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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 09.08.2004
Aktenzeichen: BVerwG 10 B 3.04
Rechtsgebiete: FlurbG


Vorschriften:

FlurbG § 63
1. Gemäß § 63 Abs. 1 FlurbG kann unter den dort bestimmten Voraussetzungen die Ausführung eines Flurbereinigungsplans vor seiner Unanfechtbarkeit auch dann angeordnet werden, wenn das Fehlen der Unanfechtbarkeit des vorzeitig auszuführenden Plans auf das Fehlen der Bestandskraft einer vorherigen Planänderung zurückzuführen ist.

2. Gemäß § 63 Abs. 2 FlurbG wirkt eine nachträgliche unanfechtbare Änderung eines vorzeitig ausgeführten Flurbereinigungsplans durch das Flurbereinigungsgericht auch dann in rechtlicher Hinsicht auf den in der Ausführungsanordnung festgesetzten Tag zurück, wenn sie in der Aufhebung einer vorherigen Planänderung unter Wiederherstellung des ursprünglichen Planstandes besteht.


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

BVerwG 10 B 3.04

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 9. August 2004 durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Hien und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost und Prof. Dr. Eichberger

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Flurbereinigungsgericht) vom 15. Januar 2004 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 000 € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde kann keinen Erfolg haben. Die zu ihrer Begründung angeführten Gesichtspunkte rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht.

1. Einen für das angefochtene Urteil erheblichen Verfahrensmangel, der zur Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO führen könnte, haben die Kläger nicht schlüssig bezeichnet.

Dies gilt zunächst für die Rüge, das Flurbereinigungsgericht habe den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör verletzt, indem es entgegen ihrem Antrag die Flurkarte 58-4 (alt) "nicht zur Beweisführung zugelassen" und eine mögliche Planänderung, die mit Verwendung der vom Beklagten vorgelegten Abfindungskarte einhergehe, nicht erörtert habe. Da die auf angeblich fehlerhafte Kartierung gestützten Einwendungen der Kläger umfangreich Gegenstand vorbereitender Schriftsätze waren und die Kläger ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 15. Januar 2004 auch dort Gelegenheit hatten, diese Einwendungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu erläutern, kann die genannte Rüge nur als Beanstandung ausgelegt werden, dass im angefochtenen Urteil nicht auf den diesbezüglichen Vortrag der Kläger eingegangen worden sei. Aus dem Prozessrecht folgt jedoch kein Anspruch einer Partei darauf, dass sich das Gericht in seiner Entscheidung ausdrücklich mit jeder Einzelheit des Parteivorbringens auseinander setzt. Abgesehen davon lassen die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils erkennen, dass das Flurbereinigungsgericht aufgrund seiner Auslegung der flurbereinigungsrechtlichen Vorschriften den die Landabfindung betreffenden Vortrag der Kläger, auch soweit er auf angeblich fehlerhafte Kartierung gestützt war, im vorliegenden Klageverfahren gegen die vorzeitige Ausführungsanordnung für unerheblich und eine etwaige konkludente Änderung des Flurbereinigungsplans mangels rechtsmittelfähiger Bekanntgabe für unwirksam gehalten hat. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährt jedoch keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen (vgl. BVerfGE 21, 191 <194>; 96, 205 <216>; stRspr).

Auch die weitere Rüge, das Flurbereinigungsgericht habe gegen die Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO verstoßen, weil es nicht ermittelt habe, "welche Flurkarte und welche Abfindungsflurkarte der vorzeitigen Ausführungsanordnung zugrunde gelegt wurde", und weil es "jedenfalls bei Zulassung der vom Beklagten vorgelegten Abfindungsflurkarte" die Bindungswirkung "des Urteils vom 11.11.1999" nicht beachtet habe, zeigt schon deshalb keinen Verfahrensmangel auf, weil die Kläger nicht darlegen, dass der von ihnen behauptete Ermittlungsbedarf auf der Grundlage der dem angefochtenen Urteil zugrunde liegenden Rechtsauffassung bestand. Nach dieser Auffassung regelt allein der Flurbereinigungsplan, wie der mit Wirksamwerden der vorzeitigen Ausführungsanordnung eintretende neue Rechtszustand aussieht, und ist hier maßgeblich der Flurbereinigungsplan, wie er den Urteilen vom 11. November 1999 zugrunde lag. Deshalb kam es für die Entscheidung des Flurbereinigungsgerichts über die Rechtmäßigkeit der vorzeitigen Ausführungsanordnung, die alleiniger Gegenstand des vorliegenden Verfahrens war, auf den zwischen den Beteiligten bestehenden Streit über die richtige Vermessung und Abmarkung der Grenzen der Abfindungsflurstücke und die Authentizität des dabei verwendeten Kartenmaterials nicht an.

2. Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich auch nicht, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat. Dies wäre nur der Fall, wenn für die Entscheidung des Flurbereinigungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechtsfrage von Bedeutung war, deren noch ausstehende höchstrichterliche Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. BVerwGE 13, 90 <91>; stRspr). Die von den Klägern in der Beschwerdebegründung bezeichneten Fragen erfüllen diese Anforderungen nicht.

Die von ihnen zunächst aufgeworfene Frage, ob bei der Anordnung vorzeitiger Ausführung des Flurbereinigungsplans "auf eine noch nicht bestandskräftige Änderung Bezug genommen werden kann und bei erfolgreichem Anfechten dieser Änderung dann für die vorzeitige Ausführungsanordnung der alte bestandskräftige Flurbereinigungsplan gilt", bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Denn aus § 63 Abs. 1 und 2 FlurbG ergibt sich ohne weiteres, dass unter den dort bestimmten Voraussetzungen die Ausführung eines Flurbereinigungsplans vor seiner Unanfechtbarkeit angeordnet werden kann und jede nachträgliche unanfechtbare Änderung eines vorzeitig ausgeführten Flurbereinigungsplans in rechtlicher Hinsicht auf den in der Ausführungsanordnung festgesetzten Tag zurückwirkt. Dass letzteres auch bei Planänderungen durch das Flurbereinigungsgericht gilt, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt (vgl. BVerwGE 12, 341 <345>). Darauf, ob das Fehlen der Unanfechtbarkeit des vorzeitig auszuführenden Plans auf das Fehlen der Bestandskraft einer vorherigen Planänderung zurückzuführen ist, kann es nach Wortlaut und Sinn des § 63 FlurbG ebenso wenig ankommen wie darauf, ob die nachträgliche Änderung des vorzeitig ausgeführten Plans durch das Gericht in der Aufhebung einer vorherigen Planänderung unter Wiederherstellung des ursprünglichen Planstandes oder in einer eigenen neuen Planänderung nach § 144 Satz 1 FlurbG besteht.

Die von den Klägern weiter gestellten Fragen,

- "ob eine vorzeitige Ausführungsanordnung ohne Zugrundelegung der Abfindungskarte, auf die Bezug genommen wird, gültig ist" und

- "ob eine vorzeitige Ausführungsanordnung ... auf einen Flurbereinigungsplan, der nicht weiter bestimmt ist (wenn mehrere Pläne/Änderungen vorliegen) Bezug nehmen kann, ohne auch eine Abfindungskarte mit anzuführen, aus der sich die tatsächliche Grenzziehung ergeben wird",

waren für die Entscheidung des Flurbereinigungsgerichts nicht von Bedeutung. Denn dieses hat ausdrücklich festgestellt, dass für die vorzeitige Ausführung hier der Flurbereinigungsplan maßgeblich ist, wie er den Urteilen vom 11. November 1999 zugrunde lag, und dass für die Grenzziehung der neuen Grundstücke im Flurbereinigungsplan die Abfindungskarte maßgeblich ist. Damit war ersichtlich die Abfindungskarte gemeint, die der Vorstand der Teilnehmergemeinschaft am 18. Mai 1995 als Bestandteil des Flurbereinigungsplans beschlossen hatte.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 1 Satz 2, § 14 GKG a.F.

Ende der Entscheidung

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