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Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 18.12.2002
Aktenzeichen: 2 BvR 367/02
Rechtsgebiete: GG
Vorschriften:
GG Art. 3 Abs. 1 |
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 367/02 - In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
gegen § 10a Abs. 1, Abs. 3, Abs. 4 EStG in der Fassung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensgesetz - AVmG) vom 26. Juni 2001 (BGBl I S. 1310) geändert durch das Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl I S. 3926) hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Vizepräsidenten Hassemer, die Richterin Osterloh und den Richter Mellinghoff gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 18. Dezember 2002 einstimmig beschlossen: Tenor:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Gründe: Die Verfassungsbeschwerde betrifft im Wesentlichen die Frage, ob selbständig tätige Rechtsanwälte gleichheitswidrig von der einkommensteuerrechtlichen Begünstigung des Sonderausgabenabzuges nach § 10a Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) für Altersvorsorgebeiträge zur sogenannten "Riester-Rente" ausgeschlossen sind.
1. Der Beschwerdeführer ist ein selbständig tätiger Rechtsanwalt. Er ist Pflichtmitglied der Bayerischen Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung. Seine Verfassungsbeschwerde richtet sich unmittelbar gegen die durch das Altersvermögensgesetz (AVmG) vom 26. Juni 2001 (BGBl I S. 1310) eingeführte und durch Art. 11 Nr. 1 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl I S. 3926) geänderte Regelung des Abzugs von Sonderausgaben für Altersvorsorgebeiträge gemäß § 10a Abs. 1 Satz 1 EStG. Zum von der Regelung begünstigten Personenkreis gehören die in der gesetzlichen Rentenversicherung Pflichtversicherte und die nach § 10a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 gleichgestellten Personen (u.a. aktive Beamte, Richter und Soldaten). Nicht zum begünstigten Personenkreis gehören unter anderem selbständig tätige Rechtsanwälte, die Pflichtmitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind (vgl. im Einzelnen Lindberg in Blümlich, EStG, Stand: März 2002, § 10a Rn. 7 ff.). Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG, im Wesentlichen, weil diese Regelung ihm gegenüber einen gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss darstelle.
2. Die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung (§ 93a Abs. 2 BVerfGG) liegen nicht vor. Weder kommt ihr grundsätzliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der als verletzt bezeichneten Verfassungsrechte des Beschwerdeführers angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl.BVerfGE 90, 22 <25 f.>).
Soweit der Beschwerdeführer im eigenen Namen die Verletzung der Grundrechte einer Dritten - nämlich seiner zukünftigen Ehefrau - rügt, weil die angegriffene Regelung es dieser im Gegensatz zur Ehefrau eines angestellten Rechtsanwalts unmöglich mache, mit staatlicher Förderung eine eigenständige Altersversorgung aufzubauen, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig. Nur derjenige, der selbst durch eine Maßnahme der öffentlichen Gewalt betroffen ist, kann Verfassungsbeschwerde erheben. Eine gewillkürte Prozessstandschaft im Verfassungsbeschwerde-Verfahren ist nicht zulässig (vgl.BVerfGE 72, 122 <131>).
Die Verfassungsbeschwerde ist im Übrigen jedenfalls unbegründet. Es ist nicht ersichtlich, dass die vom Beschwerdeführer im Kern angegriffene Regelung des § 10a Abs. 1 Satz 1 EStG mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist, soweit diese den in der gesetzlichen Rentenversicherung Pflichtversicherten und gleichgestellten Personen (vgl. § 10a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 EStG) eine steuerliche Begünstigung in Gestalt des Sonderausgabenabzugs für Altersvorsorgebeiträge (§ 82 EStG) bei der Einkommensteuer gewährt, den Beschwerdeführer als selbständig tätigen Rechtsanwalt aber von dieser Begünstigung ausschließt.
