführt werden können. Bei unverzüglicher Einleitung der für eine Abschiebung erforderlichen Schritte unmittelbar nach der Festnahme des Beschwerdeführers wäre eine Abschiebung demnach noch Ende Februar 2005 möglich gewesen.

Die Ausländerbehörde erklärte gegenüber dem Landgericht, dass sie auf Wunsch des Beschwerdeführers Kontakt mit dem spanischen Generalkonsulat aufgenommen habe, damit ihm ein Pass ausgestellt werden könne. Zudem habe der Vater des Beschwerdeführers in Spanien ausfindig gemacht werden sollen, um ihm einen Bezugsort in Spanien anbieten zu können. All dies habe Zeit in Anspruch genommen, weshalb die Abschiebung nicht früher habe eingeleitet werden können.

Der Prozessbevollmächtigte wies darauf hin, dass Abschiebungshaft nicht dazu diene, den Aufenthalt des Beschwerdeführers in Spanien zu organisieren. Entgegen den Angaben der Ausländerbehörde habe dieser in seiner Anhörung vor dem Haftrichter ausweislich des Protokolls auch keine Angaben gemacht. Verhandlungen über die Frage, ob und wann der Beschwerdeführer wieder legal in das Bundesgebiet einreisen könne, seien nicht vom Zweck der Abschiebungshaft erfasst. Derartiges könne aus der Freiheit heraus verhandelt werden; der Prozessbevollmächtigte habe den Beschwerdeführer auch in dieser Frage vertreten.

Das Landgericht wies die sofortige Beschwerde zurück. Das Beschleunigungsgebot sei nicht verletzt worden. Eine nochmalige Abschiebung des Beschwerdeführers, ohne vorher die Aufenthaltssituation in Spanien und die damit verbundene Gefahr einer erneuten illegalen Einreise in das Bundesgebiet zu klären, sei nicht geboten gewesen.

4. Das Oberlandesgericht wies die sofortige weitere Beschwerde mit hier angegriffenem Beschluss zurück. Gegen den Beschleunigungsgrundsatz sei nicht verstoßen worden. Grundsätzlich gelte zwar, dass vorrangiger Zweck der Abschiebungshaft allein die Sicherung der anstehenden Abschiebung sei. Es hätten hier jedoch besondere Umstände vorgelegen, die ein Abweichen von dieser Regel zugelassen hätten. Die Ausländerbehörde habe im Einzelnen dargelegt, dass es dem Wunsch und damit dem Einverständnis des Beschwerdeführers entsprochen habe, wegen eines Reisepasses oder eines Passersatzes beim spanischen Generalkonsulat für ihn vorstellig zu werden. Der Prozessbevollmächtigte habe zwar zu Recht darauf hingewiesen, dass sich aus dem Vernehmungsprotokoll ein derartiger Wunsch des Beschwerdeführers nicht ergebe; es handele sich hierbei aber nicht um einen protokollierungspflichtigen Vorgang. Zudem ergebe sich aus dem die Haft anordnenden Beschluss des Amtsgerichts, dass der Beschwerdeführer geklagt habe, keinen Anlaufpunkt in Spanien zu haben. Damit stehe fest, dass die insoweit unternommenen Schritte mit Zustimmung des Beschwerdeführers geschehen seien. Die einzelnen Schritte seien sodann zeitnah und ohne Verzögerung erfolgt. Es sei dabei über die Erteilung eines Passes für den Beschwerdeführer bei seiner Einreise nach Spanien, eine damit verbundene Meldemöglichkeit und ein Übergangsgeld bei seiner Einreise verhandelt worden. Diese Dinge seien notwendigerweise vor einer Abschiebung zu regeln gewesen. Die Ausländerbehörde sei zugleich präventiv tätig geworden, um künftige, hier mit Sicherheit zu erwartende illegale Wiedereinreisen des Beschwerdeführers nach Deutschland auszuschließen.

5. Mit seiner fristgerecht eingereichten Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung des sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG ergebenden Beschleunigungsgebots. Das Oberlandesgericht habe den Anwendungsbereich des § 62 Abs. 2 Satz 1 AufenthG verkannt und über den gesetzlich zulässigen Zweck hinaus ausgedehnt. Abschiebungshaft diene einzig der Sicherung der konkret anstehenden Abschiebung eines ausreisepflichtigen Ausländers. Der Beschwerdeführer hätte binnen drei Wochen abgeschoben werden können. Die Inhaftierung hätte auch nicht mit Blick auf die Behauptung, dass der Beschwerdeführer die Klärung seiner Verhältnisse in Spanien erlaubt habe - was nicht hinreichend aufgeklärt worden sei - länger als bis zum 1. März 2005 andauern dürfen, da darin kein zulässiger Zweck der Abschiebungshaft liege und diese Klärung auch in Freiheit hätte erfolgen können.

6. Aus den beigezogenen Akten ergibt sich, dass der Beschwerdeführer sich inzwischen wieder in Deutschland aufhält und das Niedersächsische Innenministerium die beteiligten Ausländerbehörden angewiesen hat, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit von einer erneuten Abschiebung abzusehen. Die Wirkungen der Ausweisung und der Abschiebungen sind inzwischen mit sofortiger Wirkung befristet worden.

7. Das Niedersächsische Justizministerium hat von einer Stellungnahme abgesehen.

II.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist danach offensichtlich begründet im Sinne von § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG. Die angegriffene Entscheidung verletzt Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG.

