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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 11.11.1998
Aktenzeichen: BVerwG 11 A 13.97
Rechtsgebiete: AEG


Vorschriften:

AEG § 18 Abs. 1
AEG § 19 Abs. 1
AEG § 20 Abs. 2 und 7
Leitsatz:

Zur Unverhältnismäßigkeit der Kosten einer Stellplatzüberbauung im Zuge der Verbreiterung eines Schienenweges.

Urteil des 11. Senats vom 11. November 1998 - BVerwG 11 A 13.97 -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 11 A 13.97

Verkündet am 11. November 1998

Kettlitz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 11. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 11. November 1998 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Diefenbach und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost, Kipp, Vallendar und Prof. Dr. Rubel

für Recht erkannt:

Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, wird das Verfahren eingestellt.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beklagten und der Beigeladenen tragen die Kläger als Gesamtschuldner drei Viertel, die Beklagte und die Beigeladene je ein Achtel. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten und der Beigeladenen tragen die Kläger als Gesamtschuldner drei Viertel. Im übrigen tragen die Beklagte und die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Gründe:

I.

1. Die Kläger, die miteinander durch einen Gesellschaftsvertrag nach bürgerlichem Recht verbunden sind, sind Eigentümer der Grundstücke St. straße 9 und 11 sowie Nießbraucher des Grundstücks St. straße 10 in einem Wohngebiet in E.- . Diese Grundstücke grenzen unmittelbar nordwestlich an den seit 1847 bestehenden, dort auf einem etwa 3 m hohen Damm verlaufenden Schienenweg Erfurt - Neudietendorf - Gotha und wurden Anfang der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts mit mehrstöckigen Wohnhäusern bebaut, die von der Grenze des Bahngeländes etwa 7 bis 12 m entfernt sind.

Während das Gebäude auf dem Grundstück St. straße 11 auch heute noch als Mehrfamilienwohnhaus genutzt wird, sind die Anwesen St. straße 9 und 10 an den Freistaat Thüringen vermietet, der sie als Bürogebäude des Ministeriums für Justiz und Europaangelegenheiten nutzt. Im rückwärtigen, unmittelbar an das Bahngelände angrenzenden Bereich dieser beiden Anwesen befindet sich ein ehemaliges Remisengebäude, dessen westliche Hälfte ebenfalls vom Ministerium genutzt wird, während die östliche Hälfte als Lagerraum dient. Auch im rückwärtigen Bereich des Grundstücks St straße 11 stehen an der Grenze zur Bahn zwei kleinere Gebäude, die im wesentlichen als Garagen genutzt werden. Im Jahre 1992 erhielten die Kläger die bauordnungsrechtliche Genehmigung, u.a. elf Pkw-Stellplätze im rückwärtigen Hofbereich des Grundstücks St straße 10 zu errichten, von denen drei entlang der Grenze zum östlichen Nachbargrundstück und je vier entlang des Remisengebäudes bzw. des westlich angrenzenden Garagengebäudes des Nachbargrundstücks St. stra-ße 11 angeordnet waren. Statt der zuletzt genannten acht wurden tatsächlich sechs markierte Stellplätze entlang der südlichen Grundstücksgrenze angelegt.

2. Im Juni 1994 leitete die Beklagte auf Antrag der Beigeladenen ein Planfeststellungsverfahren für den fünfgleisigen Ausbau des genannten, bisher dreigleisigen Schienenweges im Stadtbereich von E. im Zuge der Aus- und Neubaustrecke Nürnberg - Erfurt ein, für die im Bundesschienenwegeausbaugesetz vordringlicher Bedarf festgestellt ist. Nach dem dem Planfeststellungsverfahren zugrundeliegenden Plan ist vorgesehen, den Bahndamm des vorhandenen Schienenweges im Bereich der Bebauung St. straße beidseitig zu verbreitern und mit Stützmauern einzufassen. Zu diesem Zwecke soll ein etwa 5 bis 6 m breiter Streifen der Grundstücke St. straße 9 bis 11 entlang der nördlichen Grenze des Bahngeländes erworben werden; die auf diesen Grundstücken stehenden und in jenen Streifen hineinragenden Nebengebäude sollen abgebrochen werden. Zum Schutz der beidseitig dicht an die Trasse heranreichenden Bebauung ist im Bereich der genannten Grundstücke der Bau von je 3 m hohen Schallschutzwänden nördlich und südlich der Gleise sowie beidseits des mittleren Gleises vorgesehen.

Am 22. Juli 1994 machte die Stadt E. in ihrem Amtsblatt bekannt, daß der Plan in der Zeit vom 1. bis zum 31. August 1994 in ihrem Informationszentrum zur Einsichtnahme ausliege, daß etwaige Einwendungen bis zum 14. September 1994 bei der Stadtverwaltung oder beim Thüringer Landesverwaltungsamt erhoben werden könnten und daß Einwendungen, die nach Ablauf dieser Frist erhoben würden, ausgeschlossen seien. Anschließend wurde der Plan wie angekündigt zur Einsicht ausgelegt.

3.a) Mit Schreiben vom 22. August 1994 machten die Eheleute D. und G. B. als damalige Miteigentümer des Grundstücks St. straße 11 geltend, das Vorhaben vernichte dringend benötigten Wohnraum in ihrem Haus. Im dichtbesiedelten Wohngebiet der St. straße reiche eine viergleisige Strecke aus, für die das vorhandene Trassenpotential genutzt werden könne. Dadurch könnten den Anliegern erheblicher Lärm und Schmutz von den Baufahrzeugen erspart und die Lärmbelästigung auf ein Minimum reduziert werden.

