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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 27.11.1997
Aktenzeichen: BVerwG 1 C 16.97
Rechtsgebiete: WaffG


Vorschriften:

WaffG § 28 Abs. 1 Satz 1
WaffG § 30 Abs. 1
WaffG § 32 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3
Urteil des 1. Senats vom 27. November 1997 - BVerwG 1 C 16.97

Leitsatz:

Ein Sportschütze, der bereits zwei Kurzwaffen für den Schießsport besitzt, kann ein waffenrechtliches Bedürfnis für den Erwerb und Besitz weiterer Kurzwaffen haben, wenn aufgrund seiner schießsportlichen Erfolge eine ernsthaft angestrebte Leistungssteigerung erwartet werden kann und dafür die weiteren Waffen erforderlich sind. Der Sportschütze braucht kein Leistungsschütze zu sein. Auch die Entwicklung zum Leistungsschützen hin kann ein waffenrechtliches Bedürfnis für weitere Kurzwaffen begründen.

I. VG Karlsruhe vom 15.11.1995 - Az.: VG 7 K 1846/95 II. VGH Mannheim vom 02.04.1996 - Az.: VGH 1 S 584/96


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 1 C 16.97 VGH 1 S 584/96

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 1. Senat: des Bundesverwaltungsgerichts am 27. November 1997 durch den Vorsitzenden Richter Meyer und die Richter Gielen, Dr. Hahn, Groepper und Richter

ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:

Der Beschluß des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 2. April 1996 wird aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlußentscheidung vorbehalten.

G r ü n d e :

I.

Der Kläger ist als Sportschütze u.a. im Besitz von zwei Kurzwaffen und erstrebt die Erteilung einer Waffenbesitzkarte für weitere zwei Großkaliber-Kurzwaffen.

Mit Schreiben vom 11. Juli 1994 beantragte er die Erteilung einer Waffenbesitzkarte für eine Großkaliber-Sportpistole Kaliber 38 Spezial WC und einen Großkaliber-Revolver Kaliber 44 Magnum. Zur Begründung gab er an: Die Pistole benötige er zur Steigerung seiner Wettkampfergebnisse in der Disziplin "Großkaliberzentralfeuerpistole" und den Revolver zur Ausübung einer vom Deutschen Schützenbund neu eingeführten Disziplin. Eine Bescheinigung des Landesverbandes des Deutschen Schützenbundes zum Nachweis eines waffenrechtlichen Bedürfnisses könne er nicht beibringen. Der Landesverband habe sie nicht ausgestellt, weil er bereits zwei Großkaliber-Kurzwaffen besitze und kein Leistungsschütze sei. Die Beklagte lehnte den Antrag mit der Begründung ab, daß eine Bescheinigung des Landesverbandes nicht beigebracht worden sei und andere Anhaltspunkte für ein waffenrechtlichen Bedürfnis nicht vorlägen; anders als die Verwaltungsbehörde verfüge der Verband über die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen und sei über die Leistungen des einzelnen Schützen informiert.

