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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 27.02.2009
Aktenzeichen: 2 BvR 538/07
Rechtsgebiete: AufenthG, GG


Vorschriften:

AufenthG § 62 Abs. 2
GG Art. 2 Abs. 2
GG Art. 20 Abs. 3
GG Art. 104 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde

...

hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts

durch

die Richterin Osterloh und

die Richter Mellinghoff, Gerhardt

am 27. Februar 2009

einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Beschlüsse des Amtsgerichts Neustadt am Rübenberge vom 16. September 2006 - 87 XIV 2/06 -, des Landgerichts Hannover vom 25. Oktober 2006 - 28 T 133/06 - und des Oberlandesgerichts Celle vom 31. Januar 2007 - 22 W 89/06 -, die beiden zuletzt genannten Beschlüsse hinsichtlich der nicht die Prozesskostenhilfe betreffenden Entscheidungsaussprüche, verletzen den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes, die Beschlüsse des Landgerichts und des Oberlandesgerichts darüber hinaus in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 104 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes.

Die Beschlüsse des Landgerichts und des Oberlandesgerichts werden im Umfang der festgestellten Grundrechtsverletzungen aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Hannover zurückverwiesen.

Das Land Niedersachsen hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Anwendung des § 62 Abs. 2 Satz 4 AufenthG sowie die Anhörung durch das Beschwerdegericht in Abschiebungshaftsachen.

1.

Der 1960 geborene vietnamesische Beschwerdeführer wurde nach einem unter falschem Namen geführten erfolglosen Asylverfahren zunächst geduldet. 2004 wurde seine Tochter, die deutsche Staatsangehörige ist, geboren. Der Beschwerdeführer erkannte die Vaterschaft an und übernahm die gemeinsame Sorge. Nachdem er seinen jetzigen Namen mitgeteilt hatte, erhielt er eine Aufenthaltserlaubnis.

Sein rechtzeitig gestellter Verlängerungsantrag wurde von der Ausländerbehörde seines Wohnsitzes im Bördekreis im Juni 2006 abgelehnt, weil es an einer persönlichen Verbundenheit zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Tochter fehle. Der Beschwerdeführer erhob Widerspruch, mit dem er das Bestehen einer familiären Lebensgemeinschaft behauptete, und beantragte beim Verwaltungsgericht einstweiligen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO. Die Ausländerbehörde teilte dem Verwaltungsgericht mit, konkrete Abschiebungsmaßnahmen beziehungsweise Vorbereitungen dafür seien noch nicht getroffen. Ein Abschiebungstermin sei noch nicht festgelegt. Der Beschwerdeführer erhielt eine Grenzübertrittsbescheinigung; die darin angegebene Frist zum Verlassen des Bundesgebiets wurde bis August 2006 verlängert. Eine weitere Verlängerung lehnte die Ausländerbehörde bei einer Vorsprache des Beschwerdeführers ab. Sie schrieb ihn zur Fahndung aus und fertigte einen Haftantrag, der nicht an ein bestimmtes Gericht adressiert war und den sie auf den Ablauf der Grenzübertrittsbescheinigung stützte.

2.

Der Beschwerdeführer wurde im September 2006 in Niedersachsen festgenommen. Er wies sich zunächst mit einem auf die im Asylverfahren benutzte Aliaspersonalie ausgestellten Führerschein aus. Gegenüber der Polizei gab er an, seine Duldungen seien nach 2003 nicht mehr verlängert worden. Seine deutsche Freundin habe 2004 ein Kind von ihm bekommen, das er täglich sehe. Er habe einen Anwalt beauftragt, um gegen die Abschiebung Widerspruch einzulegen.

Die Ausländerbehörde der Region Hannover stellte bei dem Amtsgericht des Ergreifungsorts Haftantrag und verwies ergänzend auf den Blankettantrag der Ausländerbehörde des Bördekreises. Bei seiner Anhörung vor dem Amtsgericht erklärte der Beschwerdeführer, er habe in Deutschland mit einer Deutschen ein Kind. Es habe Probleme mit der Aufenthaltsgenehmigung gegeben, die Unterlagen lägen beim Verwaltungsgericht, von dort sei mitgeteilt worden, dass es noch eine Weile dauern könne.

Auf den Antrag der Region Hannover ordnete das Amtsgericht durch Beschluss vom 16. September 2006 Sicherungshaft für sechs Wochen auf der Grundlage des § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG sowie die sofortige Wirksamkeit der Freiheitsentziehung an. Der Beschwerdeführer sei nach negativem Ausgang des Asylverfahrens seit dem Jahr 2003 untergetaucht.

