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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 05.11.1998
Aktenzeichen: BVerwG 2 A 3.98
Rechtsgebiete: GG, BBG
Vorschriften:
GG Art. 3 Abs. 1 | |
BBG § 79 |
Für die Auslegung der Mietzuschußsonderregelung des Bundesnachrichtendienstes als Verwaltungsvorschrift ist die hierzu geübte ständige Verwaltungspraxis maßgebend.
Vertrauensschutz steht der aus sachlichen Gründen erfolgenden Änderung einer ermessensbindenden Verwaltungsvorschrift für die Zukunft nicht entgegen.
Urteil des 2. Senats vom 5. November 1998 - BVerwG 2 A 3.98 -
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
BVerwG 2 A 3.98
Verkündet am 5. November 1998
Rakotovao Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 5. November 1998 durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Dr. Franke und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Silberkuhl, Dawin, Dr. Kugele und Dr. Bayer
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I.
Der Kläger ist Beamter im Bundesnachrichtendienst (BND). Die Beklagte gewährte ihm seit dem 1. Oktober 1995 einen monatlichen Mietzuschuß in Höhe von 306 DM. Mit Bescheid vom 8. April 1998 setzte sie den Zuschuß wegen Erhöhung des Eigenanteils um den der Fehlbelegungsabgabe entsprechenden Betrag mit Wirkung vom 15. März 1998 auf 120 DM monatlich herab.
Der Kläger hat nach erfolglosem Widerspruch Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor: Die Mietzuschußsonderregelung des BND gelte als Übergangsregelung bis zum 30. Juni 2003 fort. Der Mietzuschuß erhöhe sich danach ab 1. April 1998, weil seine Ehefrau seither infolge Teilzeitbeschäftigung nur noch die Hälfte ihres bisherigen Gehalts verdiene und sich deswegen der zumutbare Eigenanteil an der Miete vermindere. Zumindest bis zur Höhe des ihm am 31. Dezember 1997 zustehenden Mietzuschusses genieße er Bestandsschutz. Das müsse um so mehr gelten, als er mit seiner Ehefrau von K. nach M. umgezogen sei, nachdem ihm die Beklagte den Mietzuschuß zugesagt habe. Ohne diese Zusage wäre er "wohl" nicht umgezogen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 8. April 1998 und den Widerspruchsbescheid vom 9. Juli 1998 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erwidert: Die Mietzuschußsonderregelung des BND sei wegen des Wegfalls der für ihre Einführung maßgebenden Gründe mit Ablauf des 31. Dezember 1997 außer Kraft gesetzt worden. Aufgrund der Übergangsregelung zum Abbau von Förderzusagen nach der Mietzuschußsonderregelung des BND vom 22. Dezember 1997 würden die bisher gewährten Mietzuschüsse in den folgenden Jahren pauschal gekürzt und zudem nach Maßgabe der bisherigen Regelung aufgrund individueller Umstände verringert. Eine neuerliche Erhöhung aus solchen Gründen schließe die Übergangsregelung aus. So werde sie in ständiger Verwaltungspraxis gehandhabt. Ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers auf den Fortbestand der Mietzuschußsonderregelung bestehe mit Blick auf die rechtliche Möglichkeit späterer Änderungen nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.
II.
Die Klage, über die der Senat im ersten und letzten Rechtszug zu entscheiden hat (§ 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO), ist unbegründet. Der Kläger hat aufgrund der Übergangsregelung zum Abbau von Förderzusagen nach der Mietzuschußsonderregelung des BND vom 22. Dezember 1997 keinen Anspruch auf Gewährung eines höheren Mietzuschusses für die Zeit seit dem 1. April 1998.
