Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 27.10.1999
Aktenzeichen: BVerwG 11 A 31.98
Rechtsgebiete: VwVfG, AEG


Vorschriften:

VwVfG § 74 Abs. 2 Satz 2
VwVfG § 75 Abs. 1 Satz 1
AEG § 18 Abs. 1 Satz 2
Leitsätze:

1. Ein neuer öffentlicher Weg (hier: Geh- und Radweg) ist als solcher in der Regel keine unzumutbare Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeit der zukünftigen Anliegergrundstücke. Dadurch bedingte Veränderungen ihres "Wohnmilieus" haben die betroffenen Grundeigentümer grundsätzlich als Ausfluß der Sozialbindung des Eigentums hinzunehmen.

2. Grundsätzlich haben die Grundeigentümer, die Anlieger eines neuen öffentlichen Weges geworden sind, keinen Anspruch auf eine Sichtschutz bietende Einzäunung.

Urteil des 11. Senats vom 27. Oktober 1999 - BVerwG 11 A 31.98 -


BVerwG 11 A 31.98

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 11. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 27. Oktober 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Hien und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost, Kipp, Vallendar und Prof. Dr. Rubel

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 zu je 1/9. Die Beigeladene zu 2 trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Gründe:

I.

Die Kläger wenden sich gegen einen Planfeststellungsbeschluß des Eisenbahn-Bundesamtes - Außenstelle Hannover - vom 28. August 1998, der im östlichen Stadtgebiet von Hannover den mehrgleisigen Ausbau der vorhandenen Bahnstrecke Hannover - Berlin zuläßt (Planfeststellungsabschnitt IV, Bahn-km 5,200 - 10,470), und fordern den Verzicht auf einen geplanten Weg oder zumindest dessen Abgrenzung durch einen Sichtschutz bietenden Zaun.

Die Anwesen der Kläger sind - abgesehen von dem Anwesen der Klägerin zu 7, das von ihr nicht selbst bewohnt wird - Eigenheime und liegen nördlich der Ausbaustrecke zwischen dem Mittellandkanal und der Anderter Straße (L 382). Die bisher zweigleisige Trasse liegt in diesem Bereich in einem Einschnitt und überquert im Westen den Mittellandkanal auf einer Brücke. Im Osten wird die Anderter Straße auf einer Straßenbrücke über die Trasse geführt. An dieser Stelle befindet sich der Haltepunkt Anderten-Misburg. Zwischen den Anwesen der Kläger und der Trasse erstreckt sich eine Kleingartenanlage.

Die Planung der Beigeladenen zu 1 sieht den Bau von zwei zusätzlichen Gleisen nördlich der vorhandenen Gleise vor, wobei im Bereich der Straßenbrücke ein Mittelbahnsteig zwischen den neuen Gleisen eingerichtet werden soll, der durch einen Treppenaufgang mit dieser Brücke verbunden ist. Zu diesem Zweck soll der nördliche Außenbahnsteig abgebrochen und der Einschnitt nach Norden hin erweitert werden. Die dortige Kleingartenanlage wird beseitigt und die neue Böschung steigt bis zu den Grundstücken der Kläger an. Auf der Oberkante der Böschung soll parallel zu Bahntrasse und den Grundstücksgrenzen ein 2 m breiter Weg angelegt werden, der vom Mittellandkanal zur Anderter Straße führt.

Die Planunterlagen lagen in der Zeit vom 24. Oktober bis zum 24. November 1997 zur Einsichtnahme aus. Die Kläger erhoben daraufhin mit Schreiben vom 22. November 1997, das am 27. November 1997 bei der Anhörungsbehörde einging, "Einspruch gegen ... den geplanten Gehweg" und machten zur Begründung im wesentlichen geltend, für diesen bestehe kein Bedürfnis, nachdem die Kleingärten beseitigt würden; außerdem sei ein Wander- und Radweg durch die Berthold-Lange-Straße ausgewiesen. Da der neue Weg unmittelbar an ihren Grundstücken entlang geführt werden solle, sähen sie sich in ihrer Privatsphäre erheblich gestört und in ihrer persönlichen Sicherheit gefährdet. Es bestehe die Gefahr von Wohnungseinbrüchen und einer illegalen Müllentsorgung. Wenn der Weg als unverzichtbar angesehen werde, so könne er am Fuße der Böschung angelegt werden. Außerdem könne durch eine Bepflanzung der Böschung mit einer Hecke Sicht- und auch Lärmschutz gewährt werden.