Mit Schreiben vom 9. September 1994 erhob Frau H. R. , eine weitere Miteigentümerin des Grundstücks St. - straße 11, im eigenen Namen und im Namen weiterer Miteigentümer ebenfalls Einwendungen: Die Umweltverträglichkeitsprüfung sei ungenügend, die Abschnittsbildung fehlerhaft, die Planrechtfertigung fehle, Trassierungsalternativen drängten sich auf, das Projekt sei zur Erfüllung der planerischen Zielsetzung ungeeignet, die naturschutzrechtlichen Belange würden ungenügend berücksichtigt, die Lärmeinwirkungen seien unzumutbar, die vorgesehenen Schallschutzmaßnahmen unzureichend und der Erschütterungsschutz sei ungenügend. Die Grundstücksgrenze würde bei Planverwirklichung bis auf etwa 1,5 m an die bahnzugewandte Hausfront heranrücken. Da die Oberkante des Schienenweges bereits jetzt etwa 2,5 bis 3 m über dem Grundstücksniveau liege, werde die Belichtung für das Erdgeschoß und das 1. Obergeschoß durch die vorgesehene Lärmschutzwand nachhaltig beeinträchtigt. Zumindest wäre die Festsetzung einer Entschädigung für die Lärmbeeinträchtigung des Anwesens geboten. Passive Lärmschutzmaßnahmen müßten jedenfalls mit ausreichenden technischen Vorkehrungen für eine schallgedämmte Zwangsbelüftung versehen werden, wofür die Beigeladene die Herstellungs-, Unterhalts- und Betriebskosten zu ersetzen hätte. Eine Entschädigung sei auch dafür zu leisten, daß die Freiräume des Grundstücks nachhaltig reduziert würden, so daß Garagen nur noch unter erschwerten Umständen errichtet werden könnten. Wegen der zu erwartenden Erschütterungsbeeinträchtigungen seien Beweissicherungen erforderlich. Entstehender Elektrosmog führe zu gesundheitlichen Schäden der Hausbewohner und damit begründeten Mietminderungen, was ebenfalls die Festsetzung einer Entschädigung rechtfertige.

b) Die Kläger, die damals noch Eigentümer des Grundstücks St. straße 10, aber noch nicht Eigentümer der beiden anderen Grundstücke waren, teilten mit Schreiben vom 9. September 1994 mit, sie würden in Kürze auch das Nachbargrundstück St. straße 9 durch Kauf erwerben. Die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung würden auf beiden Grundstücken erheblich überschritten. Die vorgesehene Lärmschutzwand sei unzumutbar, da sie zu einer erheblichen Verschattung des Grundstücks führen werde. Da sie nur wenige Meter von den Häusern entfernt sei, müßten die Mieter bzw. Nutzer im Erdgeschoß und im 1. Obergeschoß unmittelbar auf die Wand schauen. Durch den vorgesehenen Grunderwerb würden in den hinteren Grundstücksbereichen in großem Umfang Stellplätze wegfallen. Auch dies stelle eine unzumutbare Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten dar. Die im Haus St. straße 10 untergebrachten Dienststellen seien für Mitarbeiter und Besucher auf Stellplätze auf dem Grundstück angewiesen, da sich in der unmittelbaren Umgebung auf der Straße keine Parkmöglichkeiten befänden. Ähnlich werde sich die Situation für das Haus St. straße 9 darstellen. Ob durch den Eisenbahnverkehr im geplanten Umfang Erschütterungen verursacht würden, die zu Schäden an den unmittelbar angrenzenden Häusern führen könnten, sei bisher nicht detailliert untersucht worden.

4. Vom 16. bis zum 19. Januar 1995 wurden die rechtzeitig erhobenen Einwendungen gegen den Plan und die Stellungnahmen der Behörden und Verbände zu dem Plan von der Anhörungsbehörde mit der Beigeladenen, den Behörden, den Betroffenen sowie den Personen, die Einwendungen erhoben hatten, erörtert. Dabei teilten die Kläger, die das Eigentum am Grundstück St. straße 10 inzwischen an Dritte übertragen hatten, mit, sie hätten mittlerweile auch das Grundstück St. straße 9 gekauft. Im Hinblick auf mögliche Bauschäden durch Erschütterungen sagte die Beigeladene den Betroffenen zu, eine Beweissicherung des jetzigen Zustandes der Gebäudeteile vornehmen zu lassen, die in bis zu 10 m Abstand von der Bahntrasse lägen. Ein solches Beweissicherungsverfahren vor Beginn der Bautätigkeit werde auch für das Haus St. straße 11 durchgeführt.

Um die jetzigen Pkw-Stellplätze zu erhalten, schlugen die Kläger vor, unter der Verbreiterung des Bahnkörpers überdachte Parkbuchten zu schaffen. Die Beigeladene lehnte dies aus Kostengründen ab, da die im Baubereich St. straße 9 und 10 mögliche Errichtung von 12 solcher Parkbuchten mit einer lichten Höhe von 2,2 m und der dafür notwendigen Anpassung der Hoffläche sowie der Anlegung einer Entwässerung Mehrkosten von etwa 1 240 000 DM erfordern würde. Eine Verschiebung der Trasse nach Südosten sei wegen der etwa 300 m nordöstlich gelegenen Eisenbahnbrücke über die Sch. straße, wo die Trasse auf beiden Seiten nach der Verbreiterung nur noch 1 bis 2 m von vorhandenen Häusern entfernt sei, und der etwa 300 m südwestlich gelegenen St. straßenbrücke mit einer 4 bis 5 m hohen Stützwand an der ebenfalls mit Wohnhäusern bebauten G. -F. -Straße ausgeschlossen, wenn nicht wesentlich größere Betroffenheiten Dritter als jetzt erzeugt werden sollten.

5. Am 24. Januar 1995 beantragten die Kläger eine Baugenehmigung für die Modernisierung und Instandsetzung des Gebäudes St. straße 9. Nach Erwerb des Eigentums an diesem Anwesen im April 1995 baten sie durch ihre Architekten die Beigeladene um Stellungnahme zu dem Bauvorhaben und der damit verbundenen Absicht, elf Stellplätze im Hof des Gebäudes zu errichten.

Die Beigeladene wies die Kläger hierzu mit Schreiben vom 16. Juni 1995 darauf hin, daß das Grundstück seit Auslegung der Pläne im Planfeststellungsverfahren einer Veränderungssperre unterliege, so daß dort keine wesentlich wertsteigernden oder die geplanten Baumaßnahmen erheblich erschwerenden Veränderungen vorgenommen werden dürften. Kosten für die Errichtung der Stellplätze und noch eventuell damit zusammenhängende Wertsteigerungen des Objekts würden durch die Beigeladene nicht ausgeglichen.

