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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 19.11.2002
Aktenzeichen: 2 BvR 329/97
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 28
GG Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b
1. Das Bundesverfassungsgericht entscheidet über Verfassungsbeschwerden von Gemeinden und Gemeindeverbänden gegen eine landesrechtliche Rechtsverordnung, wenn das Landesverfassungsgericht seine Prüfung auf formelle Landesgesetze beschränkt.

2. Eine ordnungsgemäße Anhörung der von einer Kommunalreform betroffenen Gemeinde setzt voraus, dass diese von Art und Umfang sowie den wesentlichen Grundlagen des Gesetzesvorhabens so rechtzeitig Kenntnis erhält, dass sie ihre Einwendungen als amtliche Stellungnahme vortragen kann.

3. Die Zuordnung von Gemeinden zu Verwaltungsgemeinschaften in Sachsen-Anhalt auf der Grundlage des § 4a GKG-LSA ist mit Art. 28 Abs. 2 GG vereinbar.


BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 329/97 -

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerden

gegen § 19 Abs. 1 und 2 der Verordnung des Ministeriums des Innern des Landes Sachsen-Anhalt über die Zuordnung von Gemeinden zu Verwaltungsgemeinschaften vom 23. März 1994 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Sachsen-Anhalt vom 29. März 1994, S. 495)

hat das Bundesverfassungsgericht - Zweiter Senat - unter Mitwirkung der Richterinnen und Richter Vizepräsident Hassemer, Sommer, Jentsch, Osterloh, Di Fabio, Mellinghoff, Lübbe-Wolff

am 19. November 2002 beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Gründe:

A.

Die Beschwerdeführerinnen sind Gemeinden in Sachsen-Anhalt. Sie wenden sich mit ihren Kommunalverfassungsbeschwerden gegen eine Rechtsverordnung des Landes, mit der sie zwangsweise Verwaltungsgemeinschaften zugeordnet werden.

I.

1. Im Zuge der Wiedervereinigung wurde die Kommunalverwaltung in den neuen Ländern neu aufgebaut und strukturiert. Bereits mit dem Gesetz über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR vom 17. Mai 1990 (Kommunalverfassung - KomVerf, GBl DDR I S. 255) war den Gemeinden die Erfüllung der Selbstverwaltungsaufgaben übertragen worden. Die Gemeinden hatten nunmehr das Recht und im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit die Pflicht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln (§ 2 Abs. 1 KomVerf). Um in Sachsen-Anhalt die Verwaltungskraft der überwiegend kleinen Gemeinden zu stärken, hatte der Landtag mit Beschluss vom 24. Mai 1991 die Landesregierung beauftragt, im Vorfeld einer dringend notwendigen kommunalen Gebietsreform, freiwillige Gemeindezusammenschlüsse oder Verwaltungsgemeinschaften zu fördern (LTDrucks 1/16/442 B).

2. Mit dem Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit vom 9. Oktober 1992 (GVBl LSA S. 730, im Folgenden GKG-LSA) wurde das Recht der Verwaltungsgemeinschaft umfassend neu geregelt und das Übergangsrecht der DDR-Kommunalverfassung insoweit abgelöst. Gemäß § 3 Abs. 1 GKG-LSA können benachbarte Gemeinden zur Stärkung ihrer Verwaltungskraft eine Verwaltungsgemeinschaft bilden, wenn diese die zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderliche Leistungsfähigkeit aufweist (§ 4 Abs. 1 Satz 1 GKG-LSA). Hiervon ist nach der gesetzlichen Regelung in § 4 Abs. 1 Satz 2 GKG-LSA regelmäßig auszugehen, wenn die Einwohnerzahl der Mitgliedsgemeinden 5000 erreicht.

3. Dem damit statuierten Leitbild leistungsfähiger Verwaltungseinheiten auf Gemeindeebene entsprachen im Mai 1993 192 von insgesamt 211 Verwaltungsgemeinschaften in Sachsen-Anhalt. Daneben gab es 73 Gemeinden, die diese Vorgaben nicht erfüllten (vgl. LT Sachsen-Anhalt, Plenarprotokoll 1/47 vom 13. Mai 1993, S. 5449). Um den Gemeinden die Notwendigkeit einer Gemeinschaftsbildung vor Augen zu halten, die dem politischen Ziel entspricht, veröffentlichte der Innenausschuss des Landtags Sachsen-Anhalt im Herbst 1993 eine Presseerklärung: Um die flächendeckende Bildung von Verwaltungsgemeinschaften in Sachsen-Anhalt bis zum Ende des Jahres 1993 abzuschließen, soweit sie nicht auf freiwilligem Wege zustande gekommen seien, solle dem Landtag vorgeschlagen werden, dem Innenministerium eine entsprechende Ermächtigung zu erteilen (vgl. LT Sachsen-Anhalt, Plenarprotokoll 1/56 vom 16. Dezember 1993, S. 6623).

a) Dementsprechend wurde durch Gesetz zur Änderung des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit vom 3. Februar 1994 ein neuer § 4a GKG-LSA eingefügt (GVBl LSA S. 164). Diese Vorschrift lautet:

"(1) Um die Leistungsfähigkeit der kommunalen Verwaltung auf der Gemeindeebene sicherzustellen, wird das Ministerium des Innern ermächtigt, aus Gründen des öffentlichen Wohls durch Verordnung nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 und 2 Satz 1 und § 4 Abs. 1 und 2 Gemeinden, die über eine hinreichende Verwaltungskraft nicht verfügen, zu einer leistungsfähigen Verwaltungsgemeinschaft zusammenzufassen oder sie einer solchen zuzuordnen, wenn öffentlich-rechtliche Vereinbarungen bis zum 31. Dezember 1993 nicht zustandegekommen sind, und dabei

1. das Ausscheiden eines Mitglieds aus einer Verwaltungsgemeinschaft gegen den Willen der Mitgliedsgemeinden bis zum 31. März 1994 anzuordnen

und

2. den Sitz der Verwaltungsgemeinschaft festzulegen, wenn eine Vereinbarung hierüber nicht getroffen worden ist,

oder

3. eine Gemeinde als Trägergemeinde im Sinne von § 10 zu bestimmen, wenn diese Gemeinde im Verhältnis zu den anderen Gemeinden über eine hinreichend leistungsfähige Gemeindeverwaltung verfügt.

Die angrenzenden Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften sowie die Landkreise, denen diese angehören, sind vorher zu hören. Bei der Feststellung der hinreichenden Leistungsfähigkeit im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1, die insbesondere an der Einwohnerzahl und an der wirtschaftlichen Entwicklung zu messen ist, sind die Unterschiede zwischen Verwaltungsgemeinschaften einerseits und Gemeinden, die keiner Verwaltungsgemeinschaft angehören, andererseits zu berücksichtigen.

(2) ..."

b) Das Innenministerium hat von der Ermächtigung durch die Verordnung über die Zuordnung von Gemeinden zu Verwaltungsgemeinschaften vom 23. März 1994 Gebrauch gemacht (GVBl LSA S. 495). § 19 Abs. 1 und 2 dieser Verordnung betrifft die Beschwerdeführerinnen und lautet:

"(1) Die Gemeinde L. wird der Verwaltungsgemeinschaft Diesdorf-Dähre zugeordnet.

(2) Die Gemeinde M. wird der Verwaltungsgemeinschaft Salzwedel-Land zugeordnet.

(3) ..."

c) Vor Erlass der Verordnung waren die Beschwerdeführerinnen ebenso wie sämtliche Gemeinden und Landkreise in Sachsen-Anhalt in einem Schreiben vom 16. Dezember 1993 über das Zuordnungsverfahren informiert worden. Darin wurde darauf hingewiesen, der Gesetzgeber habe beschlossen, das Innenministerium zu ermächtigen, flächendeckend die Bildung von Verwaltungsgemeinschaften abzuschließen und hierfür die - nicht über hinreichende Verwaltungskraft verfügenden - Gemeinden zuzuordnen, die bis zum 31. Dezember 1993 nicht Mitglied einer genehmigten Verwaltungsgemeinschaft seien. Der im Landtag bereits beschlossene Gesetzestext lag dem Schreiben bei. Gleichzeitig wurde angekündigt, dass im Rahmen des Zuordnungsverfahrens die beteiligten Gemeinden und Landkreise sowie alle angrenzenden Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften angehört würden. Wegen des engen Zeitrahmens, der unter anderem durch die Wahltermine des Jahres 1994 beeinflusst werde, sei eine entweder schriftliche oder mündliche Anhörung vorgesehen.

