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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 21.12.2000
Aktenzeichen: BVerwG 11 C 8.00
Rechtsgebiete: FlurbG
Vorschriften:
FlurbG § 4 | |
FlurbG § 30 | |
FlurbG § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 |
Bei Hofgrundstücken in der Dorflage genießen auch solche Teile des Einlageflurstücks den besonderen Schutz des § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FlurbG, die zwar im räumlichen Zusammenhang mit den Wohn- und Wirtschaftsgebäuden des Hofes liegen, jedoch keinen unmittelbaren betriebswirtschaftlichen Nutzen für einen landwirtschaftlichen Betrieb aufweisen (im Anschluss an das Urteil vom 30. September 1992 - BVerwG 11 C 1.92 - <Buchholz 424.01 § 37 Nr. 24>).
Urteil des 11. Senats vom 21. Dezember 2000 - BVerwG 11 C 8.00 -
I. OVG Lüneburg - Flurbereinigungsgericht - vom 15.03.2000 - Az.: OVG 15 K 1907/99 -
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
BVerwG 11 C 8.00 OVG 15 K 1907/99
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 11. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 21. Dezember 2000 durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Hien und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost, Kipp, Vallendar und Prof. Dr. Rubel
ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:
Tenor:
Das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Flurbereinigungsgericht) vom 15. März 2000 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Gründe:
I.
Der Kläger und der Beigeladene sind Teilnehmer am vereinfachten Flurbereinigungsverfahren W., das durch Flurbereinigungsbeschluss vom 3. November 1988 eingeleitet wurde. Dabei wurden auch die Hofgrundstücke des Klägers (Flurstück 383/76 der Flur 4 der Gemarkung W., die Flurstücksbezeichnung im Neubesitz lautet Flurstück 48 der Flur 16) und des Beigeladenen (Flurstück 79/1 der Flur 4 der Gemarkung W., die Flurstücksbezeichnung im Neubesitz lautet Flurstück 47 der Flur 16) in das Verfahren einbezogen. Die jeweils etwa 3 000 m² großen Hofgrundstücke grenzen in der Dorflage von W. aneinander. Zur Begründung für die Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens heißt es im Flurbereinigungsbeschluss, in dem vorgesehen Flurbereinigungsgebiet sollten die landwirtschaftlichen Arbeits- und Produktionsverhältnisse dadurch verbessert werden, dass Wirtschaftsflächen zusammengelegt, Flächenzuschnitt und Erschließungswege den Anforderungen an eine moderne Bewirtschaftungsweise entsprechend gestaltet würden; dabei seien die Möglichkeiten der Flurneuordnung zur Wiederherstellung einer vielfältigen Landschaft unter Berücksichtigung ökologischer Erkenntnisse und zum Bodenschutz zu nutzen (§ 86 Abs. 3 FlurbG). In der Ortslage von W. sollten die Wohn- und Arbeitsverhältnisse der Einwohner durch Dorferneuerungsmaßnahmen im Rahmen der Flurbereinigung verbessert werden.
Das Amt für Agrarstruktur Lüneburg ordnete im Juni 1996 die vorläufige Besitzeinweisung an und gab den Beteiligten am 3. April 1998 den Flurbereinigungsplan bekannt. Dabei wurde im Neubesitz des Beigeladenen das Hofgrundstück (Flurstück 47 der Flur 16) zugunsten des Hofgrundstückes des Klägers (Flurstück 48 der Flur 16) um 32 m² verkleinert. Dabei handelt es sich um eine Fläche, die der Kläger als Zufahrt zu seiner Hofstelle vom Wiesenweg aus nutzt.
Der Beigeladene erhob dagegen Widerspruch und machte geltend, sein Großvater habe dem Eigentümer des Nachbarhofs aus Gutmütigkeit nicht verboten, über den östlichen Zipfel seiner Hofstelle zu fahren, so dass dort im Laufe der Jahre eine Zufahrt zum Nachbarhof entstanden sei. Er sei aber nicht bereit, einen Teil seines Eigentums abzugeben und seine seit Jahrhunderten bestehende Hofanlage zu verändern. Dafür bestehe auch keine Notwendigkeit, weil der Kläger die ursprüngliche Hofzufahrt vom Dorfplatz aus ohne größeren Aufwand wiederherstellen könne.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25. März 1999 hob die Beklagte die im Flurbereinigungsplan festgelegte neue Grenze zwischen den Abfindungsflurstücken 47 und 48 der Flur 16 auf und ordnete die Wiederherstellung der Grenze nach dem Liegenschaftskataster an. Ein Eingriff in die durch § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FlurbG geschützten Hof- und Gebäudeflächen sei nicht notwendig und deshalb unzulässig.
