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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 18.07.2001
Aktenzeichen: BVerwG 2 A 5.00
Rechtsgebiete: BBG
Vorschriften:
BBG § 31 Abs. 1 |
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
BVerwG 2 A 5.00
Verkündet am 18. Juli 2001
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juli 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Silberkuhl und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dawin, Dr. Kugele, Groepper und Dr. Bayer
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Gründe:
I.
Der 1962 geborene Kläger wurde nach dem Erwerb der Laufbahnbefähigung für den gehobenen allgemeinen Verwaltungsdienst von der Beklagten zum 1. Oktober 1994 in ein Beamtenverhältnis auf Probe berufen. Das Ende der Probezeit war auf den 17. Januar 1999 festgesetzt. Da eine ärztliche Untersuchung im Dezember 1998 Hinweise auf eine psychische Erkrankung des Klägers erbrachte, verlängerte die Beklagte die Probezeit bis zu einer abschließenden Stellungnahme der Dienstärzte, längstens bis zum 31. Dezember 1999. Zu der abschließenden Beurteilung kam es nicht, weil der Kläger an den erforderlichen Untersuchungen nicht mitwirkte.
In einer dienstlichen Beurteilung vom 28. Mai 1999 wurden die Leistungen und Fähigkeiten des Klägers in der Probezeit sowohl in der Gesamtnote als auch in den Einzelnoten durchweg mit der einen durchschnittlichen Standard umschreibenden Note "3" bewertet.
In Stellungnahmen vom Juni und Juli 1999 bezeichneten die zuständigen Dienstärzte den Kläger als gesund.
Im August 1999 zeigte der Kläger deutliche Anzeichen einer psychischen Störung. Ende August musste er in eine psychiatrische Klinik aufgenommen werden; es wurde eine seit mehr als vier Wochen bestehende schwere psychische Erkrankung diagnostiziert. Der Kläger wurde über sieben Monate psychiatrisch behandelt, bis zum Jahresende stationär, danach in einer Tagesklinik.
Mit Bescheid vom 17. November 1999/19. Januar 2000 entließ die Beklagte den Kläger wegen mangelnder Bewährung in der Probezeit mit Ablauf des 31. März 2000 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe, weil seine gesundheitliche Eignung zweifelhaft sei und er nach Meinung seiner Vorgesetzten entgegen den Einschätzungen in der dienstlichen Beurteilung vom 28. Mai 1999 den fachlichen Anforderungen nicht genüge. Im Bescheid vom 28. März 2000, mit dem der Widerspruch des Klägers gegen den Entlassungsbescheid zurückgewiesen wurde, führte die Beklagte zusätzlich aus: Während des letzten Jahres seiner Probezeit sei die gesundheitliche Eignung des Klägers immer zweifelhafter geworden; am Ende der Probezeit sei er schwer krank gewesen. Eine etwaige Besserung seines Leidens im Verlaufe der Behandlung in der Tagesklinik sei für die Frage seiner Bewährung, die sich nach den Gegebenheiten am Ende der Probezeit beurteile, unerheblich. Personen, die sich psychisch so anfällig gezeigt hätten wie der Kläger im letzten Jahr der Probezeit, seien Belastungen, die mit der Tätigkeit in einem geheimen Nachrichtendienst verbunden seien, auf Dauer nicht gewachsen.
Zur Begründung seiner Klage führt der Kläger aus: Die Beklagte habe das Urteil über seine gesundheitliche Bewährung auf der Grundlage einer unzureichenden Sachverhaltskenntnis gefällt. Sie habe nicht gewusst, dass seine Erkrankung eine zeitlich begrenzte psychotische Episode gewesen und, wie sich mit Hilfe eines Sachverständigen feststellen lasse, die Gefahr eines erneuten Ausbruchs der Krankheit durch medikamentöse Behandlung weitgehend beherrschbar sei.
Der Kläger stellt den Antrag,
den Bescheid vom 19. Januar 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. März 2000 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Kläger in das Beamtenverhältnis zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie wiederholt und vertieft die Darlegungen aus den angefochtenen Bescheiden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, verwiesen.
II.
Für die Entscheidung über die Klage ist das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO in erster und letzter Instanz zuständig.
Die Klage ist unbegründet. Der Entlassungsbescheid vom 17. November 1999/19. Januar 2000 ist rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für die Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe ist § 31 Abs. 1 Nr. 2 des Bundesbeamtengesetzes - BBG -. Hiernach kann ein Beamter auf Probe wegen mangelnder Bewährung (Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung) entlassen werden. Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob der Beamte sich in der Probezeit nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bewährt hat, ist ein Akt wertender Erkenntnis seines für diese Beurteilung zuständigen Organs. Dabei genügen bereits begründete ernsthafte Zweifel des Dienstherrn, ob der Beamte die Eignung und Befähigung besitzt und die fachlichen Leistungen erbringt, die für die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit notwendig sind, um eine Bewährung zu verneinen. Diese Entscheidung ist gerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Begriff der mangelnden Bewährung und die gesetzlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde liegt und ob allgemeine Wertmaßstäbe beachtet oder sachfremde Erwägungen vermieden worden sind (stRspr vgl. Urteil vom 31. Mai 1990 - BVerwG 2 C 35.88 - BVerwGE 85, 177 <180> m.w.N.).