Dem Schreiben war ein Rücksendebogen beigefügt. Aus ihm ging hervor, dass eine Anhörung über die konkrete Zuordnung stattfinden solle. Beide Beschwerdeführerinnen teilten dem Innenministerium schriftlich mit, dass sie sich für eine mündliche Anhörung entschieden hätten. Das Schreiben der Beschwerdeführerin zu 1. ging am 4. Januar 1994 beim Innenministerium ein, das der Beschwerdeführerin zu 2. am 30. Dezember 1993. Beide wurden per Telefax vom Donnerstag, den 13. Januar 1994, zur mündlichen Anhörung am Dienstag, den 18. Januar 1994, geladen. Nach dem Protokoll über die mündliche Anhörung haben sich die Beschwerdeführerinnen wie folgt geäußert:

"Die Gemeinde L. gehörte ehemals zur Verwaltungsgemeinschaft Diesdorf. Nunmehr habe man aber den Beschluß gefasst, keiner Verwaltungsgemeinschaft anzugehören. Dies sei für die Gemeinde erheblich kostengünstiger. Der Bürgermeister bringt deutlich zum Ausdruck, dass er starke Bedenken gegen die Bildung von Verwaltungsgemeinschaften überhaupt habe. Seine Gemeinde wolle in jedem Falle alleine bleiben.

Die Gemeinde M. hat ebenfalls den Beschluß gefasst, alleine zu bleiben. Man werde eine Zuordnung, wohin auch immer, nicht akzeptieren."

II.

Nach Inkrafttreten der Verordnung am 31. März 1994 leiteten die Beschwerdeführerinnen Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO beim Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt ein. Das Gericht lehnte die Anträge mit Beschlüssen vom 21. Dezember 1994 als unbegründet ab. Die zwangsweise Einbindung in eine Verwaltungsgemeinschaft sei nicht unter Verletzung der gemeindlichen Anhörungsrechte erfolgt und von der Ermächtigungsgrundlage des § 4a GKG-LSA gedeckt. Die Beschwerdeführerinnen hätten bereits lange vor ihrer zwangsweisen Zuordnung wiederholt Gelegenheit gehabt, sich dazu zu äußern, mit welchen Gemeinden sie eine Verwaltungsgemeinschaft bilden wollten. Die Gemeinde- und Gebietsreform sei seit Inkrafttreten des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit im Jahr 1992 in der breiten Öffentlichkeit diskutiert worden und in ihren Grundzügen bekannt gewesen.

Die Zuordnung der Beschwerdeführerinnen zu den Verwaltungsgemeinschaften sei auch aus Gründen des öffentlichen Wohls i.S. von § 4a Abs. 1 Satz 1 GKG-LSA gerechtfertigt. Die Beschwerdeführerin zu 1. habe 223 und die Beschwerdeführerin zu 2. 360 Einwohner. Ihre Zuordnung zu einer Verwaltungsgemeinschaft sei durch überörtliche Gesichtspunkte veranlasst und wahre auch unter Berücksichtigung der situationsgebundenen Besonderheiten den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

III.

Nach Abschluss des Normenkontrollverfahrens erhoben die Beschwerdeführerinnen Verfassungsbeschwerden zum Bundesverfassungsgericht (2 BvR 399/95 und 400/95). Die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts nahm mit Beschluss vom 24. März 1995 die Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung an. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Beschwerdeführerinnen gegen die angegriffenen Regelungen der Rechtsverordnung Verfassungsbeschwerde zum Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt erheben könnten. Dies zu versuchen, könne ihnen nach dem Grundsatz der Subsidiarität zugemutet werden. Halte das Landesverfassungsgericht kommunale Verfassungsbeschwerden gegen Rechtsverordnungen nach Landesrecht für unzulässig, so stehe es den Beschwerdeführerinnen frei, sich binnen der Jahresfrist des § 93 Abs. 3 BVerfGG nach Abschluss des landesverfassungsgerichtlichen Verfahrens erneut an das Bundesverfassungsgericht zu wenden.

IV.

Im Anschluss hieran erhoben die Beschwerdeführerinnen Verfassungsbeschwerde beim Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt, das mit Urteil vom 22. Februar 1996 die Verfassungsbeschwerde als unzulässig verwarf. Die Kommunalverfassungsbeschwerde könne nach Art. 75 Nr. 7 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt (VerfLSA) nur gegen förmliche Gesetze, nicht gegen untergesetzliche Rechtsvorschriften erhoben werden. Die Landesverfassung unterscheide für die in Art. 75 geregelten Verfahrensarten zwischen "Landesrecht" und "Landesgesetzen". Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei für die Auslegung der landesverfassungsrechtlichen Bestimmungen über die Kommunalverfassungsbeschwerde nicht maßgeblich.

V.

Nach der landesverfassungsgerichtlichen Entscheidung haben die Beschwerdeführerinnen erneut beim Bundesverfassungsgericht Kommunalverfassungsbeschwerde gegen § 19 Abs. 1 und Abs. 2 der Verordnung des Innenministeriums über die Zuordnung von Gemeinden zu Verwaltungsgemeinschaften eingelegt.

Zur Begründung tragen sie vor, sie seien durch die Zuordnung zu einer Verwaltungsgemeinschaft gezwungen, ihre Verwaltungen hinsichtlich der Aufgaben des eigenen Wirkungskreises vollständig auf die Verwaltungsgemeinschaften zu übertragen. Zwar sehe § 5 Abs. 7 GKG-LSA ein Weisungsrecht zugunsten der Gemeinden vor. Ohne eigene Verwaltung und ohne eigene Kassenführung hätten sie aber faktisch nicht mehr die Möglichkeit, die originär gemeindlichen Aufgaben mit örtlichem Bezug eigenverantwortlich zu erfüllen.

Die Zuordnung zu den Verwaltungsgemeinschaften verstoße gegen Art. 28 Abs. 2 GG, denn sie diene nicht dem öffentlichen Wohl. Der Verordnungsgeber habe nicht geprüft, ob die Beschwerdeführerinnen die ihnen obliegenden Verwaltungsaufgaben erfüllen könnten, sondern sich schematisch und ohne weitere Differenzierung von der Vorgabe leiten lassen, Gemeinden mit einer Einwohnerzahl von zusammen unter 5000 müssten in jedem Fall einer Verwaltungsgemeinschaft zugeordnet werden. Im Falle leistungsstarker Gemeinden wie der Beschwerdeführerinnen bewirke die Zuordnung zu einer Verwaltungsgemeinschaft eine unzulässige Hochzonung gemeindlicher Aufgaben, die nicht mit Zweckmäßigkeits- und Effektivitätserwägungen gerechtfertigt werden könne.

Außerdem seien die Anhörungsrechte der Beschwerdeführerinnen verletzt worden. Wegen der kurzfristig angesetzten Anhörung seien sie nicht in der Lage gewesen, das Anhörungsrecht wirksam zu nutzen. Auch vor dieser Anhörung hätten die Beschwerdeführerinnen keine Gelegenheit gehabt, in Kenntnis aller entscheidungserheblichen Umstände ihren Rechtsstandpunkt geltend zu machen. Die öffentliche Diskussion im Vorfeld sei an der Idee eines freiwilligen Zusammenschlusses kommunaler Gebietskörperschaften zu Verwaltungsgemeinschaften ausgerichtet gewesen. Erst mit § 4a GKG-LSA sei im Februar 1994 die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die zwangsweise Zuordnung von Gemeinden zu Verwaltungsgemeinschaften geschaffen worden. Erst ab diesem Zeitpunkt hätten sie mit der zwangsweisen Zuordnung rechnen müssen.

VI.

Der Deutsche Bundestag, der Bundesrat, die Bundesregierung und die Landesregierungen hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

B.

Die Verfassungsbeschwerden sind zulässig.

I.