Mit seiner nach erfolglosem Widerspruch erhobenen Verpflichtungsklage hat der Kläger u.a. vorgetragen: Einem Sportschützen müßten pro Disziplin zwei Sportwaffen zugebilligt werden. Ein schießsportliches Bedürfnis bestehe nicht nur für Leistungsschützen, sondern auch für solche, die sich übten, um ihre schießsportlichen Leistungen zu erhöhen. Das Kriterium des "Leistungsschützen" dürfe nur für den Erwerb einer dritten Waffe in einer Disziplin verlangt werden. Er begehre jedoch lediglich die Erlaubnis für eine zweite Waffe zur Teilnahme in der Großkaliberdisziplin Regel 2.50 des Deutschen Schützenbundes und für eine erste Waffe der Disziplin Regel 2.58. Im übrigen könne auch in anderer Weise als durch eine Bescheinigung des Landesverbandes ein waffenrechtliches Bedürfnis nachgewiesen werden.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen und im wesentlichen ausgeführt: Der Kläger sei nicht gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 3 WaffG von dem Nachweis eines Bedürfnisses befreit, da er bereits zwei Großkaliber-Kurzwaffen besitze. Die Regelung sei nicht dahin zu verstehen, daß ein Sportschütze vom Nachweis eines Bedürfnisses für jeweils zwei Waffen in jeder angebotenen Disziplin freigestellt sei. Der Kläger habe kein Bedürfnis für die erstrebten Waffen nachgewiesen, denn er habe nicht glaubhaft gemacht, als Sportschütze die Schußwaffen für den regelrechten Schießsport auf genehmigten Schießstätten, zur Teilnahme an ordentlichen Schießwettbewerben oder zur Pflege des Brauchtums in Schützenvereinigungen zu benötigen. Ein Sportschütze benötige weitere Schußwaffen nur dann, wenn er regelmäßig und erfolgreich an Übungsschießen des Vereins teilnehme, also seinen Sport ernsthaft und mit dem Willen zur Leistungssteigerung betreibe sowie als Leistungsschütze einzuschätzen sei. Bei dem Kläger handele es sich nicht um einen erfolgreichen Schützen in diesem Sinne, weil er eine erfolgreiche Teilnahme an Bezirksmeisterschaften nicht vorgetragen und an Landesmeisterschaften nach eigener Aussage nicht teilgenommen habe. Bereits mit den in seinem Besitz befindlichen Großkaliber-Kurzwaffen könne er an den Schießdisziplinen 2.50 und 2.59 teilnehmen.

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat die Berufung des Klägers mit Beschluß vom 2. April 1996 aus den Gründen des erstinstanzlichen Urteils zurückgewiesen.

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision führt der Kläger im wesentlichen aus: Nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz setze die Glaubhaftmachung eines Bedürfnisses neben der erfolgreichen Teilnahme in bestimmten Schießdisziplinen den Nachweis voraus, daß die Sportwaffe zur Leistungssteigerung in diesen Disziplinen erforderlich sei. An das erforderliche Leistungsniveau dürften aber keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Anderenfalls würde der breitensportliche Charakter des Schießsports beseitigt. Insbesondere müsse Sportschützen der Übergang zum Leistungssport ermöglicht werden. Er habe bereits zahlreiche Leistungsnachweise erbracht. Ein Bedürfnis könne auch mit anderen Beweismitteln als einer Bescheinigung des Landesverbandes glaubhaft gemacht werden.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 2. April 1996 und des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15. November 1995 sowie des Bescheides der Beklagten vom 31. Oktober 1994 und des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 9. Mai 1995 zu verpflichten, ihm eine Waffenbesitzkarte zum Erwerb und zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt für zwei Großkaliber-Kurzwaffen (Großkaliber-Sportpistole Kaliber 38 Spezial WC, Großkaliber-Revolver Kaliber 44 Magnum) zu erteilen.

Die Beklagte und der Oberbundesanwalt treten der Revision entgegen und verteidigen die Entscheidung des Berufungsgerichts.

II.

Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hiermit einverstanden sind (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die Revision des Klägers ist begründet. Die Entscheidung des Berufungsgerichts verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts läßt sich die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide nicht abschließend beurteilen. Die Berufungsentscheidung ist deswegen aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 VwGO).

1. Der Kläger bedarf für den Erwerb und den Besitz der im Antrag bezeichneten Kurzwaffen gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 des Waffengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März 1976 (BGBl I S. 432) - WaffG -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. November 1996 (BGBl I S. 1779), einer Waffenbesitzkarte. Diese ist u.a. dann zu versagen, wenn ein Bedürfnis (§ 32 WaffG) nicht nachgewiesen ist (§ 30 Abs. 1 Nr. 3 WaffG).