Der Kläger zu 2 nahm an dem Erörterungstermin teil, der am 26. Februar 1998 stattfand. Ihm wurde laut der Niederschrift von einem Vertreter der Beigeladenen zu 1 erläutert, daß der Weg zum nördlichen Bahnsteig im Zuge des Ausbaus des Mittellandkanals planfestgestellt worden sei und nunmehr lediglich verlegt werde. Die Anhörungsbehörde hielt in ihrem Abschlußbericht vom 8. April 1998 ferner fest, von der Beigeladenen zu 2 als Eigentümerin sei erklärt worden, der Weg sei Teil eines Fernradwanderweges und somit unverzichtbar. Eine Wegeführung unterhalb der Böschung sei im Vorfeld der Planung geprüft worden. Wegen der erheblich höheren Kosten für die Erdarbeiten sei diese Variante nicht weiter verfolgt worden.

Nachdem eine Planänderung durchgeführt worden war, die den Bahnübergang "Oisseler Straße" betraf, erließ das Eisenbahn-Bundesamt unter dem 28. August 1998 den angefochtenen Planfeststellungsbeschluß. Darin wurden die Einwendungen der Kläger - unter teilweiser Wiederholung der Ausführungen im Abschlußbericht - zurückgewiesen.

Der Planfeststellungsbeschluß ist den Klägern zu 1, 2, 3, 5, 7 und 9 am 10. September 1998, den übrigen Klägern am 11. September 1998 (durch Niederlegung) gegen Postzustellungsurkunde zugestellt worden.

Die Kläger haben am 12. Oktober 1998 einem Montag Klage erhoben, die zunächst dahin gehend begründet worden ist, es sei die Prüfung der Frage versäumt worden, ob dort überhaupt ein Weg entlanggeführt werden solle. Weder aus den Planungen der Stadt Hannover noch aus dem Planfeststellungsverfahren zum Mittellandkanal ergebe sich ein öffentliches Interesse, geschweige denn die Notwendigkeit des Weges. Eine entsprechende Stellungnahme der Planungs- und Baubehörde sei nicht eingeholt worden. Der Weg sei überflüssig. Ebensowenig habe eine Rechtsgüterabwägung stattgefunden. Es sei nicht berücksichtigt worden, daß die Gartenseiten der Grundstücke einem "öffentlichen Einblick" preisgegeben sein würden. Die Aspekte der sozialen Sicherheit seien vernachlässigt worden. Die Mehrkosten, die bei einer anderen Wegeführung entstünden, seien keine ausreichende Rechtfertigung der Planung, weil die Wertminderung der Anliegergrundstücke einen wesentlich höheren Betrag erreichen werde.

Mit Schriftsatz vom 19. April 1999 haben die Kläger zusätzlich geltend gemacht, die Zuständigkeit für die Wegeplanung liege nicht beim Eisenbahn-Bundesamt, weil es sich nicht um eine Betriebsanlage der Bahn handele. Es könne auch nicht von einer "Verlegung" des Weges die Rede sein, weil der im Zuge der wasserstraßenrechtlichen Planfeststellung festgelegte Weg nur bis zum nördlichen Bahnsteig des Haltepunktes Anderten-Misburg geführt hätte.