Die Beschwerdeführerinnen wenden sich gegen eine Rechtsverordnung und damit gegen ein "Gesetz" im Sinne des Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, § 91 Satz 1 BVerfGG. Mit der Kommunalverfassungsbeschwerde können nicht nur Gesetze im formellen Sinne, sondern auch Rechtsverordnungen angegriffen werden (vgl. BVerfGE 26, 228 <236>; 56, 298 <309>; 71, 25 <34>). Die Beschwerdeführerinnen sind durch die angegriffene Rechtsnorm selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen. Sie werden durch § 19 Abs. 1 und 2 der Verordnung Verwaltungsgemeinschaften zugeordnet. Mit ihren Verfassungsbeschwerden haben sie auch einen Sachverhalt dargelegt, aufgrund dessen der Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 GG betroffen sein könnte (vgl. BVerfGE 71, 25 <36 f.>; 76, 107 <116>).

Die Verfassungsbeschwerden sind schließlich auch fristgerecht erhoben worden. Für die Kommunalverfassungsbeschwerde gilt wie für alle Rechtssatzverfassungsbeschwerden die Fristvorschrift des § 93 Abs. 3 BVerfGG. Die angegriffene Rechtsverordnung ist zwar bereits am 31. März 1994 in Kraft getreten. Die Jahresfrist des § 93 Abs. 3 BVerfGG beginnt bei Durchführung des nach § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG gebotenen verwaltungsgerichtlichen Normenkontrollverfahrens nach § 47 VwGO aber erst mit dessen Abschluss zu laufen (vgl. BVerfGE 76, 107 <115 f.>). Entsprechendes gilt, wenn die Kommune auf Veranlassung des Bundesverfassungsgerichts eine Beschwerde beim Landesverfassungsgericht erhebt (vgl. BVerfGE 79, 127 <142>). Die Beschwerdeführerinnen haben nach Abschluss des landesverfassungsgerichtlichen Verfahrens, auf das sie das Bundesverfassungsgericht verwiesen hatte, erneut und innerhalb der Jahresfrist Kommunalverfassungsbeschwerde erhoben.

II.

Die Kommunalverfassungsbeschwerden scheitern nicht an der Subsidiaritätsklausel des Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b letzter Halbsatz GG, § 91 Satz 2 BVerfGG.

1. Das Bundesverfassungsgericht entscheidet über Verfassungsbeschwerden von Gemeinden und Gemeindeverbänden, welche die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit Art. 28 GG rügen, nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG nur, soweit nicht Beschwerde beim Landesverfassungsgericht erhoben werden kann. Die Beschwerdeführerinnen können eine Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts durch die angegriffene Rechtsverordnung nicht vor dem Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt geltend machen. Dieses hat sich hinsichtlich einer verfassungsgerichtlichen Prüfung untergesetzlicher Rechtsnormen für unzuständig erklärt.

2. Soweit sich die Beschwerdeführerinnen wegen einer Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts durch ein formelles Landesgesetz an ihr Landesverfassungsgericht wenden können, führt diese beschränkte Rechtsschutzmöglichkeit nicht zum Ausschluss der bundesrechtlichen Kommunalverfassungsbeschwerde gegen eine das Landesgesetz konkretisierende Rechtsverordnung. Würde weder das Landesverfassungsgericht noch das Bundesverfassungsgericht geltend gemachte Verletzungen der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie durch untergesetzliches Landesrecht prüfen, entstünde eine mit der Funktion des Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG unvereinbare Lücke im verfassungsgerichtlichen Rechtsschutz.

a) Durch Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, § 91 BVerfGG soll eine möglichst umfassende verfassungsgerichtliche Kontrolle von gesetzlichen Gestaltungen des kommunalen Selbstverwaltungsrechts gewährleistet werden. Eine Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts ist nicht nur gegeben, wenn das Landesrecht für Streitigkeiten über die legislative Ausgestaltung des Selbstverwaltungsrechts überhaupt keine Beschwerde der Kommunen zum Landesverfassungsgericht vorsieht, sondern auch soweit der zulässige Verfahrensgegenstand durch das Landesrecht enger gefasst wird als nach der die Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts begründenden und von ihm auszulegenden Vorschrift des Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, § 91 BVerfGG. Die Gemeinden und Gemeindeverbände können eine nach Landesrecht nicht angreifbare Norm dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung stellen, wenn sie nach Bundesrecht ein Gesetz und damit zulässiger Beschwerdegegenstand der bundesrechtlichen Kommunalverfassungsbeschwerde ist. Da der Begriff des Gesetzes i.S. von Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, § 91 Satz 1 BVerfGG auch untergesetzliche Rechtsnormen umfasst, erweitert sich die Entscheidungszuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts, wenn und soweit die angegriffene Norm nicht Gegenstand verfassungsgerichtlicher Prüfung im Rahmen einer Kommunalverfassungsbeschwerde nach dem jeweiligen Landesrecht sein kann. Die Kommunen könnten im Vergleich zum Rechtsschutz durch das Bundesverfassungsgericht ansonsten einen gleichwertigen Rechtsschutz nicht erlangen. Die Überprüfung untergesetzlichen Landesrechts im Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO kann die von Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG geforderte verfassungsgerichtliche Kontrolle nicht ersetzen.

b) Eine solche Auslegung der Subsidiaritätsklausel beeinträchtigt nicht die Verfassungsautonomie der Länder und ihrer Verfassungsgerichtsbarkeit.

Bei der Abgrenzung der Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts von der Zuständigkeit der Landesverfassungsgerichte ist davon auszugehen, dass im Bundesstaat des Grundgesetzes die Verfassungsbereiche des Bundes und der Länder grundsätzlich selbständig nebeneinander stehen. Entsprechendes gilt für die Verfassungsgerichtsbarkeit des Bundes und der Länder (vgl. BVerfGE 4, 178 <189>; 6, 376 <381 f.>; 22, 267 <270>; 41, 88 <118>; 60, 175 <209>; 96, 231 <242>). Daraus folgt, dass der Bereich der Verfassungsgerichtsbarkeit der Länder vom Bundesverfassungsgericht möglichst unangetastet bleiben soll und die Landesverfassungsgerichtsbarkeit nicht in größere Abhängigkeit gebracht werden darf, als es nach dem Bundesverfassungsrecht unvermeidbar ist (vgl. BVerfGE 36, 342 <357>; 41, 88 <119>; 60, 175 <209>; 96, 231 <242>).

Die Subsidiaritätsklausel in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG weist den Landesverfassungsgerichten einen prinzipiellen Vorrang beim Rechtsschutz der Kommunen gegen Landesrecht zu. Der Vorrang der Landesverfassungsgerichtsbarkeit reicht aber nur soweit als die Kommunen im Land einen im Vergleich zur bundesrechtlichen Kommunalverfassungsbeschwerde gleichwertigen Rechtsschutz erlangen können. Insoweit ist auch der von bundesverfassungsgerichtlicher Einflussnahme geschützte Freiraum des Landes begrenzt.

Das Grundgesetz eröffnet den Kommunen bei legislativen Eingriffen in ihr Selbstverwaltungsrecht mit Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG den Weg zum Bundesverfassungsgericht. Damit sichert das Bundesverfassungsrecht zur Gewährleistung der Garantie des Art. 28 Abs. 2 GG den Gemeinden und Gemeindeverbänden verfassungsgerichtlichen Rechtsschutz auch gegen untergesetzliches Landesrecht. Ein insoweit eingeschränkter landesverfassungsgerichtlicher Rechtsschutz begründet die Reservezuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts.

C.

Die Verfassungsbeschwerden sind unbegründet. Die zwangsweise Zuordnung der Beschwerdeführerinnen zu Verwaltungsgemeinschaften verletzt Art. 28 Abs. 2 GG nicht.

I.

1. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistet den Gemeinden das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Die Gewährleistung kommunaler Selbstverwaltung sichert den Gemeinden einen grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft umfassenden Aufgabenbereich sowie die Befugnis zu eigenverantwortlicher Führung der Geschäfte in diesem Bereich (vgl. BVerfGE 21, 117 <128 f.>; 23, 353 <365>; 26, 228 <237 f.>; 50, 195 <201>; 56, 298 <312>; 59, 216 <226>; 79, 127 <143>; 83, 363 <382>; 91, 228 <236>).