2. Der Kläger ist nicht gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 3 WaffG von dem Nachweis eines Bedürfnisses befreit. Nach dieser Vorschrift braucht ein Bedürfnis nicht nachzuweisen, wer als Mitglied eines Schießsportvereins u.a. eine Waffe mit einer Länge von nicht mehr als 60 cm zur Teilnahme an ordentlichen Schießwettbewerben benötigt und eine Bescheinigung des Vereins mit näher bezeichnetem Inhalt vorlegt (§ 32 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 WaffG). Nach Satz 2 gilt dies aber nicht für Schußwaffen mit einer Länge von weniger als 60 cm, wenn der Antragsteller "schon zwei Waffen dieser Art" besitzt. Der Begriff "Waffen dieser Art" bezieht sich erkennbar auf die im ersten Satzteil des zweiten Satzes genannten Schußwaffen "mit einer Länge von weniger als 60 cm" und meint damit zwei Kurzwaffen. Das wird bestätigt durch die Amtliche Begründung zu § 32 Abs. 2 Nr. 3 WaffG (BTDrucks 7/2379 S. 21), nach der die Zubilligung von zwei Kurzwaffen der für Jäger geltenden Regelung angepaßt ist und in aller Regel für die sportliche Betätigung ausreicht. Diese Auffassung wird auch in Rechtsprechung und Schrifttum vertreten (OVG Koblenz, Urteil vom 15. Januar 1992 - 2 A 11174/91.0VG -; Kurth/Lehle/Lehmann, Aktuelles Waffenrecht, § 32 WaffG Rn. 27; Steindorf, Waffenrecht, 6. Aufl., § 32 WaffG Rn. 29; Apel, Erläuterungen zum Waffengesetz in: Das Deutsche Bundesrecht, III B 75, § 32 Anm. 7 c, S. 114). Da der Kläger bereits zwei Kurzwaffen besitzt, kommt ihm diese Regelung nicht zugute. Er muß ein waffenrechtliches Bedürfnis im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WaffG nachweisen.

3. In der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist anerkannt, daß dem waffenrechtlichen Bedürfnisbegriff eine Abwägung zwischen dem jeweiligen persönlichen Interesse des Antragstellers und dem öffentlichen Interesse daran zugrunde liegt, daß möglichst wenige Waffen "ins Volk" kommen (Urteil vom 24. Juni 1975 - BVerwG 1 C 25.73 - BVerwGE 49, 1 <6 f.>; Urteil vom 8. Dezember 1992 - BVerwG 1 C 5.92 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 66 S. 58; Beschluß vom 22. September 1993 - BVerwG 1 B 153.92 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 67 S. 65; Beschluß vom 25. März 1996 - BVerwG 1 B 40.96 -). Diese Interessenabwägung hat der Gesetzgeber für Sportschützen dahin konkretisiert, daß sie als Mitglieder eines Schießsportvereins unter den in § 32 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 WaffG genannten Voraussetzungen für den Erwerb von zwei Kurzwaffen ein Bedürfnis nicht nachzuweisen brauchen. Ein Bedürfnis wird insoweit gesetzlich anerkannt. Unter welchen Voraussetzungen darüber hinaus ein Bedürfnis eines Sportschützen für den Erwerb einer dritten und weiterer Kurzwaffen zu bejahen ist, regelt das Waffengesetz nicht ausdrücklich. Die Vorschrift des § 32 Abs. 1 WaffG zählt zwar Sachverhalte auf, bei deren Glaubhaftmachung ein Bedürfnis vorliegt, und enthält in Nr. 2 auch eine Regelung für Sportschützen. Diese ist aber im vorliegenden Fall nicht einschlägig, weil sie nur Einzelladerwaffen mit einer Länge von mehr als 60 cm betrifft und der Kläger eine Waffenbesitzkarte für Kurzwaffen begehrt.