3.

Am 18. September 2006 ersuchte die Ausländerbehörde des Bördekreises die Region Hannover um Amtshilfe bei der Abschiebung des Beschwerdeführers und wies darauf hin, dass sich sein Pass bei ihm befinden müsse. Zugleich leitete die Ausländerbehörde des Bördekreises über die Zentrale Abschiebungsstelle Halberstadt die Beschaffung eines Passersatzpapiers ein. Am 4. Oktober 2006 teilte sie der Ausländerbehörde der Region Hannover mit, die Beschaffung werde etwa drei Monate dauern. Am 25. Oktober 2006 folgte die Mitteilung, der Beschwerdeführer könne derzeit nicht abgeschoben werden, weil er noch keine Papiere habe; das Verwaltungsgericht werde in den nächsten vierzehn Tagen entscheiden.

4.

Mit der sofortigen Beschwerde machte der Beschwerdeführer geltend, er sei nicht untergetaucht. Wegen seines Kindes habe er Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis. Er übe sein Sorgerecht im erforderlichen Umfang aus. Er sei nicht vollziehbar ausreisepflichtig, denn wegen des noch anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens dürfe er nicht abgeschoben und deswegen nicht in Abschiebungshaft genommen werden. Die Ausländerbehörde habe dem Verwaltungsgericht mitgeteilt, dass Abschiebungsmaßnahmen nicht eingeleitet worden seien. Der Haftgrund liege nicht vor, weil die Adresse des Beschwerdeführers bekannt sei. Ein Haftantrag könne nicht im Wege der Amtshilfe gestellt werden. Eine Abschiebung sei nicht innerhalb des gesetzlichen Zeitrahmens möglich, weil ein Passersatzpapier beschafft werden müsse, was zeitaufwendig sei.

Das Landgericht wies die sofortige Beschwerde durch Beschluss vom 25. Oktober 2006 zurück. Die Sicherungshaft sei gemäß § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG zu Recht angeordnet worden. Das Asylverfahren sei abgeschlossen; in der Folgezeit sei der Beschwerdeführer untergetaucht, habe also den Aufenthaltsort gewechselt. Nachdem er sich bei der Behörde wieder gemeldet gehabt habe, sei ihm eine Grenzübertrittsbescheinigung ausgestellt worden, die vor der Festnahme abgelaufen sei. Bei der Verhaftung habe er sich zunächst mit falschen Personalien ausgewiesen. Aus dem Verhalten ergebe sich der Verdacht, dass er sich der Abschiebung entziehen wolle (§ 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AufenthG). Die Abschiebung könne lediglich deshalb nicht sofort durchgeführt werden, weil entgegen der ursprünglichen Annahme der Ausländerbehörde erneut ein Passersatzpapier beantragt werden müsse. Die Entscheidung habe ohne erneute mündliche Anhörung ergehen können, weil der Sachverhalt feststehe, von einer erneuten Anhörung keine neuen Erkenntnisse zu erwarten seien und der Prozessbevollmächtigte schriftsätzlich vorgetragen habe.

5.

Nachdem das Verwaltungsgericht der Ausländerbehörde des Bördekreises seine Ansicht mitgeteilt hatte, zu den Abschiebungsmaßnahmen, von denen die Ausländerbehörde bis zur Entscheidung im Eilverfahren absehen wolle, dürfte auch die Abschiebungshaft gehören, wurde der Beschwerdeführer am 26. Oktober 2006 aus der Haft entlassen.

6.

Der Beschwerdeführer wiederholte im Rahmen der auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft gerichteten sofortigen weiteren Beschwerde sein bisheriges Vorbringen und ergänzte: Der Beschluss des Landgerichts sei nicht hinreichend mit Gründen versehen. Dem Landgericht sei es verwehrt gewesen, ohne Anhörung des Beschwerdeführers einen weiteren, vom Amtsgericht nicht herangezogenen Haftgrund anzunehmen. Das Landgericht habe rechtliches Gehör versagt. Es habe nicht aufgeklärt, ob die Abschiebung innerhalb des gesetzlichen Zeitrahmens möglich sei.

