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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 22.12.1999
Aktenzeichen: BVerwG 11 C 9.99
Rechtsgebiete: GG, StGB, GjS, JÖSchG, GewO, OWiG


Vorschriften:

GG Art. 72 Abs. 1
GG Art. 105 Abs. 2 a
StGB § 131 Abs. 1
StGB § 11 Abs. 3
GjS § 1 Abs. 3
GjS § 6
GjS § 21
JÖSchG § 8
GewO §§ 33 c ff.
OWiG § 118
Leitsatz:

Die von einer Kommune in ihrer Vergnügungssteuersatzung vorgesehene erhöhte Besteuerung von Gewaltspielautomaten, für die das Bundesrecht zwar gewisse Beschränkungen, aber kein generelles Verbot enthält, verstößt nicht gegen den vom Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung (vgl. BVerfGE 98, 106 <130/131>; 98, 265 <298 ff.>) aufgestellten Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung.

Urteil des 11. Senats vom 22. Dezember 1999 - BVerwG 11 C 9.99 -

I. VG Göttingen vom 07.09.1994 - Az.: VG 3 A 3010/92 - II. OVG Lüneburg vom 30.11.1998 - Az.: OVG 13 L 6854/94 -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 11 C 9.99 OVG 13 L 6854/94

Verkündet am 22. Dezember 1999

Kettlitz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 11. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 22. Dezember 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Hien und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost, Kipp, Vallendar und Prof. Dr. Rubel

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 30. November 1998 wird aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Göttingen vom 7. September 1994 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens.

Gründe:

I.

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu Vergnügungssteuern für die Aufstellung von Geldautomaten, die der Beklagte als gewaltdarstellend eingestuft hat.

§ 9 Ziff. 3 der Vergnügungssteuersatzung - VStS - des Beklagten vom 8. November 1985 in der Fassung der mit Wirkung vom 1. Juli 1991 in Kraft getretenen zweiten Änderungssatzung vom 1. März 1991 setzte für "sonstige Geräte ohne Gewinnmöglichkeit, mit denen sexuelle Handlungen oder Gewalttätigkeiten dargestellt werden oder die eine Verherrlichung oder Verharmlosung des Krieges zum Gegenstand haben", einen Steuersatz von 500 DM je Gerät für jeden angefangenen Kalendermonat fest. Für sonstige Geräte ohne Gewinnmöglichkeit mit Ausnahme der Geräte nach Ziff. 3 betrug in Spielhallen der Steuersatz 60 DM monatlich (§ 9 Ziff. 2.2 VStS).

Durch Bescheid vom 29. August 1991 veranlagte der Beklagte die Klägerin für 85 "normale" Unterhaltungsgeräte und für 28 namentlich bezeichnete sogenannte "gewalt- bzw. kriegsverherrlichende" Unterhaltungsgeräte für die Zeit vom 1. August 1991 bis zum 31. Dezember 1991 zu einer monatlichen Vergnügungssteuer von 19 100 DM. Hiergegen legte die Klägerin im September 1991 Widerspruch ein, der sich gegen die erhöhte Besteuerung der Geräte Vapor Trail, Cadash, Air Buster, Aliens und Sky Adventure richtete. Zur Begründung machte die Klägerin geltend, diese Geräte unterfielen nicht dem § 9 Ziff. 3 VStS, da es sich lediglich um Reaktionsspiele handele. In bezug auf diesen Vortrag wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Dagegen hat die Klägerin im Februar 1992 Klage zum Verwaltungsgericht erhoben und vorgetragen: § 9 Ziff. 3 VStS sei eine Ausnahmevorschrift, so daß nur solche Spiele dem Sondersteuertatbestand unterfielen, die sich klar und deutlich einordnen ließen. Die vom Lenkungszweck umfaßte Brutalisierungsgefahr müsse daher positiv festgestellt werden, was zum Beispiel nicht der Fall sei, wenn Fabelwesen, Ungeheuer oder tierähnliche Wesen eine bedeutende Rolle im Spiel einnähmen. Die fünf strittigen Spiele fielen bei Anlegung dieser Maßstäbe eindeutig nicht unter den Sondersteuertatbestand.