Im September 1995 erhielten die Kläger die bauordnungsrechtliche Genehmigung, das Gebäude St. straße 9 zu modernisieren und instandzusetzen, dabei die im Erdgeschoß und 1. Obergeschoß schon bestehende Büronutzung auf das gesamte Gebäude zu erweitern und im hinteren Grundstücksbereich sieben Stellplätze entlang der westlichen Grundstücksgrenze bzw. des Remisengebäudes zu schaffen; die verbleibende Fläche sei zu begrünen, insbesondere entlang der östlichen Grundstücksgrenze. Tatsächlich errichteten die Kläger nur fünf Stellplätze entlang der westlichen Grundstücksgrenze bzw. des Remisengebäudes und zwei weitere im vorderen Hofbereich an der östlichen Grundstücksgrenze. Darüber hinaus wird ein 5 m breiter Streifen entlang der Grenze zum Bahngelände tatsächlich zum Abstellen von Fahrzeugen genutzt. Bei einer Verhandlung zwischen den Klägern und Vertretern der Beigeladenen am 5. September 1996 wurde übereinstimmend festgelegt, daß die Stellplätze auf dem Grundstück St. -straße 9 wegen der Erstellung nach Auslegung der Pläne im Planfeststellungsverfahren und der damit wirkenden Veränderungssperre bei der Entschädigungsberechnung nicht zu berücksichtigen seien. Auf Antrag der Beigeladenen wies das Bauordnungsamt die Kläger durch einen als Nachtrag zur Baugenehmigung bezeichneten Bescheid vom 22. Oktober 1996 unter Bezugnahme auf das Schreiben der Beigeladenen vom 16. Juni 1995 darauf hin, daß für auf der Grundlage der Baugenehmigung vom September 1995 entstandene wertsteigernde Baumaßnahmen gegenüber der Beigeladenen keine Entschädigungsansprüche geltend gemacht werden könnten.

Mit Schreiben vom 27. Januar 1996 teilte die von der Beigeladenen beauftragte Planungsgesellschaft den Klägern mit, zur Gestaltung der Lärmschutzwände im Bereich der St. -straße sei in Abstimmung mit der Stadt vorgesehen, den Bereich zwischen 2 und 3 m über Schienenoberkante transparent zu gestalten. Eine Vergrößerung dieses Anteils sei wegen dadurch fehlender Absorptionswirkung der Wände nicht möglich. Kosten für passive Schallschutzmaßnahmen, die durch den Eigentümer vor Fertigstellung der neuen Bahntrasse verwirklicht würden, könnten nicht erstattet werden.

6. Durch Beschluß vom 15. April 1997 stellte das Eisenbahn-Bundesamt den Plan für das Vorhaben mit der Maßgabe fest, daß dem Eisenbahn-Bundesamt vor Baubeginn die Ausführungsunterlagen vorzulegen und deren Genehmigung abzuwarten sei. In Höhe der Grundstücke der Kläger, die inzwischen auch das Anwesen St. straße 11 erworben und am 18. März 1997 eine Baugenehmigung für Modernisierung und Umbau des dortigen Wohnhauses erhalten hatten, wurde die Planung nicht verändert.

a) Zum Immissionsschutz wurde festgestellt, daß in allen Fällen, in denen die Grenzwerte der 16. BImSchV nicht eingehalten würden, Anspruch auf Schallschutz bestehe. Die Beigeladene sei verpflichtet, den Zustand der Schienenfahrfläche regelmäßig zu überwachen und Pflegemaßnahmen (Schienenschleifen) dann durchzuführen, wenn der festgestellte Zustand der Schienenlauffläche erwarten lasse, daß der festgelegte Abschlag von 3 dB(A) nicht mehr eingehalten werde. Diese Überwachungs- und Pflegemaßnahmen seien so rechtzeitig durchzuführen, daß der genannte Abschlag auf Dauer eingehalten werde. Sollte der anerkannte Nachweis bis zum Baubeginn nicht gelingen und damit feststehen, daß der festgelegte Abschlag von 3 dB(A) generell nicht gerechtfertigt sei, seien in den anspruchsberechtigten baulichen Anlagen unter Beachtung der 24. BImSchV die notwendigen Schallschutzfenster einzubauen. Die künftige Gestaltung der Schallschutzwände sei mit der Stadtverwaltung abzustimmen. Die der Bahn zugewandten Flächen dieser Wände seien im unteren Bereich bis mindestens 2 m über Schienenoberkante hochabsorbierend zu verkleiden. Hinsichtlich passiver Lärmschutzmaßnahmen habe die Beigeladene sämtliche aufgrund dieses Beschlusses zulässigen Anträge auf bautechnische Nachbesserungen an Gebäuden gemäß der 24. BImSchV zu beurteilen und zu realisieren.

Im Bereich der Stadteinfahrt seien zur Beweissicherung an signifikanten Objekten, die sich in einem Abstand von weniger als 50 m zum nächstgelegenen Gleis befänden, Erschütterungsmessungen durchgeführt worden. In diesem Rahmen seien bei allen Wohngebäuden der St. straße zwischen Einmündung Sch. straße und St. brücke Beweissicherungsverfahren durchzuführen. Die Beigeladene werde verpflichtet, nach Inbetriebnahme entsprechende Nachmessungen durchführen zu lassen. Im Auftrag der Beigeladenen durchgeführte Berechnungen zur Prognose der Erschütterungsbeeinträchtigung ließen den Schluß zu, daß eine Erhöhung der Erschütterungsbelastung nicht ausgeschlossen werden könne. Im Rahmen der Ausführungsplanung sei zu überprüfen, ob durch geeignete technische Vorkehrungen eine Erhöhung der Erschütterungsbelastungen im Nahbereich der Trasse verhindert werden könne.

b) In der Begründung des Beschlusses wurde zu den Einwirkungen des Vorhabens auf die betroffenen Menschen u.a. folgendes mitgeteilt:

Würden trotz der planfestgestellten aktiven Schallschutzmaßnahmen die Grenzwerte der 16. BImSchV überschritten, dann sei die grundsätzliche Voraussetzung für passive Schallschutzmaßnahmen gegeben. Wenn das für die jeweilige Raumnutzung erforderliche Schalldämmaß nicht erreicht werde, komme in der Regel der Einbau von schalldämmenden Fenstern in Betracht. Als Rechtsgrundlage für die Bemessung dieser Fenster gelte die 24. BImSchV. Die Einbaukosten würden dann ersetzt, wenn die vorhandenen Fenster über eine nicht ausreichende Schalldämmung verfügten.

