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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 28.06.2000
Aktenzeichen: BVerwG 11 C 15.99
Rechtsgebiete: GG, AO
Vorschriften:
GG Art. 3 Abs. 1 | |
AO § 233 a |
Die Anordnung eines verspäteten Beginns der tatsächlichen Verzinsung in § 233 a Abs. 5 Satz 4 i.V.m. § 233 a Abs. 3 Satz 3 2. Halbsatz AO enthält keine gegenüber § 233 a Abs. 2 Satz 1 AO spezielle Bestimmung über den Beginn des Zinslaufs. Folglich wird eine Steuererstattung, die vor dem 1. Januar 1994 entstanden ist, nicht über die in § 233 a Abs. 2 Satz 3 AO a.F. genannten Zeitpunkte hinaus verzinst.
Urteil des 11. Senats vom 28. Juni 2000 - BVerwG 11 C 15.99 -
I. VG Freiburg vom 29.04.1998 - Az.: VG 1 K 2873/96 - II. VGH Mannheim vom 19.07.1999 - Az.: VGH 2 S 544/99 -
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
BVerwG 11 C 15.99 VGH 2 S 544/99
Verkündet am 28. Juni 2000 Kettlitz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 11. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28. Juni 2000 durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Hien und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost, Kipp, Vallendar und Prof. Dr. Rubel
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 19. Juli 1999 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gründe:
I.
Die Klägerin betreibt im Stadtgebiet der Beklagten eine Bankfiliale, die zur Gewerbesteuer veranlagt ist. Für den Erhebungszeitraum 1989 setzte die Beklagte zunächst Gewerbesteuer in Höhe von 609 485 DM fest. Darauf leistete die Klägerin am 12. Mai 1992 eine Teilzahlung von 237 300 DM und am 5. Juli 1993 eine Teilzahlung von 25 600 DM. Mit einem Gewerbesteueränderungsbescheid vom 17. Oktober 1996 setzte die Beklagte für den Erhebungszeitraum 1989 die Gewerbesteuer für die Filiale der Klägerin auf 346 548 DM fest und wies zugleich zugunsten der Klägerin einen Unterschiedsbetrag von 262 937 DM aus, der verrechnet oder erstattet werden sollte. Die für den Erstattungsbetrag von der Beklagten zu leistenden Zinsen wurden zunächst mit 31 744 DM berechnet. Nach dem Widerspruch der Klägerin änderte die Beklagte den Zinsbescheid und setzte die zu erstattenden Zinsen insgesamt auf 61 781 DM fest. Dabei berücksichtigte sie für den Teilbetrag in Höhe von 237 300 DM einen Zeitraum vom 12. Mai 1992 bis zum 31. März 1995 und für den Teilbetrag in Höhe von 25 600 DM einen Zeitraum vom 5. Juli 1993 bis zum 31. März 1995.
Dagegen erhob die Klägerin erneut Widerspruch und verlangte die Erstattung weiterer Zinsen im Umfang von 19 043 DM unter Verlängerung der Verzinsungszeiträume für die Teilbeträge von 237 300 DM bis zum 12. Mai 1996 und von 25 600 DM bis zum 25. Oktober 1996. Nach Zurückweisung des Widerspruchs mit Bescheid vom 5. Dezember 1996 erhob die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgte.
Mit Urteil vom 29. April 1998 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, hinsichtlich der Teilzahlungen von 237 300 DM und 25 600 DM habe der Zinslauf gemäß § 233 a Abs. 3 Satz 3 2. Halbsatz AO mit den Zahlungen am 12. Mai 1992 und am 5. Juli 1993 begonnen. Dieser gegenüber § 233 a Abs. 2 Satz 1 AO spätere Beginn führe indessen nicht dazu, dass die Vierjahresfrist des § 233 a Abs. 2 Satz 3 AO erst zu diesen Zeitpunkten zu laufen begonnen habe und daher über den 31. März 1995 hinaus zu verlängern gewesen wäre.