Dagegen hat der Kläger Klage erhoben und vorgetragen, der Widerspruchsbescheid verletze ihn in seinen Rechten. Die Ortslage von W. sei in das Flurbereinigungsverfahren einbezogen worden. Dabei seien die Hofstellen neu vermessen worden. Im Zuge der Vermessung habe man festgestellt, dass ein Teil seiner Hofzufahrt auf dem Grundstück des Beigeladenen liege. Dies sei vor 1900 von seinen Vorfahren mit den Vorfahren des Beigeladenen vereinbart worden. Daran habe sich die Bebauung seiner mittlerweile unter Denkmalschutz stehenden Hofstelle orientiert.
Der Kläger hat beantragt,
den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 25. März 1999 aufzuheben.
Die Beklagte und der Beigeladene haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben dabei an ihrer Auffassung festgehalten, die Hofstelle des Beigeladenen sei durch § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FlurbG vor Veränderungen geschützt.
Mit Urteil vom 15. März 2000 hat das Flurbereinigungsgericht den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 25. März 1999 aufgehoben.
Es hat zur Begründung ausgeführt, die von der Flurbereinigungsbehörde in der Dorflage von W. vorgenommene Veränderung der Hofgrundstücke des Klägers und des Beigeladenen sei mit dem Zweck des vereinfachten Flurbereinigungsverfahrens, wie er sich aus dem Flurbereinigungsbeschluss ergebe, durchaus vereinbar. Entgegen der Auffassung der Beklagten könne daraus nämlich nicht gefolgert werden, dass eine Veränderung in der Dorflage von vornherein nicht beabsichtigt worden sei.
Der Beigeladene könne sich hinsichtlich der Verkleinerung seiner Hofstelle auch nicht auf § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FlurbG berufen. Danach könnten Hof- und Gebäudeflächen nur verändert werden, wenn der Zweck der Flurbereinigung dies erfordere. Der 32 m² große Grundstücksteil, den das Amt für Agrarstruktur dem Kläger zu Lasten des Beigeladenen zugeteilt habe, stelle jedoch keine Hoffläche des Beigeladenen im Sinne dieser Bestimmung dar. Hofflächen seien nämlich im Falle eines landwirtschaftlichen Betriebs nur Grundstücke oder Grundstücksteile, die im räumlichen Zusammenhang mit den Wohn- und Wirtschaftsgebäuden stünden und dauernd dazu bestimmt seien, der Betriebsführung des Hofs zu dienen. Die Eigenschaft eines Grundstücksteils als Hoffläche hänge daher nicht von dessen grundbuch- oder katastermäßiger Zugehörigkeit, sondern von den betriebswirtschaftlichen Verhältnissen ab. Hier sei die streitige Fläche seit vielen Jahren vom Kläger als Teil seiner Hofzufahrt genutzt worden. Sie habe danach schon seit langem nicht mehr der Betriebsführung des Hofs des Beigeladenen gedient.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die vom Bundesverwaltungsgericht zugelassene Revision des Beigeladenen.
In Übereinstimmung mit der Beklagten wird zur Begründung der Revision ausgeführt, eine Veränderung der Hofstellensituation in der Dorflage von W. sei unzulässig. Bereits der Flurbereinigungsplan lasse eine dahingehende Zweckbestimmung nicht erkennen. § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FlurbG schütze zudem die Eigentümer von Hofgrundstücken in der engeren Dorflage ausdrücklich davor, dass mit den Mitteln der Flurbereinigung Veränderungen vorgenommen oder Nachbarstreitigkeiten entschieden würden.
Der Beigeladene und die Beklagte beantragen sinngemäß,
das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Flurbereinigungsgericht) vom 15. März 2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er beruft sich darauf, dass die streitige Fläche seinem landwirtschaftlichen Betrieb seit mehr als hundert Jahren als Hofzufahrt diene. Der Kläger meint, dass er deshalb das Eigentum nach § 900 Abs. 1 BGB ersessen habe, ohne dass dies bisher im Liegenschaftskataster berücksichtigt worden sei. Im Übrigen sei der Zugang zu seinem Grundstück vom Wiesenweg aus die einzig befahrbare Hofzufahrt. Die Herstellung einer anderen Zufahrt sei nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich. Dies habe die Flurbereinigungsbehörde bei ihrer betriebswirtschaftlichen Betrachtungsweise zu Recht erkannt und ihm deshalb die streitige Fläche zugeschlagen.
Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich am Verfahren und tritt inhaltlich der Revision bei.