Die Mietzuschußregelung unterliegt als ermessensbindende Verwaltungsvorschrift, die eine inhaltlich vorgezeichnete Verwaltungspraxis vorwegnehmend festlegt, ebenso wie auch ihre Anwendung im Einzelfall der gerichtlichen Überprüfung dahin, ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden und der Gleichheitssatz gewahrt ist (stRspr; vgl. Urteile vom 18. Dezember 1990 BVerwG 6 A 3.88 <Buchholz 236.1 § 31 Nr. 23> und vom 16. Mai 1991 BVerwG 2 A 1.91 <Buchholz 261 § 15 Nr. 4>, jeweils m.w.N.). Maßgebend für die Auslegung der Mietzuschußregelung als Verwaltungsvorschrift ist ihre in ständiger Verwaltungspraxis geübte tatsächliche Handhabung (stRspr; vgl. Urteil vom 16. Mai 1991, a.a.O. m.w.N.). Nach der von der Beklagten dargelegten ständigen Verwaltungspraxis werden neben den in der Übergangsregelung vorgesehenen pauschalen Kürzungen weiterhin zuschußverringernde individuelle Verhältnisse ebenso berücksichtigt, wie dies bei einer Fortgeltung der Mietzuschußsonderregelung geschehen wäre. Umstände, die nach der Mietzuschußsonderregelung zu einer Erhöhung des Mietzuschusses geführt hätten, bleiben dagegen unberücksichtigt.
Diese Neuregelung der Mietzuschußgewährung läßt keinen Ermessensfehler erkennen. Sie ist auch mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn (§ 79 BBG) vereinbar. Der Dienstherr gewährt die Wohnungsfürsorge freiwillig und auch nur einem Teil seiner Bediensteten. Die Mietzuschußsonderregelung wurde getroffen, um besonderen dienstlichen Belangen des BND Rechnung zu tragen. Sie sollte eine Enttarnung von Bediensteten aus Anlaß der Wohnungsbeschaffung vermeiden und unverschuldeten wirtschaftlichen Schwierigkeiten vorbeugen, die sich aus einer durch Sicherheitsbedürfnisse erschwerten Wohnsitznahme am Dienstort ergeben konnten (vgl. Urteil vom 18. Dezember 1990, a.a.O.). Diese Gründe rechtfertigen nach einhelliger Einschätzung der zuständigen Bundesministerien sowie des Bundesrechnungshofs den Fortbestand der Mietzuschußsonderregelung für den BND nicht länger. Die besonderen Fürsorgemaßnahmen sind unter dem Blickwinkel der Sicherheitslage der Bediensteten des BND und der Enttarnungsgefahr nicht mehr erforderlich.
Vertrauensschutz hindert die Beklagte nicht daran, ihre Mietzuschußgewährung in der dargelegten Weise einzuschränken. Ermessensbindende Verwaltungsvorschriften stehen unter dem Vorbehalt ihrer Änderung und begründen deswegen als solche grundsätzlich keinen Vertrauensschutz für die Zukunft (vgl. u.a. Beschluß vom 23. Oktober 1990 BVerwG 8 B 98.90 <Buchholz 316 § 40 Nr. 14> m.w.N.). Sowohl eine durch Verwaltungsvorschriften vorgenommene Ermessensbindung als auch eine rein tatsächliche Verwaltungsübung können aus sachgerechten Erwägungen für die Zukunft geändert werden, auch wenn die betroffenen Beamten gegenüber der bisherigen Praxis benachteiligt werden (vgl. Urteil vom 28. August 1986 BVerwG 2 C 5.84 <Buchholz 232 § 23 Nr. 29> m.w.N.). So verhält es sich hier. Die für die Mietzuschußsonderregelung des BND maßgebenden Verhältnisse haben sich grundlegend geändert. Angesichts dieser auch für die Bediensteten des BND erkennbaren Entwicklung war der Abbau der Vergünstigung für die Betroffenen auch nicht unvorhersehbar. Ein Vertrauen der Bediensteten darauf, daß grundlegende Änderungen der allgemeinen Rahmenbedingungen für die Mietzuschußgewährung im Bereich des BND ohne Auswirkungen bleiben würden, ist nicht schutzbedürftig. Da die Mietzuschußgewährung unter dem Vorbehalt ihrer Änderung aus sachlichen Gründen stand, gilt die vom Kläger angeführte "Zusage" des Mietzuschusses vor seinem Umzug vorbehaltlich einer solchen Änderung.
Gegen die Neuberechnung des Mietzuschusses in dem angefochtenen Bescheid sind keine Bedenken zu erheben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Beschluß
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4 464 DM festgesetzt (zweifacher Jahresbetrag der streitigen Differenz zwischen dem festgesetzten und dem begehrten monatlichen Mietzuschuß als Anhalt für die Bedeutung der Sache gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG).
Ende der Entscheidung
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