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (BVerfGE 98, 365 <385>). Er verbietet sowohl ungleiche Belastungen wie auch ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 79, 1 <17>). Verboten ist daher auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss (vgl. BVerfGE 93, 386 <396>; Urteil des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 6. März 2002 - 2 BvL 17/99 -, EuGRZ 2002, 74 <91>), bei dem einem Personenkreis eine Begünstigung gewährt wird, einem anderen Personenkreis die Begünstigung aber vorenthalten bleibt, ohne dass sich aus der Natur der Sache ergebende oder sonstwie einleuchtende Gründe für die gesetzliche Differenzierung finden lassen. Bei der Überprüfung, ob ein Gesetz, das eine steuerrechtliche Begünstigung gewährt, die Abgrenzung des begünstigten vom nichtbegünstigten Personenkreis im Einklang mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vorgenommen hat, ist allerdings nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner hierbei grundsätzlich weiten Gestaltungsfreiheit eingehalten hat. Der Gesetzgeber darf den begünstigten von dem nichtbegünstigten Personenkreis nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, also nicht "willkürlich" abgrenzen. Der Gleichheitssatz verlangt vielmehr, dass sich eine vom Gesetz vorgenommene unterschiedliche Behandlung des begünstigten und des nicht begünstigten Personenkreises auf einen vernünftigen oder sonstwie einleuchtenden Grund zurückführen lässt (vgl.BVerfGE 75, 108 <157>; 93, 319 <349>; 93, 386 <397>).
Gemessen an diesen Grundsätzen liegt kein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss des Beschwerdeführers vor. Die unterschiedliche Behandlung des selbständigen Rechtsanwalts im Vergleich zu dem von § 10a Abs. 1 Satz 1 EStG begünstigten Personenkreis lässt sich auf einen vernünftigen, einleuchtenden Grund zurückführen. Aus den Gesetzesmaterialien ist erkennbar, dass den hier maßgeblichen Regelungen des Altersvermögensgesetzes wie auch seinen Änderungen durch das Versorgungsänderungsgesetz 2001 das sachgerechte Konzept zu Grunde liegt, wonach nur die von der zukünftigen Absenkung des Rentenniveaus bzw. der Versorgungsbezüge durch die vorgenannten Gesetze Betroffenen von dem Sonderausgabenabzug für Altersversorgungsbeiträge begünstigt werden sollen (vgl. Lindberg in Blümlich, a.a.O., § 10a Rn. 7, 9). Nach der Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Altersvermögensgesetzes (BRDrucks 764/00, S. 145) handelt es sich nämlich beim Kreis der durch § 10a Abs. 1 Satz 1 EStG begünstigten steuerpflichtigen Personen um solche, bei denen zur Stabilisierung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung das Rentenniveau abgesenkt wurde und für die ein Anreiz geschaffen werden soll, zusätzlich zur gesetzlichen Rentenversicherung eine freiwillige kapitalgedeckte private Altersvorsorge aufzubauen. Nicht zum Kreis der Begünstigten gehören demnach unter anderem Selbständige, die eine eigene private Altersvorsorge aufbauen und die in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung Pflichtversicherten, da diese Personengruppe durch das Altersvermögensgesetz keine Kürzung des ihnen zustehenden Rentenniveaus hinzunehmen haben. Dieses sachliche Konzept wurde auch bei der Änderung des § 10a EStG durch das Versorgungsänderungsgesetz 2001 weiter verfolgt. Nur die von der Absenkung der zukünftigen Versorgungsbezüge durch das Versorgungsänderungsgesetz betroffenen Personen (z.B. aktive Beamte) werden danach in die steuerliche Förderung zum Aufbau eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens einbezogen (vgl. BRDrucks 735/01, S. 1 f., S. 131).
Dass der als selbständiger Rechtsanwalt tätige Beschwerdeführer von der steuerlichen Begünstigung des Sonderausgabenabzugs für Altersversorgungsbeiträge nach § 10a Abs. 1 EStG ausgeschlossen ist, ist demnach nicht willkürlich, sondern lässt sich auf einen vernünftigen und einleuchtenden Grund zurückführen. Der Beschwerdeführer, der mit der Bayerischen Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung einem anderen Alterssicherungssystem als der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. der Beamtenversorgung angehört, muss weder nach dem Altersvermögensgesetz noch nach dem Versorgungsänderungsgesetz 2001 eine Absenkung seiner Versorgungsleistung hinnehmen. Dies ist ein hinreichender sachlicher Grund dafür, ihn nicht in die Begünstigung des Sonderausgabenabzugs nach § 10a Abs. 1 Satz 1 EStG zur Förderung einer zusätzlichen freiwilligen privaten Altersvorsorge einzubeziehen.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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