Der Verwaltungsgerichtshof hat auf Antrag der Klägerin die Berufung gegen das vorgenannte Urteil zugelassen. Die Klägerin hat sich im Berufungsverfahren erneut auf den Standpunkt gestellt, in § 233 a Abs. 3 Satz 3 2. Halbsatz werde ein gegenüber § 233 a Abs. 2 Satz 1 AO späterer Beginn des Zinslaufs bestimmt. Dann aber gelte, dass der Zinslauf im Sinne des § 233 a Abs. 2 Satz 3 AO spätestens vier Jahre nach seinem Beginn ende. Folglich habe die Beklagte das Ende der Verzinsung zu Unrecht auf den 31. März 1995 festgelegt.
Mit Urteil vom 19. Juli 1999 hat der Verwaltungsgerichtshof die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Er hat zur Begründung ausgeführt, aus der gesetzlichen Regelung ergebe sich, dass der Zinslauf auch in Erstattungsfällen auf der Grundlage des Absatzes 2 des § 233 a AO zu bestimmen sei und die davon zu unterscheidende "Verzinsung" des Erstattungsbetrages nach Absatz 3 des § 233 a AO nicht zu einer abweichenden Festlegung des Zinslaufs führe. Insbesondere komme es nicht zu einem Hinausschieben des Vierjahreszeitraumes nach § 233 a Abs. 2 Satz 3 AO. Diese Beurteilung sei bereits vom Wortlaut der Bestimmung her geboten. § 233 a Abs. 1, 2 und 3 AO verwendeten die Begriffe "Zinslauf" und "Verzinsung". Dies rechtfertige die Annahme, der Gesetzgeber habe mit der unterschiedlichen Wortwahl auch eine unterschiedliche Bedeutung verbunden. Aus der Systematik der Vorschrift lasse sich keine abweichende Beurteilung herleiten. Das Gesetz enthalte in Absatz 2 und Absatz 3 gerade nicht zwei unterschiedliche Regelungen über den Beginn des Zinslaufs. Der Gesetzgeber habe eine ausdrückliche Regelung über den Zinslauf und daneben eine eigenständige Bestimmung über die Zinsberechnung getroffen. In § 233 a Abs. 3 Satz 3 2. Halbsatz AO sei folglich keine Modifizierung über den Beginn des Zinslaufs in § 233 a Abs. 2 Satz 1 AO zu sehen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision der Klägerin. Mit der Revision wendet die Klägerin sich gegen die von den Vorinstanzen vorgenommene Auslegung der Regelungen in § 233 a Abs. 2 Satz 1 und 3, Abs. 3 Satz 3 2. Halbsatz AO. Die Klägerin meint, der Gesetzgeber habe in § 233 a AO die Begriffe "Zinslauf" und "Verzinsung/Verzinsungszeitraum" synonym verwendet. Dies ergebe sich bereits aus der amtlichen Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zu § 233 a AO. Handele es sich um Begriffe von gleicher Bedeutung, so sei die Regelung in § 233 a Abs. 3 Satz 3 2. Halbsatz AO nichts anderes als eine Sonderregel über den Beginn des Zinslaufs und verdränge deshalb als Spezialvorschrift den allgemeinen Beginn des Zinslaufs nach § 233 a Abs. 2 Satz 1 AO. Werde dem gefolgt, so habe im vorliegenden Fall hinsichtlich der genannten Teilzahlungsbeträge der Zinslauf am 12. Mai 1992 bzw. am 5. Juli 1993 begonnen. § 233 a Abs. 2 Satz 3 AO schreibe sodann verbindlich vor, dass der Zinslauf mit Ablauf des Tages, an dem die Steuerfestsetzung wirksam werde (25. Oktober 1996), spätestens aber vier Jahre nach seinem Beginn, ende. Fehlerhaft sei es, die Vierjahresfrist nach § 233 a Abs. 2 Satz 3 AO in einem solchen Fall nicht an dem verspäteten Beginn des Zinslaufs nach § 233 a Abs. 3 Satz 3 2. Halbsatz AO zu orientieren. Die gegenteilige Betrachtungsweise entspreche auch der Systematik des § 233 a AO sowie Sinn und Zweck dieser Vorschrift. Der Gesetzgeber habe sich für einen vierjährigen Verzinsungszeitraum nach Beginn des Zinslaufs entschieden. Es gebe keinen sachlichen Grund dafür, diesen Zeitraum zu verkürzen, wenn in einem Sonderfall der Zinslauf entgegen der gesetzlichen Grundregel verspätet beginne. Der spätere Beginn des Zinslaufs erhalte sonst eine Art Sanktionscharakter, was vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt sei. Die Bemessung des Vierjahreszeitraumes an dem verspäteten Beginn des Zinslaufs führe auch nicht zu einer Verzinsung von Erstattungsbeträgen, denen kein Geldmittelabfluss korrespondiere.