Die in § 32 Abs. 1 WaffG aufgeführten Fälle bestimmen den Begriff des Bedürfnisses im Sinne des § 30 Abs. 1 Nr. 3 WaffG aber nicht abschließend, wie sich ohne weiteres aus der Formulierung "insbesondere" ergibt. Ein Bedürfnis am Erwerb und Besitz von Waffen kann deshalb auch in anderen als den in § 32 Abs. 1 WaffG genannten Fällen gegeben sein (Urteile vom 24. Juni 1975 - BVerwG 1 C 25.73 - a.a.O. S. 3 und vom 8. Dezember 1992 - BVerwG 1 C 5.92 - a.a.O.). Dies gilt auch dann, wenn ein Sportschütze bereits zwei Kurzwaffen besitzt, für die er gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 3 WaffG ein Bedürfnis nicht nachzuweisen brauchte, und weitere Kurzwaffen für Sportzwecke zu erwerben wünscht.

4. Nach Nr. 32.2.2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz (WaffVwV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. November 1979 (Beilage zum BAnz Nr. 229 a vom 7. Dezember 1979), geändert am 20. Oktober 1994 (BAnz Nr. 206 a vom 29. Oktober 1994), kann das Bedürfnis für den Erwerb einer weiteren Kurzwaffe bei Sportschützen im allgemeinen anerkannt werden, wenn der Antragsteller durch Vorlage einer Bescheinigung des zuständigen regionalen Verbandes nachweist, daß er sich in einer schießsportlichen Vereinigung erfolgreich in bestimmten Schießdisziplinen beteiligt und die beantragte Sportwaffe zur Leistungssteigerung in den betreffenden Schießdisziplinen erforderlich ist.

a) Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, daß die Behörden die Bedürfnisprüfung an dieser aufgrund der Ermächtigung in § 51 Abs. 1 WaffG ergangenen Verwaltungsvorschrift ausrichten, die den waffenrechtlichen Bedürfnisbegriff für eine bestimmte Fallgruppe konkretisiert. Die Verwaltungsvorschrift nimmt die Vorgaben auf, die der Gesetzgeber für einen Teil der Sportschützen durch die Regelung des § 32 Abs. 2 Nr. 3 WaffG getroffen hat und die daher bei der Auslegung und Anwendung des Bedürfnisbegriffs zu berücksichtigen sind. Die Verwaltungsvorschrift setzt gegenüber § 32 Abs. 2 Nr. 3 WaffG zusätzlich außer der erfolgreichen Beteiligung in bestimmten Schießdisziplinen die Erforderlichkeit der beantragten Waffe zur Leistungssteigerung des Antragstellers voraus. Diese Konkretisierung des Bedürfnisbegriffs ist sachgerecht und gesetzeskonform. Die für die Teilnahme an ordentlichen Schießwettbewerben in § 32 Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 WaffG vorgesehene zahlenmäßige Beschränkung auf zwei Kurzwaffen liefe anderenfalls leer. Das Gesetz geht davon aus, daß grundsätzlich zusätzliche, vom Schießsport bestimmte Anforderungen gegeben sein müssen, um ein Bedürfnis für weitere Kurzwaffen zu begründen, wenn der Antragsteller bereits zwei für den Schießsport geeignete Kurzwaffen besitzt. Die bloße Teilnahme an Schießwettbewerben verschiedener Disziplinen kann allein nicht genügen. Wenn auch die Regelung der Verwaltungsvorschrift nicht abschließend zu verstehen ist, kann sich danach ein Bedürfnis im allgemeinen nur aus den bisherigen Schießleistungen und dem ernsthaften Streben nach sportlicher Verbesserung ergeben. Die zusätzlichen Merkmale, insbesondere das der Erforderlichkeit der Waffe zur Leistungssteigerung, werden auch der dem Bedürfnisbegriff immanenten Intention des Gesetzes gerecht, die Zahl der Waffenbesitzer sowie die Art und Zahl der in Privatbesitz befindlichen Schußwaffen auf das unbedingt notwendige und mit Rücksicht auf die Interessen der öffentlichen Sicherheit vertretbare Maß zu beschränken (Urteil vom 8. Dezember 1992 - BVerwG 1 C 5.92 - a.a.O.).