Das Verwaltungsgericht hat die fünf streitigen Spiele in der Spielothek der Klägerin in Augenschein genommen. Es hat danach aufgrund mündlicher Verhandlung die Klage im wesentlichen abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

Gegen die Vergnügungssteuersatzung seien rechtliche Bedenken nicht zu erheben. Die Vergnügungssteuer für sog. "gewalt- bzw. kriegsverherrlichende" Geräte ohne Gewinnmöglichkeit in Höhe von 500 DM monatlich (§ 9 Ziff. 3 VStS) sei eine auf die Benutzer abwälzbare Aufwandsteuer i.S. von Art. 105 Abs. 2 a GG. Sie habe keine erdrosselnde Wirkung in dem Sinn, daß sie ersichtlich darauf ausginge, die Erfüllung des Steuertatbestandes praktisch unmöglich zu machen. Es seien keine genügenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß die erhöhte Besteuerung von "gewalt- und kriegsverherrlichenden" Automaten die Aufstellung solcher Spielgeräte unmöglich mache; denn solche Geräte würden auch bei einem Steuersatz von 500 DM monatlich weiter betrieben.

Der Beklagte habe auch zutreffend vier der hier umstrittenen fünf Spielgeräte - Vapor Trail, Air Buster, Sky Adventure und Aliens - nach § 9 Ziff. 3 VStS mit einem erhöhten Steuersatz von 500 DM veranlagt. Demgegenüber sei die Veranlagung des TV-Spiels Cadash rechtlich zu beanstanden, weil dieses Spiel nicht dem § 9 Ziff. 3 VStS unterfalle. Diese Auffassung hat das Verwaltungsgericht anhand einer Analyse der jeweiligen Spielinhalte näher begründet.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Aufgrund eines zuvor erteilten rechtlichen Hinweises des Oberverwaltungsgerichts hat sie unter Aufrechterhaltung und Vertiefung ihres Vorbringens im übrigen geltend gemacht, die beanstandete Besteuerung greife mit ihrem Lenkungszweck unzulässig in einen vom Bundesgesetzgeber abschließend geregelten Normenkomplex ein und mache damit die Rechtsordnung widersprüchlich. Dies führe zur Nichtigkeit der fraglichen Satzungsbestimmung.

Mit Urteil vom 30. November 1998 hat das Oberverwaltungsgericht der Berufung stattgegeben und die Bescheide des Beklagten aufgehoben, soweit die Spiele Vapor Trail, Air Buster, Aliens und Sky Adventure besteuert worden seien. Zur Begründung hat es ausgeführt, aufgrund Augenscheinseinnahme in der mündlichen Verhandlung folge sie dem Verwaltungsgericht in der Beurteilung, daß mit den vier streitigen Spielen im Sinne von § 9 Ziff. 3 VStS Gewalttätigkeiten dargestellt würden, die sich nach dieser Vorschrift nicht gegen Menschen richten müßten. § 9 Ziff. 3 VStS enthalte indessen, soweit er Gewalttätigkeiten darstellende Spielautomaten in Spielhallen betreffe, einen nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unzulässigen Übergriff in die bundesrechtlich geregelte Ordnung dieses Sachbereichs. § 9 Ziff. 3 VStS widerspreche mit seiner prohibitiven Lenkungswirkung insoweit dem aus § 131 StGB, § 118 OWiG, § 6 GjS, § 8 JÖSchG und den §§ 33 c ff. GewO gebildeten Normenkomplex. Die Gesamtheit dieser Regelungen zwinge zu dem Schluß, daß Gewalt- und Kriegsspielautomaten nach der Entscheidung des Bundesgesetzgebers in den nur Erwachsenen zugänglichen Spielhallen bis zur Schwelle der § 131 StGB, § 118 OWiG erlaubt seien. Insbesondere das Jugendschutzgesetz habe diese Grenze negativ wie positiv gezogen, indem es den § 131 StGB weiter gefaßt und in § 8 Abs. 3 bis 5 JÖSchG für elektronische Bildschirm-Unterhaltungsgeräte sowie sonstige Unterhaltungsspielgeräte, mit denen unter anderem Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Tiere dargestellt würden, zwar Aufstell- und Benutzungsverbote vorgesehen, solche Geräte aber im übrigen für Erwachsene nicht verboten habe.