Das Oberlandesgericht wies die sofortige weitere Beschwerde durch Beschluss vom 31. Januar 2007 zurück. Das Amtsgericht sei zuständig gewesen. Der Haftantrag sei von der örtlich zuständigen Behörde gestellt worden. Der Beschwerdeführer sei ausreisepflichtig gewesen. Er habe keine Aufenthaltserlaubnis innegehabt. Ob ihm wegen seines Kindes eine Aufenthalterlaubnis hätte erteilt werden müssen, könne dahinstehen; dies sei eine verwaltungsrechtliche Vorfrage und durch die Haftgerichte regelmäßig nicht zu prüfen. Dass er einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt habe, stelle die Rechtmäßigkeit der Haftanordnung nicht in Frage; erst Entscheidungen der Verwaltungsgerichte seien vom Haftrichter von Amts wegen zu berücksichtigen und könnten zur Unzulässigkeit der Aufrechterhaltung der Abschiebungshaft führen. Der Beschwerdeführer habe sich bei der Festnahme mit falschen Personalien ausgewiesen; er habe die Absicht gehabt, die Abschiebung zu verhindern und den Haftgrund des § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AufenthG erfüllt. Anhaltspunkte, dass die Abschiebung nicht innerhalb von drei Monaten hätte durchgeführt werden können, lägen nicht vor; Passersatzpapiere hätten bereits einmal beschafft werden können. Eine Anhörung im Beschwerdeverfahren sei hier entbehrlich gewesen. Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer habe bei seiner Anhörung vor dem Amtsgericht zugegeben, untergetaucht zu sein und falsche Personalien bei seiner Festnahme angegeben zu haben. Es treffe nicht zu, dass das Landgericht Umstände für den Haftgrund aus § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AufenthG berücksichtigt habe, die nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen seien. Sein Beschluss sei ausreichend mit Gründen versehen.

7.

Das Verwaltungsgericht ordnete durch Beschluss vom 22. Oktober 2007 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ablehnenden Bescheid an.

8.

Mit der Verfassungsbeschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG ergebe sich die Verpflichtung der Gerichte, die Voraussetzungen der Haft umfassend zu prüfen, insbesondere, ob eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung ergangen sei, die die Abschiebung für längere Zeit oder auf Dauer hindere. Von der Sicherungshaft sei abzusehen, wenn die Abschiebung nicht durchführbar sei. Die angegriffenen Entscheidungen hätten sich nicht damit auseinandergesetzt, dass die Ausländerbehörde angegeben habe, bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts würden keine Abschiebungsmaßnahmen eingeleitet. Es fehle an Erwägungen, ob die Drei-Monats-Frist des § 62 Abs. 2 Satz 4 AufenthG hätte eingehalten werden können, obwohl eine Abschiebung erst nach einer erstinstanzlichen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung über den Eilantrag zulässig gewesen wäre. Der Zeitpunkt einer solchen Entscheidung sei völlig ungewiss. Auch Art. 19 Abs. 4 GG sei verletzt worden. Aus dem Grundrecht ergebe sich die Pflicht der Verwaltung, für die Dauer des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens Maßnahmen des Verwaltungszwangs einschließlich der Abschiebung zu unterlassen. Unmittelbar aus der Verfassung ergebe sich, dass die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht gehindert werde. Hiergegen sei verstoßen worden.

9.

Das Niedersächsische Justizministerium hat von einer Stellungnahme abgesehen.

II.

Die Kammer ist für die Entscheidung zuständig, da das Bundesverfassungsgericht die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden hat (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Sie nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig und offensichtlich begründet im Sinne von § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG.

Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Die Entscheidungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts verletzen ihn zudem in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG.

1.

Die Gerichte haben nicht hinreichend untersucht, ob im Sinne des § 62 Abs. 2 Satz 4 AufenthG feststand, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden konnte. Dadurch haben sie sein Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verletzt.

a)