Da sich der Schutz gegen Verkehrslärm auch auf den Außenwohnbereich erstrecke, werde festgestellt, daß ein grundsätzlicher Entschädigungsanspruch dann gegeben sei, wenn Beeinträchtigungen des Außenwohnbereichs durch Überschreitung der Tagesgrenzwerte der 16. BImSchV vorlägen. Soweit es sich um Balkone handele, könnten die Grundstücke der Kläger betroffen sein.

Eventuell auftretende Schädigungen durch eine Erhöhung der Erschütterungsbelastungen würden bei entsprechender Beweislage durch die Beigeladene entschädigt.

c) Zu den Einwendungen der Kläger bzw. ihrer Rechtsvorgänger wurde im wesentlichen folgendes ausgeführt:

Die mit der Baumaßnahme verbundenen Eingriffe in das private Grundeigentum seien unvermeidbar. Eine andere Trassierung oder eine weitere Reduzierung der Baumaßnahmen sei nicht möglich. Die Kläger hätten Anspruch auf Entschädigung für die Inanspruchnahme von Grund und Boden durch das Vorhaben. Die Entschädigung erfolge auf der Basis des geltenden Rechts außerhalb des Planfeststellungsverfahrens.

Für die Anwesen der Kläger bestehe ein Anspruch auf passive Lärmschutzmaßnahmen, die durch Einbau der notwendigen Schallschutzfenster durchgeführt würden. Im Anschluß an das Planfeststellungsverfahren werde die Beigeladene vor Ort prüfen, ob die bereits vorhandenen Fenster den Anforderungen an die notwendige Schallschutzklasse genügten. Sollte dies nicht der Fall sein, werde sie auf ihre Kosten die notwendigen Schallschutzfenster einbauen. Im Sinne der 24. BImSchV werde überprüft, ob die Voraussetzungen zum Einbau von Schalldämmlüftern beständen. Sollte keine Möglichkeit für eine ausreichende Belüftung der entsprechenden Räume vorhanden sein, seien Zwangsbelüfter auf Kosten der Beigeladenen einzubauen. Da im Erdgeschoß die Tagesgrenzwerte eingehalten würden, werde insoweit die Nutzung von Hof und Garten nicht eingeschränkt.

Vor Beginn der Bauarbeiten sei eine Beweissicherung im Hinblick auf die erschütterungstechnischen Auswirkungen des Vorhabens an den Gebäuden der Kläger durchzuführen.

Ausweislich der Planfeststellungsunterlagen würden die Lärmschutzwände in Abstimmung mit der Stadt und den betroffenen Grundstückseigentümern begrünt werden.

d) Im Rahmen der Gesamtabwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange äußerte sich der Planfeststellungsbeschluß zum Immissionsschutz wie folgt:

Die mit dem Vorhaben verbundenen Lärmbelastungen überstiegen bei Berücksichtigung der Lärmschutzmaßnahmen das zumutbare Maß nicht. Wo trotz der aktiven Lärmschutzmaßnahmen eine Überschreitung der Grenzwerte der 16. BImSchV vorliege, hätten die Eigentümer der betroffenen Objekte Anspruch auf Einbau von Lärmschutzfenstern, soweit die bereits vorhandenen Fenster nicht ausreichten. Es seien deshalb rechtzeitig vor Inbetriebnahme der planfestgestellten Anlagen diejenigen Lärmschutzfenster einzubauen, die zur Einhaltung der Grenzwerte erforderlich seien. In diesem Zusammenhang werde darauf hingewiesen, daß bei den Lärmschutzmaßnahmen ein Abschlag von 3 dB(A) für "das gepflegte Gleis" berücksichtigt worden sei, der nicht nachgewiesen und nicht Bestandteil der einschlägigen Gesetzgebung sei. Sollte der anerkannte Nachweis bis zum Beginn der Bauarbeiten nicht gelingen und die entsprechenden Änderungen der BImSchV nicht erfolgen, dann seien die Lärmschutzmaßnahmen ohne Berücksichtigung des Abschlags neu zu konzipieren und mit den Ausführungsunterlagen zu denen ein Planergänzungsbeschluß ergehe zur Prüfung vorzulegen. Die Betroffenen seien über Art und Umfang des ggf. neuen Schallschutzes von der Beigeladenen vor der Realisierung in Kenntnis zu setzen.

7. Gegen den ihnen am 15. Mai 1997 zugestellten Planfeststellungsbeschluß haben die Kläger, die inzwischen mit Modernisierung und Umbau des Wohnhauses St. straße 11 begonnen hatten, am 16. Juni 1997, einem Montag, Klage erhoben.

Im Verlaufe des Klageverfahrens hat das Eisenbahn-Bundesamt den Planfeststellungsbeschluß durch Protokollerklärung vom 15. Juli 1998 um die Feststellung ergänzt, daß den Klägern dem Grunde nach ein Entschädigungsanspruch für die Verschattung der der Bahn zugewandten Fenster ihrer Gebäude sowie des Gartens auf dem Grundstück St. straße 11 durch die planfestgestellte Lärmschutzwand zusteht. Es hat ferner durch Schriftsatz vom 30. Juli 1998 den Planfeststellungsbeschluß hinsichtlich der Anordnung passiver Schallschutzmaßnahmen im verfügenden Teil dahin gehend geändert, daß die Beigeladene in Abstimmung mit dem jeweiligen Antragsteller die bautechnische Nachbesserung gemäß der 24. BImSchV zu beurteilen und zu realisieren habe. Dabei würden die Grenzwerte der 16. BImSchV zugrunde gelegt. Danach habe die Beigeladene vor Ort prüfen zu lassen, ob die vorhandenen Fenster der festgestellten Schallschutzklasse genügten. Im anderen Fall seien die notwendigen Schallschutzfenster einzubauen. Kosten für die im Vorgriff auf die Neubaustrecke bereits durch die Kläger eingebauten Schallschutzfenster seien entsprechend zu erstatten, soweit gesetzlicher Anspruch nach der 16. BImSchV auf den Schallschutz bestehe.