Ob diese Entscheidungen des Bundesgesetzgebers auch durch wissenschaftliche Untersuchungen untermauert würden oder im Gegenteil neuere Entwicklungen gerade ein erweitertes Verbot von Gewaltspielautomaten nahelegten, sei für die rechtliche Beurteilung unerheblich. Jedenfalls könne das vom Bundesgesetzgeber hergestellte Ergebnis nicht dadurch verschärft werden, daß Kommunen durch ihre Vergnügungssteuersatzungen unerwünschte Gewaltspielgeräte in Spielhallen mittels ihres prohibitiven Steuersatzes in weitergehendem Maße "verböten". Denn die Länder und Gemeinden seien auch dort, wo sie eine Bundesregelung für unzulänglich und darum reformbedürftig erachteten, nicht berechtigt, kompetenzgemäß getroffene Entscheidungen des Bundes "nachzubessern".

Gegen diese ihr am 15. Dezember 1998 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 11. Januar 1999 eingegangene, vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision des Beklagten.

Der Beklagte macht geltend, das Berufungsurteil verletze Art. 105 Abs. 2 a und Art. 28 Abs. 2 GG. Er habe aufgrund der Ermächtigung durch das Kommunalabgabengesetz des Landes Niedersachsen für den Bereich der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz nach Art. 105 Abs. 2 a GG. Im Rahmen dessen dürfe er auch Lenkungszwecke verfolgen, wofür keine ausdrückliche Sachkompetenz neben der Steuerkompetenz erforderlich sei. Mit der Vergnügungssteuersatzung werde die Absicht verfolgt, die Zunahme der Spielhallen in Göttingen einzuschränken und damit die Spielsucht zu bekämpfen. Dieses Ziel befinde sich in Übereinstimmung mit den vom Berufungsgericht zitierten bundesgesetzlichen Vorschriften. Insgesamt verfolge der Bundesgesetzgeber eine restriktive Gesamtkonzeption. Der Zugang zu bestimmten Orten werde beschränkt, die Verbreitung bestimmter Medien reglementiert und die Darstellung bestimmter Gewalttätigkeiten verboten. Für nicht verbotene Sachverhalte sehe der Bundesgesetzgeber keine bestimmte Umgangsweise vor, also gerade nicht wie im Abfallrecht ein Kooperationsmodell. Dies unterscheide den vorliegenden Fall von den Konstellationen, die das Bundesverfassungsgericht in den vom Oberverwaltungsgericht zitierten Entscheidungen zu beurteilen gehabt habe. Der im angefochtenen Urteil behauptete Widerspruch bestehe mithin nicht.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 30. November 1998 aufzuheben und die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Oberbundesanwalt unterstützt die Auffassung des Beklagten.

II.

Die zulässige Revision ist begründet. Das Berufungsurteil steht mit Bundesrecht nicht im Einklang. Dies führt zu seiner Aufhebung und zur Zurückweisung der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts.