Der in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit gewährleistet in Verbindung mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG eine umfassende Prüfung der Voraussetzungen für eine Anordnung von Abschiebungshaft in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht. Insbesondere verpflichtet er die Haftgerichte zu überprüfen, ob die Ausreisepflicht fortbesteht und ob Umstände vorliegen, durch die die Durchführbarkeit der Abschiebung für längere Zeit oder auf Dauer gehindert wird (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 21. Mai 1987 - 2 BvR 800/84 -, NJW 1987, S. 3076; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 28. November 1995 - 2 BvR 91/95 -, NVwZ-Beilage 3/1996, S. 17 <18>; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Dezember 2000 - 2 BvR 347/00 -, NVwZ-Beilage I 3/2001, S. 26). Das hat das Bundesverfassungsgericht bisher für die Aufrechterhaltung der Abschiebungshaft ausgesprochen. Es gilt in gleicher Weise für deren erstmalige Anordnung. Insoweit erweist sich § 62 Abs. 2 Satz 4 AufenthG, wonach die Sicherungshaft unzulässig ist, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann, als Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für den Fall der Ungewissheit darüber, ob die Haft tatsächlich erforderlich ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 28. November 1995 - 2 BvR 91/95 -, NVwZ-Beilage 3/1996, S. 17 <18>; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Dezember 2000 - 2 BvR 347/00 -, NVwZ-Beilage I 3/2001, S. 26). Die Bestimmung berücksichtigt auf der einen Seite das grundsätzlich legitime staatliche Interesse, auf das Sicherungsmittel der Abschiebungshaft nicht schon dann verzichten zu müssen, wenn eine Abschiebung zwar aktuell nicht durchführbar ist, eine Prognose indes die Möglichkeit der Beseitigung oder des Wegfalls des Abschiebungshindernisses ergibt. Auf der anderen Seite trägt die Regelung den Belangen des Ausländers Rechnung, indem sie die Ungewissheit hinsichtlich der Dauer des - nicht von ihm zu vertretenden - Abschiebungshindernisses lediglich für einen begrenzten Zeitraum grundsätzlich zu seinen Lasten gehen lässt.

Die für die Anwendung des § 62 Abs. 2 Satz 4 AufenthG notwendige Prognose hat der Richter auf der Grundlage einer hinreichend vollständigen Tatsachengrundlage zu treffen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Dezember 2000 - 2 BvR 347/00 -, NVwZ-Beilage I 3/2001, S. 26). Die Freiheitsgewährleistung des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG setzt auch insoweit Maßstäbe für die Aufklärung des Sachverhalts und damit für Anforderungen in Bezug auf die tatsächliche Grundlage der richterlichen Entscheidungen. Es ist unverzichtbare Voraussetzung rechtsstaatlichen Verfahrens, dass Entscheidungen, die den Entzug der persönlichen Freiheit betreffen, auf zureichender richterlicher Sachaufklärung beruhen und eine in tatsächlicher Hinsicht genügende Grundlage haben, die der Bedeutung der Freiheitsgarantie entspricht (vgl. BVerfGE 70, 297 <308>). Hierfür sind regelmäßig die Akten der Ausländerbehörde beizuziehen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 10. Dezember 2007 - 2 BvR 1033/06 -, NVwZ 2008, S. 304 <305>; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 1. April 2008 - 2 BvR 1925/04 -, [...]). Angesichts des hohen Ranges des Freiheitsgrundrechts gilt dies in gleichem Maße, wenn die nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit einer freiheitsentziehenden Maßnahme in Rede steht (BVerfGK 7, 87 <100>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 10. Dezember 2007 - 2 BvR 1033/06 -, NVwZ 2008, S. 304 <305>).

b)

Diesen Anforderungen werden die angegriffenen Entscheidungen nicht gerecht.

aa)

Nach der gesetzlichen Bewertung der Interessenlage in § 62 Abs. 2 Satz 4 AufenthG ist die Abschiebungshaft unzulässig, wenn die Unmöglichkeit der Abschiebung innerhalb der nächsten drei Monate feststeht. Für die Anordnung von Abschiebungshaft ist, wie sich aus Vorstehendem ergibt, von Verfassungs wegen erst Raum, wenn die Sachverhaltsermittlung und -bewertung ergeben hat, dass entweder eine Abschiebung innerhalb der nächsten drei Monate prognostiziert oder zunächst eine zuverlässige Prognose nicht getroffen werden kann. Erweist sich, dass die Abschiebung innerhalb von drei Monaten voraussichtlich nicht bewerkstelligt werden kann, muss untersucht werden, ob der Ausländer dies zu vertreten hat; ist dies nicht der Fall, darf Haft nicht angeordnet werden.