Die Kläger beantragen,

den Planfeststellungsbeschluß vom 28. August 1998 insoweit aufzuheben, als darin gemäß Nr. 8 des Bauwerksverzeichnisses der Neubau eines Weges vorgesehen ist,

hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, entlang der Grundstücksgrenzen der Kläger zum Weg hin einen 1,80 m hohen, hilfsweise in der baurechtlich zulässigen Maximalhöhe, sichthindernden Zaun vorzusehen und den Planfeststellungsbeschluß entsprechend zu ergänzen.

Die Beklagte und die Beigeladene zu 1 beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie treten dem Vorbringen der Kläger unter Hinweis auf die Begründung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses entgegen.

Die Beigeladene zu 2, die keinen Antrag stellt, weist darauf hin, daß der Weg durch die Überplanung in seinem Bestand nicht mehr in Frage gestellt werden dürfe. Der Weg ergänze als Teilstück das Wegenetz zwischen Innenstadt und freier Landschaft und sei damit sinnvoller Bestandteil vielfältiger Querbeziehungen zwischen Eilenriede, Lönspark, Breite Wiese, Mittellandkanal und Seckbruch. Die Wegeführung auf der "Rückseite" der klägerischen Grundstücke sei die einzig akzeptable Lösung, weil ein Grün- und Erholungsweg möglichst abseits des Kfz-Verkehrs angestrebt werde. Der Weg könne deswegen nicht durch die Wohnstraße geführt werden. Auch die Alternative, den Weg unmittelbar neben die Bahngleise zu legen, scheide aus, weil damit die angestrebte Qualität der Wegeführung nicht erreicht werde.

II.

Die Klage, über die im Einverständnis der Beteiligten ohne (weitere) mündliche Verhandlung entschieden werden kann (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO), hat mit ihrem Haupt- und Hilfsantrag keinen Erfolg.

1. Der Hauptantrag ist unbegründet. Die Kläger haben keinen Anspruch darauf, daß der Planfeststellungsbeschluß teilweise, soweit er nämlich die Wegeführung zwischen dem Mittellandkanal und der Anderter Straße regelt, aufgehoben wird.

a) Der streitige Weg unterliegt an sich der Planungshoheit der beigeladenen Stadt Hannover. Die Einbeziehung in die eisenbahnrechtliche Planfeststellung findet ihre Grundlage jedoch in § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG. Die neue Wegeführung durfte somit vom Eisenbahn-Bundesamt planfestgestellt werden. Es handelt sich um einen gesetzlich angeordneten Zuständigkeitswechsel. Die dagegen von den Klägern erhobenen Einwände überzeugen nicht.

Der nördliche Außenbahnsteig des Haltepunkts Anderten-Misburg war bislang über einen Weg erschlossen, der nach Osten hin auf die Anderter Straße führte. Nach dem bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluß der Wasser- und Schiffahrtsdirektion Mitte vom 22. Mai 1997 sollte von Westen aus ein weiterer Weg auf diesen Bahnsteig zugeführt werden, der Bestandteil einer den Mittellandkanal begleitenden Wegeführung ist, zu der - nördlich der über den Kanal geführten Eisenbahnbrücke - eine Fußgängerbrücke gehört. Dieser Weg war aufgrund des genannten Planfeststellungsbeschlusses der Wasser- und Schiffahrtsdirektion Mitte rechtlich vorhanden. Obwohl er nicht mehr gebaut worden ist, mußte er bei der eisenbahnrechtlichen Änderungsplanung ebenso Berücksichtigung finden wie der Weg zur Anderter Straße.