A. In seinem - die Erhebung einer kommunalen Verpackungssteuer betreffenden - Urteil vom 7. Mai 1998 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 98, 106 ff.) nochmals die langjährige Rechtsprechung bestätigt, daß eine auf Art. 105 Abs. 2 a GG in Verbindung mit dem Kommunalabgabengesetz eines Landes beruhende satzungsrechtliche Steuerregelung, die Lenkungswirkungen in einem nicht steuerlichen Kompetenzbereich entfaltet, keiner zur Steuergesetzgebungskompetenz hinzutretenden Sachkompetenz bedarf. Der Steuergesetzgeber ist deshalb zur Regelung von Lenkungssteuern zuständig, mag die Lenkung Haupt- oder Nebenzweck sein (vgl. BVerfGE 55, 274 <299>; 98, 106 <118>). Zugleich hat das Bundesverfassungsgericht jedoch darauf hingewiesen, die Ausübung der Steuergesetzgebungskompetenz zur Lenkung in einem anderweitig geregelten Sachbereich sei nur zulässig, wenn dadurch die Rechtsordnung nicht widersprüchlich werde. Greife die steuerliche Lenkung auf eine Sachmaterie über, dürfe der Steuergesetzgeber nicht Regelungen herbeiführen, die den vom zuständigen Sachgesetzgeber getroffenen Regelungen widersprächen (a.a.O. S. 118). Die Steuerregelung dürfe deshalb weder der Gesamtkonzeption der sachlichen Regelung noch konkreten Einzelregelungen zuwiderlaufen. Im Urteil vom 27. Oktober 1998 zum Bayerischen Schwangerenhilfeergänzungsgesetz hat das Bundesverfassungsgericht diese letztlich aus dem Rechtsstaatsprinzip gefolgerte Konzeption nochmals bestätigt (BVerfGE 98, 265 <298 ff.>).

In Anwendung dieser Maßstäbe, denen der erkennende Senat folgt, geht das Berufungsgericht fehl in seiner Annahme, das das Gewerbe der Spielautomatenaufsteller betreffende Bundesrecht weise eine Gesamtkonzeption auf, die eine Satzungsregelung, die Gewaltspielautomaten mit einem höheren Steuersatz als andere Automaten belegt, als im Widerspruch dazu stehend erscheinen lasse. Vielmehr liegt diese Voraussetzung, auf die es nach der zitierten Rechtsprechung konstitutiv ankommt, gerade nicht vor.

1. Mit § 131 Abs. 1, § 11 Abs. 3 StGB, § 118 Abs. 1 OWiG, §§ 6 i.V.m. 1 Abs. 3, § 21 GjS, § 8 JÖSchG, §§ 33 c ff. GewO und der Spielverordnung hat das Oberverwaltungsgericht den Normenkomplex, den der Bundesgesetzgeber im Rahmen seiner Zuständigkeiten nach Art. 74 Abs. 1 Nrn. 1, 7 und 11 GG zur Regelung des Rechts der Aufstellung von Spielautomaten erlassen hat, zutreffend beschrieben. Diese Normen enthalten das Verbot der Darstellung bestimmter Gewalttätigkeiten, sie reglementieren die Verbreitung bestimmter Medien, beschränken den Zugang zu bestimmten Aufstellorten der fraglichen Spielautomaten und unterwerfen daneben die Gewerbetreibenden einer ganzen Reihe von Regeln bei der Ausübung des Gewerbes. Zu Recht stellt das Berufungsgericht fest, über die Tatbestände der § 131 StGB, § 118 OWiG hinausgehende Beschränkungen hinsichtlich des Spielprogramms von Unterhaltungsspielgeräten ohne Gewinnmöglichkeit in Spielhallen seien nicht feststellbar. Folglich sind Gewaltspielgeräte unterhalb der Schwelle der § 131 StGB, § 118 OWiG in Spielhallen nicht verboten. Allerdings enthält auch die Vergnügungssteuersatzung des Beklagten mit ihrer in § 9 Ziff. 3 VStS festgelegten erhöhten Besteuerung kein Verbot entsprechender Geräte. Die Formulierung des Oberverwaltungsgerichts, dieser Steuertatbestand widerspreche "mit seiner prohibitiven Lenkungswirkung" (UA S. 16) dem bundesrechtlichen Normenkomplex, ist insofern mißverständlich. Zu Recht hat bereits das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, daß der Steuersatz von 500 DM monatlich gewiß eine eindämmende, doch keine erdrosselnde Wirkung hat, sich also nicht etwa als faktisches Verbot auswirkt. Dem widersprechende tatsächliche Feststellungen trifft das Berufungsurteil nicht. Im übrigen hat die Klägerin eine entsprechende Wirkung selbst nicht geltend gemacht. Mithin ist zunächst zu konstatieren, daß ein echter Normwiderspruch, also ein Zustand, in dem zwei Regelungen für denselben Sachverhalt zwei einander ausschließende, also miteinander unvereinbare Rechtsfolgen anordnen, nicht besteht. Die Notwendigkeit zur Überwindung eines solchen Widerspruchs (vgl. dazu Sendler, NJW 1998, S. 2875) ist damit nicht gegeben.