In der mündlichen Verhandlung vom 11. November 1998 hat das Eisenbahn-Bundesamt schließlich erklärt, der den Klägern im Planfeststellungsbeschluß zuerkannte Anspruch auf Entschädigung für die Inanspruchnahme von Grund und Boden durch das Vorhaben umfasse dem Grunde nach auch Entschädigungsansprüche für die auf den Grundstücken befindlichen Anbauten, die abgerissen werden sollen, für Mietmindereinnahmen bzw. den Wertverlust durch das Heranrücken der Bahntrasse, durch die erheblichen Lärmbeeinträchtigungen und die in unmittelbarer Nähe der Häuser zu errichtenden Schallschutzwände, für die sich aus einem Wegfall einzelner Stellplätze ergebenden Mietmindereinnahmen bzw. zusätzlichen Kosten für Stellplatzablösungen sowie für Beeinträchtigungen während der Bauphase. Die Beigeladene hat sich dieser Erklärung angeschlossen.

8. Die Kläger haben ihre Klage am 28. Juli 1997 im wesentlichen wie folgt begründet:

Die von der Beigeladenen mit 1 240 000 DM bezifferten Mehrkosten für die Errichtung von Parkbuchten innerhalb des bisherigen Grundstücks unter der Bahnkörperverbreiterung seien zu hoch angesetzt. Da die Verbreiterung des Bahnkörpers ohnehin mit einer Stützmauer ausgestattet werden solle, falle nicht die gesamte Baumaßnahme für die Abstützung des Bahnkörpers als Mehrkosten ins Gewicht. Die Kosten, die bei der jetzt geplanten Bauausführung entständen, betrügen etwa 8 000 DM/lfdm. Da die Stützmauer jedoch etwas höher errichtet werden müßte, kämen einschließlich der in das Grundstück der Kläger ragenden Tragplatte etwa 10 000 DM/lfdm hinzu. Bei einer Gesamtlänge von 82 m über alle drei Anwesen ergäben sich insoweit Mehrkosten von etwa 8 000 DM. Die Kläger wären bereit, diesen Betrag aus der ihnen zustehenden Gesamtentschädigung für die Beeinträchtigung ihres Anwesens zu finanzieren. Diese Entschädigung, bei der nicht nur der Grundstückseingriff als solcher, sondern auch die Wertminderung des verbleibenden Restgrundstücks zu berücksichtigen sei, würde sich auf etwa mindestens 3 000 000 DM belaufen.

Das grundrechtlich geschützte Eigentumsinteresse der Kläger beinhalte eine Beibehaltung der bisherigen Nutzung der betroffenen Grundstücke. Dies setze auch in bauordnungsrechtlicher Hinsicht die Beibehaltung der Stellplätze voraus. Ohne Beibehaltung der Stellplätze könnten die Anwesen jedenfalls nicht im selben Umfang wie derzeit als Bürofläche vermietet werden. Die Erweiterung des Bahnkörpers ohne Beeinträchtigung der Stellplatznutzung sei mittels einer im Bereich der heutigen Grundstücksgrenze zu errichtenden Stützmauer mit einer in die Grundstücke hineinragenden Tragplatte für den zu erweiternden Bahnkörper möglich. Der auf diese Weise zu erzielende Interessenausgleich lasse die Rechtfertigung für den Eingriff in die Grundstückssubstanz entfallen. Jedenfalls würde es ausreichen, eine weniger in das Grundeigentum eingreifende dienstbarkeitsrechtliche Belastung vorzusehen. Der Planfeststellungsbeschluß sei daher insoweit aufzuheben, als er die Erweiterung des Bahnkörpers in die Grundstücke so vorsehe, daß die dort befindlichen Stellplätze beseitigt werden müßten.

9. Einen Klageantrag, der auf die Verpflichtung der Beklagten gerichtet war, die klägerischen Anwesen vor Baubeginn einer erschütterungstechnischen Beweissicherung unterziehen zu lassen, haben die Beteiligten übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte ausdrücklich klargestellt hatte, daß die im Planfeststellungsbeschluß enthaltene Entscheidung über erschütterungsbedingte Beweissicherungen vor Baubeginn sich auch auf die Gebäude St. straße 9 und 10 beziehe.

Einen weiteren Klageantrag, den Planfeststellungsbeschluß insoweit aufzuheben, als in unmittelbarer Nähe der bahnseitigen Rückfront der Gebäude der Kläger die Errichtung von Leitungsmasten vorgesehen sei, haben die Beteiligten ebenfalls übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte und die Beigeladene ausdrücklich klargestellt hatten, daß der Maststandort im Bereich der Grundstücke der Kläger im Planfeststellungsbeschluß noch nicht festgelegt sei.

Schließlich wurden auch Klageanträge, die auf die Verpflichtung der Beklagten gerichtet waren, den Klägern dem Grunde nach eine Entschädigung für die verbleibende Lärmbelastung, die optische Beeinträchtigung und sonstige planfeststellungsbedingte Nachteile ihrer Anwesen zuzusprechen, die aktiven und passiven Lärmschutzmaßnahmen zu verbessern und den Klägern Aufwendungen auch für vor der Planfeststellung im Hinblick auf die zu erwartende projektbedingte Lärmbelastung durchgeführte passive Schallschutzmaßnahmen erstatten zu lassen, von den Beteiligten übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem das Eisenbahn-Bundesamt den Planfeststellungsbeschluß im Verlaufe des Klageverfahrens wie dargelegt ergänzt hatte.

Die Kläger beantragen hiernach noch,

den Planfeststellungsbeschluß der Beklagten vom 15. April 1997 im Bereich der Anwesen St. straße 9, 10 und 11 insoweit aufzuheben, als durch den Grundbedarf für die Ausführung des Projekts ein Wegfall von Stellplätzen auf diesen Grundstücken vorgesehen ist,

hilfsweise,

die Beklagte zu verpflichten, die bahnseitigen Parkplätze der Kläger auf ihren Grundstücken St. straße 9 bis 11 durch bautechnische Maßnahmen (Überbauung) verfügbar zu erhalten.

10. Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, die Grundstücke St. straße 9 und 11 hätten zum Zeitpunkt der Auslegung der Pläne im Planfeststellungsverfahren keine eingerichteten Stellplätze, sondern nur Gartenflächen gehabt. Die erst im September 1995 auf dem Grundstück St. straße 9 genehmigten sieben Stellplätze blieben beim Streckenausbau ebenso erhalten wie die insgesamt 13 Stellplätze auf dem Grundstück St. straße 11. Lediglich auf dem Grundstück St. straße 10 verblieben statt der jetzt genutzten zehn Stellplätze nur noch sieben. Die Forderung der Kläger, den Bahndamm in einer Länge von ca. 82 m mit Carports zu unterbauen, würde ca. 26 Carport-Stellplätze ermöglichen. Bereits die von der Beigeladenen geprüfte Variante über 62 m Länge bei einem zunächst angenommenen Kostenaufwand von ca. 1 240 000 DM 18 Stellplätze im Bahndamm zu schaffen, sei im Hinblick auf die geringe Zahl entfallender Stellplätze untunlich und unverhältnismäßig. Dies gelte erst recht für die Forderung der Kläger, sogar 26 hochwertige Carportplätze mit Kosten für die Allgemeinheit zu schaffen. Außerdem seien die weiter entstehenden Kosten für die Unterhaltung dieses Bauwerks und die Baustelleneinrichtung noch nicht erfaßt. Ferner sei die Carport-Anlage ein Brückenbauwerk, das zusätzliche Schallbelastungen bzw. Betroffenheiten hervorrufe und in den angrenzenden Wohngebieten zusätzliche passive Schallschutzmaßnahmen erfordere.

Die Beigeladene habe Ersatzflächen für vier Stellplätze auf einem Grundstück derselben Straße in 300 m Entfernung angeboten. Die Nutzung dieser Ersatzflächen sei den Nutzern der wegfallenden Stellplätze zumutbar und könne auch für die Allgemeinheit den Wegfall von Stellplätzen auf dem Grundstück St. straße 10 ausgleichen. Außerdem werde bereits heute zulässigerweise vor den Gebäuden der St. straße geparkt.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, Planung und Anlage der Stellplätze auf den Grundstücken St. straße 9 und 11 falle in die planfeststellungsrechtliche Veränderungssperre. Damit bestehe hier nur ein Anspruch auf Entschädigung für die in Anspruch genommenen Grundstücksflächen. Die Folgen dieser Inanspruchnahme würden allerdings durch die Enteignungsbehörde selbständig ermittelt und beschieden. Das Eisenbahn-Bundesamt sei hierfür nicht zuständig, sondern habe mit der grundsätzlichen Entscheidung über die Entschädigungspflicht dem schutzwürdigen Interesse der Eigentümer ausreichend Rechnung getragen.

11. Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Auch sie behauptet, zum Zeitpunkt der Eröffnung des Planfeststellungsverfahrens seien auf den Grundstücken St. -straße 9 und 11 keine Stellplätze vorhanden gewesen. Von den damals auf dem Grundstück St. straße 10 befindlichen zehn Stellplätzen müßten sechs für das planfestgestellte Vorhaben in Anspruch genommen werden. Daß die Beklagte zum Erhalt dieser Stellplätze nicht deren "Überbauung" vorgesehen habe, sei schon wegen der damit verbundenen Kosten von 1 240 000 DM mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht zu beanstanden. Im übrigen könnten diese Stellplätze auf anderen Flächen im Bereich des Grundstücks untergebracht werden. Außerdem sei das Vorhandensein der sechs Stellplätze in ihrer bisherigen Lage für die Nutzung der Grundstücke nicht unabdingbar.

Die Beigeladene meint, die von den Klägern gewünschte Verrechnung der "Mehrkosten" einer Stellplatzüberbauung mit der ihnen zustehenden Entschädigung aus der Inanspruchnahme ihrer Grundstücke greife dem nachfolgenden Entschädigungsverfahren unzulässig vor.

12. In Ergänzung ihrer Klagebegründung tragen die Kläger nach Ablauf der Klagebegründungsfrist replizierend vor, die baurechtliche Nutzung der Grundstücke St. straße 9 und 11, zu der auch die Nutzung der Grundstücksfläche für Stellplatzzwecke gehöre, sei seit Jahrzehnten vorgeprägt. Auf eine förmliche Genehmigung komme es insoweit nicht an. Auf dem genannten Anwesen seien zudem im rückwärtigen und bahnseitigen Bereich seit jeher Stellplätze und Garagen vorhanden gewesen. Vor diesem Hintergrund sei die Anlage von Stellplätzen keine wesentlich wertsteigernde Veränderung der Grundstücke gewesen.

Auf dem Grundstück St. straße 10 gebe es keine weiteren Flächen, auf denen Stellplätze errichtet werden könnten. Bei einem zu entschädigenden Stellplatzmietpreis von monatlich 60 DM, der in ganz E. normal sei, könne der Aufwand für die Erhaltung sonst wegfallender Stellplätze durch Überbauung nicht als unverhältnismäßig betrachtet werden. Ein wesentlicher und relevanter Kostenunterschied könne vielmehr nicht festgestellt werden.

Ein Pegelzuschlag für brückenartige Überbauung sei bei der Erhaltung der Stellplätze nicht, jedenfalls nicht in voller Höhe vorzunehmen.

13. Das Bundesverwaltungsgericht hat gemäß Beschluß vom 4. Juni 1998 durch Augenscheinseinnahme Beweis erhoben; für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die in der Niederschrift vom 15. Juli 1998 protokollierten Feststellungen Bezug genommen.

II.