Die Klägerin beantragt,
1. das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29. April 1998 und das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 19. Juli 1999 abzuändern,
2. den Zinsbescheid der Beklagten vom 17. Oktober 1996 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 27. November 1996 und des Widerspruchsbescheids vom 5. Dezember 1996 aufzuheben, soweit damit die Erstattung weiterer Zinsen abgelehnt wird,
3. die Beklagte zu verpflichten, die Erstattungszinsen über den Zeitraum bis 31. März 1995 hinaus hinsichtlich des Teilbetrages in Höhe von DM 237 300 bis zum 12. Mai 1996 und hinsichtlich des Teilbetrages von DM 25 600 bis zum 25. Oktober 1996 festzusetzen,
4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin aus dem sich hieraus ergebenden Unterschiedsbetrag in Höhe von DM 19 043 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichtshofs und vertritt die Auffassung, dass das in § 233 a Abs. 2 Satz 3 AO geregelte Ende des Zinslaufs auch in den Fällen eines späteren Beginns der Verzinsung gelte.
Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich am Verfahren und tritt der vom Berufungsgericht dargelegten Rechtsauffassung in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium der Finanzen bei. In § 233 a AO sei zwischen dem Zinslauf, der mit Anfang und Ende in § 233 a Abs. 2 AO geregelt sei, und dem Zinsberechnungszeitraum zu unterscheiden. Nur eine solche Differenzierung trage Wortlaut, Zielsetzung und Systematik der Vorschrift Rechnung. Dies werde auch im Anwendungserlass zur Abgabenordnung deutlich. Im Übrigen habe der Gesetzgeber im Rahmen des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 die Vierjahresbegrenzung in § 233 a Abs. 2 Satz 3 AO aufgehoben. Die Neuregelung gelte aber nur für die Verzinsung von Steuern, die nach dem 31. Dezember 1993 entstanden seien.
II.
Die zulässige Revision ist unbegründet. Das angefochtene Urteil steht im Einklang mit dem Bundesrecht.
1. Mit Art. 17 des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 vom 22. Dezember 1999 (BGBl I S. 2601) hat der Gesetzgeber § 233 a Abs. 2 Satz 3 AO geändert und nunmehr bestimmt, dass der Zinslauf mit Ablauf des Tages endet, an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird. Der maximale Verzinsungszeitraum von vier Jahren nach Beginn des Zinslaufs ist damit aufgehoben. Damit hat sich allerdings der vorliegende Rechtsstreit in der Sache nicht erledigt; denn der Gesetzgeber hat durch Art. 18 des Steuerbereinigungsgesetzes Art. 97 § 15 Abs. 9 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung eingefügt, durch den bestimmt worden ist, dass § 233 a Abs. 2 Satz 3 der Abgabenordnung in der Fassung des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 für alle Steuern gilt, die nach dem 31. Dezember 1993 entstehen. Hier handelt es sich um von der Klägerin zu entrichtende Gewerbesteuern für den Erhebungszeitraum 1989, sodass § 233 a Abs. 2 Satz 3 AO noch in der vorhergehenden Fassung anzuwenden ist.
