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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 28.02.2008
Aktenzeichen: BVerwG 2 A 1.07
Rechtsgebiete: BBG, BPersVG, BBesG, GAD


Vorschriften:

BBG § 55 Satz 2
BBG § 79
BGB § 839 Abs. 1
BGB § 839 Abs. 3
BPersVG § 76 Abs. 1 Nr. 4
BPersVG § 86 Nr. 9
BBesG § 2 Abs. 1
BBesG §§ 52 bis 58a
GAD § 25
GAD § 26
GAD § 29
Es ist Sache des Bundesnachrichtendienstes, die Gefahrenlage einzuschätzen, der seine im Ausland tätigen Mitarbeiter ausgesetzt sind.

Eine auf einer nicht offensichtlich unzutreffenden Gefahreneinschätzung beruhende Umsetzung eines Mitarbeiters vom Ausland in das Inland ist nicht ermessensfehlerhaft.


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Verkündet am 28. Februar 2008

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28. Februar 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Albers und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kugele, Dr. Müller, Groepper und Dr. Heitz

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Gründe:

I

Der Kläger ist - ebenso wie seine Ehefrau (diese im Angestelltenverhältnis) - Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND). In der Zeit vom 25. Januar bis zum 15. Dezember 2003 war er in B. tätig. Auf eine Ausschreibung des BND hin bewarb er sich um eine Tätigkeit in K. Der BND teilte ihm mit Schreiben vom 5. Mai 2004 mit, es sei geplant, ihn im 2. Quartal 2005 nach K. zu versetzen. Nachdem der Kläger eine Sprachausbildung (arabisch) absolviert hatte, wurde er durch Verfügung vom 11. April 2005 mit Wirkung vom 24. Oktober 2005 ("Antritt: 10.7.2005") nach K. versetzt. In der Verfügung heißt es am Ende:

"Der Auslandseinsatz ist für die Dauer von ca. vier Jahren, vorbehaltlich organisatorischer Änderungen oder sofern nicht dienstliche Gründe eine frühere Ablösung erfordern, vorgesehen".

Der Kläger trat seinen Dienst in K. am 10. Juli 2005 an.

Anfang 2006 lancierte ein amerikanischer Informant die Meldung, deutsche Mitarbeiter des BND hätten die Truppen der Vereinigten Staaten vor der Einnahme B.s bei der Bombardierung der Stadt unterstützt, indem sie ihnen Hinweise auf mögliche Ziele gegeben hätten. Die von deutschen Medien aufgegriffene Meldung erweckte den Eindruck, die Bundesregierung habe entgegen ihrer offiziell geäußerten Ablehnung den Irak-Krieg unterstützt. Die Berichterstattung führte in Deutschland zu erheblichen innenpolitischen Spannungen. Der Kläger und sein Kollege M., der sich zu der Zeit ebenfalls in B. aufgehalten hatte, wurden von dem für die Kontrolle der Nachrichtendienste zuständigen Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages mehrere Stunden lang vernommen. Ende Januar 2006 erschienen im "Stern" (Heft 4/2006), im "Focus" (Heft 4/2006) und im "Spiegel" (Hefte 4/2006 und 5/2006) Berichte, in denen der Kläger und sein deutscher Kollege jeweils mit Namen Volker H. und Reiner M. erwähnt wurden; im "Focus" und im "Spiegel" wurden auch ihre Fotos veröffentlicht. In dem "Focus"-Bericht hieß es, zwar seien die Vorwürfe gegen die beiden BND-Agenten widerlegt, doch seien danach neue Berichte über ihren "zweifelhaften Lebenswandel" aufgetaucht; die beiden seien als "Trunkenbolde und schießwütige Cowboys" dargestellt worden. Auch diese Behauptungen seien aber widerlegt. In dem Bericht hieß es weiter, arabische Sender hätten im "Skandalton" über die angebliche Schützenhilfe des BND für die US-Armee berichtet. Im "Spiegel" hieß es, der BND habe mit den Amerikanern "eng kooperiert".