1. Der Hauptantrag, den Planfeststellungsbeschluß aufzuheben, soweit durch den Grundbedarf für die Ausführung des Projekts ein Wegfall von Stellplätzen auf den Grundstücken St. straße 9, 10 und 11 vorgesehen ist, ist zulässig, jedoch unbegründet. Aus dem Vortrag der Kläger und dem vom Gericht festgestellten Sachverhalt ergibt sich keine Verletzung des materiellen Rechts, die einen Anspruch der Kläger auf eine solche Teilaufhebung des Planfeststellungsbeschlusses begründen könnte.

a) Mit ihren Einwendungen gegen den behaupteten Wegfall von Stellplätzen auf dem Grundstück St. straße 11 sind die Kläger ausgeschlossen. Sie haben das Eigentum an diesem Grundstück erworben, nachdem die Einwendungsfrist des § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG abgelaufen war, ohne daß ihre Rechtsvorgänger die jetzige Ablehnung des Wegfalls von Stellplätzen zum Gegenstand von Einwendungen gemacht hatten. Die damals erhobene Forderung nach einer Entschädigung dafür, daß Garagen wegen der Reduzierung der Freiräume des Grundstücks nur noch unter erschwerten Umständen errichtet werden könnten, deckt sich mit der jetzt erhobenen Forderung, den Wegfall von Stellplätzen überhaupt zu vermeiden, gerade nicht. Gegenüber den Rechtsvorgängern der Kläger ist in diesem Umfang nach § Abs. 2 Satz 1 AEG eine Präklusion eingetreten, die sich die Kläger entgegenhalten lassen müssen (vgl. BVerwGE 60, 297 <315>).

b) Ob die Kläger auch mit ihren Einwendungen gegen den Wegfall von Stellplätzen auf dem Grundstück St. straße 9 ausgeschlossen sind, weil sie dieses Grundstück bei der fristgemäßen Erhebung der Einwendungen noch nicht erworben hatten und die damalige Eigentümerin keine Einwendungen erhoben hat, kann offenbleiben. Denn soweit sie sich gegen den Wegfall von Stellplätzen auf den Grundstücken St. straße 9 und 10 wenden, kann ihr Begehren, den Planfeststellungsbeschluß insoweit aufzuheben, jedenfalls aus anderen Gründen nicht zum Erfolg führen. Zwar ist ihnen einzuräumen, daß das Schweigen des Planfeststellungsbeschlusses zu ihrem Vorschlag, die dort bestehenden, vom Grundbedarf für das Vorhaben betroffenen Stellplätze brückenartig zu überbauen, im Hinblick auf das Abwägungsgebot des § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG rechtlichen Bedenken begegnet. Ein insoweit bestehender Abwägungsmangel wäre jedoch gemäß § 20 Abs. 7 Satz 1 AEG nur erheblich, wenn er auf das Abwägungsergebnis von Einfluß gewesen ist, also nach den Umständen des vorliegenden Falles die konkrete Möglichkeit besteht, daß ohne den Mangel die Planung anders ausgefallen wäre. Dies setzt voraus, daß sich anhand der Planungsunterlagen oder sonst erkennbarer oder naheliegender Umstände bei realistischer Betrachtungsweise ergibt, daß sich ohne den Mangel im maßgeblichen Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses ein anderes Abwägungsergebnis abgezeichnet hätte (vgl. BVerwGE 64, 33 <38 ff.>; 100, 370 <379 f.>; Urteil vom 27. November 1996 BVerwG 11 A 100.95 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 18 S. 73 f.; stRspr). Davon kann hier indes nicht ausgegangen werden.

aa) Das Interesse der Kläger an der Erhaltung der vom Vorhaben in Anspruch genommenen Stellplätze auf dem Grundstück St. straße 9 hat schon deshalb objektiv nur geringes Gewicht, weil sie dieses Grundstück in Kenntnis des Vorhabens und der ablehnenden Haltung der Beigeladenen zu ihrem Vorschlag einer brückenartigen Überbauung erst nach Abschluß des Erörterungstermins erworben und die Stellplätze errichtet haben, obwohl die Beigeladene sie unmißverständlich auf die geltende Veränderungssperre nach § 19 Abs. 1 AEG hingewiesen hatte. Entgegen der Ansicht der Kläger unterfiel die Anlegung von Stellplätzen als "wertsteigernde" Veränderung des Grundstücks dieser Veränderungssperre. Der Umstand, daß der Hinterhof des Grundstücks bereits vorher für eine Nutzung als Parkplatz geeignet gewesen sein mag, ist insoweit ohne Belang. Entscheidend ist, daß die Kläger mit der Befestigung des Hinterhofs als Parkplatz eine bauliche Anlage geschaffen haben, die den Grundstückswert steigerte. Außerdem haben sie die Stellplätze abweichend von der ihnen erteilten Baugenehmigung errichtet und mit der Beigeladenen am 5. September 1996 übereinstimmend festgelegt, daß insoweit kein entschädigungspflichtiger Tatbestand gegeben sei. Dies wurde durch den bestandskräftigen Bescheid des Bauordnungsamts vom 22. Oktober 1996 bestätigt, der einen durch die Baugenehmigung begründeten Vertrauensschutz insoweit ausschloß. Hinzu kommt schließlich, daß die genehmigte Zahl von sieben Stellplätzen auch nach Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens auf dem Hof des Grundstücks St. stra-ße 9 untergebracht werden kann. Daß eine entsprechende Änderung der Baugenehmigung, von der der tatsächliche Zustand bereits jetzt abweicht, auf unüberwindliche rechtliche Hindernisse stieße, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Unter diesen Umständen bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß die gebotene Abwägung des genannten Interesses der Kläger mit dem Interesse der Beigeladenen an einer möglichst kostengünstigen und einfachen Bauausführung im Bereich des Grundstücks St. straße 9 zu einer Erhaltung der jetzt vorhandenen Stellplätze geführt hätte.