2. Auch im Fall der kommunalen Verpackungssteuer bestand allerdings ein solcher echter Normwiderspruch nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat es vielmehr beanstandet, daß die mit der kommunalen Verpackungssteuer angestrebte Lenkungswirkung das Kooperationskonzept störe, für das sich der Bundesgesetzgeber im Bereich der Abfallwirtschaft entschieden habe. Dem ist zu entnehmen, daß eine Kompetenzüberschreitung des Steuergesetzgebers bereits dann anzunehmen ist, wenn die vom Sachgesetzgeber getroffenen Entscheidungen durch steuerliche Lenkungswirkungen verfälscht werden (BVerfGE 98, 106, 119). Der erkennende Senat hat deswegen erwogen, ob ein - in der genannten Weise qualifizierter - Wertungswiderspruch auftritt, wenn Gewaltspielautomaten mit einem erhöhten Steuersatz belegt werden. Das ist nicht der Fall.

Es fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, daß der Bundesgesetzgeber unterhalb der Schwelle der § 131 StGB, § 118 OWiG dem Automatengewerbe einen Freiraum schaffen wollte, in dem sich das Marktgeschehen unbehelligt von staatlichen Lenkungsmaßnahmen entwickeln darf. Ebensowenig ist dieser Bereich Gegenstand eines gesetzlich verankerten Kooperationsmodells, das staatliche Reglementierungen und "freiwillige" Maßnahmen des Automatengewerbes ersetzen soll. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus den Selbstbeschränkungsvereinbarungen der Automatenwirtschaft aus dem Jahre 1990. Ihr Zustandekommen läßt nicht den Schluß zu, daß der Bundesgesetzgeber sich im Vorfeld einer Normierung generell auf eine Kooperation mit den Verbänden der Spielautomatenhersteller und -aufsteller festgelegt hat. Wie sich aus der Unterrichtung durch die Bundesregierung vom 15. Januar 1990 (BTDrucks 11/6224) ergibt, sind die Selbstbeschränkungsvereinbarungen zustande gekommen, nachdem der Deutsche Bundestag im April 1989 die Bundesregierung aufgefordert hatte, zur Vermeidung gesetzlicher Maßnahmen Verhandlungen mit der Automatenwirtschaft mit dem Ziel aufzunehmen, die Überschreitung von in der Spielverordnung genannten Gewinnspielobergrenzen zu vermeiden und die von den Geldspielgeräten ausgehenden Spielanreize zu mindern (deutliche Einschränkung des Münzspeichers, Verhinderung des gleichzeitigen Bespielens von mehr als zwei Geräten, Einrichtung einer Zwangspause bei ununterbrochenem Spiel nach einer Stunde). Diesem erfolgreich zum Abschluß gebrachten Vorgehen kann nicht entnommen werden, daß auch in Zukunft bei der Lösung anstehender Probleme mit der Automatenwirtschaft nach den Grundsätzen der Kooperation verfahren werden solle.