Am 19. Januar 2006 führte der BND in P. ein Gespräch mit dem Kläger und dem anderen BND-Beamten M. und erörterte die Sicherheitslage beider Mitarbeiter. Aufgrund dieses Gesprächs entschied der BND, den inzwischen in C. tätigen Mitarbeiter M. dort zu belassen, den Kläger und seine Ehefrau aber aus K. abzuziehen. Das Auswärtige Amt unterstützte diese Entscheidung.

Mit Schreiben vom 29. März 2006 unterrichtete der BND den Personalrat von der beabsichtigten "Versetzung" des Klägers und dem Wechsel seines Dienstorts ohne Ausschreibung eines Dienstpostens und gab ihm Gelegenheit zur Mitwirkung. Mit Schreiben vom 11. April 2006 teilte der Vorsitzende des Personalrats mit, der Personalrat erhebe keine Einwände.

Mit Wirkung vom 1. April 2006 wurden der Kläger und seine Ehefrau von K. nach P. "versetzt". Am selben Tage verließen sie K., kehrten jedoch zur Durchführung ihres Umzugs nochmals dorthin zurück. Am 3. Mai 2006 war der Umzug beendet, am 6. Juni 2006 trat der Kläger seinen Dienst im Inland an.

Nachdem der Kläger und seine Ehefrau bereits in der Vorkorrespondenz auf verschiedene Nachteile und Einbußen hingewiesen hatten, die sie als Folge des Umzugs von K. nach Deutschland erlitten hatten, legte der Kläger mit mehreren Schreiben Widerspruch gegen den am 21. Juni 2006 verfügten Wechsel des Dienstpostens ein und machte geltend, die Rückversetzung sei nicht erforderlich gewesen und deshalb rechtswidrig. Der BND hätte den Kläger durch die Richtigstellung unwahrer Presseberichte schützen müssen, statt ihn zurück ins Inland zu versetzen. Durch die vorzeitige Zurückversetzung habe er Besoldungseinbußen erlitten und keine Möglichkeit gehabt, den 2005 eigens für K. angeschafften geländetauglichen Wagen ohne Verlust im Ausland zu verkaufen. Der Wagen sei für das Inland viel zu groß, neben dem Wertverlust entstünden ihm erhöhte Kosten für den Betrieb und die Versicherung des Fahrzeugs. Der Dienstherr sei zum Ersatz dieser Schäden verpflichtet.

Diesen Widerspruch wies der BND durch Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2006 zurück (zugestellt am 28. Dezember 2006).

Der Kläger hat am 26. Januar 2007 Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt:

Sein Einsatz in K. sei auf vier Jahre angelegt gewesen. Nach der Praxis der Beklagten sei eine solche Festlegung grundsätzlich verbindlich. Die im Jahre 2006 veröffentlichten Vorwürfe gegen den Kläger hätten nach schriftlicher Mitteilung des zuständigen Offiziers des ... Geheimdienstes zu keiner Zeit zu einer Gefährdung des Klägers und seiner Ehefrau geführt. Auch der Unterabteilungsleiter des BND, der am 14. und 15. Februar 2006 nach K. gereist sei, habe in Übereinstimmung mit dem dortigen BND-Residenten, der dort seit fünf Jahren gelebt habe, keine Gefährdung des Klägers erkannt und sich für dessen Verbleib in K. ausgesprochen. Im selben Sinne habe sich der deutsche Botschafter geäußert. Trotz dieser eindeutigen Aussagen seien der Kläger und seine Ehefrau aus K. abgezogen worden, ohne hierzu zuvor gehört zu werden. Tatsächlich sei die Lage in K. nicht angespannt gewesen.

In der "Panorama"-Sendung vom 12. Januar 2006 sei der Kläger nicht genannt worden; in der nachfolgenden Berichterstattung der ARD und des ZDF sei lediglich der Kollege des Klägers Reiner M. genannt worden. Erst in den deutschen Wochenzeitschriften sei der Kläger als "Volker H." bezeichnet worden. Sein voller Name sei zu keinem Zeitpunkt erwähnt worden. Er sei auch nicht in der Liste der in K. akkreditierten Diplomaten recherchierbar. In den ... Medien sei nicht berichtet worden. Anders als der Kläger sei dessen Kollege Reiner M., dessen Aufenthalt recherchierbar sei, auf seinem Dienstposten belassen worden. Die Gefahr eines Anschlages auf den Kläger oder seine Ehefrau habe zu keinem Zeitpunkt bestanden. Der Kläger habe sich noch nach der Entscheidung über seine Abberufung nahezu zwei Monate lang in K. aufgehalten. Die Beklagte habe nicht versucht, den Kläger vor ungerechtfertigten Angriffen in der Presse zu schützen. Eine Gegendarstellung habe es nicht gegeben. Dem Kläger selbst sei die "Flucht in die Öffentlichkeit" versagt gewesen.