bb) Umstände dafür, daß eine ordnungsgemäße Abwägung des Interesses der Kläger an der Erhaltung der vom Vorhaben in Anspruch genommenen Stellplätze auf dem Grundstück St. -straße 10 zu einer brückenartigen Überbauung dieser sechs Stellplätze geführt hätte, sind bei realistischer Betrachtungsweise ebenfalls nicht erkennbar. Die Kläger selbst beziffern die Mehrkosten der Bauausführung für eine solche Lösung bei einer Gesamtlänge von 82 m auf etwa 10 000 DM/lfdm. Da das genannte Grundstück im rückwärtigen Bereich etwa 22 m breit ist, wäre die gewünschte Überbauung hiernach mit Mehrkosten von etwa 2 000 DM verbunden, zu denen noch die erhöhten Unterhaltungskosten für ein derartiges Bauwerk (nach Angaben der Beigeladenen ca. 125 000 DM), die Kosten für die höhenmäßige Anpassung der Hoffläche einschließlich Entwässerung (nach Angaben der Beigeladenen ca. 20 000 DM) und etwaige Zuschläge für die Fixkosten der Baustelleneinrichtung hinzukämen. Demgegenüber beläuft sich der Ertragswert der sechs Stellplätze bis zum Jahre 2046 auf der Grundlage des bis 2002 bestehenden Mietvertrags, einer für die Zeit danach von den Klägern als ortsüblich bezeichneten Stellplatzmiete von monatlich 60 DM und der im übrigen nicht substantiiert bestrittenen Berechnungsweise des von der Beigeladenen eingeholten Gutachtens einer öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen auf 238 891 DM einschließlich der bei Wegfall der Stellplätze eintretenden Wertminderung für das Gebäude. Danach liegen die Mehrkosten der von den Klägern gewünschten Änderung des Vorhabens um etwa 50 % über dem Wert, den die sechs Stellplätze für die Kläger haben und der nach Maßgabe des Thüringer Enteignungsgesetzes zu entschädigen wäre. Ein über den Ertragswert hinausgehendes Interesse an der Erhaltung der Substanz des Eigentums können die Kläger als Nießbraucher des Grundstücks nicht geltend machen. Schon allein deshalb wäre es unverhältnismäßig gewesen, der Beigeladenen im Planfeststellungsbeschluß die von den Klägern gewünschte brückenartige Überbauung der sechs Stellplätze aufzuerlegen, die die Kläger entlang der rückwärtigen Grenze des Grundstücks St. straße 10 angelegt haben. Das nachträgliche Angebot der Kläger, Mehrkosten im Wege der Aufrechnung mit einem ihnen zustehenden Entschädigungsanspruch zu finanzieren, ändert hieran schon deshalb nichts, weil es für die rechtliche Beurteilung auf den Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses ankommt. Abgesehen davon hätte die Planfeststellungsbehörde nicht ohne weiteres davon ausgehen können, daß bei Erhaltung aller Stellplätze auf dem Grundstück St. straße 10 überhaupt noch ein zur Deckung der dadurch verursachten Mehrkosten ausreichender Entschädigungsanspruch der Kläger verblieb.

Hinzu kommt, daß die Stellplätze auf diesem Grundstück abweichend von der den Klägern 1992 erteilten Baugenehmigung angelegt waren und daß bei anderer Anordnung auch nach Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens ohne weiteres acht der genehmigten elf Stellplätze auf dem Hof des genannten Grundstücks untergebracht werden können. Infolgedessen reduziert sich die ersatzlos entfallende Zahl der Stellplätze auf lediglich drei, was eine Halbierung der Ertragswertminderung auf etwa 120 000 DM zur Folge hat. Daß eine entsprechende Änderung der Baugenehmigung, von der der tatsächliche Zustand schon jetzt abweicht, auf unüberwindliche rechtliche Hindernisse stieße, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Darüber hinaus ist zu beachten, daß nach Anlage 2 zur 16. BImSchV in Verbindung mit Kap. 5.6. der Richtlinie Schall 03 der akustische Einfluß der brückenartigen Überbauung durch einen Pegelzuschlag für die darauf befindlichen Gleise bei der Planung der Schallschutzmaßnahmen berücksichtigt werden müßte. Nach den von der Beigeladenen vorgelegten und von den Klägern nicht substantiiert beanstandeten Plänen für eine solche Überbauung (Querprofil-Station Bau-km 106.4 + 75) läge das gesamte nordwestliche Gleis auf der Überbauung der 5 m tiefen Parkbuchten. Die damit verbundene Erhöhung des Beurteilungspegels hätte es angesichts der ohnehin schon mit dem Vorhaben verbundenen erheblichen Überschreitungen der Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV ebenfalls ausgeschlossen, dem Vorschlag der Kläger zu folgen, um ihre finanziellen Belange zu schützen.

2. Der Hilfsantrag, die Beklagte zur Ergänzung des Plans um eine die Überbauung der Stellplätze der Kläger vorschreibende Auflage zu ergänzen, ist ebenfalls zulässig, jedoch unbegründet. Aus den zum Hauptantrag dargelegten Gründen sind die Kläger mit Einwendungen gegen den Wegfall von Stellplätzen auf dem Grundstück St. straße 11 ausgeschlossen. Ein hinsichtlich der Grundstücke St. straße 9 und 10 bestehender Abwägungsmangel wäre rechtlich nicht erheblich. Dies hindert nicht nur die diesbezügliche Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, sondern steht erst recht einer Verurteilung der Beklagten entgegen, ihre planerische Gestaltungsfreiheit in einer bestimmten anderen, von den Klägern gewünschten Weise auszuüben.

3. Soweit die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist es entsprechend § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Gemäß § 161 Abs. 2 VwGO hat der Senat insoweit nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten zu entscheiden. Dabei erscheint es angemessen, die Beklagte und die Beigeladene zu insgesamt einem Viertel an den Kosten des Verfahrens zu beteiligen, weil das Begehren der Kläger, dem Grunde nach eine Entschädigung auch für über die Inanspruchnahme von Grund und Boden durch das Vorhaben hinausgehende Nachteile zugesprochen zu bekommen und Aufwendungserstattung auch für solche passiven Schallschutzmaßnahmen zu erhalten, die bereits vor der Planfeststellung im Hinblick auf die zu erwartende projektbedingte Lärmbelastung durchgeführt wurden, ohne Änderung der Sach- oder Rechtslage nachträglich erfüllt worden ist. Dagegen entsprachen die Klarstellungen der Beklagten zur erschütterungstechnischen Beweissicherung und zur Errichtung von Leitungsmasten nur dem, was sich bei der gebotenen objektiven Auslegung ohnehin aus dem Planfeststellungsbeschluß ergab, so daß insoweit eine Kostenbeteiligung der Beklagten und der Beigeladenen ebensowenig veranlaßt ist wie hinsichtlich des ohne Änderung der Sach- und Rechtslage aufgegebenen Begehrens der Kläger, die aktiven und passiven Lärmschutzmaßnahmen zu verbessern. Im übrigen folgt die Kostenentscheidung aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 und § 162 Abs. 3 VwGO.

Beschluß

Der Wert des Streitgegenstandes wird bis zur teilweisen Erledigung der Hauptsache in der mündlichen Verhandlung auf 120 000 DM, für die Zeit danach auf 60 000 DM festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG).

Ende der Entscheidung

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