Durch den planfestgestellten Abriß des nördlichen Außenbahnsteigs haben die genannten Wege ihre Funktion verloren. Zugleich ist durch die geplante Errichtung des Mittelbahnsteigs ein Bedarf entstanden, die "plangegebene" Erschließung des Haltepunkts Anderten-Misburg zum kanalbegleitenden Wegenetz aufrechtzuerhalten. Diesem Bedarf konnte planerisch allerdings nicht einfach dadurch Rechnung getragen werden, daß die beiden zum nördlichen Außenbahnsteig führenden Wege in ihrer bisherigen Lage miteinander verbunden werden. Denn dieses Gelände wird für den nordseitigen Ausbau des Schienenweges in Anspruch genommen. Dies ist die typische Situation, die den Bau eines "Ersatzweges" als notwendig erscheinen läßt und es rechtfertigt, auf der Grundlage von § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG einen Übergang der straßenrechtlichen Regelungsbefugnis auf das Eisenbahn-Bundesamt anzunehmen.

An dieser Beurteilung ändert auch der Umstand nichts, daß der geplante "Ersatzweg" neben der Funktion, den Haltepunkt Anderten-Misburg nach Westen hin für Fußgänger und Radfahrer zu erschließen, unstreitig zusätzliche Funktionen haben wird. Er soll nämlich insbesondere ein Bestandteil eines Fernradwanderweges werden, der bisher durch die Berthold-Lange-Straße führte. Diese Funktion wächst dem planfestgestellten Weg gewissermaßen automatisch zu, weil er - anders als die beiden bisherigen Wege - nicht mehr durch eine für Bahnzwecke gewidmete Fläche unterbrochen ist. Radfahrer hätten die zwischen dem Mittellandkanal und der Anderter Straße in diesem Bereich bisher vorgesehene Wegeverbindung schon deswegen nicht nutzen können, weil das Radfahren auf einem Bahnsteig nicht erlaubt werden kann. Bei einer ununterbrochenen Wegeverbindung zwischen dem Mittellandkanal und der Anderter Straße drängt sich dagegen die Freigabe als Radweg geradezu auf, weil schon bisher parallel dazu ein Fernradwanderweg durch die Berthold-Lange-Straße führte. Die gesteigerte Bedeutung, die unter diesen Umständen die Nutzung durch Radfahrer erhält, führt aber noch nicht zu einer Umstufung des Weges in eine Straße. Er bleibt vielmehr "Ersatzweg", der dazu dient, das eisenbahnrechtliche Ausbauvorhaben mit der Funktion des städtischen Wegenetzes planerisch in Einklang zu bringen.

§ 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG rechtfertigt es allerdings nicht, im eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsverfahren Maßnahmen an anderen Anlagen mit zu erledigen, wenn es hierfür eines umfassenden Planungskonzepts eines anderen Planungsträgers bedarf (vgl. BVerwG, Beschluß vom 31. August 1995 - BVerwG 11 VR 14.95 - Buchholz 316 § 75 VwVfG Nr. 11). Folgemaßnahmen am vorhandenen Wegenetz dürfen deswegen über Anschluß und Anpassung nicht wesentlich hinausgehen. Diese Einschränkung ist im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung entwickelt worden, damit nicht unter dem "Deckmantel" einer notwendigen Folgemaßnahme die Planungskompetenz des konkurrierenden Planungsträgers in ihrem Kern beeinträchtigt werden kann (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 12. Februar 1988 - BVerwG 4 C 54.84 - Buchholz 316 § 75 VwVfG Nr. 3). Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Die neue Wegeführung bot sich als geeignete Problemlösung ohne weiteres an. Sie weicht auch nicht von den planerischen Vorstellungen der Beigeladenen zu 2 ab, sondern ist von ihr im Gegenteil mit Nachdruck gefordert worden.

b) Grundlage für das mit dem Hauptantrag verfolgte Klagebegehren könnte im übrigen nur das Abwägungsgebot des § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG sein. Dieses fordert, daß alle abwägungsbeachtlichen Belange erfaßt und dabei erkennbar gewordene Konflikte planerisch bewältigt werden. Drittbetroffene haben einen Anspruch auf Berücksichtigung ihrer planungsrechtlich relevanten privaten Belange, und zwar unabhängig davon, ob es sich dabei um subjektive Rechtspositionen handelt (so zum Bauplanungsrecht BVerwG, Urteil vom 24. September 1998 - BVerwG 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215 <220 ff.>). Der von den Klägern erhobene Vorwurf, eine Abwägung, die diesen Namen verdiene, habe gar nicht stattgefunden, geht fehl. Auch sonstige Abwägungsfehler sind nicht erkennbar.

