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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 05.04.2007
Aktenzeichen: 2 BvR 461/07
Rechtsgebiete: PflSchG


Vorschriften:

PflSchG § 16 c
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 461/07 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen

a) den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 31. Januar 2007 - 3 B 68/07 -,

b) den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. Dezember 2006 - 3 B 2674/06 -,

c) den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 28. November 2006 - 13 L 1710/06 -

und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Vizepräsidenten Hassemer, die Richter Di Fabio und Landau gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 5. April 2007 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde nebst dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betrifft eine von der Beschwerdeführerin begehrte Feststellung der Verkehrsfähigkeit eines Pflanzenschutzmittels.

I.

1. Die Beschwerdeführerin ist ein in den Niederlanden ansässiges Unternehmen. Sie handelt mit Pflanzenschutzmitteln, die sie aus anderen Ländern der EU und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) einführt. Diese Pflanzenschutzmittel sind nach Angaben der Beschwerdeführerin im Herkunftstaat zugelassen und mit den entsprechenden in Deutschland zugelassenen Pflanzenschutzmitteln (Referenzmitteln) chemisch identisch. Nach § 16 c Abs. 1 Satz 1 des Pflanzenschutzgesetzes (PflSchG) darf ein solches Mittel nur eingeführt und in den Verkehr gebracht werden, wenn das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (im Folgenden: Bundesamt) seine Verkehrsfähigkeit festgestellt hat. Die Beschwerdeführerin stellte im Jahr 2006 einen solchen Antrag für das Pflanzenschutzmittel "R. D." bei dem Bundesamt; das Mittel ist nach ihren Angaben mit dem in Deutschland zugelassenen Referenzmittel "R." chemisch identisch. Diesen Antrag lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 26. Juni 2006 ab; der hiergegen von der Beschwerdeführerin erhobene Widerspruch blieb erfolglos.

2. Die Beschwerdeführerin erhob im Folgenden Klage zum Verwaltungsgericht Köln, über die noch nicht entschieden ist, und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO, gerichtet auf vorläufige Erteilung einer Verkehrsfähigkeitsbescheinigung.

3. Mit dem angegriffenen Beschluss vom 28. November 2006 lehnte das Verwaltungsgericht Köln den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Die Beschwerdeführerin habe einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Ihr Antrag sei auf eine hier unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet.

4. Die hiergegen erhobene Beschwerde wies das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit dem angegriffenen Beschluss vom 22. Dezember 2006 zurück, da die Beschwerdeführerin einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht habe. Mit Beschluss vom 31. Januar 2007 wies das Oberverwaltungsgericht ferner eine Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin zurück.

II.

1. Die Beschwerdeführerin sieht sich durch die angegriffenen Entscheidungen in ihren Rechten aus Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Zur Begründung wiederholt sie ihr Vorbringen aus dem fachgerichtlichen Verfahren. Ergänzend führt sie aus, die angegriffenen Entscheidungen legten § 16 c PflSchG nicht in einer den Anforderungen der Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG entsprechenden Weise aus.

2. Die Beschwerdeführerin hat außerdem beantragt, die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesamt, im Wege einer einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Erteilung der beantragten Verkehrsfähigkeitsbescheinigung zu verpflichten.

III.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Annahmevoraussetzungen (§ 93a Abs. 2 BVerfGG) liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg, da sie unzulässig ist.

1. Teilweise steht der Grundsatz der Subsidiarität (§ 90 Abs. 2 BVerfGG) der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde entgegen. Die Beschwerdeführerin hat den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nicht erschöpft, da bislang noch nicht über ihre Verpflichtungsklage entschieden wurde. Sie hat lediglich das verwaltungsgerichtliche Eilverfahren durchgeführt. Allerdings kann auch die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes durch die Fachgerichte grundsätzlich Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde sein, wenn sie eine selbstständige Beschwer enthält, die sich nicht mit jener der späteren Hauptsacheentscheidung deckt (BVerfGE 77, 381 <400 f.>; 79, 69 <73>). Die Erschöpfung des Rechtswegs in der Hauptsache ist demgegenüber geboten, wenn dort nach der Art des gerügten Grundrechtsverstoßes die Gelegenheit besteht, der verfassungsrechtlichen Beschwer abzuhelfen; dies ist regelmäßig anzunehmen, wenn mit der Verfassungsbeschwerde Grundrechtsverletzungen gerügt werden, die sich auf die Hauptsache beziehen (BVerfGE 104, 65 <70 f.> m.w.N.). So liegt der Fall hier im Hinblick auf die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Verstöße gegen Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG. Denn soweit sich das hierauf bezogene Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht ohnehin in einer Rüge der fehlerhaften Auslegung des § 16 c PflSchG und damit der unzutreffenden Anwendung des einfachen Rechts erschöpft, sind die von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Fragen einschließlich ihrer verfassungs- und gemeinschaftsrechtlichen Aspekte einer Klärung im verwaltungsgerichtlichen Hauptsacheverfahren zugänglich und bedürftig. Die Rügen der Beschwerdeführerin beziehen sich insoweit ausschließlich auf den im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruch auf Feststellung der Verkehrsfähigkeit des in Rede stehenden Pflanzenschutzmittels.

2. Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde nicht in einer den Anforderungen der §§ 92, 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG genügenden Weise begründet.

a) Dies gilt namentlich im Hinblick auf das von der Beschwerdeführerin beanstandete Verständnis des Begriffs des Anordnungsgrundes als Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO. Die angegriffenen Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen setzen sich ausführlich und in verfassungsrechtlich bedenkenfreier, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren ausdrücklich aufgreifender Weise mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin auseinander. Die Verfassungsbeschwerde legt nicht dar, dass das Oberverwaltungsgericht die Anforderungen an die erforderliche Darlegung und Glaubhaftmachung überspannt hätte, sondern beschränkt sich auf eine nahezu wörtliche Wiederholung des Vorbringens der Beschwerdeführerin im fachgerichtlichen Verfahren, ohne sich in der gebotenen Weise mit den Begründungen der angegriffenen Entscheidungen zu befassen. Eine mögliche Verletzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte ergibt sich daraus nicht.

b) Insbesondere zeigt die Verfassungsbeschwerde auch nicht die Möglichkeit einer Verletzung des Anspruchs der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) auf. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin beschränkt sich im Wesentlichen darauf, ihre Rechtsauffassung an die Stelle derjenigen der angegriffenen Entscheidungen zu setzen. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet die Gerichte aber nicht, der Rechtsansicht einer Partei zu folgen (BVerfGE 64, 1 <12>).

3. Da die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen wird, erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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