Das Urteil über die Bewährung des Probebeamten besteht in der prognostischen Einschätzung des Dienstherrn, ob der Beamte den Anforderungen, die mit der Wahrnehmung der Ämter seiner Laufbahn verbunden sind, voraussichtlich gerecht werden wird. Die Bewährung in gesundheitlicher Hinsicht erfordert danach, dass sich nach der prognostischen Einschätzung des Dienstherrn künftige Erkrankungen des Beamten und dauernde vorzeitige Dienstunfähigkeit mit einem hohen Grad von Wahrscheinlichkeit ausschließen lassen (vgl. Beschluss vom 16. September 1986 - BVerwG 2 B 92.86 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 39 S. 16 m.w.N.).
Grundlage und Ausgangspunkt der zukunftsgerichteten Einschätzung, ob der Beamte den Anforderungen in fachlicher, persönlicher und gesundheitlicher Hinsicht gerecht werden wird, ist nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 BBG allein sein Verhalten in der Probezeit (vgl. Urteil vom 19. März 1998 - BVerwG 2 C 5.97 - BVerwGE 106, 263 <267> m.w.N.), die im Fall des Klägers durch bestandskräftige Verfügung der Beklagten gemäß § 7 Abs. 3 Satz 2 BLV bis zum 31. Dezember 1999 verlängert worden ist.
Das Urteil der Beklagten, der Kläger habe sich in gesundheitlicher Hinsicht nicht bewährt, entspricht diesen Anforderungen. Die Beklagte hegte ausweislich der Darlegungen im Widerspruchsbescheid bereits während des gesamten letzten Jahres der Probezeit und verstärkt an deren Ende erhebliche Zweifel, ob der Kläger auf Dauer den Anforderungen des Dienstes in gesundheitlicher Hinsicht genügen und nicht schon vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze dauernd dienstunfähig werden oder zumindest nicht häufig und in erheblichem Umfang wegen Krankheit dem Dienst fernbleiben würde. Dieses prognostische Urteil war auf das Krankheitsbild des Klägers, wie es sich Ende des Jahres 1999 darstellte, gestützt.
Bereits im Dezember 1998 hatten Dienstärzte des Bundesnachrichtendienstes aufgrund einer Untersuchung des Klägers und ihnen bekannt gewordenen Verhaltensauffälligkeiten eine "sehr hohe Wahrscheinlichkeit" alsbaldiger Dienstunfähigkeit diagnostiziert. Zu einer ähnlichen Einschätzung war der Dienstarzt Dr. R. im März und - nach zwischenzeitlichen gegenteiligen Stellungnahmen im Juni und Juli 1999 - erneut am 2. August 1999 gelangt. Im August 1999 wurde der Kläger so schwer krank, dass er bis zum Ende der Probezeit stationär und danach in einer Tagesklinik psychiatrisch behandelt werden musste. Wenn die Beklagte es aufgrund dieses Krankheitsbildes als zweifelhaft ansah, dass die Gesundheit des Klägers in psychischer Hinsicht stabil genug war, um die mit der Tätigkeit in einem geheimen Nachrichtendienst zwangsläufig verbundenen seelischen Belastungen zu bewältigen, so ist diese Einschätzung rechtlich nicht zu beanstanden.
Das Urteil der Beklagten, der Kläger habe sich in gesundheitlicher Hinsicht nicht bewährt, ist auf alle für ein derartiges Urteil notwendigen und auch von der Beklagten zutreffend erkannten Tatsachen gestützt. Zweifel an einer gesundheitlichen Konstitution des Probebeamten, bei der vorzeitige dauernde Dienstunfähigkeit und häufige krankheitsbedingte Fehlzeiten in hohem Grade wahrscheinlich sind, können sich nicht nur aus ärztlichen Gutachten, sondern auch aus anderen Umständen, insbesondere aus lange dauernden Erkrankungen in der Probezeit ergeben (Beschluss vom 16. September 1986 - BVerwG 2 B 92.86 - a.a.O. S. 16 f. m.w.N.). Derartige Fehlzeiten, ausgelöst durch das zuletzt massiv aufgetretene Leiden, prägten das letzte Jahr der Probezeit des Klägers. Aus diesem Grunde war die Frage, ob das Leiden des Klägers durch die regelmäßige Einnahme von Medikamenten - nach Angaben des Klägers eine erfolgreiche Therapie in ca. 80 % der Fälle - beherrscht werden kann, für die Rechtmäßigkeit des Urteils der Beklagten über die Bewährung des Klägers unerheblich. Deshalb war auch der Anregung des Klägers nicht zu entsprechen, ein Sachverständigengutachten zu dieser Frage einzuholen.
Ist die Klage gegen den Bescheid über die Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe abzuweisen, kann auch das Begehren auf Verpflichtung der Beklagten, den Kläger zum Beamten auf Lebenszeit zu ernennen, keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 30 300 DM festgesetzt (§ 13 Abs. 4 Satz 1 Buchst. b GKG).
Ende der Entscheidung
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