Die Prognose ist dabei grundsätzlich auf alle im konkreten Fall ernsthaft in Betracht kommenden Gründe, die der Abschiebung entgegenstehen oder sie verzögern können, zu erstrecken. Soweit - wie in der obergerichtlichen Rechtsprechung angenommen wird - allein die Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte zu beurteilen haben, ob Abschiebungshindernisse vorliegen (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, § 62 AufenthG Rn. 77 <April 2006> m.w.N.; vgl. auch BGHZ 78, 145 <147 ff.> ; 98, 109 <112> ), darf sich das nicht zulasten des Ausländers auswirken. Der Haftrichter hat nicht nur verwaltungsgerichtliche Entscheidungen, die in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergehen, zum Anlass zu nehmen zu untersuchen, ob die Abschiebung innerhalb der Drei-Monats-Frist des § 62 Abs. 2 Satz 4 AufenthG wieder möglich werden könnte (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 28. November 1995 - 2 BvR 91/95 -, NVwZ-Beilage 3/1996, S. 17 <18>; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Dezember 2000 - 2 BvR 347/00 -, NVwZ-Beilage I 3/2001, S. 26). Ebenso zu berücksichtigen ist die Anhängigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens, das darauf gerichtet ist, die Abschiebung vorläufig zu verhindern. Die Anhängigkeit dieses Verfahrens sperrt die Abschiebung zwar nicht. Gleichwohl ist die Tatsache, dass ein Eilverfahren anhängig ist, von Bedeutung für die Entscheidung über den Haftantrag.

Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet die Effektivität des Rechtsschutzes gegen die öffentliche Gewalt (BVerfGE 35, 263 <274>; 35, 382 <401 f.>). Die Gewährleistung umfasst, dass gerichtlicher Rechtsschutz namentlich in Eilverfahren so weit wie möglich der Schaffung solcher vollendeter Tatsachen zuvorzukommen hat, die dann, wenn sich eine Maßnahme bei (endgültiger) richterlicher Prüfung als rechtswidrig erweist, nicht mehr rückgängig gemacht werden können (vgl. BVerfGE 37, 150 <153>; 65, 1 <70>; 93, 1 <13 f. >). Dieser Gewährleistungsinhalt des Art. 19 Abs. 4 GG entfaltet eine Vorwirkung auf das Verwaltungsverfahren, das nicht so angelegt werden darf, dass der gerichtliche Rechtsschutz vereitelt oder unzumutbar erschwert wird (BVerfGE 61, 82 <110> ; 69, 1 <49>). Die öffentliche Gewalt verletzt dieses Recht, wenn sie eine gegen den Einzelnen gerichtete Maßnahme ohne zwingenden Grund so kurzfristig anordnet und durchsetzt, dass ihm keine ausreichende Zeit zur Erlangung des gesetzlich vorgesehenen Rechtsschutzes verbleibt (BVerwGE 16, 289 <291 ff.> ; 17, 83 <85 f. >). Andererseits gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG die Aussetzung behördlicher Maßnahmen nicht schlechthin. Vielmehr können überwiegende öffentliche Belange es auch vor der Verfassung rechtfertigen, den Rechtsschutz des Einzelnen - freilich nur einstweilen - zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten (vgl. BVerfGE 35, 382 <402>; 51, 268 <284> ; 67, 43 <58 f. >).

Die Verwaltungsbehörden haben bei der Entscheidung über den Einsatz von Zwangsmitteln zu berücksichtigen, dass der in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verlangte umfassende und wirksame gerichtliche Rechtsschutz illusorisch wäre, wenn sie irreparable Maßnahmen durchführten, bevor die Gerichte deren Rechtmäßigkeit geprüft haben (vgl. BVerfGE 35, 382 <401 f.>). Dies gilt auch für den vorläufigen Rechtsschutz (vgl. BVerfGE 46, 166 <178> ). Das Gebot effektiven Rechtsschutzes findet eine Ausprägung darin, dass Behörden dann, wenn im Eilverfahren Rechtsbehelfe mit dem Ziel zumindest vorläufiger Aussetzung der Vollstreckung eingelegt worden sind, Verwaltungszwang grundsätzlich erst anwenden, wenn sie dem Verwaltungsgericht ihre Vollstreckungsabsicht mitgeteilt und ihm Gelegenheit zur Entscheidung, zumindest aber zu einer Zwischenentscheidung, gegeben haben.