b) Die Verwaltungsvorschrift darf allerdings nicht eng dahin angewendet werden, daß eine - weitere - Waffe nur dann zur Leistungssteigerung erforderlich sei, wenn es sich bei dem Antragsteller um einen Leistungsschützen handelt, sofern man darunter einen Sportler versteht, der bereits einen hohen, zumindest wesentlich über dem Durchschnitt liegenden Leistungsstand erreicht hat und anstrebt, seine Wettkampfleistungen noch weiter zu verbessern. Ein Bedürfnis kann auch sonst bei einer erstrebten Verbesserung des individuellen Leistungsstandes gegeben sein. Das Merkmal der Erforderlichkeit sowie die außerdem vorausgesetzte erfolgreiche Beteiligung an bestimmten Schießdisziplinen in einer schießsportlichen Vereinigung stellen sicher, daß nur solche Schützen erfaßt werden, von denen aufgrund ihrer bisherigen schießsportlichen Erfolge erwartet werden kann, daß sie ihre Leistungen steigern können und dies auch ernsthaft anstreben. Eine andere - engere - Handhabung würde dem Bedürfnisbegriff nicht gerecht.

Ein Bedürfnis ist anzuerkennen, wenn bei dem Antragsteller besondere Umstände vorliegen, die ihn von der Allgemeinheit unterscheiden, und wenn diese berücksichtigungswert sind, also in dem oben dargelegten Sinne auf einem wirtschaftlichen oder sonstwie begründeten Interesse beruhen (Urteil vom 24. Juni 1975 - BVerwG 1 C 25.73 - a.a.O. S. 4e Urteil vom 8. Dezember 1992 - BVerwG 1 C 5.92 - a.a.O.). Ein solches Interesse ist auch gegeben, wenn eine weitere Waffe erforderlich ist, damit ein bereits Erfolge aufweisender Sportschütze seine Leistungen steigern kann. Unter diesen Voraussetzungen kann nicht davon gesprochen werden, daß Waffen über das notwendige und vertretbare Maß hinaus "ins Volk" kommen.

Daß der Antragsteller bereits einen so hohen Leistungsstand erreicht hat, daß er als Leistungsschütze in dem genannten Sinne gelten kann, ist dagegen nicht zu verlangen; insbesondere kann nicht die Teilnahme an Verbandsmeisterschaften oder gar das Belegen eines der vorderen Plätze bei einer solchen Meisterschaft gefordert werden. Auch die Entwicklung zum Leistungsschützen hin stellt ein berechtigtes Interesse eines Sportschützen dar, wenn dafür eine weitere Waffe erforderlich sein sollte.

Der Umstand, daß ausweislich der Begründung zu dem Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes der Bundesregierung vom 13. Juli 1984 (BTDrucks 10/1748 S. 33) beabsichtigt war, den "Leistungsschützen" in schießsportlichen Vereinigungen im Rahmen der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zusätzlich zu zwei Kurzwaffen für weitere Schießdisziplinen jeweils eine Kurzwaffe ohne weitere Bedürfnisprüfung zuzubilligen, kann nicht dazu führen, das Merkmal der Erforderlichkeit zur Leistungssteigerung auf Leistungsschützen zu beschränken oder durch das Merkmal des Leistungsschützen zu ersetzen.

c) Bei Anwendung dieser Maßstäbe ist nicht ausgeschlossen, daß dem Kläger ein Bedürfnis in dem dargelegten Sinne zur Seite steht. Er hat bereits im Verwaltungsverfahren darauf hingewiesen, daß er seit über 25 Jahren aktiver Pistolen- und Gewehrschütze sowie Mitglied eines Schießsportvereins sei und seit 1992 bei Vereins- und Kreismeisterschaften vierzehn erste und mehrere vordere Plätze belegt sowie zahlreiche Leistungsabzeichen erhalten habe. Diese von ihm vorgetragenen Umstände können geeignet sein, die für eine zu erwartende Leistungssteigerung notwendigen Voraussetzungen zu belegen.