Der Gesetzgeber hat bei der Ausgestaltung und Formung der Garantie gemeindlicher Selbstverwaltung die grundgesetzliche Entscheidung für eine dezentral organisierte und bürgerschaftlich getragene Verwaltung zu berücksichtigen. Art. 28 GG konstituiert die Gemeinden als einen wesentlichen Bestandteil der staatlichen Gesamtorganisation; sie sind selbst ein Teil des Staates, in dessen Aufbau sie integriert und innerhalb dessen sie mit eigenen Rechten ausgestattet sind. Indem der Verfassungsgeber die Institution gemeindlicher Selbstverwaltung in den Aufbau des politischen Gemeinwesens eingefügt hat, hat er ihr eine spezifische Funktion beigemessen. Für die örtliche Ebene der Gemeinden fordert Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG eine mit wirklicher Verantwortlichkeit ausgestattete Einrichtung der Selbstverwaltung, durch die den Bürgern eine wirksame Teilnahme an den Angelegenheiten des Gemeinwesens ermöglicht wird (vgl. BVerfGE 79, 127 <150>; 91, 228 <238>). Hierfür gewährleistet Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG den Gemeinden einen eigenen Aufgabenbereich sowie die Eigenverantwortlichkeit ihrer Aufgabenwahrnehmung und sichert so die notwendigen Wirkungsbedingungen einer gemeindlichen Selbstverwaltung.

Beide Garantieelemente des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts unterliegen dem Gesetzesvorbehalt des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 22, 180 <204 ff.>; 23, 353 <365 f.>; 50, 195 <201>; 79, 127 <146>). Aufgabenkreis und Organisationsbefugnisse, die den Gemeinden zustehen, werden durch die Vorgaben des Gesetzgebers bestimmt. Die Gewährleistungsbereiche des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 und 3 GG stellen je nach Art und Umfang ihrer gesetzlichen Gestaltung unterschiedliche Anforderungen an die Verfassungsmäßigkeit staatlicher Regelungen.

a) Dabei setzt zunächst der Kernbereich des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG dem Gesetzgeber eine Grenze (vgl. BVerfGE 1, 167 <175>; 22, 180 <205>; 26, 172 <180>; 79, 127 <146>). Dieser darf die identitätsbestimmenden Merkmale gemeindlicher Selbstverwaltung weder faktisch noch rechtlich beseitigen (vgl. BVerfGE 17, 172 <182>; 23, 353 <366>; 59, 216 <226>; 76, 107 <118>; 83, 363 <381>). Zum Kernbereich des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts in seiner Ausprägung als Recht auf einen grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft umfassenden Aufgabenbereich gehört kein gegenständlich bestimmter oder nach feststehenden Merkmalen bestimmbarer Aufgabenkatalog. Zu ihm gehört aber die Befugnis, sich aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, die nicht durch Gesetz bereits anderen Trägern öffentlicher Verwaltung übertragen sind, ohne besonderen Kompetenztitel anzunehmen (vgl. BVerfGE 79, 127 <146>).

Das Recht zur eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte im gegebenen Aufgabenbereich bedeutet allgemein die Freiheit vor staatlicher Reglementierung hinsichtlich der Art und Weise der Aufgabenerledigung (vgl. BVerfGE 83, 363 <382>). Die Gemeinden sind befugt, für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben Abläufe und Entscheidungszuständigkeiten im Einzelnen festzulegen. Zum Kernbereich dieser Befugnis gehört allerdings nicht die grundsätzlich freie Bestimmung über die Organisation der Gemeinden überhaupt. Insbesondere die Entscheidung über die äußeren Grundbedingungen der Gemeindeverwaltung wurde in allen Ländern stets als Sache des Gesetzgebers angesehen. Art. 28 Abs. 2 GG verpflichtet ihn, auch insoweit der verfassungsrechtlichen Verbürgung einer mit wirklicher Verantwortlichkeit ausgestatteten dezentralen Verwaltungsebene Rechnung zu tragen und die Gemeinden zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu befähigen. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG verbietet daher Regelungen, die eine eigenständige organisatorische Gestaltungsfähigkeit der Kommunen im Ergebnis ersticken würden (vgl. BVerfGE 91, 228 <238 f.>). Dies wäre etwa der Fall bei einer Regelungsdichte, die den Gemeinden die Möglichkeit nähme, eigenverantwortlich eine Hauptsatzung zu erlassen. Eine umfassende Steuerung der kommunalen Organisation durch staatliche Instanzen widerspräche der durch Art. 28 Abs. 2 GG gesicherten dezentralen und eigenverantwortlichen Wahrnehmung kommunaler Aufgaben.

b) Dem Gesetzgeber ist nicht nur durch den Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie eine Grenze gesetzt. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG enthält hinsichtlich der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft auch außerhalb seines Kernbereichs ein verfassungsrechtliches Aufgabenverteilungsprinzip zugunsten der Gemeinden, das der zuständigkeitsverteilende Gesetzgeber zu berücksichtigen hat (vgl. BVerfGE 79, 127 <152 ff.>; 83, 363 <382>). Der Vorrang einer dezentralen Aufgabenverteilung verbürgt den Gemeinden einen Aufgabenbereich, der grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft umfasst (vgl. BVerfGE 26, 228 <237 f.>; 56, 298 <312>; 59, 216 <226>; 79, 127 <150>). Eine Aufgabe mit relevantem örtlichen Charakter darf der Gesetzgeber den Gemeinden nur aus Gründen des Gemeininteresses entziehen (vgl. BVerfGE 79, 127 <153>).

Auch hinsichtlich der Befugnis zu eigenverantwortlicher Führung der Geschäfte muss der Gesetzgeber den prinzipiellen Vorrang einer dezentralen vor einer zentralen und damit staatlich determinierten Aufgabenwahrnehmung berücksichtigen (vgl. BVerfGE 83, 363 <382>). Die Gemeinden sind keine beliebigen dezentralen Verwaltungsuntergliederungen, sondern selbständige Gemeinwesen, die auch in der Eigenverantwortlichkeit ihrer Aufgabenerfüllung ihren Bürgern ein überzeugender Anlass für ihre lokale politische Identifikation sein sollen. Für den Umkreis der örtlichen Angelegenheiten schützt Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG die Gemeinden vor staatlichen Reglementierungen, die die Art und Weise der Aufgabenerledigung betreffen. Darüber hinaus gilt das Recht zur Organisation der Gemeindeverwaltung nicht nur bezüglich bestimmter Sachaufgaben, sondern für die gesamte Verwaltung (vgl. BVerfGE 83, 363 <382>). Die Garantie der Eigenverantwortlichkeit schützt die Gemeinden auch in einem der Aufgabenerfüllung vorgelagerten gemeindeinternen Bereich.

c) Die Befugnis zu eigenverantwortlicher Führung der Geschäfte besteht nur nach Maßgabe der Gesetze, wobei der Gesetzgeber durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gebunden ist. Inhaltliche Vorgaben müssen durch Gründe des gemeinen Wohls gerechtfertigt sein, etwa durch das Ziel, eine ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung sicherzustellen (vgl. BVerfGE 79, 127 <153>; 83, 363 <382>). Sie sind auf dasjenige zu beschränken, was der Gesetzgeber zur Wahrung des jeweiligen Gemeinwohlbelangs für geboten halten darf. Dabei steht ihm ein weiter Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum zu (vgl. BVerfGE 79, 127 <152 ff.>; 83, 363 <383>). Die unterschiedliche Ausdehnung und Einwohnerzahl sowie voneinander abweichende Sozial- und Wirtschaftsbedingungen der Gemeinden können zu differenzierten Lösungen bei der Gestaltung der für eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung notwendigen Strukturen führen. Insoweit darf der Gesetzgeber typisieren. Er braucht nicht der spezifischen Situation jeder einzelnen Gemeinde und grundsätzlich auch nicht der jeder unbedeutenden Gruppe von Gemeinden Rechnung zu tragen. Dies folgt schon aus dem notwendigerweise generellen Charakter seiner Regelung (vgl. BVerfGE 79, 127 <154>; 83, 363 <382 f.>; 91, 228 <241>). Die gesetzgeberische Entscheidung für einen bestimmten Organisationstyp gemeindlicher Aufgabenwahrnehmung muss aber eine vertretbare Ausfüllung des Rahmens darstellen, den das in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG normierte Prinzip einer eigenverantwortlichen gemeindlichen Verwaltungsebene vorgibt. Indem Art. 28 Abs. 2 GG den Gemeinden eine eigenverantwortliche Aufgabenerledigung verbürgt, verpflichtet er den Gesetzgeber, bei der Ausgestaltung des Kommunalrechts den Gemeinden eine Mitverantwortung für die organisatorische Bewältigung ihrer Aufgaben einzuräumen. Seine Vorgaben dürfen die Gemeinden aus der ihnen von der Verfassung zugewiesenen Verantwortung nicht verdrängen (vgl. BVerfGE 91, 228 <241>).