Die Umsetzung des Klägers sei willkürlich, weil für sie kein dienstliches Bedürfnis bestanden habe. Der Kläger habe sich - entsprechend seiner Residenzpflicht - auf einen längeren Aufenthalt in K. eingerichtet, u.a. durch die Teilnahme an einem Intensivkurs in arabischer Sprache. Für Mobiliar und Haushaltsgegenstände in K. habe er 15 000 bis 20 000 € ausgegeben.

Ob die Personalvertretung ordnungsgemäß beteiligt worden sei, entziehe sich seiner Kenntnis.

Da die Umsetzung rechtswidrig gewesen sei, sei sie aufzuheben und dem Kläger der durch sie entstandene Schaden zu ersetzen. Dieser umfasse die entgangene Auslandsdienstzulage sowie den Wertverlust für das eigens für die Auslandsverwendung angeschaffte Geländefahrzeug.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 22. Dezember 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die durch die vorzeitige Rückversetzung aufgrund der Anordnungen vom 1. April 2006, 28. April 2006 und 21. Juni 2006 entgangene Auslandsvergütung und den während des Einsatzes in K. entstandenen Wertverlust an dem eigens für diesen Auslandsdienstort angeschafften, geländetauglichen Kraftfahrzeug auszugleichen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt sie unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Ausführungen im Widerspruchsbescheid vor:

Die Entscheidung, den Kläger aus Sicherheitsgründen aus K. abzuziehen, sei in seinem Beisein während der Besprechung vom 19. Januar 2006 getroffen worden. Die Umsetzung des Klägers und seiner Ehefrau sei aus Gründen der Sicherheit, des Schutzes und der Fürsorge geboten sowie zweck- und verhältnismäßig gewesen. Die Beurteilung der Gefährdungslage des Klägers habe in der Zuständigkeit und Verantwortung der Abteilung "Sicherheit" des BND gelegen. Durch die Berichterstattung in den Medien seien der Kläger und sein Kollege mit der Bombardierung B.s in Verbindung gebracht worden. Nach der Veröffentlichung ihrer Namen und Fotos habe die Gefahr bestanden, die beiden Beamten zu identifizieren. Daraus sei der Schluss gezogen worden, dass der Kläger in K. einer besonderen persönlichen Gefahr ausgesetzt gewesen sei. Bei vernünftiger Betrachtung sei zu unterstellen gewesen, dass der Kläger an der deutschen Botschaft in K. jederzeit als einer der beiden Betroffenen hätte eruiert werden können. Es habe nicht ausgeschlossen werden können, dass sowohl terroristische Kreise als auch Privatpersonen, die durch den Irak-Krieg Angehörige verloren hätten, Racheakte verüben könnten.

Es wäre grob fahrlässig gewesen, die Entscheidung über den Verbleib des Klägers auf die Meinung eines Mitarbeiters des ... Geheimdienstes zu stützen, der - anders als sein Kollege - die Sicherheit des Klägers in K. als gewährleistet angesehen hatte. Man habe den Kläger zunächst einen Monat lang in Deutschland zurückgehalten und ihn danach nur so kurz wie möglich und nur auf dessen eigenen Wunsch nach K. zurückkehren lassen, um den Umzug durchzuführen. Es sei absolut unmöglich gewesen, Anschläge zu verhindern. Eine Gegendarstellung sei aus Fürsorgegesichtspunkten untunlich gewesen; sie wäre auf das Inland beschränkt gewesen und hätte die Aufmerksamkeit radikaler Kräfte möglicherweise erneut auf den Kläger gelenkt.