1. Die Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) ist ein besonders hohes Rechtsgut, in das nur aus wichtigen Gründen eingegriffen werden darf (vgl. BVerfGE 10, 302 <322>; 29, 312 <316>). Geschützt wird die im Rahmen der geltenden allgemeinen Rechtsordnung gegebene tatsächliche körperliche Bewegungsfreiheit vor Eingriffen wie Verhaftung, Festnahme und ähnlichen Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs (vgl. BVerfGE 22, 21 <26>; 94, 166 <198>; 96, 10 <21>). Nach Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG darf die in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gewährleistete Freiheit der Person nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes beschränkt werden. Die Eingriffsvoraussetzungen müssen sich dabei unmittelbar und hinreichend bestimmt aus dem Gesetz selbst ergeben (vgl. - insbesondere zu den Konsequenzen für Androhung von Freiheitsstrafen - BVerfGE 14, 174 <187>; 51, 60 <70>; 75, 329 <342 f.>; 78, 374 <383>; BGHZ 15, 61 <63 f.>). Vor allem steht Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG einer analogen Heranziehung materiell-rechtlicher Ermächtigungsgrundlagen für Freiheitsentziehungen entgegen (vgl. BVerfGE 29, 183 <196>; 83, 24 <32>).

2. Das Oberlandesgericht hat den Gesetzesvorbehalt des Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG verkannt.

Nach der hier allein in Betracht zu ziehenden Vorschrift des § 62 Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist ein Ausländer zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn weitere, in sechs Ziffern näher bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Das Oberlandesgericht stellt den Rechtssatz auf, zwar gelte grundsätzlich für die Anordnung von Abschiebehaft, dass ihr vorrangiger Zweck allein die Sicherung der anstehenden Abschiebung sei, von dieser Regel könne aber bei Vorliegen besonderer Umstände abgewichen werden. Mit dieser Auslegung gibt das Oberlandesgericht § 62 Abs. 2 Satz 1 AufenthG eine Normstruktur, die in der Vorschrift nicht angelegt ist und für die es bei einer systematischen Betrachtung des Aufenthaltsgesetzes keinen Anhalt gibt (vgl. z.B. § 53, § 54 AufenthG zu Ist- und Regel-Ausweisung). Darin liegt zugleich ein Verstoß gegen Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG, weil die in dieser Verfassungsvorschrift geforderte strikte Gesetzesbindung jeglicher Freiheitsentziehung zugunsten der Möglichkeit aufgegeben wird, bei besonderen Umständen eine Freiheitsentziehung auch aus anderen als den im Gesetz genannten Gründen anzuordnen.

Die Auffassung des Oberlandesgerichts findet keine Stütze in der Vorschrift des § 62 AufenthG, sondern läuft auf deren entsprechende Anwendung hinaus und ist daher mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG unvereinbar. Das Oberlandesgericht hat die Aufrechterhaltung der Haft über den für eine Durchführung der Abschiebung erforderlichen Zeitraum hinaus unter Berufung auf eine Vorgehensweise der Ausländerbehörde gerechtfertigt, die nicht der Sicherung der Abschiebung, sondern der Verhinderung weiterer illegaler Einreisen dienen sollte. Das Oberlandesgericht erkennt zwar, dass Abschiebungshaft ausweislich des klaren Wortlauts des § 62 AufenthG und nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur einzig der Sicherung der Abschiebung dient (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juni 1986 - V ZB 9/86 -, NJW 1986, S. 3024 f.; OLG München, Beschluss vom 3. August 2005 - 34 Wx 79/05 -, a.a.O.; Hailbronner, Ausländerrecht, April 2006, § 62 AufenthG, Rn. 1; Beichel-Benedetti/Gutmann, NJW 2004, S. 3015 <3016>; Piorreck, in: Barwig u.a. (Hrsg.), Neue Regierung - neue Ausländerpolitik?, Baden-Baden 1999, S. 465), es hält sich jedoch für berechtigt, die Vorschrift entsprechend anzuwenden. Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG verleiht dem Haftrichter eine derartige Befugnis indes nicht.

Sollte der angegriffenen Entscheidung die Erwägung zugrunde liegen, die Abschiebungshaft sei im Hinblick auf die Gefahr, dass der Beschwerdeführer sich der Abschiebung entziehe, dem Grunde nach gerechtfertigt gewesen und bei der davon zu trennenden Rechtfertigung ihrer Dauer könnten über den Haftzweck der Sicherung der Abschiebung hinaus andere Gesichtspunkte berücksichtigt werden, beruhte auch dies auf einer Verkennung des in Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG normierten Gesetzesvorbehalts. Eine Freiheitsentziehung muss zu jedem Zeitpunkt ihrer Dauer von der gesetzlichen Ermächtigung gedeckt sein. Es ist von Verfassungs wegen ausgeschlossen, die Fortdauer der Abschiebungshaft wegen des Zeitaufwandes für Verwaltungsvorgänge anzuordnen, mit denen ein anderer Zweck als derjenige verfolgt wird, der die Haft dem Grunde nach rechtfertigt.

III.

1. Einer Aufhebung des angegriffenen Beschlusses bedarf es angesichts des hier festgestellten Verfassungsverstoßes nur hinsichtlich der getroffenen Kostenentscheidung (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG).

2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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