2. a) Der Begriff "Gesetze" in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG umfasst nicht nur Gesetze im förmlichen Sinn, sondern auch Rechtsverordnungen, die auf einer mit Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG übereinstimmenden Ermächtigung beruhen (vgl. BVerfGE 26, 228 <237>; 56, 298 <309>). Grundsätzlich scheidet zwar eine unmittelbare Anwendung des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG auf die Landesgesetzgebung aus. Die Schutzfunktion des Art. 28 Abs. 2 GG gebietet aber eine Ausdehnung der Anwendung des Begriffs "Gesetze" auch auf Rechtsverordnungen, die auf einer dem Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG entsprechenden Ermächtigung beruhen. Die Landesgesetzgebung ist, soweit sie auf die kommunale Selbstverwaltung einwirkt, an die Grundsätze des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG gebunden. Das Bundesverfassungsgericht prüft im Rahmen der gegen eine Rechtsverordnung gerichteten Verfassungsbeschwerde auch deren gesetzliche Ermächtigungsgrundlage (vgl. BVerfGE 71, 25 <36>).

b) Die landesverfassungsgerichtliche Zuständigkeit für die Prüfung förmlicher Landesgesetze begrenzt die Kontrollkompetenz des Bundesverfassungsgerichts im Rahmen der Kommunalverfassungsbeschwerde nicht auf untergesetzliches Landesrecht. Mit einer Kontrolle auch des ermächtigenden Landesgesetzes missachtet das Bundesverfassungsgericht nicht die Möglichkeit einer landesverfassungsgerichtlichen Entscheidung zum selben Prüfungsgegenstand.

Eine Entscheidung des Landesverfassungsgerichts Sachsen-Anhalt zum selben Prüfungsgegenstand kann es nicht geben, weil weder die angegriffene Verordnung noch das ermächtigende Gesetz Gegenstand einer landesverfassungsgerichtlichen Entscheidung in einem kommunalen Beschwerdeverfahren sein können.

c) Die Notwendigkeit einer umfassenden Prüfung ergibt sich vorliegend auch daraus, dass die vom Bundesverfassungsgericht zu schließende Rechtsschutzlücke nicht nur hinsichtlich der konkretisierenden Rechtsverordnung besteht, sondern auch bezüglich des ermächtigenden Gesetzes. Die Gemeinden und Gemeindeverbände können in Sachsen-Anhalt gegen ein Gesetz, das noch der Konkretisierung durch eine Rechtsverordnung bedarf, keine kommunale Verfassungsbeschwerde erheben. Ihnen steht insoweit kein verfassungsgerichtlicher Rechtsschutz offen. Nach der Rechtsprechung des Landesverfassungsgerichts Sachsen-Anhalt ist die kommunale Verfassungsbeschwerde nach Art. 75 Nr. 7 VerfLSA, § 51 LVerfGG LSA nur zulässig, wenn die Gemeinde oder der Gemeindeverband durch das angegriffene Landesgesetz selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen sind (vgl. LVerfG LSA, LKV 1997, S. 411; LVerfGE 10, 413 <414 ff.>).

II.

1. Die zwangsweise Zuordnung der Beschwerdeführerinnen zu Verwaltungsgemeinschaften auf der Grundlage des § 4a GKG-LSA genügt den Anforderungen aus Art. 28 Abs. 2 GG.

a) Die Vorschrift ermächtigt das Innenministerium, aus Gründen des öffentlichen Wohls und nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 und 2 Satz 1 sowie § 4 Abs. 1 und 2 GKG-LSA, Verwaltungsgemeinschaften zu gründen oder Gemeinden gegen ihren Willen Verwaltungsgemeinschaften zuzuordnen. Die mit der Einbindung der betroffenen Gemeinden in eine Verwaltungsgemeinschaft einhergehende Beschränkung ihres Selbstverwaltungsrechts ergibt sich nicht unmittelbar aus der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in § 4a GKG-LSA, sondern aus den weiteren Vorschriften über Verwaltungsgemeinschaften. Art und Intensität des durch § 4a GKG-LSA legitimierten Eingriffs können daher nur anhand der landesrechtlichen Ausgestaltung des Rechts der Verwaltungsgemeinschaften festgestellt und geprüft werden. Maßgeblich sind die Parallelbestimmungen der §§ 3 bis 13 GKG-LSA und §§ 75 bis 85 Gemeindeordnung des Landes Sachsen-Anhalt (GO LSA) in ihrer Fassung durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit und anderer kommunalrechtlicher Vorschriften vom 3. Februar 1994.

b) Die identitätsbestimmenden Merkmale gemeindlicher Selbstverwaltung werden durch die Zuordnung der Beschwerdeführerinnen zu Verwaltungsgemeinschaften nicht beseitigt. Die Verwaltungsgemeinschaft ist keine der Mitgliedsgemeinde übergeordnete Organisationsstufe im Verwaltungsaufbau des Landes Sachsen-Anhalt mit eigenem Aufgabenzugriffsrecht im Bereich der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft. Die Mitgliedsgemeinden von Verwaltungsgemeinschaften bleiben eigenständige Gebietskörperschaften. Betroffen ist in erster Linie die administrative, nicht die bürgerschaftlich-demokratische Dimension kommunaler Selbstverwaltung. Die Universalität des gemeindlichen Wirkungskreises bleibt den Mitgliedsgemeinden einer Verwaltungsgemeinschaft erhalten. Der Gesetzgeber gibt den Mitgliedsgemeinden für die Erfüllung ihrer Verwaltungsaufgaben vielmehr einen neuen Rechtsrahmen vor.

Die Verwaltungsgemeinschaften haben eine wichtige eigenständige Funktion im Verwaltungsaufbau des Landes Sachsen-Anhalt. Sie sind das strukturbestimmende Merkmal der durchgeführten gemeindlichen Verwaltungsreform, mit der das Land Sachsen-Anhalt die Existenz kleiner Gemeinden erhalten wollte, um eine sonst notwendige Gemeindegebietsreform mit größeren Einheitsgemeinden zu vermeiden. Das Schwergewicht ihrer Zuständigkeiten liegt auf verwaltungstechnischem Gebiet und auf den ihnen kraft Gesetzes übertragenen staatlichen Aufgaben. Im Bereich der Selbstverwaltungsangelegenheiten nehmen sie neben der verwaltungstechnischen Abwicklung lediglich im Fall der freiwilligen Übertragung durch die Mitgliedsgemeinden Aufgaben des eigenen Wirkungskreises wahr.

aa) Die Gemeindeordnung von Sachsen-Anhalt unterscheidet Aufgaben des eigenen und des übertragenen Wirkungskreises und ordnet sie mit Blick auf die Verwaltungsgemeinschaft den verschiedenen Wahrnehmungsformen der "Erfüllung" und "Besorgung" zu. Zum eigenen Wirkungskreis der Gemeinden (freiwillige Aufgaben und Pflichtaufgaben) gehören alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sowie die Aufgaben, die den Gemeinden als eigene zugewiesen sind (§ 4 Abs. 1 Satz 1 GO LSA). Dieser Aufgabenbereich wird von der Verwaltungsgemeinschaft grundsätzlich nur besorgt (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 1, § 5 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 6 GKG-LSA und § 75 Abs. 2 Satz 1, § 77 Abs. 5 und 6 GO LSA). Die Verwaltungsgemeinschaft handelt als "Dienstleister" im Namen und im Auftrag der Mitgliedsgemeinden; sie ist dabei an die Beschlüsse und Weisungen der Organe der Mitgliedsgemeinden gebunden (§ 5 Abs. 7 Satz 2 GKG-LSA, § 77 Abs. 7 Satz 2 GO LSA).