Bei der Abwägung habe die Beklagte einerseits die Sicherheitslage in ... unter Berücksichtigung der Stellungnahmen ausländischer Nachrichtendienste, der deutschen Botschaft, der Wohn- und Arbeitssituation des Klägers und seiner Ehefrau und andererseits die Sicherheitslage in Deutschland gegeneinander abgewogen. Für die Umsetzung des Klägers nach Deutschland hätten die Möglichkeit, dem Kläger Schutz am Wohnort, auf dem Weg zur Arbeit und am Dienstort, die Möglichkeit einer nachfolgenden anderen Auslandsverwendung und die zuverlässigere Lagebeurteilung in Deutschland gesprochen. Bei einer Gegenüberstellung der Gefahrenlage in beiden Ländern sei die Gefährdung des Klägers in K. als ungleich höher einzustufen gewesen.

Die Ausbildung des Klägers in der arabischen Sprache habe seine Verwendung im arabischsprachigen Raum nicht präjudiziert, sondern nur seine Verwendungsfähigkeit verbreitert. Der Kläger verfüge über eine Ausbildung, die seinen Einsatz grundsätzlich überall zulasse. Er habe nicht erwarten können, unter allen Umständen und ohne Rücksicht auf die abstrakte Gefährdungssituation für vier Jahre am Dienstort K. zu bleiben.

II

Die Klage, über die gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO das Bundesverwaltungsgericht im ersten und letzten Rechtszug zu entscheiden hat, ist unbegründet. Die Umsetzung des Klägers von K. nach P. war rechtmäßig und löste weder Schadensersatzansprüche noch Ansprüche auf ergänzende Leistungen beamtenrechtlicher Fürsorge aus.

1. Schadensersatzansprüche des Klägers gegen die Beklagte bestehen nicht. Sie setzen gemäß § 839 Abs. 1 und 3 BGB neben einem bezifferbaren Schaden voraus, dass sich der Dienstherr gegenüber dem Beamten rechtswidrig und schuldhaft verhalten hat, dass dieses Verhalten den Schaden adäquat kausal herbeigeführt hat und dass der Beamte seiner Schadensabwendungspflicht nachgekommen ist (vgl. z. B. Urteile vom 28. Mai 1998 - BVerwG 2 C 29.97 - BVerwGE 107, 29 <31> und vom 1. April 2004 - BVerwG 2 C 26.03 - Buchholz 237.8 § 10 RhPLBG Nr. 1 S. 2). Ansprüche des Klägers, die darauf gestützt werden, sie seien ausgleichspflichtige Folgen einer rechtswidrigen Ablösung von seinem Dienstposten in K., scheiden aus, weil diese Maßnahme nicht rechtswidrig war.

Bei dem vom Kläger angegriffenen, von der Beklagten verfügten Wechsel des Dienstpostens handelt es sich um eine Umsetzung. Maßnahmen, bei denen der Beamte ohne Wechsel des Dienstherrn und der Behörde seine Tätigkeit an einem anderen Ort und auf einem anderen Dienstposten auszuführen hat, sind keine Versetzungen, sondern Umsetzungen (vgl. Urteil vom 22. Mai 1980 - BVerwG 2 C 30.78 - BVerwGE 60, 144 <146>). Dies gilt auch für Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (vgl. Urteil vom 25. Januar 2001 - BVerwG 2 A 4.00 - Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 39 S. 4). Der BND ist in verwaltungsorganisatorischer und beamtenrechtlicher Hinsicht als eine einheitliche Dienststelle anzusehen (vgl. Beschluss vom 11. Dezember 1991 - BVerwG 6 P 5.91 - Buchholz 250 § 47 BPersVG Nr. 7).