II.
Die zulässige Revision des Beigeladenen, über die der Senat im Einverständnis aller Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist begründet. Die das Urteil des Flurbereinigungsgerichts tragenden Erwägungen, der im Flurbereinigungsbeschluss festgeschriebene Zweck des Verfahrens und § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FlurbG hinderten eine Veränderung des Hofgrundstückes des Beigeladenen nicht, stehen mit dem Bundesrecht nicht im Einklang. Das Urteil des Flurbereinigungsgerichts ist deshalb mit der Folge der Klageabweisung aufzuheben.
1. In nicht zu beanstandender Weise ist die Vorinstanz in Übereinstimmung mit der Flurbereinigungsbehörde zunächst davon ausgegangen, dass die streitige Hofeinfahrtsfläche von 32 m² zum Einlageflurstück 79/1 der Flur 4 in der Gemarkung W., mithin zum Hofgrundstück des Beigeladenen gehört. Soweit der Kläger einen Eigentumsübergang nach § 900 BGB anführt, ist eine dazu erforderliche zivilrechtliche Klärung bisher unterblieben. Es ist nicht Aufgabe des Flurbereinigungsverfahrens, strittige Grenzverläufe richtig zu ermitteln (vgl. BVerwG, Beschluß vom 9. Juli 1999 - BVerwG 11 B 12.99 - Buchholz 424.01 § 13 Nr. 3).
2. Das Flurbereinigungsgericht hat in dem angefochtenen Urteil den Standpunkt eingenommen, die Veränderungen an den Hofgrundstücken des Klägers und des Beigeladenen seien vom Zweck des Verfahrens, so wie er im Einleitungsbeschluss festgeschrieben worden sei, umfasst. Bereits dieser Ausgangspunkt erweist sich als fehlerhaft. Der Flurbereinigungsbeschluss kann nämlich bei verständiger Würdigung aus der Sicht der Betroffenen nur so verstanden werden, dass er in der Ortslage von W. die Verbesserung der Wohn- und Arbeitsverhältnisse der Einwohner durch Dorferneuerungsmaßnahmen zum Gegenstand des Verfahrens gemacht hat. Darauf hat die Beklagte bereits im vorinstanzlichen Verfahren zu Recht hingewiesen. Zwar war Zweck des Verfahrens daneben, die landwirtschaftlichen Arbeits- und Produktionsverhältnisse dadurch zu verbessern, dass Wirtschaftsflächen zusammengelegt und der Flächenzuschnitt sowie die Erschließungswege den Anforderungen an eine moderne Bewirtschaftungsweise gemäß gestaltet werden sollten; doch kann die Begründung des Flurbereinigungsbeschlusses vom 3. November 1988 nicht so interpretiert werden, als würden in der Dorflage von W. die beiden genannten Zwecke gleichermaßen verfolgt. Wäre dies der Fall gewesen, so hätte in geeigneter Weise zum Ausdruck gebracht werden müssen, dass in der Dorflage außerdem, auch oder gleichzeitig Dorferneuerungsmaßnahmen erfolgen sollten. Das ist nicht geschehen, so dass die Eigentümer in der Dorflage bei Einleitung des Verfahrens davon ausgehen konnten, der unveränderte Bestand ihrer Grundstücke sei durch die beabsichtigten Dorferneuerungsmaßnahmen nicht in Frage gestellt. Bereits diesen Umstand kann der Beigeladene dem Flurbereinigungsplan entgegenhalten. Der mit der Klage angegriffene Widerspruchsbescheid führt dies zu Recht aus.
Das angefochtene Urteil enthält im Übrigen keine Feststellungen dazu, ob die Hofgrundstücke des Klägers und des Beigeladenen im Wertermittlungsverfahren nach §§ 27 ff. FlurbG beurteilt worden sind. Trifft zu, was die Beklagte bereits mit Schriftsatz vom 21. Februar 2000 gegenüber dem Flurbereinigungsgericht vorgetragen hat, so hat auch die Flurbereinigungsbehörde jedenfalls ursprünglich nur Dorferneuerungsmaßnahmen ohne Grundstücksveränderungen beabsichtigt. Anders wäre nämlich nicht zu erklären, dass danach eine Wertermittlung in der Dorflage nicht stattgefunden hat.