2. § 233 a Abs. 2 Satz 1 AO a.F. bestimmt, dass der Zinslauf 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem die Steuer entstanden ist. Für die Gewerbesteuerschuld der Klägerin ergab sich danach, dass der Zinslauf am 1. April 1991 begann. Er endet mit Ablauf des Tages, an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird (im Falle der Klägerin: 25. Oktober 1996), spätestens vier Jahre nach seinem Beginn - § 233 a Abs. 2 Satz 3 AO a.F. letztgenannter Zeitpunkt ist hier der 31. März 1995, also ein Zeitpunkt deutlich vor dem Ablauf des Tages, an dem die Steuerfestsetzung wirksam wurde. Folglich hat die Beklagte bei ihren Berechnungen der Zinsen für Erstattungsbeträge das Ende des Zinslaufs und damit der Verzinsung jeweils auf den 31. März 1995 bestimmt.
Könnte die Klägerin hinsichtlich der überzahlten Gewerbesteuern für das Jahr 1989 Erstattungszinsen für den gesamten Zinslauf in der Zeit vom 1. April 1991 bis zum 31. März 1995 verlangen, so würden auch solche Beträge verzinst, die die Klägerin am 1. April 1991 auf die Gewerbesteuerschuld des Jahres 1989 noch nicht gezahlt hatte. Die Klägerin hat nämlich Teilbeträge von 237 300 DM und 25 600 DM erst am 12. Mai 1992 und am 5. Juli 1993 entrichtet. Dass sie bei einer Erstattung dieser Beträge Erstattungszinsen auch bereits für Zeiten vor der tatsächlichen Zahlung erhält, verhindert § 233 a Abs. 5 Satz 4 AO in Verbindung mit § 233 a Abs. 3 Satz 3 2. Halbsatz AO. Danach nämlich ist bestimmt, dass die Verzinsung frühestens mit dem Tag der Zahlung beginnt. Damit steht fest und ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Beklagte für die genannten Teilbeträge Erstattungszinsen erst ab dem 12. Mai 1992 bzw. dem 5. Juli 1993 zu entrichten hat.
3. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht haben die Vorinstanzen entschieden, dass auch hinsichtlich der Erstattung der genannten Teilbeträge der Zinslauf am 31. März 1995 endet. Dem Berufungsgericht ist nämlich in der Rechtsauffassung beizupflichten, dass die Sondervorschrift über den Beginn der Verzinsung in § 233 a Abs. 3 Satz 3 2. Halbsatz AO an der Festlegung von Beginn und Ende des Zinslaufs in § 233 a Abs. 2 Satz 1 und 3 AO a.F. nichts ändert. Bereits der Wortlaut der Vorschriften deutet auf eine solche Auslegung hin. Der Gesetzgeber bestimmt in § 233 a Abs. 2 Satz 1 und 3 AO a.F. Beginn und Ende des Zinslaufs. Er greift diesen Terminus in § 233 a Abs. 3 Satz 3 2. Halbsatz AO nicht auf und formuliert dort nicht, dass der Zinslauf frühestens mit dem Tag der Zahlung beginne. Vielmehr ist in der genannten Vorschrift geregelt, dass die Verzinsung mit dem Tag der Zahlung ihren Anfang nehme. Der Klägerin ist in der Auffassung zuzustimmen, dass die Begriffe "Zinslauf" und "Verzinsung/Verzinsungszeitraum" in der Sache nichts Unterschiedliches bedeuten. Gemeint ist in beiden Fällen ein Zeitraum, für den Zinsen anfallen. Dies wird auch durch die amtliche Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zu § 233 a AO bestätigt (vgl. BTDrucks 11/2157 S. 194/195). Die Klägerin weist mit Recht darauf hin, dass es dort (S. 195) wörtlich heißt, der "Verzinsungszeitraum" sei auf vier Jahre begrenzt. Allerdings fällt auf, dass zugleich die Regelung des § 233 Abs. 3 Satz 3 2. Halbsatz AO dahingehend erläutert wird, hierdurch werde eine zutreffende Verzinsung in den Fällen mit Zahlungen "nach Beginn des Zinslaufs" erreicht. Hier wird erkennbar, dass der Gesetzgeber in § 233 a Abs. 2 und 3 AO bewusst unterschiedliche Termini verwendet hat. Dies ist für die Frage, ob § 233 a Abs. 3 Satz 3 2. Halbsatz AO einen gegenüber § 233 a Abs. 2 Satz 1 AO veränderten Beginn des Zinslaufs anordnet, von maßgeblicher Bedeutung. Gesetzestechnisch nämlich könnte eine - verdrängende - Spezialität des § 233 a Abs. 3 Satz 3 2. Halbsatz AO nur angenommen werden, wenn der Gesetzgeber in Wirklichkeit auch in dieser Vorschrift den Begriff "Zinslauf" hätte verwenden wollen und nur unabsichtlich dafür einen anderen Begriff eingeführt hätte. Davon kann aber keine Rede sein. Zu Recht knüpft das Berufungsgericht an diesen Austausch der Begriffe die Annahme, dass mit dem Wortlaut des § 233 a Abs. 3 Satz 3 2. Halbsatz AO etwas anderes gemeint sei als der Beginn des Zinslaufs.
