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Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 27.08.2003
Aktenzeichen: 2 BvR 911/03
Rechtsgebiete: GG, StPO, BVerfGG
Vorschriften:
GG Art. 103 Abs. 1 | |
StPO § 153a | |
StPO § 397 Abs. 1 | |
StPO § 238 Abs. 2 | |
BVerfGG § 90 Abs. 2 Satz 1 | |
BVerfGG § 92 | |
BVerfGG § 23 Abs. 1 Satz 2 |
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 911/03 -
In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde
gegen
a) den Beschluss des Oberlandesgerichts Celle vom 5. Juni 2003 - 2 Ws 185/03 -,
b) die Beschlüsse des Landgerichts Lüneburg vom 19. Mai 2003 - 17 KLs 15/2001 -,
c) den Beschluss des Landgerichts Lüneburg vom 8. Mai 2003 - 17 KLs 15/2001 -
hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richter Jentsch, Broß, Gerhardt gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)
am 27. August 2003 einstimmig beschlossen:
Tenor:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Überprüfung einer Einstellungsentscheidung der Strafgerichte nach § 153a Abs. 2 StPO.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung; der verfassungsrechtliche Maßstab ist geklärt (vgl. BVerfGE 14, 320 <323>). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der Rechte der Beschwerdeführer angezeigt, denn sie ist unzulässig (1.) und im Übrigen auch unbegründet (2.).
1. Soweit die als Nebenkläger zum Strafverfahren zugelassenen Beschwerdeführer eine Gehörsverletzung (Art. 103 Abs. 1 GG) und einen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens rügen, weil ihnen jegliche Befragung der Sachverständigen verwehrt worden sei, genügt die Verfassungsbeschwerde nicht dem Grundsatz der erweiterten Subsidiarität (vgl. § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG). Unaufschiebbare Fragen und Verständnisfragen der Prozessbeteiligten waren zugelassen worden. Hinsichtlich der weiteren Beschränkung des Fragerechts, die nach den Ausführungen des Beschlusses des Landgerichts vom 19. Mai 2003 der Vorsitzende der Strafkammer vorgenommen hat, hätten die Beschwerdeführer eine Entscheidung des Gerichts herbeiführen müssen (§§ 397 Abs. 1, 238 Abs. 2 StPO).
Im Übrigen ist eine Verletzung rechtlichen Gehörs oder des Grundsatzes des fairen Verfahrens nicht substantiiert (§§ 92, 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG) dargetan. Die Beschwerdeführer hatten Gelegenheit, zu der vom Landgericht angeregten Verfahrenseinstellung (§ 153a StPO) Stellung zu beziehen und eine eigene Bewertung der Einstellungsvoraussetzungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorzunehmen. Ihr Schriftsatz vom 8. Mai 2003 enthält hierzu keine Ausführungen. Das Landgericht war deshalb von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, auf den Inhalt des Schriftsatzes in dem vorläufigen Einstellungsbeschluss vom 8. Mai 2003 einzugehen.
Soweit die Beschwerdeführer darüber hinaus rügen, dass das Landgericht ihren Antrag, die Sachverständigen selbst zu befragen, nicht beschieden habe, ist eine Grundrechtsverletzung ebenfalls nicht in erforderlicher Weise dargelegt. Das Landgericht hat im Beschluss vom 8. Mai 2003 darauf hingewiesen, dass es auf das Begehren nicht ankomme, und auf den Antrag der Beschwerdeführer, ihnen insoweit rechtliches Gehör gemäß § 33a StPO zu gewähren, im Beschluss vom 19. Mai 2003 ausgeführt, dass die Beschwerdeführer einen förmlichen Beweisantrag - der förmlich zu verbescheiden gewesen wäre - nicht gestellt haben. Das Landgericht ist demzufolge auf das Vorbringen der Beschwerdeführer eingegangen; ein Gehörsverstoß ist nicht ersichtlich.
Auch soweit die Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 5. Juni 2003 angegriffen wird, ist eine Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten nicht hinreichend dargetan. Mit den Gründen des Beschlusses des Oberlandesgerichts setzen sich die Beschwerdeführer nicht auseinander.
2. Eine Verletzung von Grundrechten liegt aber auch der Sache nach nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es verfassungsrechtlich geboten, dem Nebenkläger die Möglichkeit zu eröffnen, sich nach Maßgabe der strafprozessualen Vorschriften vor einer Verfahrenseinstellung rechtliches Gehör zu verschaffen (vgl. BVerfGE 14, 320 <323>). Im Übrigen ist die Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO für den Nebenkläger unanfechtbar (§ 400 Abs. 2 Satz 2 StPO) und bedarf nicht seiner Zustimmung (vgl. Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Juni 1994 - 2 BvR 1235/94 -, NJW 1995, S. 317 f.). Der Gesetzgeber hat sich insoweit für eine Beschränkung der grundsätzlich selbstständigen Rechtsmittelbefugnis des Nebenklägers entschieden, die sich nicht auf den Rechtsfolgenausspruch oder Ermessenseinstellungen erstreckt, da ein legitimes rechtliches Bedürfnis dafür nicht erkannt worden ist, wenn sich sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft mit der gerichtlichen Entscheidung zufrieden geben. Diese gesetzgeberische Entscheidung über die Stellung des Nebenklägers im Strafverfahren bewegt sich im verfassungsrechtlich unangreifbaren Rahmen. Das Grundgesetz kennt keinen grundrechtlichen Anspruch auf Strafverfolgung eines Dritten durch den Staat (vgl. BVerfG, aaO).
Nach diesen Maßstäben ist eine Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten nicht gegeben. Das Landgericht hat in der Hauptverhandlung vom 28. April 2003 die Voraussetzungen einer Einstellung des Strafverfahrens gegen die Angeklagten dargelegt und den Prozessbeteiligten Gelegenheit gegeben, hierzu bis zum 8. Mai 2003 Stellung zu nehmen. Die Beschwerdeführer haben sich in ihren Stellungnahmen gegen die Verfahrenseinstellung gewandt und eine Fortsetzung der Befragung der Sachverständigen beantragt. Auf die Ausführungen des Landgerichts zu den Einstellungsvoraussetzungen des § 153a StPO, insbesondere auf die Bewertung der Schuldfrage der Angeklagten, sind sie nicht eingegangen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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