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Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 16.07.2001
Aktenzeichen: 2 BvR 791/01
Rechtsgebiete: BVerfGG, OWiG, GG
Vorschriften:
BVerfGG § 93b | |
BVerfGG § 93a | |
BVerfGG § 23 Abs. 1 Satz 2 | |
BVerfGG § 93d Abs. 1 Satz 3 | |
OWiG § 35 Abs. 1 | |
OWiG § 36 Abs. 1 Nr. 1 | |
GG Art. 13 | |
GG Art. 13 Abs. 1 | |
GG Art. 13 Abs. 2 1. Halbsatz |
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 791/01 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
gegen
a) den Beschluss des Landgerichts Mühlhausen vom 8. März 2001 - 1 Qs 370/00 -,
b) den Beschluss des Amtsgerichts Eisenach vom 24. Oktober 2000 - 10 Gs 365/00 -
und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den Beschluss des Amtsgerichts Eisenach vom 30. März 2001 - 10 Gs 18/01 -
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richterin Präsidentin Limbach und die Richter Hassemer, Mellinghoff gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)
am 16. Juli 2001 einstimmig beschlossen:
Tenor:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Gründe:
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den die Beschlagnahme von Unterlagen bestätigenden Beschluss des Amtsgerichts vom 30. März 2001 ist unzulässig. Eine einstweilige Anordnung darf die Hauptsacheentscheidung grundsätzlich nicht vorwegnehmen. Eine Ausnahme kommt nur in Betracht, wenn die Entscheidung in der Hauptsache zu spät kommen würde und dem Antragsteller in anderer Weise ausreichender Rechtsschutz nicht mehr gewährt werden könnte (vgl. BVerfGE 34, 160 <162 f.>; 67, 149 <151>). Dies hat die Beschwerdeführerin jedoch nicht substantiiert im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG vorgetragen. Sie hat weder dargelegt, welche ihr einzelkaufmännisches Unternehmen betreffenden Unterlagen beschlagnahmt wurden, noch warum deren Verfügbarkeit zur Abwendung eines "mehrwöchigen Totalausfalls der Geschäftstätigkeit" erforderlich sein soll. Hierzu hätte es angesichts des Umstandes, dass nach dem vorgelegten Sicherstellungsverzeichnis lediglich sieben verschlossene Briefumschläge sichergestellt wurden, von denen nur ein Teil die Firma der Beschwerdeführerin betraf, näherer Ausführungen bedurft. Schließlich ist auch nicht ersichtlich, warum fachgerichtlicher Rechtsschutz nicht rechtzeitig zu erreichen gewesen sein soll.
2. Die gegen die Durchsuchung gerichtete Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg. Die Beschwerdeführerin ist nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 13 GG verletzt.
Art. 13 Abs. 1 GG bestimmt die Unverletzlichkeit der Wohnung. Von diesem Schutz werden auch Betriebs- und Geschäftsräume mit umfasst (BVerfGE 44, 353 <371>). Der verfassungsrechtlichen Bedeutung dieses Schutzes entspricht es, dass Art. 13 Abs. 2, 1. Halbsatz GG die Anordnung einer Durchsuchung grundsätzlich dem Richter vorbehält und auch nach Abschluss der Durchsuchung der von der Maßnahme Betroffene die Berechtigung des Grundrechtseingriffs im fachgerichtlichen Verfahren klären lassen kann; der Zulässigkeit einer Beschwerde gegen eine ermittlungsrichterliche Durchsuchungsanordnung steht deren Erledigung durch Vollzug der Maßnahme nicht entgegen (BVerfGE 96, 27 ff.). Im Beschwerdeverfahren überprüft das Beschwerdegericht sodann bei Zulässigkeit des Rechtsmittels die angefochtene Entscheidung in vollem Umfang. Es tritt an die Stelle des Erstrichters. Ist die angefochtene Entscheidung im Ergebnis nicht zu beanstanden, so verwirft es die Beschwerde als unbegründet. Dies gilt auch dann, wenn die angefochtene Entscheidung sich aus anderen Gründen als denjenigen, auf die das Erstgericht abgestellt hatte, als zutreffend erweist (vgl. Engelhardt in: Karlsruher Kommentar, StPO, 4. Aufl., § 309 Rn. 6 und 8). So lag der Fall hier. Das Landgericht hat lediglich die rechtliche Begründung für den Durchsuchungsbeschluss, zu deren Beantragung der Rentenversicherungsträger gemäß §§ 35 Abs. 1, 36 Abs. 1 Nr. 1 OWiG, §§ 28a, 111 Abs. 1 Nr. 2, 28p, 112 Abs. 1 Nr. 4a SGB IV zuständig war, ausgetauscht und im Übrigen die Berechtigung der erfolgten Durchsuchung geprüft und festgestellt. Der ermittlungsrichterliche Beschluss bezeichnete sowohl die Orte, an denen zu suchen war, als auch die Gegenstände, nach denen gesucht werden sollte, hinreichend konkret. Seine unzutreffende rechtliche Begründung hatte auf Art und Weise des Vollzugs der Maßnahme selbst keinen Einfluss. Daher konnte sie auch nach erfolgter Durchsuchung im Rechtsmittelverfahren noch korrigiert werden.
Auch im Übrigen liegt der Beschwerdeentscheidung des Landgerichts hinsichtlich der Durchsuchungsvoraussetzungen eine tragfähige Begründung zu Grunde. Eine ins Einzelne gehende Nachprüfung ist nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts. Es kann nur eingreifen, wenn die Auslegung und Anwendung der einfach-rechtlichen Bestimmungen über die Durchsuchungsvoraussetzungen objektiv willkürlich sind oder Fehler erkennen lassen, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung der Grundrechte der Beschwerdeführerin beruhen (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 ff.> und stRspr). Dies ist jedoch nicht der Fall.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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