Der nur dienenden Zuständigkeit der Verwaltungsgemeinschaft im Bereich des eigenen Wirkungskreises der Gemeinden entspricht § 5 Abs. 7 Satz 3 GKG-LSA (§ 77 Abs. 7 Satz 3 GO LSA), wonach der Verwaltungsgemeinschaft nicht die Repräsentation der Mitgliedsgemeinden obliegt. Diese bleiben eigenständige Rechtsträger, denen - anders als der Verwaltungsgemeinschaft - das Recht der kommunalen Selbstverwaltung zusteht. Nur soweit alle oder einzelne Mitgliedsgemeinden Aufgaben des eigenen Wirkungskreises der Verwaltungsgemeinschaft zur Erfüllung übertragen (§ 5 Abs. 2 GKG-LSA, § 77 Abs. 2 GO LSA), besteht eine eigene Zuständigkeit der Verwaltungsgemeinschaft.

Bei den Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises, d.h. den durch Gesetz den Gemeinden zur Erfüllung nach Weisung übertragenen staatlichen Aufgaben (§ 5 Abs. 1 GO LSA), handelt die Verwaltungsgemeinschaft im eigenen Namen und aufgrund eigener Zuständigkeit. Insoweit wird das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden nicht berührt, weil sie einen Rechtsanspruch, diese staatlichen Aufgaben wahrzunehmen, nicht aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG ableiten können.

bb) Die Zuordnung der Beschwerdeführerinnen zu Verwaltungsgemeinschaften berührt nicht den Kernbereich ihrer Eigenverantwortlichkeit. Die Beschwerdeführerinnen werden durch ihre zwangsweise Eingliederung in eine Verwaltungsgemeinschaft nicht zu einer staatlich fremdgesteuerten Verwaltungseinheit ohne substantielle Freiräume. Im Bereich der Aufgaben des eigenen Wirkungskreises haben sie weiterhin das Entscheidungs- und Weisungsrecht. Der Verwaltungsgemeinschaft sind nur im Bereich der Finanzhoheit und bei der Vorbereitung von Beschlüssen des Gemeinderats sowie seiner Ausschüsse partielle Mitwirkungsrechte eingeräumt (§ 5 Abs. 5 und 6 GKG-LSA, § 77 Abs. 5 und 6 GO LSA). Die Verwaltungsgemeinschaft ist dabei aber ebenso wie die Gemeinde selbst Träger kommunaler Selbstverwaltung. Eine umfassende Steuerung der Verwaltungsgemeinschaft und ihrer Mitgliedsgemeinden durch übergeordnete staatliche Behörden ist nach der gesetzlichen Regelung ausgeschlossen.

Die Übertragung der verwaltungsmäßigen Besorgung gemeindlicher Aufgaben begründet für sich genommen keine Verletzung des Kernbereichs eigenverantwortlicher Aufgabenerledigung. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG berechtigt den Gesetzgeber, den Gemeinden Vorgaben zu ihrer Organisation zu machen, und verschafft ihm daher mittelbar auch Einfluss auf die Aufgabenerledigung. Dies ist mit der Regelungskompetenz des Gesetzgebers zur Organisation der Gemeinden unausweichlich verbunden und auch gewollt. Durch die Möglichkeit organisatorischer Rahmensetzung soll der Gesetzgeber auf eine effektive Aufgabenerledigung durch die Gemeinden hinwirken können (vgl. BVerfGE 91, 228 <240 f.>).

Soweit den Beschwerdeführerinnen aufgrund ihrer Einbindung in die Verwaltungsgemeinschaft das Vorhalten einer eigenen hauptamtlichen Verwaltung verwehrt ist, liegt hierin keine Aushöhlung des Selbstverwaltungsrechts, die in ihren Auswirkungen einer von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG untersagten staatlich gesteuerten Verwaltung gleichkäme und die Gemeinden nur noch als bloße Verwaltungseinheiten ohne substantielle Spielräume erscheinen ließe. Eine eigene Gemeindeverwaltung ist nur ein Aspekt der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung unter vielen. Gemindert ist in erster Linie die Kompetenz des nur noch ehrenamtlichen Bürgermeisters (§ 57 Abs. 1 Satz 1 GO LSA), dessen umfassende Kontroll- und Gestaltungsfunktion als Leiter der Gemeindeverwaltung im engeren Sinne (§ 63 Abs. 1 GO LSA) durch ein Stimmrecht im Gemeinschaftsausschuss - einem der beiden Organe der Verwaltungsgemeinschaft (vgl. §§ 75 Abs. 2, 79 GO LSA) - ersetzt wird. Er hat jedoch weiterhin das Recht und die Pflicht, seine Gemeinde nach außen rechtlich wie repräsentativ zu vertreten (§ 57 Abs. 2 GO LSA) sowie die Sitzungen des Gemeinderats und seiner Ausschüsse zu leiten (§§ 57 Abs. 1 Satz 1, 45 ff. GO LSA). Die Kompetenzen des Gemeinderats nach § 44 GO LSA bleiben unberührt.

Ein Eingriff in den Kernbereich des kommunalen Selbstverwaltungsrechts liegt in dieser Verlagerung der Verwaltungsaufgaben im engeren Sinne auf Verwaltungsgemeinschaften vor allem deshalb nicht, weil gerade sie es ermöglicht, die politisch-demokratische Eigenständigkeit und Identität kleiner Gemeinden im Übrigen zu bewahren. Zudem wird der Verlust einer eigenständigen Aufgabenerfüllung im Bereich der örtlichen Angelegenheiten durch effektive Weisungs- und Mitwirkungsrechte der Gemeinden auf der Ebene der Verwaltungsgemeinschaft kompensiert.

c) Die Zuordnung der Beschwerdeführerinnen genügt auch den Anforderungen, die Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG an gesetzliche Gestaltungen im Vorfeld des Kernbereichs stellt.

aa) Mit der Einbindung in eine Verwaltungsgemeinschaft werden einer Gemeinde keine durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützten Aufgaben im Bereich der örtlichen Angelegenheiten entzogen. Eine eigene Zuständigkeit der Verwaltungsgemeinschaft für Aufgaben des eigenen Wirkungskreises kann nur durch gemeinsamen Beschluss aller Mitgliedsgemeinden begründet werden (§ 5 Abs. 2 Satz 1 GKG-LSA, § 77 Abs. 2 Satz 1 GO LSA). Was zum eigenen Wirkungskreis (§ 4 Abs. 1 GO LSA) oder zu den staatlichen Aufgaben (§ 5 Abs. 1 GO LSA) gehört, bestimmt der Gesetzgeber außerhalb der Organisationsvorschriften über die Verwaltungsgemeinschaft, mit denen lediglich über Art und Umfang der Aufgabenwahrnehmung entschieden wird.

bb) Trotz der verbleibenden Aufgabenzuständigkeit der Beschwerdeführerinnen für den eigenen Wirkungskreis liegt in der Verlagerung der Aufgabenwahrnehmung auf eine gemeinschaftliche Verwaltung ein erheblicher Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht der Beschwerdeführerinnen. Die Mitgliedsgemeinde einer Verwaltungsgemeinschaft ist nicht mehr uneingeschränkte Herrin ihrer Selbstverwaltungsaufgaben. Der Gesetzgeber nimmt den Gemeinden weitgehend die Möglichkeit, ihre Aufgaben durch eine eigene Verwaltung zu erfüllen und die Aufgabenwahrnehmung nach eigenen Vorstellungen zu organisieren.

Der Zwang zur Gemeinschaft und die Trennung von Aufgaben- und Vollzugszuständigkeit kann die gemeindliche Selbstverwaltung in ihrer Umsetzungskraft schwächen. Ebenso wie eine Eingemeindung führt auch die Bildung von Verwaltungsgemeinschaften zu einer Konzentration von Verwaltungstätigkeiten am Sitz der Verwaltungsgemeinschaft. Sie kann eine bürgerschaftliche Teilhabe in entfernten Gemeinden unter Umständen schwächen.