Die Anordnung von Abschiebungshaft sichert die Vollstreckung der Ausreisepflicht und muss die genannten Anforderungen an die Gewährleistung wirksamen Rechtsschutzes berücksichtigen. Ist Abschiebungshaft für einen Ausländer beantragt, der zur Verhinderung der Abschiebung einstweiligen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht beantragt hat, so setzt eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Anwendung des § 62 Abs. 2 Satz 4 AufenthG voraus, dass der Haftrichter den Stand und voraussichtlichen Fortgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufklärt und bei seiner Entscheidung berücksichtigt. Insoweit besteht bei der Entscheidung über einen Haftantrag, der einen spontan aufgegriffenen Ausländer betrifft, regelmäßig eine tatsächliche Ungewissheit. Daher kann es geboten sein, dem Sicherungszweck der Abschiebungshaft durch Anordnung einer einstweiligen Freiheitsentziehung Rechnung zu tragen und durch Unterrichtung des Verwaltungsgerichts darüber dieses in die Lage zu versetzen, das Gewicht der Freiheitsentziehung des Betroffenen in seine Verfahrensgestaltung einzubeziehen und, soweit nicht angesichts der Umstände des Einzelfalls unmöglich, innerhalb der Höchstdauer der einstweiligen Freiheitsentziehung von sechs Wochen (§ 11 Abs. 1 Satz 2 FreihEntzG) zu entscheiden. Entscheidet das Verwaltungsgericht nicht innerhalb dieses Zeitraums, so wird es dem Haftgericht die Tatsachen mitzuteilen haben, die dieses zu einer Prognose über den weiteren Verfahrensverlauf und damit zu einer den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügenden Prüfung des Ausschlussgrundes in § 62 Abs. 2 Satz 4 AufenthG befähigen. Nur dann kommt eine (endgültige) Haftanordnung in Betracht, die Grundlage einer über den in § 11 Abs. 1 Satz 2 FreihEntzG genannten Zeitraum hinausgehenden Haft sein kann.

bb)

Die angegriffenen Entscheidungen gehen auf § 62 Abs. 2 Satz 4 AufenthG nicht ein. Sie haben damit, obwohl Anlass zu entsprechender Prüfung bestand, eine verfassungsrechtliche Sicherung vor unverhältnismäßiger Freiheitsentziehung unbeachtet gelassen.

Das Amtsgericht ist auf das bei dem Verwaltungsgericht anhängige Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht eingegangen, obwohl es dazu Anlass hatte. Der Beschwerdeführer hat bei seiner Anhörung auf sein deutsches Kind hingewiesen sowie darauf, dass die Unterlagen derzeit beim Verwaltungsgericht lägen. Aus dieser - offensichtlich nicht juristischen Kategorien folgenden - Einlassung ergaben sich deutliche Hinweise auf ein anhängiges verwaltungsgerichtliches Eilverfahren (zur Ermittlungspflicht bei unjuristischer Ausdrucksweise in Abschiebungshaftfällen vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 10. Dezember 2007 - 2 BvR 1033/06 -, NVwZ 2008, S. 304 <305>). Hätte das Amtsgericht diese Einlassung pflichtgemäß zum Anlass genommen nachzuforschen, so hätte es die Anhängigkeit eines Eilverfahrens beim Verwaltungsgericht in Erfahrung gebracht. Dessen Stand zu klären, war gemäß § 62 Abs. 2 Satz 4 AufenthG geboten. Soweit die nötigen Ermittlungen nicht am Tag des Ergreifens des Beschwerdeführers möglich gewesen sein sollten, hätte das Amtsgericht bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen die Haft lediglich gemäß § 11 FreihEntzG einstweilig anordnen dürfen.

Gegenüber dem Landgericht und dem Oberlandesgericht hat sich der Beschwerdeführer darauf berufen, dass vor der Aufenthaltsbeendigung das Eilrechtsschutzverfahren abzuwarten sei und er deshalb auch nicht in Abschiebungshaft genommen werden dürfe. Das Landgericht ist darauf nicht eingegangen, und es hat insoweit auch nichts ermittelt. Das Oberlandesgericht hat lediglich ausgeführt, die Anhängigkeit des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens habe an der Ausreisepflicht des Beschwerdeführers nichts geändert. Die Gerichte haben damit verkannt, dass das beim Verwaltungsgericht anhängige Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bei der von Amts wegen vorzunehmenden Prüfung der Zulässigkeit der Abschiebungshaft gemäß § 62 Abs. 2 Satz 4 AufenthG rechtlich erheblich war.

c)

Die angegriffenen Entscheidungen beruhen auf der Grundrechtsverletzung. Allerdings hing die Durchführbarkeit der Abschiebung außer von dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch von der Beschaffung eines Passersatzpapiers ab. Da sich die Gerichte aber zur voraussichtlichen Dauer der Passersatzpapierbeschaffung nicht verhalten haben, kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie bei der gebotenen Befassung mit dem verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren eine Überschreitung der in § 62 Abs. 2 Satz 4 AufenthG der Abschiebungshaft gesetzten Grenzen festgestellt hätten.

