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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 23.05.2002
Aktenzeichen: 2 BvR 516/02
Rechtsgebiete: BVerfGG, AsylVfG


Vorschriften:

BVerfGG § 93b
BVerfGG § 93a
BVerfGG § 90 Abs. 1
BVerfGG § 93a Abs. 2
BVerfGG § 93d Abs. 1 Satz 3
AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 516/02 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen

a) den Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 13. Februar 2002 - 4 Bf 106/00.A -,

b) das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 26. Januar 2000 - 15 VG A 702/95 -

hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richter Sommer, Di Fabio und die Richterin Lübbe-Wolff gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 23. Mai 2002 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>).

1. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, der Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts verstoße gegen Art. 16a Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG, weil er die während des Berufungszulassungsverfahrens vorgetragenen Nachfluchttatsachen nicht berücksichtige, kann nicht entnommen werden - und es ist auch nicht ersichtlich -, dass es sich dabei um Tatsachen von verallgemeinerungsfähiger Bedeutung handelt. Nur unter dieser Voraussetzung hätten die neuen Tatsachen beachtet und die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG zugelassen werden müssen (vgl. BVerwGE 70, 24 <26>; Marx, Kommentar zum Asylverfahrensgesetz <4. Aufl.>, § 78 Rn. 41).

Ferner steht der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde insoweit auch der Grundsatz der materiellen Subsidiarität entgegen. Der Beschwerdeführer hat nach rechtskräftigem Abschluss des fachgerichtlichen Verfahrens Gelegenheit, die neuen Tatsachen zunächst in einem Asylfolgeverfahren geltend zu machen.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg greift der Beschwerdeführer nur mit der Rüge eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG an, so dass eine verfassungsgerichtliche Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung am Maßstab des Art. 16a Abs. 1 GG entfällt.

2. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Hamburg verletzen den Beschwerdeführer nicht in seinem Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, ohne dass sich das Gericht mit jedem Vorbringen ausdrücklich in den Entscheidungsgründen befassen muss. Geht das Gericht allerdings auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (BVerfGE 47, 182 <187 ff.>; 86, 133 <146>).

Das Verwaltungsgericht Hamburg hat die für die Frage nach einer Vorverfolgung erheblichen tatsächlichen Angaben zu den Vorfällen vom 15. November 1994, Mai 1991 und Mai 1994 in den wesentlichen Grundzügen zur Kenntnis genommen und die Ereignisse vom November und Mai 1994 gewürdigt. Die asylrechtliche Bewertung des Eingriffs vom 15. November 1994 als (einmalige) "Einschüchterungsmaßnahme" berührt nicht die Garantie des rechtlichen Gehörs, sondern betrifft die Frage, ob das Verwaltungsgericht dem Tatsachenvortrag die richtige Bedeutung beigemessen hat. Die von der Psychologin Dr. S. gestellte Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung zählt hier schon deshalb nicht zum wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags, weil das Krankheitsbild für sich genommen auch unter Berücksichtigung der psychologischen Stellungnahme noch keinen zwingenden Rückschluss auf eine asylrelevante politische Verfolgung zulässt.

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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