Eine Umsetzung ist eine innerdienstliche Weisung, der der Beamte kraft seiner Gehorsamspflicht (§ 55 Satz 2 BBG) Folge zu leisten hat. Die Umsetzung liegt im Ermessen des Dienstherrn. Dieses Ermessen ist weit; es umfasst jeden sachlichen Grund. Es wird allerdings begrenzt durch die Forderung, dem Beamten eine amtsangemessene Beschäftigung zuzuweisen, durch Gesichtspunkte der Fürsorge, durch eine etwaige Zusicherung (vgl. Urteile vom 23. Mai 2002 - BVerwG 2 A 5.01 - Buchholz 240 § 18 BBesG Nr. 27 S. 2 m.w.N und vom 22. Mai 1980 a.a.O. S. 151 ff.; stRspr). Anders als bei der Beförderung, bei der auch das Interesse des Beamten an seiner beruflichen Entwicklung zu berücksichtigen ist, ist eine Umsetzung auch dann zulässig, wenn der Beamte dadurch an Ansehen, Aufstiegsmöglichkeit, Mitarbeiterzahl usw. Einbußen erleidet (vgl. Urteil vom 22. Mai 1980 a.a.O. S. 153). Die Umsetzung ist ermessensfehlerhaft, wenn sie auf sachwidrigen Gründen oder einer unzureichenden Abwägung betroffener Belange beruht.

Hieran gemessen war die Umsetzung des Klägers von K. nach P. weder ermessensfehlerhaft noch aus anderen Gründen rechtswidrig. Sie entsprach vielmehr der Verpflichtung der Beklagten, für das Wohl des Klägers und seiner Ehefrau zu sorgen und ihn bei seiner amtlichen Tätigkeit zu schützen (§ 79 BBG).

a) Durch die Berichterstattung in den ausländischen und deutschen Medien zu Beginn des Jahres 2006 war die knapp drei Jahre zurückliegende, der Einnahme B.s vorausgehende massive Bombardierung B.s erneut in den Blickpunkt des öffentlichen Interesses gerückt worden. Insbesondere die aus amerikanischer Quelle stammende Information, Mitarbeiter des BND hätten hierbei eine aktiv unterstützende Rolle gespielt, war ohne Rücksicht auf ihren Wahrheitsgehalt - und auch wenn sie in der Presse als widerlegt bezeichnet wurde - geeignet, Mitarbeiter des BND zum Zielpunkt islamisch-fundamentalistischer Racheakte zu machen. Für den Kläger und seinen damals in B. tätigen Kollegen M. galt dies in besonderem Maße. Zum einen weilte der Kläger zum Zeitpunkt des Bombardements in B.. Zum zweiten war er offenbar tatsächlich in das Bombardement verwickelt, wenn auch nur in dem Sinne, dass er den amerikanischen Angreifern solche Objekte genannt hatte, die auf keinen Fall bombardiert werden durften. Zum dritten war sein Bild in der Sendung "Panorama" gezeigt worden und in mehreren Zeitungen erschienen. Viertens befand er sich, als die Meldungen bekannt wurden, in K. und damit in einem arabischen Land, das selbst, wenn auch gegen den Willen seiner Regierung, Heimatland oder Stützpunkt fundamentalistischer Gruppen ist und immer wieder von Anschlägen solcher Gruppen aus dem In- und Ausland heimgesucht wird. Die theoretische Möglichkeit, den Kläger dort wirksam gegen solche Übergriffe zu schützen, war nicht geeignet, die Einschätzung des BND zu entkräften, er sei dort einem erhöhten Risiko für Leib und Leben ausgesetzt.

b) Die Einschätzung der Sicherheitslage war Sache des BND, der die Fürsorgepflicht des Dienstherrn verantwortlich wahrzunehmen hatte, und nicht des Klägers. Auf die subjektive Einschätzung des Klägers kommt es daher nicht an, auch nicht auf die Ansicht des Residenten des BND in K., der die dortige Situation ebenfalls als stabil eingeschätzt hatte. Der BND verfügt zu Zwecken der Einschätzung von Gefährdungslagen für die Bediensteten über eine eigene Untergliederung (80A, "Grundsatz und personelle Sicherheitsangelegenheiten"). Deren Einschätzung beruhte im Falle des Klägers auf einer Analyse, an der mehrere Fachleute, darunter auch Angehörige des ... Nachrichtendienstes beteiligt waren. Auch wenn einer der beiden ... die eigenen Kräfte für ausreichend hielt, den Kläger wirksam zu schützen, so war der andere ... der Ansicht, in vergleichbarer Lage würde er den betroffenen Beamten ebenfalls abziehen. Das Auswärtige Amt teilte die Sicherheitseinschätzung des BND und hätte seinerseits dem BND nahegelegt, den Kläger abzuberufen, wenn der BND dies nicht schon von sich aus vorgesehen hätte.