2.

Die Entscheidungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts verletzen den Beschwerdeführer zudem in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG. Die Gerichte haben zu Unrecht angenommen, dass eine Anhörung des Beschwerdeführers durch das Beschwerdegericht unterbleiben durfte.

a)

Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gewährleistet die Freiheit der Person als ein besonders hohes Rechtsgut, in das nur aus wichtigen Gründen eingegriffen werden darf (vgl. BVerfGE 10, 302 <322>; 29, 312 <316>; 105, 239 <247>). Geschützt wird die im Rahmen der geltenden allgemeinen Rechtsordnung gegebene tatsächliche körperliche Bewegungsfreiheit vor staatlichen Eingriffen (vgl. BVerfGE 94, 166 <198> ; 96, 10 <21> ), also vor Verhaftung, Festnahme und ähnlichen Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs (vgl. BVerfGE 22, 21 <26> ). Nach Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG darf die in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gewährleistete Freiheit der Person nur aufgrund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Die formellen Gewährleistungen des Art. 104 GG stehen mit der materiellen Freiheitsgarantie des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in unlösbarem Zusammenhang (vgl. BVerfGE 10, 302 <322>; 58, 208 <220> ). Art. 104 Abs. 1 GG nimmt den schon in Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG enthaltenen Gesetzesvorbehalt auf und verstärkt ihn für alle Freiheitsbeschränkungen, indem er neben der Forderung nach einem förmlichen Gesetz ausdrücklich die Pflicht, die sich aus diesem Gesetz ergebenden Formvorschriften zu beachten, zum Verfassungsgebot erhebt (vgl. BVerfGE 10, 302 <323>; 58, 208 <220> ).

Die mündliche Anhörung des Betroffenen vor der Entscheidung über die Freiheitsentziehung, die in § 5 Abs. 1 Satz 1 FreihEntzG festgeschrieben ist, gehört zu den bedeutsamen Verfahrensgarantien, deren Beachtung Art. 104 Abs. 1 GG fordert und mit grundrechtlichem Schutz versieht, und ist Kernstück der Amtsermittlung im Freiheitsentziehungsverfahren (vgl. BVerfGE 58, 208 <220 ff.> ; 66, 191 <195> ; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 11. März 1996 - 2 BvR 927/95 -, NVwZ-Beilage 7/1996, S. 49; BVerfGK 9, 132 <138 f.>). § 5 Abs. 1 Satz 1 FreihEntzG gilt auch im Verfahren der sofortigen Beschwerde (vgl. § 7 Abs. 5 FreihEntzG; Hailbronner, Ausländerrecht, § 62 AufenthG Rn. 71 <April 2006>; Marschner/Volckart, Freiheitsentziehung und Unterbringung, 4. Aufl. 2001, § 5 FEVG Rn. 4; jeweils m.w.N.).

b)

Das Landgericht hat den Beschwerdeführer nicht angehört. Die dafür gegebene Begründung trägt diese Entscheidung vor dem verfassungsrechtlichen Hintergrund jedenfalls im vorliegenden Fall nicht. Dabei kann offen bleiben, in welchen Fallgestaltungen die Auffassung des Landgerichts und des Oberlandesgerichts, die Anhörung könne im Beschwerdeverfahren unterbleiben, wenn keine neuen Erkenntnisse für die Sachverhaltsaufklärung zu erwarten seien (ähnlich Hailbronner, a.a.O., sowie Marschner/Volckart, a.a.O., jeweils m.w.N. aus der obergerichtlichen Rechtsprechung), mit Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG i.V.m. Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG im Einklang steht.

Das Landgericht hat ausgeführt, der Beschwerdeführer habe vor dem Amtsgericht Angaben gemacht und nach seiner Festnahme bei der Beschuldigtenvernehmung zugegeben, im Jahr 2000 falsche Personalien angegeben zu haben; er habe ebenso zugegeben, untergetaucht zu sein, nachdem seine Duldung nicht verlängert worden sei. Sein Prozessbevollmächtigter habe schriftsätzlich vorgetragen, und die Ausführungen in der Beschwerdebegründung rechtfertigten keine andere Entscheidung. Das Oberlandesgericht hat darauf abgestellt, der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer habe vor dem Amtsgericht zugegeben, untergetaucht zu sein und falsche Personalien bei seiner Festnahme angegeben zu haben; es treffe daher nicht zu, dass das Landgericht Umstände für den Haftgrund aus § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AufenthG berücksichtigt habe, die bis dahin nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen sei.