Dies kann auch nicht aus dem Umstand geschlossen werden, daß der Verband der Deutschen Automatenindustrie 1982, als die ersten Indizierungsanträge gegen Unterhaltungsautomaten vorlagen, die "Automaten-Selbstkontrolle" (ASK) gegründet und seitdem gemeinsam mit den Großhändlern und den Automatenaufstellern betrieben hat. Im Rahmen dieser Selbstkontrolle wird die Einhaltung der vom Berufungsgericht zitierten Rechtsvorschriften des Bundes beurteilt. Sie gibt demgegenüber nichts her für die hier maßgebliche Frage, ob nämlich das Bundesrecht zu den in ihm enthaltenen Verboten und Beschränkungen eine bestimmte Umgangsweise mit der Automatenwirtschaft im Sinne der Kooperation vorsieht, der eine besondere Besteuerung bestimmter Automaten widerspricht.

B. Es kann auch nicht festgestellt werden, daß das Berufungsurteil aus sonstigen Gründen zutreffend ist.

1. Im Zusammenhang mit der Frage, ob die Vergnügungssteuersatzung des Beklagten in dem fraglichen Punkt einer durch Art. 72 Abs. 1 GG ausgelösten Sperrwirkung des Bundesrechts zuwiderläuft, macht der Beklagte geltend, daß diese Wirkung sich im Verhältnis zu der Kompetenz aus Art. 105 Abs. 2 a GG nicht entfalten könne. Dies kann dahinstehen. Die Regelungen des Bundes zum Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht, zum Jugendschutz und zum Gewerberecht sind jedenfalls nicht in dem Sinne abschließend, daß sie eine kommunale Aufwandsteuer nach Art. 105 Abs. 2 a GG in der Form einer erhöhten Spielautomatensteuer für Gewaltspielautomaten verbieten. Eine solche Sperrwirkung ist den im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung ergangenen Bundesvorschriften nicht zu entnehmen.

2. Auch im übrigen hält sich § 9 Ziff. 3 VStS des Beklagten innerhalb der gesetzlichen Vorschriften. Dazu kann hinsichtlich der Grundsätze zur Besteuerung sog. Gewaltspielautomaten auf den Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. März 1994 - BVerwG 8 NB 3.93 - (Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 26 = NVwZ 1994, 902 = DVBl 1994, 816) verwiesen werden. Die dort aufgestellten Rechtsgrundsätze hat der Beklagte in Ausübung seiner Satzungsgewalt beachtet. Das hat bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt.

3. Das Berufungsgericht hat sich in seinem Urteil die im einzelnen begründete Auffassung des Verwaltungsgerichts zu eigen gemacht, die Spiele Vapor Trail, Air Buster, Aliens und Sky Adventure unterfielen dem Steuertatbestand des § 9 Ziff. 3 VStS. Die dabei vom Verwaltungsgericht in Anwendung von Landesrecht vorgenommene Deduktion läßt keinen Bundesrechtsverstoß erkennen. Ist mithin der entscheidungserhebliche Sachverhalt in ausreichender und nicht mehr ergänzungsbedürftiger Weise festgestellt, so hat die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils die Zurückweisung der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts zur Folge.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Beschluß

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das erstinstanzliche Verwaltungsstreitverfahren auf 11 000 DM, für das Berufungs- und Revisionsverfahren auf 8 800 DM festgesetzt.

Gründe:

Im erstinstanzlichen Verfahren ging es für die Klägerin im Zeitraum 1. August bis 31. Dezember 1991 um die Besteuerung von fünf Spielgeräten mit einem Steuersatz von 500 DM anstelle eines Satzes von 60 DM. Dies ergibt eine wirtschaftliche Bedeutung von (500 - 60 = 440 x 5 = 2 200 x 5 =) 11 000 DM im Jahr. Im Berufungs- und Revisionsverfahren sind noch vier Automaten im Streit. Es ergeben sich dann (440 x 4 = 1 760 x 5 =) 8 800 DM. Die genannten Beträge sind gemäß § 13 Abs. 2 GKG für die Streitwertfestsetzung maßgeblich.

Ende der Entscheidung

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