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Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 13.07.2004
Aktenzeichen: 2 BvR 414/04
Rechtsgebiete: BVerfGG, StGB, GG
Vorschriften:
BVerfGG § 93b | |
BVerfGG § 93a | |
BVerfGG § 93a Abs. 2 | |
StGB § 57b | |
GG Art. 103 Abs. 1 | |
GG Art. 103 Abs. 2 |
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 414/04 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Koblenz vom 26. Januar 2004 - 1 Ws 301/02 -
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Vizepräsidenten Hassemer, die Richterin Osterloh und den Richter Mellinghoff gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 13. Juli 2004 einstimmig beschlossen:
Tenor:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen nach § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg. Die auf eine Verletzung des Rückwirkungsverbots sowie des Grundrechts auf rechtliches Gehör gestützte Verfassungsbeschwerde lässt einen Verstoß gegen verfassungsrechtliche Maßstäbe nicht erkennen. Die angegriffene Entscheidung des Vollstreckungsgerichts enthält keinen Fehler, der auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs, beruht (BVerfGE 95, 96 <128>).
1. Zur grundsätzlichen Rechtmäßigkeit des Umgangs mit so genannten "Altfällen" hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass den Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips dann Rechnung getragen wird, wenn das Vollstreckungsgericht in strikter Bindung an die im Urteil ausdrücklich festgestellten Tatsachen nur das dem Urteil zugrunde liegende Tatgeschehen und die dazu festgestellten Umstände der Ausführung und der Auswirkung der Tat berücksichtigt (BVerfGE 86, 288 <324 f.>; vgl. dazu auch die Entscheidung des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 28. September 1998 - 2 BvR 1158/97 -, NStZ 1999, S. 101-102).
Das Oberlandesgericht Koblenz hat im vorliegenden Fall nicht gegen die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätze bei der nachträglichen Feststellung der besonderen Schwere der Schuld verstoßen. Auch der Beschwerdeführer selbst trägt nicht vor, die Feststellungen des Oberlandesgerichts wichen in unzulässiger Weise von denen des Tatgerichts ab. Dass das Gericht die Vorstrafen des Beschwerdeführers Schuld erschwerend berücksichtigt hat, ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Insoweit handelt es sich um objektiv Schuld steigernde Merkmale, deren Verwertung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ohne weiteres zulässig ist (vgl. BVerfGE 86, 288 <333>). Auch die Anwendung von § 57b StGB stößt auf keine verfassungsrechtlichen Bedenken, da diese Vorschrift eine Gesamtwürdigung aller in der Gesamtstrafe zusammen abgeurteilten Einzeltaten fordert.
2. In der Anwendung des § 57a StGB auf "Altfälle" liegt auch kein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG, da die Frage der vorzeitigen Entlassung auf Bewährung die Strafbarkeit der Ausgangstat unberührt lässt.
3. Die vollstreckungsrechtliche Gesamtwürdigung lässt ebenfalls in verfassungsrechtlicher Hinsicht keinen Raum für Beanstandungen. Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind hier auch tatunabhängige, die Persönlichkeit des Beschuldigten kennzeichnende Umstände zu würdigen, um die "Strafvollstreckungsschuld" zu ermitteln (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 50. Aufl. 2001, § 57a Rn. 19 m.w.N.). Dass die Beurteilung einzelner Umstände durch das Gericht von der des Beschwerdeführers abweicht, fällt in den Bereich fachgerichtlicher Rechtsanwendung, der vom Bundesverfassungsgericht nur eingeschränkt überprüft werden kann.
4. Es liegt auch kein Verstoß gegen das Grundrecht auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG vor. Dem Beschwerdeführer wurde Gelegenheit zur nachträglichen Stellungnahme gegeben, auf die ein erneuter Beschluss des Oberlandesgerichts erging. Zwar umfasst Art. 103 Abs. 1 GG neben dem Äußerungsrecht auch eine Beachtenspflicht des Gerichts (Maunz-Dürig/Schmidt-Aßmann, Grundgesetz, Art. 103 Rn. 94 ff.), die in der Regel der Begründung einer gerichtlichen Entscheidung entnommen werden kann. Allerdings ist eine mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare letztinstanzliche gerichtliche Entscheidung nicht notwendigerweise mit einer Begründung zu versehen (vgl. BVerfGE 50, 287 <290>). Hinzu kommt vorliegend, dass der erste Beschluss des Oberlandesgerichts eine ausführliche Begründung enthielt und der nachträgliche Vortrag des Beschwerdeführers im Wesentlichen andere Bewertungen von der Sache nach auch von ihm nicht bestrittenen Umständen enthielt. Von einer weiteren Begründung konnte daher abgesehen werden.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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