3. Soweit das Flurbereinigungsgericht unabhängig davon entscheidend darauf abgestellt hat, dem fraglichen Einlageflurstück des Beigeladenen komme in Bezug auf den Flächenanteil von 32 m² der besondere Schutz des § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FlurbG nicht zu, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Jedenfalls für Hofgrundstücke innerhalb historisch gewachsener Dorflagen liegt darin eine zu restriktive Anwendung der genannten Schutzvorschrift.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts genießen den besonderen Schutz des § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FlurbG nur solche Flächen, die in dem nach § 44 Abs. 1 Sätze 3 und 4 FlurbG maßgebenden Zeitpunkt in der in der einschlägigen Schutznorm bezeichneten Weise genutzt werden oder die dort angeführten Anlagen aufweisen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. September 1976 - BVerwG 5 B 56.74 - <Buchholz 424.01 § 45 Nr. 8 S. 2>; Beschluss vom 11. Januar 1990 - BVerwG 5 B 103.89 - <Buchholz 424.01 § 45 Nr. 19>; Urteil vom 30. September 1992 - BVerwG 11 C 1.92 - <Buchholz 424.01 § 37 Nr. 24 S. 20>). Als Hofflächen sind danach im Grundsatz diejenigen Grundstücke anzusehen, die im räumlichen Zusammenhang mit den Wohn- und Wirtschaftsgebäuden liegen und dazu bestimmt sind, der Betriebsführung des Hofes zu dienen (vgl. BVerwGE 80, 193/194 f.). Daran anknüpfend stellt das angefochtene Urteil darauf ab, die Voraussetzungen für eine Hoffläche lägen nicht vor, weil die umstrittene Teilfläche gerade nicht der Betriebsführung des Hofes des Beigeladenen, sondern der des Klägers diene.
b) Dies trifft zwar zu; jedoch dürfen die beschriebenen Definitionsmerkmale nicht schematisch, sondern grundsätzlich nur in einer Weise angewendet werden, die dem Schutzzweck des § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FlurbG entspricht. Dies gilt insbesondere für Hofgrundstücke in historisch gewachsenen Dorfkernen. Zwar wird es auch hier auf den räumlichen Zusammenhang mit den Wohn- und Wirtschaftsgebäuden des gegenwärtigen - oder ehemaligen - landwirtschaftlichen Betriebes ankommen; jedoch muss in dem vorliegenden Zusammenhang auf das Merkmal eines unmittelbaren betriebswirtschaftlichen Nutzens verzichtet werden. Stattdessen ist auf die bebaute Eigentumsfläche abzustellen, so wie sie sich in der Ortslage historisch entwickelt hat.
Dass es Fallkonstellationen gibt, in denen der Schutz des § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FlurbG Platz greift, auch ohne dass das zuvor genannte Merkmal eines unmittelbaren betriebswirtschaftlichen Nutzens gegeben ist, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ohnedies bereits anerkannt. So hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 30. September 1992 (a.a.O. S. 19) entschieden, dass auch Flurbereinigungsteilnehmer, die keinen (Land-)Wirtschaftsbetrieb führen, als Eigentümer eines Hausgrundstückes eine den Schutz des § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FlurbG genießende Hoffläche haben können (vgl. ebenso OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. Januar 1962 - OVG 3 C 66/61 - RdL 1963, 165; BayVGH, Urteil vom 31. Juli 1986 - Nr. 13 A 83 A.784 - RdL 1989, 15/16). Ihnen will die Vorschrift die Nutzung ihres Grundstückes zu Wohnzwecken sichern und im Interesse dieser Nutzung vor allem den ungehinderten Zugang zum Wohngebäude erhalten. Auf einen Nutzen der Fläche im betriebswirtschaftlichen Sinn kommt es danach nicht an.
Ähnlich müssen im Ergebnis die Besonderheiten des vorliegenden Falles beurteilt werden. Der Halbrundling von W. mit den Hofgrundstücken des Klägers und des Beigeladenen bildet einen über lange Zeit zusammengewachsenen historischen Dorfkern, in dem die Einlageflurstücke 79/1 und 383/76 der Flur 4 von jeweils etwa 3 000 m² Größe in ihrem Bestand und in ihrer gemeinsamen Grenze seit Jahrzehnten unverändert sind. Bei der keineswegs untypischen Grundstücksgröße liegt zudem auf der Hand, dass auch bei Fortbestehen der landwirtschaftlichen Betriebsführung nicht für jeden Flächenteil jeweils eine aktuelle betriebswirtschaftliche Nutzung festgestellt werden kann. So kann etwa dem zur Hofanlage gehörenden Blumengarten, der kaum der Führung des landwirtschaftlichen Betriebes dienen wird, nicht deshalb der Schutz des § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FlurBG entzogen werden. Daraus ergibt sich, dass bereits unter Würdigung der bisherigen Rechtsprechung als verfehlt angesehen werden muss, bei Hofgrundstücken in der Dorflage nur solche Flächen in den hier fraglichen Schutzbereich einzubeziehen, die für den Einlagebesitz betriebswirtschaftlich aktuell erforderlich sind. Gerade in der engeren Dorflage erfordert § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FlurbG vielmehr, entsprechend seinem Wortlaut als Hoffläche den historisch gewachsenen Grundstücksbestand aufzufassen.