Der Bedeutungszusammenhang der Regelungen in § 233 a AO stützt diese Auslegung. Das Gesetz bestimmt in § 233 a Abs. 2 Satz 1 und 3 AO a.F. gewissermaßen den äußersten zeitlichen Rahmen für eine Verzinsung, indem es den Beginn des Zinslaufs und die maximale Dauer dieses Zeitraumes anordnet. Grundsätzlich muss einem Zinsanspruch eine Kapitalforderung zugrunde liegen. Diesem Wesen einer Verzinsung würde es an sich entsprechen, Zinsen nur auf der Grundlage des Unterschiedsbetrages zwischen tatsächlich gezahlten und festgesetzten Steuerbeträgen zu erheben (sog. Ist-Verzinsung). Das Gesetz ordnet indessen in § 233 a AO eine Erhebung der Zinsen nach dem Sollprinzip an. Bei der Soll-Verzinsung ist der Zinsberechnung der Unterschiedsbetrag zwischen dem "Vorsoll" und dem "Soll" der zuletzt festgesetzten Steuer zugrunde zu legen. Dabei ist es grundsätzlich unerheblich, ob das Vorsoll bei Fälligkeit getilgt worden ist oder nicht. Kassenmäßige Vorgänge bleiben weitgehend außer Ansatz. Dieses Prinzip wird bei der Berechnung von Erstattungszinsen eingeschränkt, indem das Gesetz in § 233 a Abs. 3 Satz 3 2. Halbsatz AO den Beginn der Verzinsung hinausschiebt, ohne zugleich den Zinslauf nach § 233 a Abs. 2 AO zu verändern. Dieser Zusammenhang muss so interpretiert werden, dass das Gesetz unter weitgehender Aufrechterhaltung des Prinzips der Soll-Verzinsung einen Einbruch zugunsten des Grundsatzes der Ist-Verzinsung lediglich an einer einzigen Stelle, nämlich der Festsetzung des Beginns einer Verzinsung von Erstattungsbeträgen, festlegt. Dieses System der Verzinsung, das grundsätzlich nach dem Sollprinzip ausgerichtet ist und für die genannte Konstellation ausnahmsweise eine Ist-Verzinsung anordnet, ist verfassungsgemäß; es verstößt insbesondere nicht gegen das Willkürverbot nach Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. BFHE 174, 214; 178, 555; 182, 293).