Das Land Sachsen-Anhalt hat den Konflikt zwischen dem Ziel einer möglichst bürgernahen und dem Ziel einer möglichst wirtschaftlichen Selbstverwaltung zu Gunsten einer Zwischenstufe in Form von Verwaltungsgemeinschaften gelöst. Die damit einhergehende Beschränkung des Selbstverwaltungsrechts der Beschwerdeführerinnen ist durch Gemeinwohlgründe gerechtfertigt. Dabei kommt es nicht nur auf die Verhältnisse in einer einzelnen Gemeinde an. Der Gesetzgeber darf bei seinen organisatorischen Vorgaben typisieren. Es ist daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber bei der Bildung von Verwaltungsgemeinschaften deren Leistungsfähigkeit bei einer Einwohnerzahl von 5000 als gegeben angesehen hat. Mit der Festlegung der Zahl von 5000 Einwohnern für die Größe hinreichend leistungsfähiger Verwaltungsgemeinschaften wollte der Gesetzgeber den Gemeinden die Verwaltungsgemeinschaft als Alternative zu einer ansonsten unvermeidlichen Gemeindegebietsreform mit Einheitsgemeinden eröffnen. Im Juni 1990 hatten von insgesamt 1345 Gemeinden in Sachsen-Anhalt 1288 Gemeinden weniger als 5000 Einwohner, davon 948 Gemeinden weniger als 1000 Einwohner. Ziel der Regierung war es deshalb, bis zu den Kommunalwahlen im Juli 1994 eine Gebiets- und Verwaltungsreform durchzuführen, welche auch die Gemeindestruktur "durchgreifend verbessern" sollte (vgl. LT LSA, Drucks 1/1107). Soweit es bei den kleinen Gemeinden einerseits an der notwendigen Verwaltungskraft fehlte, andererseits die Identifikation der Bürger mit ihrer politisch funktionstüchtigen Heimatgemeinde erhalten bleiben sollte, sollten die kleinen Gemeinden durch das Verwaltungsamt einer Verwaltungsgemeinschaft von Verwaltungsarbeiten entlastet werden. Hierbei handelt es sich um eine vertretbare Ausfüllung des Rahmens, den das in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG normierte Aufgaben- und Verantwortungsverteilungsprinzip vorgibt.

d) Die Beschwerdeführerinnen sind ferner in ihrer durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 und 3 GG geschützten Finanzhoheit nicht verletzt. Das gilt auch, soweit die Kassen- und Rechnungsführung von der Verwaltungsgemeinschaft besorgt wird (§ 5 Abs. 5 Satz 1 GKG-LSA, § 77 Abs. 5 Satz 1 GO LSA) und diese ein Mitwirkungsrecht bei der Vorbereitung, Aufstellung und Durchführung der Haushaltspläne der Mitgliedsgemeinden besitzt (§ 5 Abs. 5 Satz 3 GKG-LSA, § 77 Abs. 5 Satz 3 GO LSA). Hierdurch wird die gemeindliche Selbstverwaltung zwar für einen Teilbereich eingeschränkt, aber nicht substantiell geschwächt oder gar ausgehöhlt. Die eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft der Gemeinden bleibt bestehen (vgl. BVerfGE 71, 25 <36>; 83, 363 <386>).

2. § 4a Abs. 1 GKG-LSA genügt den Anforderungen, die aus den Grundsätzen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG abzuleiten sind. Die gesetzliche Ermächtigung ist nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt.

a) Die Ermächtigung geht dahin, dass das Innenministerium mehrere Gemeinden zu einer Verwaltungsgemeinschaft zusammenfassen oder einer solchen zuordnen kann. Wesen und Struktur einer Verwaltungsgemeinschaft und damit auch die Bedeutung der Zuordnung oder Zusammenfassung von Gemeinden zu einer Verwaltungsgemeinschaft sind durch die §§ 3 bis 13 GKG-LSA (§§ 75 bis 85 GO LSA) festgelegt. Damit ist der Inhalt der Ermächtigung genau bestimmt.

b) Die Ermächtigung soll die Leistungsfähigkeit der kommunalen Selbstverwaltung auf der Gemeindeebene sicherstellen. Zu diesem Zweck sollen Gemeinden, die über eine hinreichende Verwaltungskraft nicht verfügen, zu einer leistungsfähigen Verwaltungsgemeinschaft zusammengefasst oder einer solchen zugeordnet werden. Der Begriff der hinreichenden Verwaltungskraft ist durch den Sinnzusammenhang der Ermächtigungsnorm mit anderen Vorschriften und durch das Ziel, das die gesetzliche Regelung insgesamt verfolgt, näher bestimmt.

c) Das Ausmaß der Ermächtigung ist ebenfalls hinreichend bestimmt. Die Regelungsgegenstände sind in der Ermächtigung genannt. Die Exekutive ist in ihrer Befugnis dadurch beschränkt, dass die Ermächtigungsgrundlage konkrete normative Vorgaben macht. Nach § 4a Abs. 1 Satz 3 GKG-LSA sind bei der Feststellung der hinreichenden Leistungsfähigkeit im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 GKG-LSA, die insbesondere an der Einwohnerzahl und der wirtschaftlichen Entwicklung zu messen ist, die Unterschiede zwischen Verwaltungsgemeinschaften einerseits und Gemeinden, die keiner Verwaltungsgemeinschaft angehören, andererseits zu berücksichtigen. Daneben sollen bei Abgrenzung der Verwaltungsgemeinschaft Gesichtspunkte der Raumordnung und Landesplanung sowie die örtlichen Zusammenhänge, insbesondere die Schul-, Wirtschafts- und Verkehrsverhältnisse, aber auch kirchliche, kulturelle und geschichtliche Beziehungen berücksichtigt werden (§ 4 Abs. 2 GKG-LSA).

3. § 19 Abs. 1 und 2 der Verordnung des Innenministeriums über die Zuordnung von Gemeinden zu Verwaltungsgemeinschaften vom 23. März 1994 hält sich im Rahmen der Verordnungsermächtigung und ist auch im Übrigen mit der Selbstverwaltungsgarantie vereinbar.

a) Die Verordnung trägt den Bedürfnissen einer Effektuierung der Verwaltungskraft Rechnung.

Die Beschwerdeführerin zu 1. hat 223 und die Beschwerdeführerin zu 2. 360 Einwohner. Angesichts dieser Zahlen, die nicht annähernd die vom Gesetzgeber typisierend vorgegebene Sollgröße erreichen, durfte der Verordnungsgeber annehmen, dass die Beschwerdeführerinnen nicht über hinreichende Leistungsfähigkeit verfügen. Hat sich der Gesetzgeber in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise für ein an objektiven Kriterien ausgerichtetes Leitbild der kommunalen Organisation entschieden, so können sich die örtlichen Gegebenheiten gegenüber einer generellen gesetzlichen Regelung erst durchsetzen, wenn offenkundige und gewichtige Gründe dafür sprechen, dass die gesetzliche Leitvorstellung, wie sie in der delegierenden Norm Ausdruck gefunden hat, im Einzelfall zurücktreten muss. Anhaltspunkte hierfür sind nicht ersichtlich.

b) Die angegriffene Rechtsverordnung verletzt die Beschwerdeführerinnen schließlich nicht in ihrem in Art. 28 Abs. 2 GG verankerten Anhörungsrecht.

aa) Zum Schutz des Kernbereichs kommunaler Selbstverwaltung gehört, dass Bestands- und Gebietsänderungen nur aus Gründen des öffentlichen Wohls und nach Anhörung der betroffenen Gebietskörperschaften zulässig sind (vgl. BVerfGE 50, 50 <50>; 50, 195 <202>; 86, 90 <107>). Das Bundesverfassungsgericht überprüft die Entscheidung über kommunale Neugliederungen darauf hin, ob der Gesetzgeber den für seine Maßnahmen erheblichen Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt und dem Gesetz zu Grunde gelegt hat, ob er alle Gemeinwohlgründe sowie die Vor- und Nachteile der gesetzlichen Regelung in die vorzunehmende Abwägung eingestellt hat und ob der gesetzgeberische Eingriff geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sowie frei von willkürlichen Erwägungen ist (vgl. BVerfGE 50, 50 <51>; 50, 195 <203>; 86, 90 <108 f.>). Gleiches gilt, wenn in das Selbstverwaltungsrecht einer einzelnen Gemeinde eingegriffen und ihr hierdurch im Vergleich zu anderen Gemeinden ein Sonderopfer auferlegt wird (vgl. BVerfGE 56, 298 <313, 319 ff.>; 76, 107 <119, 122 f.>).