Der Kläger wohnte zwar in einer gut gesicherten Wohnanlage, legte seine tägliche, 30 km lange Fahrt zu seinem Dienstort in der deutschen Botschaft aber in seinem eigenen Pkw zurück. Während dieser Fahrt konnte er kaum wirksam geschützt werden. Auch innerhalb der Botschaft war ein ausreichender Schutz nicht möglich. Dies hatte der Sicherheitsbeauftragte des Auswärtigen Amts in einer Ressortbesprechung mit Vertretern des BND bestätigt. Die Sicherheitslage der nahezu ungeschützt auf einer Insel im ... liegenden K.er Botschaft wurde auch im Auswärtigen Amt als problematisch und mangelhaft angesehen.

Der Kläger meint zwar, seine Anwesenheit in K. sei nicht bekannt und nicht recherchierbar gewesen, da er in den Diplomatenlisten nicht verzeichnet gewesen sei. Eine Sicherheit dagegen, dass Terroristen ihn gezielt suchen und dann auch finden würden, bot dieser Umstand aber nicht.

c) Richtig ist, dass der BND nur eine abstrakte Gefahr annahm. Offensichtlich war bisher in ... oder in terroristischen Kreisen noch nicht bekannt geworden, dass sich der Kläger in K. aufhielt und dort tätig war. Irgendwelche Drohungen oder sonstige Anzeichen eines bevorstehenden Angriffs auf den Kläger lagen (noch) nicht vor. Deshalb hielt es der BND auch für vertretbar, den Kläger, den er zunächst vom 19. Januar 2006 an einen Monat lang in Deutschland zurückgehalten hatte, später wieder zur Durchführung seines Umzuges nach K. zurückreisen zu lassen. Es ist aber nicht zu beanstanden, dass der BND aus Fürsorgegründen nicht abwarten wollte, bis die abstrakte Gefahr in eine konkrete Gefahr umschlug.

d) Aus dem Hinweis in der Umsetzungsverfügung vom 11. April 2005 ("Der Auslandseinsatz ist für die Dauer von ca. vier Jahren ... vorgesehen") konnte der Kläger für sich weder eine Zusage noch auch nur Vertrauensschutz herleiten. Dies gilt selbst dann, wenn der Hinweis nicht die unmissverständliche Einschränkung enthalten hätte "vorbehaltlich organisatorischer Änderungen oder sofern nicht dienstliche Gründe eine frühere Ablösung erfordern".

e) Ebenso ist unerheblich, dass der Kollege des Klägers, der in den Medien ebenfalls genannte Reiner M., auf seinem Dienstposten in C. belassen wurde. Wie den vorgelegten Unterlagen zu entnehmen ist, beruht diese Entscheidung des BND auf der sachlich fundierten Einschätzung, dass M. dort sicherer war als in Deutschland, weil ... über eine sehr effektive Kontrolle terroristischer Gruppen verfügte.

f) Die Umsetzung war auch nicht deshalb rechtswidrig, weil ein milderes Mittel zur Verfügung gestanden hätte. Der Kläger macht in diesem Zusammenhang geltend, der BND hätte versuchen müssen, ihn vor ungerechtfertigten Angriffen in der Presse zu schützen und eine Gegendarstellung zu veröffentlichen. Dieses Argument verkennt, dass islamische Terroristen ihre Aktionen nicht nach dem objektiven Wahrheitsgehalt irgendwelcher Meldungen richten. Die bloße Anwesenheit des Klägers bei der Bombardierung B.s und der bloße Verdacht einer Unterstützung des verhassten Feindes konnten für extremistische Gruppierungen ein völlig ausreichender Anlass zu Racheakten sein. Die Idee, hiergegen allein mit Mitteln des deutschen Presserechts erfolgreich vorgehen zu können, entbehrt jeder realen Grundlage. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die deutschen Medien (Stern, Spiegel, Focus) gar nicht behauptet hatten, der Kläger hätte bei der Bombardierung B.s aktiv mitgewirkt. Sie hatten nur über entsprechende Behauptungen berichtet und sie für widerlegt angesehen. Der Kläger legt nicht dar, welche Meldung hätte richtiggestellt werden müssen.

g) Die Personalvertretung ist ordnungsgemäß beteiligt worden. Nach § 76 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG unterliegt die Umsetzung der Mitbestimmung des Personalrats, wenn sie mit einem Wechsel des Dienstorts verbunden ist. Beim BND ist die Beteiligung des Personalrats auf die Mitwirkung beschränkt, § 86 Nr. 9 BPersVG. Die Stellungnahme des Vorsitzenden des Personalrats vom 11. April 2006 lautete, die Gruppe der Beamten im Personalrat erhebe gegen die beabsichtigte Personalmaßnahme keine Einwände.