Schließlich ist nicht erkennbar, dass Sinn und Zweck der Vorschrift oder der Gleichheitsgrundsatz eine andere Auslegung erforderten. Der erklärte Zweck der Vollverzinsung besteht in erster Linie darin, Zins- und Liquidationsvorteile aus Gründen einer Gleichmäßigkeit der Besteuerung abzuschöpfen (vgl. BTDrucks 11/2157 S. 194). Damit geht einher, dass auch Erstattungsbeträge verzinst werden. Dieser Hauptzweck wird nicht durch eine Auslegung gefährdet, die einem Erstattungsgläubiger bei einem späteren Beginn der Verzinsung nach § 233 a Abs. 3 Satz 3 2. Halbsatz AO eine maximal vierjährige Verzinsung versagt. Es ist auch weder aus dem Gesetz selbst noch aus den Materialien zum Gesetz eine Absicht des Gesetzgebers erkennbar, jedem Erstattungsgläubiger eine solche Verzinsung zu gewährleisten. Deutlich wird vielmehr nur die Zweckrichtung, eine Verzinsung unter Abweichung von dem Prinzip der Soll-Verzinsung dann zu versagen, wenn es um Zeiträume geht, in denen ein Mittelabfluss und damit ein auszugleichender Liquiditätsvorteil des Fiskus noch gar nicht zu verzeichnen war. Soweit die Klägerin dagegen gestützt auf Art. 3 Abs. 1 GG einwendet, ihr werde mit einer solchen Interpretation der Vorschriften ohne sachlichen Grund eine vierjährige Verzinsung der Steuererstattung vorenthalten, kann ihr nicht gefolgt werden. Die Klägerin muss sich nämlich entgegenhalten lassen, dass sie die Teilzahlungen von 237 300 DM und 25 600 DM erst erhebliche Zeit nach Ablauf der Karenzfrist und dem damit einhergehenden grundsätzlichen Beginn des Zinslaufs entrichtet hat. Ohne dass es auf die Gründe für diesen Vorgang ankommt, hat sie folglich die genannten Mittel, für die sie in dem entsprechenden Zeitraum keine Verzinsung erhält, selbst nutzbringend einsetzen können. Spätestens mit Ablauf der Karenzzeit trifft den Steuerpflichtigen aus der Sicht des Gesetzgebers eine Obliegenheit, Geldmittel für die Steuerzahlung bereitzuhalten. Wenn diese Geldmittel erst nach diesem Zeitpunkt abfließen, erlangt der Steuerpflichtige bei einer - im Steuerrecht zulässigen (vgl. BVerfGE 13, 318, 329) - wirtschaftlichen Betrachtungsweise einen Liquiditätsvorteil. Dieser gleicht den Nachteil aus, der dem Steuerpflichtigen daraus erwächst, dass ihm im Anwendungsfall des § 233 a Abs. 3 Satz 3 2. Halbsatz eine Verzinsung auf volle vier Jahre vorenthalten wird. Im Ergebnis steht er nicht schlechter da als derjenige Steuerschuldner, der bei Ablauf der Karenzzeit bereits gezahlt hat und als Folge davon eine vierjährige Verzinsung seiner Erstattungsforderung beanspruchen kann. Der Nachteil, der die Klägerin trifft, ist aus diesem Grund - entgegen ihrer Ansicht - nicht als eine Sanktion zu werten. Vielmehr liegt in Fällen der vorliegenden Art ein sachlicher Grund dafür vor, bei einem wegen § 233 a Abs. 5 Satz 4 i.V.m. § 233 a Abs. 3 Satz 3 2. Halbsatz AO verspäteten Beginn der Verzinsung den Verzinsungszeitraum nicht entsprechend zu verlängern.
4. Insgesamt ist mithin in Übereinstimmung mit der vorinstanzlichen Entscheidung festzustellen, dass das Gesetz in § 233 a Abs. 3 Satz 3 2. Halbsatz AO keine spezielle, von dem in § 233 a Abs. 2 Satz 1 AO geregelten Grundsatz abweichende Bestimmung über den Beginn des Zinslaufs trifft. Im Fall der Klägerin begann der Zinslauf folglich am 1. April 1991 und endete am 31. März 1995. Aufgrund der Besonderheit verspäteter Teilzahlungen nach Ablauf der Karenzfrist kann die Klägerin indessen die Verzinsung der ihr zustehenden Erstattungsbeträge gemäß § 233 a Abs. 3 Satz 3 2. Halbsatz AO nur vom Zeitpunkt der Entrichtung dieser Teilzahlungsbeträge bis zum 31. März 1995 verlangen (im Ergebnis ebenso Ruban in: Hübschmann/Hepp/ Spitaler, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung Kommentar, Stand März 1999, § 233 a AO Rn. 38; Baum, Die Vollverzinsung nach § 233 a AO, 1997, Rn. 121; Melchior, DStR 1995, S. 82 ff.; a.A. Tipke/Kruse, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung Kommentar, § 233 a AO Rn. 32). Dem entsprechen die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen der Beklagten.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 19 043 DM festgesetzt.
Ende der Entscheidung
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