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Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 16.06.2005
Aktenzeichen: 2 BvR 841/05
Rechtsgebiete: BVerfGG, StGB, GG
Vorschriften:
BVerfGG § 93a | |
BVerfGG § 93b | |
StGB § 57 Abs. 1 | |
StGB § 57 Abs. 1 Satz 2 | |
GG Art. 2 Abs. 2 Satz 2 | |
GG Art. 104 Abs. 1 Satz 1 |
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 841/05 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
gegen a) den Beschluss des Oberlandesgerichts Celle vom 29. April 2005 - 2 Ws 95/05 -,
b) den Beschluss des Landgerichts Lüneburg vom 4. April 2005 - 16 StVK 228/05 -
und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Vizepräsidenten Hassemer, die Richterin Osterloh und den Richter Mellinghoff gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 16. Juni 2005 einstimmig beschlossen:
Tenor:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Gründe:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund nicht gegeben ist (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung kommt der Verfassungsbeschwerde nicht zu, und sie dient auch nicht der Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten des Beschwerdeführers, denn sie hat keine Aussicht auf Erfolg.
Die Nachprüfung der Anwendung des einfachen Rechts (§ 57 StGB), die sich auf etwaige Willkür und auf grobe, das Freiheitsrecht des Beschwerdeführers (Art. 2 Abs. 2 Satz 2, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG) berührende Fehler beschränken muss (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f., 96>; 72, 105 <114 f.>), führt zu keinen verfassungsrechtlichen Beanstandungen. Der Beschwerdeführer vermag nicht darzulegen, weshalb die Fachgerichte zu einer anderen Prognose hätten gelangen müssen, sondern ersetzt deren Abwägungsentscheidung durch seine eigene.
a) Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers mussten die Fachgerichte dem beanstandungsfreien Vollzugsverhalten für sich gesehen noch keine von vornherein ausschlaggebende Bedeutung beimessen (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 52. Aufl., § 57 Rn. 15). Es begründet auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn in den angegriffenen Entscheidungen mit Blick auf das seinerzeit die Tatbegehung begünstigende soziale Umfeld davon ausgegangen wird, dass wegen der auch nach der Entlassung ähnlichen Lebensumstände eine erhöhte Anreizwirkung für die Begehung weiterer einschlägiger Straftaten gegeben sei. Die Fachgerichte mussten sich keineswegs der - nur eingeschränkt - positiven Prognose der Justizvollzugsanstalt anschließen, weil deren Stellungnahme sich ausdrücklich einer konkreten Aussage zu den vom Beschwerdeführer ausgeübten Tätigkeiten in der F. GmbH enthielt.
Die Beurteilung der angegriffenen Beschlüsse wird auch dadurch erschwert, dass der Beschwerdeführer die Ausgangsentscheidungen nicht übersandt oder inhaltlich wiedergegeben hat.
b) Es ist von Verfassungs wegen auch nicht ausgeschlossen, in die gemäß § 57 Abs. 1 StGB zu stellende Prognose auch Umstände einfließen zu lassen, die möglicherweise für den Verurteilten strafrechtliche Relevanz besitzen, deren Unrechtsgehalt aber noch nicht rechtskräftig festgestellt wurde. § 57 Abs. 1 Satz 2 StGB verlangt ausdrücklich u.a. die Berücksichtigung des Verhaltens im Vollzug und der Lebensverhältnisse des Verurteilten; also auch von Verhaltensweisen, die nach allgemeinem Verständnis als unredlich, rücksichtslos und sozialschädlich angesehen werden oder in anderer Weise auf eine gegenüber der Rechtsordnung feindliche oder gleichgültige Einstellung schließen lassen, ohne dass notwendigerweise bereits die Schwelle zur Strafbarkeit überschritten sein müsste (vgl. auch Tröndle/Fischer, StGB, 52. Aufl., § 57 Rn. 15; Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., § 57 Rn. 16). Die verfassungsrechtlich garantierte Unschuldsvermutung wird hierdurch jedenfalls dann nicht berührt, wenn und soweit Anknüpfungspunkt ein bestimmtes Verhalten im beschriebenen Sinne ist, nicht aber dessen strafrechtlicher Gehalt (vgl. auch Beschlüsse der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 14. August 1987 - 2 BvR 235/87 -, NJW 1988, S. 1715, und vom 21. April 1993 - 2 BvR 1706/92 -, NJW 1994, S. 377).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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