2. Auch verschuldensunabhängige Ansprüche bestehen nicht. Sie lassen sich weder aus einzelnen normativen Bestimmungen noch aus der dem Beamten geschuldeten Fürsorgepflicht herleiten.

Nach § 79 BBG hat der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl des Beamten und seiner Familie zu sorgen und ihn in seiner amtlichen Tätigkeit zu schützen. Soweit diese Fürsorgepflicht durch Sonderregelungen eine konkrete Ausgestaltung gefunden hat, gehen diese Sonderregelungen der allgemeinen Regelung vor.

a) Die hier in Betracht zu ziehenden Vorschriften über die Zahlung auslandsbezogener Besoldungsbestandteile nach §§ 52 ff. BBesG, den Anlagen VIa ff. zum Bundesbesoldungsgesetz und der Verordnung über die Zahlung eines erhöhten Auslandszuschlages (EAZV) i.d.F. der Bekanntmachung vom 18. Juli 1997 (BGBl I S. 1881/2324) sowie nach § 58a BBesG i.V.m. der dazu ergangenen Verordnung über die Gewährung eines Auslandsverwendungszuschlags i.d.F. der Bekanntmachung vom 27. März 2002 - BGBl I S. 1243) bestimmen - unabhängig von weiteren Voraussetzungen - sämtlich, dass die darin geregelten Zulagen und Zuschläge dem Beamten nur zustehen, solange er sich dienstlich im Ausland aufhält; mit dem Wirksamwerden der Umsetzung nach P. am 6. Juni 2006 entfiel die Anwendbarkeit dieser Vorschriften für den Kläger. Wegen der strikten Gesetzesbindung im Besoldungsrecht (§ 2 Abs. 1 BBesG) ist eine ausdehnende Anwendung dieser besoldungsrechtlichen Vorschriften nicht möglich. Die Vorschriften bieten keine Handhabe, den Kläger finanziell so zu stellen, als sei er erst drei Jahre später aus K. abberufen worden.

b) Dasselbe gilt von einzelnen Vorschriften des Gesetzes über den Auswärtigen Dienst (GAD), nach denen, einer Mitteilung der Beklagten zufolge, gemäß einem Erlass des Bundeskanzleramtes in Angelegenheiten der in den Auslandsvertretungen tätigen Bediensteten des BND verfahren wird. Dieses Gesetz sieht neben Besoldungsleistungen (§ 29) u.a. Fürsorge in Krisenfällen und bei außergewöhnlichen Belastungen vor (§§ 25, 26).

Es kann offenbleiben, ob es mit dem Grundsatz der Gesetzesbindung vereinbar ist, das auf Angehörige des BND im Auslandseinsatz nicht passende Gesetz über den Auswärtigen Dienst analog anzuwenden. Denn jedenfalls sehen die Bestimmungen des Bundesbesoldungsgesetzes, auf die § 29 GAD verweist, Zulagen nur vor, solange sich der Beamte im Ausland aufhält.

Soweit der Kläger andere Leistungen, insbesondere einen Schadensausgleich begehrt, kommt in Betracht, die allgemeine Fürsorgepflicht des Dienstherrn speziell für Auslandseinsätze und damit zusammenhängende Gefährdungen als in § 26 GAD normativ konkretisiert anzusehen und die Vorschrift insoweit zur Ausfüllung des § 79 BBG heranzuziehen. Letztlich kann die Frage der unmittelbaren oder analogen Anwendbarkeit aber offenbleiben, weil der Kläger auch auf dieser Rechtsgrundlage keine Ansprüche hat:

