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Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 08.03.2006
Aktenzeichen: 2 BvR 351/06
Rechtsgebiete: BVerfGG, StPO
Vorschriften:
BVerfGG § 93 Abs. 1 Satz 1 | |
BVerfGG § 93a | |
BVerfGG § 93a Abs. 2 | |
BVerfGG § 93b | |
StPO § 147 | |
StPO § 356 a | |
StPO § 356 a Satz 2 | |
StPO §§ 359 ff. |
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 351/06 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
gegen
a) den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 12. Januar 2006 - 1 StR 491/02 -,
b) den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 12. März 2003 - 1 StR 491/02 -,
c) das Urteil des Landgerichts München I vom 22. Januar 2002 - 1 Ks 125 Js 10675/99 -
und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Vizepräsidenten Hassemer, die Richter Di Fabio und Landau gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 8. März 2006 einstimmig beschlossen:
Tenor:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Gründe:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Ein Annahmegrund gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG liegt nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.
1. Soweit der Beschwerdeführer die Entscheidung des Landgerichts vom 22. Januar 2002 und des Bundesgerichtshofs vom 12. März 2003 angreift, ist die Beschwerdefrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG verstrichen.
2. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12. Januar 2006 wendet, kann dahinstehen, ob sie bereits deshalb unzulässig ist, weil der vom Beschwerdeführer nach § 356 a StPO gestellte Antrag auf Nachholung des rechtlichen Gehörs unstatthaft oder wegen Versäumung der Wochenfrist des § 356 a Satz 2 StPO verfristet war. Gleichfalls kann offen bleiben, ob der Beschwerdeführer gegen den Grundsatz der Subsidiariät der Verfassungsbeschwerde verstoßen hat, weil er oder sein Verteidiger eine Revisionsrüge der Verletzung des sachlichen oder formellen Strafrechts an die Beweiserhebung und die entsprechenden Urteilsgründe nicht angeknüpft haben.
3. Die Beschwerde erweist sich jedenfalls mangels hinreichender Begründung als unzulässig. Ein Verfassungsverstoß durch die die Gegenvorstellung sowie die Anträge auf nachträgliche Gewährung rechtlichen Gehörs, Aufhebung des Senatsbeschlusses vom 12. März 2003 und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückweisende Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist schon in tatsächlicher Hinsicht nicht substantiiert vorgetragen (§§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG).
a) Dass dem Beschwerdeführer der Zugang zum Inhalt der Beweismittelordner eröffnet wurde, ergibt sich aufgrund der übereinstimmenden dienstlichen Äußerungen der im Verfahren beteiligten Staatsanwälte und Richter, deren Inhalt in Frage zu stellen keine Veranlassung besteht, bereits daraus, dass diese Ordner in der Anklageschrift benannt worden sind, im Sitzungssaal jederzeit zur Einsichtnahme bereitstanden und hinsichtlich der vom Beschwerdeführer hervorgehobenen Lichtbilder ausweislich des Sitzungsprotokolls zumindest teilweise in Augenschein genommen worden sind. Hätten der Beschwerdeführer oder sein Verteidiger nach sorgfältiger Prüfung der Anklage Zweifel gehabt, dass dort erwähntes Beweismaterial noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sein könnte, hätten sie sich spätestens in der Hauptverhandlung - ohne die Beschränkung des § 147 StPO - davon Kenntnis verschaffen und durch entsprechende Anträge darauf hinwirken müssen, dass das Material in die Hauptverhandlung und die Beweisaufnahme Eingang findet. Ein mögliches Versehen der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren wäre insoweit durch die Eröffnung des Hauptverfahrens, das dem Beschuldigten und seiner Verteidigung weit reichende Mitwirkungsmöglichkeiten gibt, überholt und somit unbeachtlich. Die Wahrnehmung dieser Rechte war Sache des Beschwerdeführers bzw. seines Verteidigers, der zu entsprechender Sorgfalt verpflichtet ist.
b) Gegen die Ansicht des Bundesgerichtshofs, das Revisionsgericht überprüfe das angefochtene Urteil nicht anhand der gesamten Verfahrensakten, sondern anhand der Revisionsrechtfertigung, ist aus verfassungsrechtlicher Sicht allein schon deshalb nichts zu erinnern, weil der Beschwerdeführer die behauptete Beschränkung der Einsicht in die Akten, deren Umfang ihm aus der Anklageschrift bekannt war, nicht zum Gegenstand eines Revisionsangriffs gegen das Urteil des Landgerichts gemacht hat.
c) Ein Verstoß gegen Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte des Beschwerdeführers ist bei dieser Sachlage nicht ersichtlich. Sollten tatsächlich neue Beweismittel beigebracht worden sein, so wäre das Wiederaufnahmeverfahren nach § 359 ff. StPO der Ort, um über eine Durchbrechung der Rechtskraft des Urteils gegen den Beschwerdeführer zu entscheiden.
4. Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
5. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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