Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 26.07.2004
Aktenzeichen: 2 BvR 589/04
Rechtsgebiete: BVerfGG, BRAGO


Vorschriften:

BVerfGG § 34a Abs. 3
BVerfGG § 93a
BVerfGG § 93b
BRAGO § 113 Abs. 2 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 589/04 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen a) den Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 26. März 2004 - 9 ME 68/04 -,

b) den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover vom 13. März 2004 - 10 B 790/04 -

und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

hier: Anträge auf Erstattung der notwendigen Auslagen, auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Rechtsanwalts Patrick Katenhusen, 26135 Oldenburg sowie auf Gegenstandswertfestsetzung

hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richter Broß, Di Fabio und Gerhardt gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 26. Juli 2004 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Verpflichtung zur Erstattung der notwendigen Auslagen des Verfassungsbeschwerdeverfahrens und des Verfahrens über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Patrick Katenhusen, 26135 Oldenburg, wird abgelehnt.

Der Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswertes wird verworfen.

Gründe:

I.

Nachdem die Beschwerdeführer, vietnamesische Staatsangehörige, ihre gegen die Versagung fachgerichtlichen Eilrechtsschutzes gerichtete Verfassungsbeschwerde sowie den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für erledigt erklärt haben, war nur noch über die Anträge auf Erstattung der notwendigen Auslagen, auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts sowie auf Gegenstandswertfestsetzung zu entscheiden.

II.

Die Anträge waren insgesamt abzulehnen.

1. Die Beschwerdeführer haben keinen Anspruch auf Erstattung ihrer notwendigen Auslagen.

a) Nach § 34a Abs. 3 BVerfGG ist über die Erstattung der den Beschwerdeführern entstandenen notwendigen Auslagen, nachdem diese ihre Verfassungsbeschwerde für erledigt erklärt haben, nach Billigkeitsgesichtspunkten zu entscheiden (vgl. BVerfGE 87, 394 <397>). Dabei kann insbesondere dem Grund, der zur Erledigung geführt hat, wesentliche Bedeutung zukommen. Maßgeblich kann etwa sein, ob die öffentliche Gewalt von sich aus den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Akt beseitigt, ob eine Erfolgsaussicht der Verfassungsbeschwerde unterstellt werden kann oder ob die verfassungsrechtliche Lage - etwa durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in einem gleich gelagerten Fall - bereits geklärt ist (vgl. BVerfGE 85, 109 <115 f.>).

b) Vorliegend entspricht es nicht der Billigkeit, die Erstattung der notwendigen Auslagen anzuordnen. Zwar ist die Verfassungsbeschwerde für erledigt erklärt worden, nachdem die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegen die Beschwerdeführer bis zur Klärung der Staatsangehörigkeit des jüngsten, im Februar 2004 geborenen Kindes der Mutter des Beschwerdeführers zu 2. ausgesetzt worden sind; da nach der Klärung der Staatsangehörigkeit eine erneute ausländerrechtliche Entscheidung ergehen wird, gegen die die Beschwerdeführer um Eilrechtsschutz nachsuchen könnten, haben die mit der vorliegenden Verfassungsbeschwerde angegriffenen fachgerichtlichen Eilentscheidungen keine Bedeutung mehr.

Gleichwohl ist eine Auslagenerstattung im Wege der Billigkeit nicht anzuordnen. Zum einen kann nicht angenommen werden, dass die öffentliche Gewalt mit der (vorläufigen) Einstellung aufenthaltsbeendender Maßnahmen zu erkennen gegeben hätte, sie halte das Begehren der Beschwerdeführer selbst für berechtigt. Zum anderen entspricht eine Auslagenerstattung nicht der Billigkeit, weil die Beschwerdeführer - wie sich aus der Aussage des beschuldigten deutschen Staatsangehörigen ergibt - sich durch rechtsmissbräuchliches Vorgehen ein Aufenthaltsrecht verschaffen wollten, indem sie einen deutschen Staatsangehörigen mittels einer hohen Geldsumme dazu bewegten, wider besseren Wissens die Vaterschaft für das im Februar 2004 geborene Kind anzuerkennen. Die Aussage im Rahmen seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung, die er ausdrücklich in seiner richterlichen Vernehmung bestätigt hat, ist so eindeutig und detailreich, dass Zweifel an ihrer inhaltlichen Richtigkeit nicht bestehen, zumal der Beschuldigte sich in dieser Aussage in erheblichem Umfang selbst belastet hat. Zudem haben die Beschwerdeführer der Aussage nicht widersprochen.

2. Auch der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung ihres Bevollmächtigten hat keinen Erfolg. Denn die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beschwerdeführer sind nach der auch insoweit eindeutigen und detailreichen Aussage des beschuldigten deutschen Staatsangehörigen derzeit vollkommen ungeklärt. Wie die Beschwerdeführer in der Lage sein können, den in der Aussage genannten Geldbetrag zu zahlen, obschon sie ausweislich der vorgelegten Unterlagen angeblich nur von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz leben, ist nicht nachvollziehbar.

3. Schließlich war der Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswertes als unzulässig zu verwerfen. Gemäß § 113 Abs. 2 Satz 3 BRAGO ist der Gegenstandswert unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht unter 4.000 EURO. Anhaltspunkte, die es vorliegend rechtfertigen könnten, einen über den gesetzlichen Mindestbetrag hinausgehenden Gegenstandswert festzusetzen, wurden mit der Antragsbegründung nicht dargetan und sind auch sonst nicht ersichtlich. Deshalb ist es hier nicht gerechtfertigt, über den gesetzlichen Mindestwert hinauszugehen. In diesen Fällen besteht jedoch kein Rechtsschutzbedürfnis für die Festsetzung des Gegenstandswertes (vgl. BVerfGE 79, 365 <369>).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

Zurück