Dem steht nicht entgegen, daß der Kläger eine der Nr. 32.2.2 WaffVwV entsprechende Bescheinigung des zuständigen regionalen Verbandes nicht vorgelegt hat. Bei einer solchen Bescheinigung handelt es sich lediglich um ein mögliches Beweismittel zum Nachweis der Voraussetzungen für ein waffenrechtliches Bedürfnis. Die genannte Verwaltungsvorschrift besagt auch nur, daß unter den erwähnten Voraussetzungen ein Bedürfnis im allgemeinen a n z u n e h m e n ist, schließt damit aber nicht aus - und könnte dies als Verwaltungsvorschrift auch nicht -, daß unter abweichenden Gegebenheiten ebenfalls ein Bedürfnis bestehen kann. Im übrigen dient die Bescheinigung dem Nachweis der Voraussetzungen für das waffenrechtliche Bedürfnis, weil die Behörde deren Vorliegen in der Regel ohne ein Zeugnis einer fachkundigen Organisation nicht feststellen kann. Entsprechend setzt auch § 32 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 WaffG die Vorlage einer Bescheinigung voraus. Unter diesen Umständen ist nichts dagegen zu erinnern, daß eine Bescheinigung des in der Verwaltungsvorschrift genannten Inhalts gefordert wird. Liegen aber die in der Verwaltungsvorschrift genannten Voraussetzungen nicht vor, gelten die allgemeinen Regeln über die Darlegungslast, die Aufklärungspflicht und die Beweislast. Damit kann die Behörde auch den Fällen gerecht werden, in denen z.B. der zuständige Verband einem Antragsteller aus rechtsirrigen Erwägungen, etwa wegen zu hoher Anforderungen an den Leistungsstand des Antragstellers, die in der Verwaltungsvorschrift genannte Bescheinigung verweigert.

Eine abschließende Entscheidung ist dem erkennenden Senat nicht möglich. Das Berufungsgericht hat die zur Beurteilung des waffenrechtlichen Bedürfnisses nach den dargelegten Grundsätzen erforderlichen tatsächlichen Feststellungen nicht getroffen, weil es von einem abweichenden rechtlichen Maßstab ausgegangen ist. Die Sache ist daher an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen. Bei der Prüfung der Frage, ob zwei weitere Waffen für eine Leistungsverbesserung in der Ausübung des Schießsports erforderlich sind, wird das Berufungsgericht auch zu prüfen haben, ob der Kläger zur Ausübung des Sports außer den erstrebten Waffen die bereits in seinem Besitz befindlichen Kurzwaffen weiterhin benötigt. Denn das für die Anwendung des Bedürfnisbegriffs erhebliche Ziel des Waffengesetzes, die Zahl der Waffenbesitzer sowie die Art und Zahl der in Privatbesitz befindlichen Schußwaffen auf das unbedingt notwendige und mit Rücksicht auf die Interessen der öffentlichen Sicherheit vertretbare Maß zu beschränken, ist in diesem Zusammenhang ebenfalls zu berücksichtigen und kann unter Umständen gebieten, daß sich der Kläger zunächst von Waffen trennt, die er nicht mehr benötigt. Ferner wird der Verwaltungsgerichtshof gegebenenfalls zu prüfen haben, ob der Kläger die weiteren Voraussetzungen für die Erteilung einer Waffenbesitzkarte (§ 28 Abs. 1, § 30 Abs. 1 WaffG) erfüllt.

5. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlußentscheidung vorbehalten.

Meyer Gielen Hahn Groepper Richter

B e s c h l u ß

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 10 000 DM festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG; vgl. Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, Fassung 1996, Nr. 49.2, NVwZ 1996, 563 <567>).

Meyer Gielen Richter



Ende der Entscheidung

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