Nachdem die Kläger mit ihren Einwendungen den Bedarf für einen Weg in Frage gestellt hatten, ist im Anhörungsverfahren seitens der Beigeladenen zu 2 geltend gemacht worden, daß der Weg als Bestandteil eines Fernradwanderweges unverzichtbar sei. Damit hat eine Prüfung der "Nullvariante" nachweisbar stattgefunden. Die Argumentation der Beigeladenen zu 2, die sich die Planfeststellungsbehörde zu eigen gemacht hat, ist rechtlich auch nicht angreifbar. Die Umweltverträglichkeitsstudie (Anlage 12 des Planfeststellungsbeschlusses) weist nämlich vorhandene Radwanderwege aus (S. 93 u. Karte 9.1), die nördlich entlang der Eisenbahntrasse verlaufen und die durch den neuen Weg verlängert würden. Der Umstand, daß diese Radwanderwege bislang über die Berthold-Lange-Straße geführt werden, steht der Planrechtfertigung für eine Wegeführung längs der Bahn nicht entgegen. Es kommt hinzu, daß der neue Weg außerdem der besseren Erschließung des Haltepunktes Anderten-Misburg dient, weil er diesen mit dem kanalbegleitenden Wegenetz verbindet und so zahlreichen Bahnnutzern Umwege erspart. Beide Gesichtspunkte sind in der Begründung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses, wo die Wegeverlegung nur sehr kurz behandelt wird, nicht angesprochen worden. Daß sie dennoch - wie die Beklagte und die Beigeladene zu 1 in der mündlichen Verhandlung am 21. April 1999 geltend gemacht haben - die Abwägungsentscheidung beeinflußt haben, ist nach Lage der Dinge nicht zweifelhaft.

Daß die Planfeststellungsbehörde die von den Klägern geltend gemachten privaten Belange im Hinblick auf gegenläufige öffentliche Belange als überwindbar angesehen hat, läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen.

Die Beklagte durfte zugunsten der planfestgestellten Wegeführung und zu Lasten der von den Klägern geforderten Variante am Fuße der Böschung zum einen die für die künftige Funktion geeignetere Lage des Wegs sowie insbesondere auch den Kostengesichtspunkt berücksichtigen. Das Interesse an einer kostengünstigen Lösung gehört zu den abwägungserheblichen öffentlichen Belangen. Es kann auch für die Auswahl unter mehreren Trassenvarianten ausschlaggebend sein und hätte selbst gegenüber dem Interesse eines Grundeigentümers, nicht enteignend in Anspruch genommen zu werden, keinen generellen Nachrang (vgl. z.B. Beschluß vom 30. September 1998 BVerwG 4 VR 9.98 Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 142 m.w.N.). Die Kläger halten zwar die Schätzung der Mehrkosten der von ihnen bevorzugten Variante durch die Beigeladene zu 1 mit 60 000 DM (= 2 600 cbm Abraum bei 23 DM/cbm) für zu hoch. Da der planfestgestellte Wegebau aber unbestritten insgesamt nur 32 000 DM kosten wird, bleibt es auch bei deutlich geringeren Mehrkosten vertretbar, die von den Klägern vorgeschlagene Alternative abzulehnen. Das gilt um so mehr, als die Kläger von dem Vorhaben nicht enteignend betroffen werden, sondern nur geltend machen, von dem neuen Geh- und Radweg könnten für sie bestimmte Nachteile und Gefahren (Störung der Privatsphäre, Gefährdung der Sicherheit) ausgehen. Selbst wenn man diesen Belang als planungsrechtlich beachtlich ansieht, hat er doch gegenüber den ins Feld geführten öffentlichen Belangen nur geringes Gewicht. Die von den Klägern befürchteten Beeinträchtigungen halten sich im Rahmen dessen, was zahlreichen Eigentümern, deren Grundstücke in mehr oder weniger großem Umfang an öffentliche Wege angrenzen, ohne weiteres zugemutet wird. Soweit die Kläger durch die mit dem neuen Geh- und Radweg verbundene Änderung ihres "Wohnmilieus" auch eine Wertminderung ihrer Grundstücke befürchten, ist das ebenfalls kein Gesichtspunkt, der in der Abwägung zu ihren Gunsten den Ausschlag geben könnte. Da der Verkehrswert eines Grundstücks von zahlreichen auch planungsunabhängigen Faktoren abhängt, stellt eine Grundstückswertminderung für sich gesehen grundsätzlich keinen eigenständigen Abwägungsposten dar; es kommt vielmehr auf die Auswirkungen an, die von dem geplanten Vorhaben faktisch ausgehen (vgl. etwa Beschluß vom 9. Februar 1995 BVerwG 4 NB 17.94 Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 102 m.w.N.). Diese Auswirkungen sind mit jeder öffentlichen Wegeanbindung eines Grundstückes in gewissem Umfang verbunden und von den Klägern im Rahmen der Sozialbindung des Eigentums grundsätzlich hinzunehmen. Insgesamt gesehen konnte deshalb das Interesse der Kläger an der Beibehaltung des bisherigen Zustands zugunsten des planfestgestellten Vorhabens zurückgestellt werden.