Nach § 26 GAD können Schäden ersetzt werden, die während eines dienstlich angeordneten Auslandsaufenthalts des Beamten diesem oder einem Angehörigen infolge besonderer, vom Inland wesentlich abweichender Verhältnisse, insbesondere infolge von Kriegshandlungen, kriegerischen Ereignissen, Aufruhrs, Unruhe oder Naturkatastrophen entstehen. Schon der Wortlaut lässt erkennen, dass damit Vermögensschäden erfasst werden sollen, die im Ausland durch die dort herrschenden Verhältnisse verursacht worden sind. Der Kläger macht indessen einen Schaden geltend, der unmittelbar durch seine Rückkehr nach Deutschland verursacht worden ist. Diese angeordnete Rückkehr diente gerade dem Zweck, den Eintritt der im Gesetz erwähnten Schäden zu verhindern. Der vom Kläger geltend gemachte Schaden kann dem zu verhindernden Schaden nicht gleichgestellt werden.

c) Auch ein Rückgriff auf die allgemeine Fürsorgepflicht führt nicht zu dem vom Kläger erstrebten Ziel. § 79 BBG begründet zwar die allgemeine Pflicht des Dienstherrn, von dem Beamten Schaden abzuwenden und ihn vor Vermögensaufwendungen zu schützen, die mit seinem normalen Gehalt nicht abgegolten sind. Der Dienstherr ist verpflichtet, die Kosten der Dienstausübung zu tragen und dabei - fallbezogen - u.U. auch ein passendes Dienstfahrzeug zu beschaffen. Veranlasst der Dienstherr den Beamten, solche notwendigen Anschaffungen zunächst selbst zu tragen, so ist er verpflichtet, dem Beamten die aufgewandten Kosten zu erstatten. Dem Beamten soll nicht zugemutet werden, Kosten aus seiner Alimentation selbst zu übernehmen, die ihm zwangsläufig aufgrund dienstlicher Verpflichtungen entstehen und die andere Beamte gleichen Amtes nicht zu tragen haben. Deshalb ist die Entschädigung an den anfallenden notwendigen Sachkosten auszurichten und realitätsnah festzusetzen, wobei der Dienstherr zur Pauschalierung und Typisierung befugt oder sogar verpflichtet ist. Der Beamte ist nicht verpflichtet, solche Aufwendungen selbst zu tragen (vgl. Urteil vom 19. August 2004 - BVerwG 2 C 41.03 - DGVZ 2005, 7 = NVwZ-RR 2005, 214).

Unter diesen Umständen kommt eine Ersatzpflicht des Dienstherrn zwar selbst dann in Betracht, wenn die Umsetzung nicht rechtswidrig war. Es muss sich jedoch um einen Schaden handeln, der durch den Auslandseinsatz hervorgerufen worden ist.

Soweit dem Kläger durch den Umzug unmittelbare Schäden (z.B. am Umzugsgut) entstanden sind, hat der Dienstherr sie ersetzt.

Der Kläger macht geltend, er sei nach den ... Zoll-Einfuhrbestimmungen daran gehindert gewesen, das für K. angeschaffte, geländetaugliche Fahrzeug bereits nach einem Jahr in ... zu verkaufen. Stattdessen habe er den im Verbrauch und Unterhalt teuren Geländewagen nach Deutschland mitnehmen müssen, wo er ihn nicht sinnvoll habe einsetzen können.

§ 79 BBG bietet keine rechtliche Handhabe, dem Kläger diesen Vermögensnachteil zu ersetzen. Die Beklagte hat mit Recht darauf hingewiesen, dass die Anschaffung dieses Wagens dienstlich nicht geboten, sondern eine private Entscheidung des Klägers war. Seine Erwartung, ihn nach Ablauf der zollrechtlichen Wartefrist in K. verkaufen zu können, ist durch die späteren, weder vom Kläger noch von der Beklagten zu vertretenden Ereignisse enttäuscht worden. Hierfür ist die Beklagte nicht ersatzpflichtig. Der Kläger konnte in seiner Position nicht fest darauf vertrauen, während der ganzen vorgesehenen Dauer in K. zu bleiben. Nicht anders als jeder Angehörige des diplomatischen Dienstes musste er immer damit rechnen, seinen Posten vorzeitig verlassen zu müssen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 82 000 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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