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Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 27.09.2002
Aktenzeichen: 2 BvR 855/02
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 33 a |
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 855/02 -
In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde
gegen
a) den Beschluss des Landgerichts Görlitz vom 28. Februar 2002 - 2 Qs 3/02 -,
b) den Beschluss des Landgerichts Görlitz vom 8. Februar 2002 - 2 Qs 3/02 -,
c) den Beschluss des Amtsgerichts Görlitz vom 26. September 2001 - 3 Cs 955 Js 2646/99 -
und Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Vizepräsidenten Hassemer, die Richterin Osterloh und den Richter Mellinghoff gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)
am 27. September 2002 einstimmig beschlossen:
Tenor:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgelehnt.
Gründe:
Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.
1. Die Verfassungsbeschwerde wurde nicht innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG eingelegt.
Der Fristlauf begann mit der Bekanntgabe des Beschlusses vom 8. Februar 2002 an den Beschwerdeführer beziehungsweise seinen Verteidiger, die spätestens am 15. Februar 2002 erfolgte, und endete spätestens mit Ablauf des 15. März 2002, mithin vor Eingang der Beschwerdeschrift am 30. Mai 2002.
a) Durch die vom Beschwerdeführer am 15. Februar 2002 gegen den landgerichtlichen Beschluss erhobene Gegenvorstellung wurde die Frist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG nicht unterbrochen. Die Verwerfung der Beschwerde war unanfechtbar (vgl. § 310 Abs. 2 StPO). Daher konnte die auf die Gegenvorstellung des Beschwerdeführers ergangene Entscheidung des Landgerichts vom 28. Februar 2002 die Frist zur Einlegung der Verfassungsbeschwerde nicht neu in Lauf setzen. Im Gegensatz zu einem Antrag nach § 33 a StPO gehört der formlose Rechtsbehelf der Gegenvorstellung grundsätzlich nicht zum Rechtsweg gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG (vgl. nur Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 28. September 1999 - 2 BvR 1897/95 u.a. -, NJW 2000, S. 273). Das Bundesverfassungsgericht hat eine Gegenvorstellung nur ausnahmsweise dann als fristwahrend anerkannt, wenn mit ihr die Verletzung von Prozessgrundrechten durch das letzterkennende Gericht gerügt wird (vgl. BVerfGE 5, 17 <19 f.>; 63, 77 <78>; 69, 233 <242>; 73, 322 <325 ff.>), also dort, wo es gilt, grobes prozessuales Unrecht wegen der Verletzung des rechtlichen Gehörs oder des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter im Wege der fachgerichtlichen Selbstkontrolle zu beseitigen. Die Gegenvorstellung des Beschwerdeführers zielte jedoch ausweislich ihrer Begründung weder darauf ab, einen Gehörsverstoß des Landgerichts im Beschwerdeverfahren (gemäß § 33 a StPO) zu korrigieren, noch einen sonstigen schweren Verfahrensfehler des Landgerichts bei Erlass der Beschwerdeentscheidung zu rügen. Vielmehr diente sie ausschließlich dem Zweck, Erwägungen nachzuschieben, die die Rechtsauffassung des Landgerichts in der Sache beeinflussen sollten. Mit dieser Zielsetzung war sie nicht geeignet, die Frist zur Einlegung der Verfassungsbeschwerde neu in Lauf zu setzen (vgl. Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 28. September 1999 - 2 BvR 1897/95 u.a. -, NJW 2000, S. 273; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 3. Mai 1999 - 2 BvR 564/99 -; Beschlüsse der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 24. August 1998 - 2 BvR 2195/97 - und vom 4. Juni 1992 - 2 BvR 838/92 - Juris).
b) Die "außerordentliche Beschwerde" vom 7. März 2002 und die daraufhin ergangene Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 7. Mai 2002 waren aus denselben Gründen nicht geeignet, die Frist zu unterbrechen.
2. Die Voraussetzungen für die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 93 Abs. 2 BVerfGG) sind nicht erfüllt. Es fehlt an einer hinreichenden Glaubhaftmachung von Tatsachen, die auf eine unverschuldete Fristversäumnis schließen lassen. Der Vortrag des Beschwerdeführers, davon ausgegangen zu sein, zulässige Rechtsbehelfe wahrzunehmen, deutet auf einen Rechtsirrtum, der nur in Ausnahmefällen zu einer Wiedereinsetzung führen kann. Einem Rechtsanwalt ist jedenfalls bei zweifelhafter Rechtslage zuzumuten, vorsorglich so zu handeln, wie es bei einer für seinen Mandanten ungünstigen Entscheidung zur Wahrung der Belange notwendig ist (vgl. Zöller, Zivilprozessordnung, 21. Auflage, § 233 Rn. 23, S. 685 m.w.N.). Warum es dem Beschwerdeführer oder seinem Prozessbevollmächtigten nicht möglich war, zur Fristwahrung unmittelbar nach Zugang der landgerichtlichen Beschwerdeentscheidung Verfassungsbeschwerde zu erheben, wird nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich.
Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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