2. Auch der Hilfsantrag, mit dem die Kläger eine Schutzauflage fordern, bleibt ohne Erfolg. § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG gibt insoweit keine Anspruchsgrundlage her.

Wann nach dieser Vorschrift eine Schutzauflage "erforderlich" ist, hängt davon ab, ob dem Planbetroffenen nach den konkreten Umständen des Einzelfalls die Duldung von vorhabenbedingten Nachteilen unzumutbar ist (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 9. Februar 1995 - BVerwG 4 C 26.93 - BVerwGE 97, 367 <373 f.>). Was die Notwendigkeit einer Einzäunung angeht, hat die Rechtsprechung hierfür Maßstäbe entwickelt, die auch im vorliegenden Fall herangezogen werden können. Die Anlieger eines neuen Verkehrswegs können nicht durchweg die Kosten für die Errichtung und Unterhaltung auf den Baulastträger abwälzen. Vielmehr ist es ihnen zumutbar, in den Fällen, in denen ihnen durch den Verkehrswegebau eine Einzäunung aufgenötigt wird, diese Kosten selbst zu tragen, wenn sie normalerweise ohnehin einen Zaun hätten errichten müssen, darauf aber wegen besonderer Umstände bisher verzichtet haben. Auf den Fortbestand derartig günstiger Umstände hat ein Grundeigentümer grundsätzlich keinen Anspruch (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. März 1985 - BVerwG 4 C 15.83 - BVerwGE 71, 166 <174>). So liegt der Fall auch hier. Denn die Kläger haben bisher entlang der hinteren Grundstücksgrenze auf Zäune, die Sichtschutz bieten, nur deswegen verzichten können, weil ihre Grundstücke unmittelbar an ein Kleingartengelände angrenzten. Dieser "Lagevorteil", der ihre Grundstücke von dieser Seite für das allgemeine Publikum uneinsehbar machte, war ein Zufall, der keinen Vertrauensschutz rechtfertigt. Wenn sie, nachdem sie auch an der rückwärtigen Grundstücksgrenze Anlieger eines öffentlichen Weges geworden sind, Wert auf Sichtschutz legen, ist dies ihre Angelegenheit. Es ist ihnen somit zumutbar, die insofern anfallenden Kosten selbst zu tragen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 und § 162 Abs. 3 VwGO.

Beschluß

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 180 000 DM festgesetzt (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG).

Ende der Entscheidung

Zurück