Die Anhörung dient der prozeduralen Absicherung des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts. Sie soll eine umfassende Ermittlung des Sachverhalts gewährleisten und ist geboten, weil die Gemeinden nicht zum bloßen Objekt staatlichen Handelns werden dürfen (vgl. BVerfGE 50, 195 <202>; 59, 216 <227 f.>). Sie ermöglicht den Gemeinden, vor einer Entscheidung, die ihre Rechte betrifft, zu Wort zu kommen, um Einfluss auf das Verfahren und dessen Ergebnis nehmen zu können, und dient damit der bestmöglichen Verwirklichung ihrer materiell-rechtlichen Rechtsposition.

Die Anhörung von Gemeinden entfaltet ihren verfahrenssichernden Schutz auch dort, wo das Gesetz dem Verordnungsgeber zur Ausfüllung der beschlossenen Leitvorstellung noch Spielräume lässt. Sie soll es den Gemeinden ermöglichen, durch ihren Vortrag die beabsichtigte Maßnahme in eine ihre Interessen wahrende Richtung zu lenken oder durch eigene Initiative selbst dafür Sorge zu tragen, dem gesetzlichen Leitbild zu entsprechen. Sie muss es den Gemeinden daher ermöglichen, ihre Vorstellungen sachgerecht zu äußern.

Die Anhörung ist zwar von Verfassungs wegen nicht an eine bestimmte Form gebunden; sie kann bis zum Abschluss des Rechtssetzungsverfahrens erfolgen. Doch setzt eine ordnungsgemäße Anhörung der Gemeinden voraus, dass diese von Art und Umfang sowie den wesentlichen Grundlagen des Gesetzesvorhabens so rechtzeitig Kenntnis erhalten, dass sie ihre Einwendungen als amtliche Stellungnahme vortragen können. Die Erörterung der allgemeinen Konzeption einer Kommunalreform ersetzt die konkrete Anhörung der betroffenen Gemeinden nicht.

bb) Die Anhörung der Beschwerdeführerinnen genügt noch den Anforderungen des Art. 28 Abs. 2 GG an eine effektive Anhörung. Zwar war der Zeitraum von der Benachrichtigung über die Anhörung bis zu deren Durchführung für sich betrachtet zu kurz, um den Beschwerdeführerinnen eine sachgerechte Stellungnahme unter Beteiligung des Gemeinderats zu ermöglichen. Die Prüfung der Frage, ob die Anhörung einer Gemeinde die verfassungsrechtlichen Anforderungen erfüllt, kann jedoch nicht allein auf die Anhörungsfrist abstellen. Die Anhörung der Gemeinden ist kein streng formalisiertes Verfahren. Der Gesetz- und Verordnungsgeber kann die Modalitäten der Anhörung nach seinem Ermessen frei gestalten, solange das Anhörungsverfahren insgesamt geeignet ist, den gemeindlichen Belangen angemessen Rechnung zu tragen. Das ist hier der Fall.

Die Beschwerdeführerinnen waren ebenso wie sämtliche Gemeinden und Landkreise in Sachsen-Anhalt mit Schreiben vom 16. Dezember 1993 über das Zuordnungsverfahren informiert worden. Darin wurde darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber beschlossen habe, das Innenministerium zu ermächtigen, flächendeckend die Bildung von Verwaltungsgemeinschaften abzuschließen und hierfür die Zuordnung nicht hinreichend verwaltungskräftiger Gemeinden durchzuführen, die bis zum 31. Dezember 1993 nicht Mitglied einer genehmigten Verwaltungsgemeinschaft seien. Gleichzeitig wurde angekündigt, dass im Rahmen des Zuordnungsverfahrens die beteiligten Gemeinden und Landkreise sowie alle angrenzenden Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften angehört würden. Wegen des engen Zeitrahmens, der unter anderem durch die Wahltermine des Jahres 1994 beeinflusst werde, sei eine schriftliche oder mündliche Anhörung vorgesehen.

Aufgrund dieses Schreibens mussten die Beschwerdeführerinnen damit rechnen, dass auch ihre Zuordnung geplant war. Dem Schreiben war ein individueller Rücksendebogen beigefügt, aus dem hervorging, dass eine Anhörung über ihre konkrete Zuordnung stattfinden solle. Beide Beschwerdeführerinnen haben sich für eine mündliche Anhörung entschieden, bei der sie erklärten, keiner Verwaltungsgemeinschaft angehören zu wollen. Zu diesem Zeitpunkt war ihre Willensbildung bereits abgeschlossen; sie wurde nicht durch die Kürze der Anhörungsfrist verhindert oder gestört. Die Beschwerdeführerinnen waren sich über ihre konkrete Interessenlage ebenso wie über den Inhalt der geplanten Verwaltungsreform im Klaren.

Sie können sich nicht darauf berufen, § 4a GKG-LSA sei erst im Februar 1994 in Kraft getreten, weshalb sie erst ab diesem Zeitpunkt ernsthaft mit einer zwangsweisen Zuordnung hätten rechnen müssen. Angesichts der schon im Vorfeld bekannten politischen Gestaltungsabsichten, die mit der individuellen Bekanntgabe des vom Landesparlament bereits beschlossenen Normtextes bestätigt wurde, hatten die Beschwerdeführerinnen genügend Anlass und Gelegenheit, sich bereits im Dezember 1993 und Anfang Januar 1994 ernsthaft mit der Frage ihrer zwangsweisen Zuordnung zu beschäftigen und eine Position zu entwickeln.

Eine Verletzung des Anhörungsrechts in seiner Ausprägung als Ermittlungspflicht liegt ebenfalls nicht vor. Die Anhörung dient insofern dazu, dem gestaltenden Normgeber die notwendige Sach- und Rechtskenntnis für seine Entscheidung zu verschaffen. Für eine Verletzung der Ermittlungspflicht fehlen aber konkrete Anhaltspunkte. Zur Vorbereitung der angegriffenen Verordnung wurden alle betroffenen Landkreise vom Innenministerium im Dezember 1993 angeschrieben. Die Landkreise sollten unter anderem mitteilen, welche Gemeinden unter 5000 Einwohnern aus ihrer Sicht aufgrund der vorhandenen Verwaltungs- und Veranstaltungskraft selbständig bleiben könnten. Neben den Beschwerdeführerinnen wurden im Januar 1994 auch die betroffenen Verwaltungsträger gehört. Der Landkreis Salzwedel vertrat die Auffassung, dass die Beschwerdeführerin zu 1. der Verwaltungsgemeinschaft Salzwedel-Land und die Beschwerdeführerin zu 2. der Verwaltungsgemeinschaft Diesdorf-Dähre zugeordnet werden sollte. In diesem Sinne wurde vom Verordnungsgeber dann auch verfahren.

Welche konkreten Umstände der Sachverhaltsermittlung die Beschwerdeführerinnen vermissen, ist weder vorgetragen noch erkennbar. Außer dem Wunsch, hauptamtliche Gemeinde zu bleiben, haben die Beschwerdeführerinnen keine substantiellen Einwendungen gegen ihre Zuordnungen vorgebracht. Angesichts ihrer geringen Einwohnerzahl hätte es besonderer Gründe bedurft, warum sie gleichwohl und entgegen der gesetzlichen Vermutung, die von einer hinreichenden Verwaltungskraft erst ab einer Einwohnerzahl von 5000 ausgeht, in der Lage sein sollten, ihre gesamten Verwaltungsaufgaben eigenständig zu erfüllen. Anhaltspunkte dafür, dass die Zuordnung der Beschwerdeführerinnen zur Umsetzung der gesetzlichen Zielvorstellung ungeeignet, nicht erforderlich oder unverhältnismäßig sein könnte, bestehen nicht.

Ende der Entscheidung

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