Diese Ausführungen lassen bereits nicht erkennen, warum bei der grundsätzlich gebotenen mündlichen Anhörung durch das Landgericht keine neuen Erkenntnisse zu erwarten gewesen sein sollen. Die Gerichte haben sich zudem nur mit der Frage befasst, ob der Beschwerdeführer hinreichende Angaben gemacht hat, die gegen ihn verwertet werden und die Annahme eines Haftgrundes stützen konnten. Es bestand aber Anlass anzunehmen, dass der Beschwerdeführer Ausführungen zu seinen Gunsten machen wollte. Der Beschwerdeführer hatte zunächst mit seinem gegen die Haftanordnung gerichteten "Einspruch" vom 18. September 2006 selbst Angaben in laienhafter Form gemacht, die im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 62 AufenthG nicht ohne weiteres als abschließend angesehen werden durften. Im Anwaltsschriftsatz vom 12. Oktober 2006 gegenüber dem Landgericht hat der Beschwerdeführer ausdrücklich bestritten, untergetaucht zu sein, und zum Haftgrund des § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG vorgetragen. Der gedrängte Beschwerdevortrag zielte erkennbar nicht auf eine detailgenaue Darstellung des Sachverhalts ab und musste dies im Hinblick auf die grundsätzlich zu erwartende mündliche Anhörung auch nicht. Bereits angesichts dieser Umstände ist es nicht mehr verständlich, dass das Landgericht die Möglichkeit weiterer Erkenntnisse ausgeschlossen und von einer mündlichen Anhörung abgesehen hat.

Hinzu kommen greifbare Fehleinschätzungen des Landgerichts. Auf das von einer ersichtlich rechtsunkundigen Person verwendete Wort "Duldung" in der Beschuldigtenvernehmung ohne weitere Ermittlungen abzustellen, ist kaum nachvollziehbar. Dass der Beschwerdeführer in der Anhörung vor dem Amtsgericht zugegeben habe, bei der Festnahme falsche Personalien angegeben zu haben, lässt sich dem Protokoll nicht entnehmen. Nachdem der Beschwerdeführer bestritten hatte, untergetaucht zu sein, durfte das Landgericht diesbezüglich ohne weitere Befragung des Beschwerdeführers nicht auf dessen wenig detaillierte Angaben bei der Polizei abstellen. Soweit das Landgericht die Verwendung des auf die Aliaspersonalie lautenden Führerscheins bei der Festnahme als Indiz für die Absicht, sich der Abschiebung zu entziehen, gewertet haben sollte, hätte dem Beschwerdeführer auch insoweit Gelegenheit zur mündlichen Erläuterung gegeben werden müssen.

Schließlich ist die Einschätzung des Landgerichts darauf zurückzuführen, dass es den Sachverhalt nicht unter Beiziehung der Ausländerakte und damit unter den hier gegebenen Umständen nicht ordnungsgemäß ermittelt hat. Die Angabe falscher Personalien im Jahr 2000 konnte für die Prüfung der Haftgründe nicht von Bedeutung sein, nachdem der Beschwerdeführer, was sich aus der Ausländerakte ergibt, später eine Aufenthaltserlaubnis erhalten hatte.

Die Kammer hebt nach § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG den Beschluss des Landgerichts Hannover vom 25. Oktober 2006 und den Beschluss des Oberlandesgerichts Celle vom 31. Januar 2007 auf und verweist die Sache an das Landgericht zurück. Das Landgericht wird über den mittlerweile gestellten Feststellungsantrag zu entscheiden und dabei eine den grundrechtlichen Anforderungen genügende Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 62 Abs. 2 Satz 4 AufenthG für den Zeitraum der vom Amtsgericht angeordneten Haft bis zur Entscheidung des Landgerichts im Verfahren der sofortigen Beschwerde nachzuholen haben. Die Rechtswidrigkeit der Haft von diesem Zeitpunkt an steht wegen des Verstoßes des Landgerichts gegen § 5 Abs. 1 Satz 1 FreihEntzG bereits fest.

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

Ende der Entscheidung

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