Es ist allerdings nicht zu verkennen, dass in dem vorliegenden Streit die umstrittene Fläche nicht nur keinen aktuellen betriebswirtschaftlichen Wert für den Betrieb des Beigeladenen hat, sondern darüber hinaus seit Jahrzehnten tatsächlich vom Kläger genutzt wird und für seine Landwirtschaft als Hofzufahrt von Bedeutung ist. Es ist indessen nicht Aufgabe des Flurbereinigungsverfahrens, im Einzelnen zu klären, worauf diese Überlassung beruht, ob sie sachenrechtliche Folgen nach sich gezogen hat und wie die sich heute daraus ergebenden zivilrechtlichen Streitigkeiten zu entscheiden sind (vgl. dazu auch BVerwG, Beschluss vom 9. Juli 1999 - BVerwG 11 B 12.99 - a.a.O.). Daraus muss gefolgert werden, dass die genannten Umstände für die Bestimmung des Schutzbereichs nach § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FlurbG außer Betracht zu bleiben haben. Ob die 32 m² große Teilfläche als Bestandteil des Einlageflurstücks des Beigeladenen Hoffläche nach § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FlurbG ist, kann nicht wegen der umstrittenen Nutzung durch einen Dritten in Frage gestellt werden. Dessen Belange sind vielmehr im Rahmen des § 45 FlurbG bei der Prüfung einzubeziehen, ob Veränderungen wegen des Zwecks der Flurbereinigung erforderlich werden.
4. Sind die tragenden Erwägungen des angefochtenen Urteils danach mit dem Bundesrecht nicht vereinbar, erweist sich die Entscheidung auch nicht im Sinne des § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als zutreffend.
Dies gilt schon deswegen, weil selbst eine Aussage dahin, der Eingriff in die Hoffläche des Beigeladenen sei nach § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FlurbG notwendig, nicht den Fehler zu heilen vermöchte, dass Veränderungen in der Hoflage vom hier festgeschriebenen Zweck des Flurbereinigungsverfahrens nicht gedeckt waren.
Im Übrigen sprechen mit dem Widerspruchsbescheid die Umstände dagegen, dass der Zweck der Flurbereinigung eine Veränderung der Hofflächen erfordert haben könnte.
Diese Voraussetzung ist nur dann gegeben, wenn ausnahmsweise das gesetzlich anerkannte besondere Interesse des Eigentümers an der unveränderten Zuteilung seines Hofgrundstücks zurückzutreten hat (vgl. BVerwGE 55, 48). Die Veränderung ist dagegen unzulässig, wenn sich der Interessierte durch betriebliche Umgestaltung oder durch zumutbare besondere Opfer selbst helfen kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Dezember 1978 - BVerwG 5 CB 62.76 - <Buchholz 424.01 § 45 Nr. 11>). Bei Anwendung dieser Kriterien kann vorliegend von der Erforderlichkeit einer Hofflächenveränderung nicht ausgegangen werden. Der Kläger hat die umstrittene Teilfläche seit Jahrzehnten für die Zwecke seiner Hofeinfahrt unbeanstandet genutzt. Die Einzelheiten der dem zugrunde liegenden zivilrechtlichen Vereinbarung sind ungeklärt. Der Kläger macht nunmehr hinsichtlich der Fläche unter Abweichung vom Liegenschaftskataster Eigentumsrechte geltend. Die sich daraus ergebenden Möglichkeiten, den nachbarschaftlichen Streit zivilrechtlich entweder gütlich beizulegen oder streitig auszutragen, haben die Beteiligten nicht ausgeschöpft. Das Flurbereinigungsverfahren bietet dafür keinen Ersatz.
Im Übrigen ist es nach den zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen für den Kläger weder rechtlich noch tatsächlich unmöglich, für sein Hofgrundstück eine ausreichende Zufahrt herzustellen, wenn er die bisherige Möglichkeit der Nutzung eines Grundstücksteiles des Beigeladenen verlieren sollte. Insbesondere wäre dann zu erwägen, die Zufahrt nach vorheriger etwaiger Einschaltung der Denkmalschutzbehörde über die Grundfläche des bisher vorhandenen Treckerschuppens herzustellen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 3 000 DM festgesetzt.
Ende der Entscheidung
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